Titel: Untersuchungen über den Stahl; von H. Caron.
Fundstelle: Band 168, Jahrgang 1863, Nr. CII., S. 380
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CII. Untersuchungen über den Stahl; von H. Caron. Aus den Comptes rendus t. LVI p. 828. Dritte Abhandlung.Die erste und zweite Abhandlung wurden S. 36 in diesem Bande des polytechn. Journals mitgetheilt. Caron's Untersuchungen über den Stahl. Fast alle im Handel vorkommenden guten Stahlsorten sind ursprünglich aus Spatheisenstein oder aus stark manganhaltigem Rotheisenstein erzeugt, und man hat schon längst bemerkt, daß die Gegenwart des Mangans fast unumgänglich nöthig ist, um Stahl von vorzüglicher Güte zu erhalten. Welche Rolle spielt nun das Mangan bei der Stahlfabrication? Die Versuche, welche ich im Folgenden mittheile, haben den Zweck, diesen interessanten Theil der Stahlfabrication aufzuklären. Ich werde zeigen, daß man durch einen geeigneten Zusatz von metallischem Mangan das Roheisen von dem darin enthaltenen Schwefel und Silicium befreien kann, daß hingegen der Phosphor der reinigenden Wirkung des Mangans widersteht. Ich habe mir zu meinen Versuchen ein nahezu reines Roheisen dargestellt, indem ich sehr gutes Schmiedeeisen mit Holzkohle schmolz, welche von Phosphor, Schwefel und Silicium so frei als möglich war. Dieses Roheisen enthält nur Spuren von Silicium. Ich theile mein Roheisen in drei Loose: das erste wird mit einer gewissen Menge Phosphoreisen umgeschmolzen, das zweite mit Schwefeleisen, und das dritte mit Siliciumeisen. So erhalte ich dreierlei Roheisen, nämlich phosphorhaltiges (A), schwefelhaltiges (B) und siliciumhaltiges (C), womit meine Versuche angestellt wurden. Phosphorhaltiges Roheisen (A). Zwei gleiche Quantitäten vom Roheisen (A) werden in zwei Tiegel gebracht, die eine ohne Zusatz eines anderen Körpers, die andere mit 6 Proc metallischem ManganDieses Mangan, dessen Darstellung ich später angeben werde, enthält:Eisen1,0Kohle5,5Silicium0,5Mangan (durch Differenz bestimmt)93,0 ––––– 100,0; man erhält das Metall eine Stunde lang im Schmelzen und gießt dann. Bei dieser Operation wird das Roheisen durch die oxydirende Atmosphäre des Tiegels schwach gefrischt. Die Analysen der Producte ergaben folgende Resultate: Textabbildung Bd. 168, S. 381 In 100 Theilen Roheisen; Phosphor; Mangan; Phosphorhaltiges Roheisen (A); Nr. 1. Phosphorhaltiges Roheisen, für sich umgeschmolzen; Nr. 2. Phosphorhaltiges Roheisen, mit 6 Proc. Mangan umgeschmolzen; Nachdem das Roheisen Nr. 1 und Nr. 2 ein zweites und drittes Mal in derselben Weise umgeschmolzen worden waren, aber ohne neue Zusätze, gaben sie bei der Analyse; Nr.; Zweite Schmelzung ohne Zusatz; Dritte Schmelzung ohne Zusatz; Endlich wurde das phosphorhaltige Roheisen (A) einem kräftigeren Frischen unterzogen, indem man es mit 10 Proc. Eisenoxyd schmolz; man erhielt so; Phosphorhaltiges Roheisen (A), mit 10 Procent Eisenoxyd umgeschmolzen Aus diesen Analysen kann man folgern, daß beim Frischen eines phosphorhaltigen Roheisens das Mangan den Phosphor keineswegs kräftig auszutreiben vermag. Anders verhält es sich mit dem schwefelhaltigen Roheisen. Schwefelhaltiges Roheisen (B). Das schwefelhaltige Roheisen (B) wurde ganz in derselben Weise behandelt wie das vorhergehende Roheisen. Textabbildung Bd. 168, S. 381 In 100 Theilen Roheisen; Schwefel; Mangan; Schwefelhaltiges Roheisen (B); Nr. 1. Schwefelhaltiges Roheisen, für sich umgeschmolzen; Nr. 2. Schwefelhaltiges