Titel: Ueber Bornhardt's Elektrisirmaschine zu Sprengungen; von Dr. F. Varrentrapp.
Autor: Franz Varrentrapp [GND]
Fundstelle: Band 168, Jahrgang 1863, Nr. LXXXIX., S. 342
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LXXXIX. Ueber Bornhardt's Elektrisirmaschine zu Sprengungen; von Dr. F. Varrentrapp. Varrentrapp, über Bornhardt's Elektrisirmaschine zu Sprengungen. Seit einer Reihe von Jahren hat man sich vielfach bemüht, das Entzünden von Sprengladungen in Minen und Bohrlöchern durch Elektricität zu bewirken. Man hat dazu die verschiedensten Elektricitätsquellen versucht; man hat Reibungselektrisirmaschinen, galvanische Batterien, magnetische Rotationsapparate, Inductionsapparate verwandt, ist aber bei Allem auf verschiedene Schwierigkeiten gestoßen, die eine allgemeine Anerkennung und Anwendung der einen oder anderen Methode bis jetzt verhindert haben. Einige Ingenieure der österreichischen Armee namentlich haben sich sehr eifrig mit diesen Versuchen in der Voraussicht beschäftigt, daß wenn es gelänge eine ganz zuverlässige Art der elektrischen Entzündung zu ermitteln, namentlich dem Vertheidigungskriege ein sehr schätzenswerthes Widerstandsmittel an die Hand gegeben würde. Viele Civil- und Bergwerksingenieure haben sich in derselben Richtung bemüht, erstens weil durch die Abschießung der Bohrlöcher auf gewöhnlichem Wege viele Menschenleben alljährlich verloren gehen, und zweitens weil es nur mit Hülfe von Elektricität möglich ist eine Anzahl von Sprengladungen ganz gleichzeitig zu entzünden, was gestattet, sehr große Gesteinstücke und in großer Anzahl loszusprengen, mit einer bedeutenden Ersparniß nicht allein an Pulver, sondern auch in der Zahl der Bohrlöcher. Eine höchst lehrreiche kritische Zusammenstellung der bezüglichen Versuche hat Professor Kuhn Im polytechn. Journal Bd. CXLV S. 186, 270, 346, 401 und Bd. CXLVI S. 34, 94, 195. vor einigen Jahren geliefert, aus welcher mit Klarheit die Ansicht (die auch von vielen Anderen, welche sich mit dem Gegenstande beschäftigt haben, vertreten wird) hervorgeht, daß die geeignetste Elektricitätsquelle zu diesem Zwecke die Reibungselektrisirmaschine seyn würde, wenn diese Maschinen so construirt werden könnten, daß man sie in einen Kasten luftdicht einschlösse und denselben behufs Reinigung nur sehr selten zu öffnen brauchte. Alle anderen Mängel dieser Apparate ist es bereits schon länger gelungen zu beseitigen. Sie sind leicht in einen Kasten luftdicht einzuschließen, der sie vor der Einwirkung der Feuchtigkeit völlig sicher stellt, das Gewicht des ganzen Apparates kann unter 30 Pfd. gehalten und sein Volumen auf 3/4 Kubikfuß beschränkt werden, so daß sie hinreichend leicht zu transportiren sind; die Zerbrechlichkeit der Glasscheibe, welche oft befürchtet wurde, ist leicht zu beseitigen, indem man derselben Linsenform gibt, ein großes in der Mitte durchbohrtes, etwa Zoll dickes Brennglas statt einer Scheibe wählt, oder eine Scheibe von vulcanisirtem Kautschuk anwendet. Aber so lange man die Reibkissen mit Amalgam versehen muß, ist eine kräftige Wirkung der Maschine auch nur durch öfteres Reinigen derselben von den sich darauf bildenden Oxyd- und Amalgamansätzen zu erzwingen und die Unsicherheit, eine genügende Wirkung mit den Reibungselektrisirmaschinen, eine gleichmäßige Elektricitätsentwickelung zu erzielen, durch keine Construction und Form der Apparate zu erreichen. Dieses letzte Hinderniß der Anwendung der Reibungselektrisirmaschinen zu Sprengungen zu beseitigen, ist dem Mechanicus Bornhardt in Braunschweig gelungen. In einem Blechkasten von circa 16 Zoll Breite, einem Fuß Höhe und 8 Zoll Dicke, dessen Deckel luftdicht aufgeschraubt ist, befindet sich der Apparat. Der Blechkasten ist in einen dünnen Holzkasten gestellt, der mit amerikanischem Ledertuch überzogen, mit Handhaben und mit Schulterriemen versehen ist, um wie ein Tornister getragen zu werden. Die aus gehärtetem Kautschuk bestehende Reibungsscheibe hat 25 1/2 Centimeter Durchmesser und sitzt auf einer eisernen Achse, welche durch eine Stopfbüchse in der Kastenwandung tritt, ohne vorzustehen. Man steckt beim Gebrauche eine kleine Kurbel auf das freie Ende. Das Reibzeug besteht nur aus auf geeignete Weise präparirtem Pelzwerk. Hierin und in der Präparirung der Kautschukscheibe. liegt das Wesentliche der Erfindung des Mechanikers Bornhardt, wodurch das Oeffnen des Kastens behufs Reinigung der Maschine auf lange Zeit hin überflüssig gemacht wird. Eigenthümlich ist auch die Einrichtung der Saugarme, der Leydener Verstärkungsflasche, des von außen durch einen Schlüssel zu bewegenden Entladers. Der mit der inneren Belegung der Flasche verbundene Leiter ist durch ein Stück gehärteten Kautschuks geführt, welches einen Theil der Wandung des Blechkastens bildet. Die Maschine gibt bei 6 Umdrehungen 1/2 Zoll, bei 25 Umdrehungen 1 Zoll lange intensive Funken. Man bedarf bei der Anwendung zu Sprengungen keiner sorgfältigen Isolirung der Leitungsdrähte, sondern kann dieselben ohne Weiteres auf nassem Grase legen und doch 300 Fuß entfernt mehrere Sprengladungen gleichzeitig entzünden. Bei einem Versuche wurden die Leitungsdrähte auf 50 Fuß Länge in Schnee eingedrückt und dennoch zehn Zündpatronen gleichzeitig abgefeuert. Bei Anwendung dünner Drähte kann man beide mehrere Fuß lang durch Wasser legen, ohne daß die Wirkung beeinträchtigt wird. Diese Maschinen verdienen gewiß die Aufmerksamkeit der betreffenden Techniker, und ihr verhältnißmäßig geringer Preis in Anbetracht der soliden und eleganten Ausführung macht die Anschaffung leicht. Sie werden mit 50 Thlrn. berechnet. Eine solche Maschine hat 14 Tage lang in einem sehr nassen Keller gestanden, ist hier sowohl wie außerhalb während dieser Zeit zu mehrfachen Versuchen benützt worden, und gab nach Verlauf der 14 Tage genau eben so lange Funken wie beim Einbringen. Ein erster, noch weniger vollkommener derartiger Apparat wurde in einem Tunnel stehen gelassen, worin unbeachtet das Wasser so hoch stieg, daß die Maschine mehrere Zoll davon bespült wurde, dennoch konnte sie sofort ohne Anstand zu Sprengungen benutzt werden. Braunschweig, den 20. Mai 1863.