Titel: Erzeugung von Photographien bei Kerzenlicht; von Joseph Homolatsch.
Fundstelle: Band 168, Jahrgang 1863, Nr. XIX., S. 68
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XIX. Erzeugung von Photographien bei Kerzenlicht; von Joseph Homolatsch. Vorgetragen vor der photographischen Gesellschaft in Wien. – Aus dem photographischen Archiv, März 1863, S. 63. Homolatsch, über Erzeugung von Photographien bei Kerzenlicht. Der Umstand, daß ein Mitglied der Gesellschaft den besonderen Einfluß der Kerzenlichtes auf Jodsilber bestritt, veranlaßt mich zu glauben, daß diese Ansicht noch weiterhin verbreitet seyn dürfte. Diese irrige Ansicht zu widerlegen, ist der Zweck meiner gegenwärtigen Ansprache, und ich habe behufs des Beweises, daß jedes gelbe Licht, selbst das einer gewöhnlichen Unschlittkerze, einen mehr oder weniger zersetzenden Einfluß auf Jodsilber ausübt, alle jene Präparate mitgebracht, die zur Erzeugung von Glas-Matrizen gewöhnlich angewendet werden. Uebergießt man nämlich eine Glasplatte mit Jod-Collodium, sensibilirt bei maskirtem Kerzenlichte, trocknet die Rückseite der Platte ab, bringt sie mit einer Matrize wie gewöhnlich in Verbindung, und setzt das Ganze dem sehr nahen Lichte einer gewöhnlichen Kerze nur durch 30 Secunden aus, so erhält man durch Entwickelung mit Eisenvitriol einen vollkommenen positiven Abdruck in der Transparenz. Dieser Abdruck wird um so schärfer und kräftiger seyn, je dünner die Glasplatte und je empfindlicher die Präparate waren. Fixirt wird das Bild mit Cyankalium, und es läßt sich ebenso verstärken, wie jede andere Matrize. Das gewöhnliche Kerzenlicht wirkt jedoch nicht bloß auf nasse Jodsilber-Platten zersetzend ein, sondern dieselbe Wirkung erstreckt sich sogar auf trockene Platten. Setzt man nämlich eine vor Tages- und Kerzenlicht wohl geschützte empfindliche trockene Platte in Verbindung mit einer Matrize einem sehr nahen Kerzenlichte durch 60 Secunden aus, so erhält man durch Entwickelung mit Eisenvitriol, dem einige Tropfen Silberlösung beigesetzt wurden, augenblicklich ganz scharfe und kräftige Bilder mit allen Nüancen und Modulationen. Aus der Thatsache also, daß Jodsilber auch vom Kerzenlichte angegriffen wird, läßt sich folgende Nutzanwendung ableiten: 1) Können nach dieser Methode Transparentbilder, als: Lichtschirme, Stereoskopen etc. auch ohne Tageslicht erzeugt werden. 2) Darf in Ateliers, wo vermöge der Localverhältnisse die Präparation der Platten nur bei Kerzen- oder gar bei Lampenlicht vorgenommen wird, das künstliche Licht nie zu nahe dem Jodsilber gebracht werden; oder es muß durch einen Schirm geblendet seyn, weil sonst Verschleierungen der Matrizen unvermeidlich wären. 3) Ist man im Stande, die Empfindlichkeit der Präparate auch des Abends zu prüfen; denn es ist anzunehmen, daß Präparate, die bei einfachem Kerzenlichte in 30 Secunden ein gutes Bild geben, beim Tageslichte in 5 bis 10 Secunden gewiß auch ein gutes Bild liefern werden.