Roheisen, mit 6 Proc. Mangan umgeschmolzen; Nr.; Zweites Schmelzen ohne Zusatz; Drittes Schmelzen ohne Zusatz; Schwefelhaltiges Roheisen (B), mit 10 Procent Eisenoxyd umgeschmolzen; Schwefelhaltiges Roheisen (B), mit 10 Procent Eisenoxyd und 6 Proc. Mangan umgeschmolzen Aus diesen Resultaten ersieht man, daß durch bloßes Schmelzen in einem Tiegel wo die Luft Zutritt hat, das Mangan dem Roheisen über 7/10 seines Schwefelgehaltes entzieht. Wird diese Operation mehrmals ohne neuen Zusatz von Mangan wiederholt, so bringt sie keine so großen Wirkungen mehr hervor, und es scheint, daß das Verhältniß des zur Reinigung erforderlichen Mangans ein ziemlich beträchtliches ist, denn wenn man dasselbe Roheisen mit einem neuen Zusatz von Mangan umschmilzt, so bleiben in demselben nur noch Spuren von Schwefel zurück. Siliciumhaltiges Roheisen (C). Das siliciumhaltige Roheisen (C), wie die vorhergehenden behandelt, gab auch eigenthümliche Resultate. Textabbildung Bd. 168, S. 382 In 100 Theilen Roheisen; Silicium; Mangan; Siliciumhaltiges Roheisen (C); Nr., Siliciumhaltiges Roheisen, für sich umgeschmolzen; Siliciumhaltiges Roheisen, mit Proc. Mangan umgeschmolzen; Nr.; Zweite Schmelzung ohne Zusatz; Bei der Anwendung unter diesen Umständen vermehrt das Mangan den Siliciumgehalt des Roheisens, einerseits weil es selbst Silicium enthält und andererseits weil es die Kieselerde der Tiegel reducirt. Dieß ist aber nicht mehr der Fall, wenn man das Roheisen durch einen Zusatz von Eisenoxyd frischt; Siliciumhaltiges Roheisen, mit Proc. Eisenoxyd umgeschmolzen; Zweite Schmelzung mit Proc. Eisenoxyd; Zweite Schmelzung mit Proc. Eisenoxyd (ohne Mangan) Aus diesen Analysen kann man schließen, daß beim Frischen des Roheisens das Mangan dazu dient, eine große Menge von Silicium auszutreiben. –––––––––– Aus allen diesen Versuchen geht hervor, daß beim Frischen, wie es im Großen ausgeführt wird: 1) der Phosphor dem Roheisen durch das Mangan nicht entzogen wird; 2) der Schwefel, selbst ohne erfolgendes Frischen, in Gegenwart des Mangans verschwinden kann; 3) das Silicium dem Roheisen beim Frischen durch das Mangan großentheils entzogen wird. Diese Beobachtungen werden auch durch die Erfahrung bestätigt; die oben erwähnten Eisenerze, welche den besten Stahl geben, enthalten sehr oft Schwefel, aber niemals Phosphor; und es ist bemerkenswerth, daß das Roheisen aus diesen Erzen, obgleich dieselben Kupferkiese einschließen, doch keinen Schwefel enthält. Auf die Entziehung des Schwefels und Siliciums beschränkt sich jedoch die Rolle des Mangans nicht; obgleich dieses Metall kein stahlerzeugender Körper ist, wie Karsten sehr gut nachgewiesen hat, besitzt es doch unbestreitbar die Eigenschaft, den Stahl besser und insbesondere dauerhafter zu machen. Diese Eigenschaft ist nach den in meiner ersten Abhandlung mitgetheilten Thatsachen leicht zu erklären. Wenn man grauem Roheisen, dessen Kohle großentheils im freien Zustande ist, eine hinreichende Menge metallischen Mangans zusetzt, so erhält man weißes Roheisen, worin die Kohle fast vollständig in gebundenem Zustande ist. Beim Stahl findet dieselbe Wirkung statt: ein sehr schwacher Zusatz von Mangan reicht hin, um die Kohle im gebundenen Zustande zurückzuhalten und folglich dem Metall die Eigenschaften zu ertheilen, welche den Stahl guter Qualität so scharf charakterisiren. Der Stahl darf jedoch niemals mehr als 5/1000 Mangan enthalten; über dieser Grenze wird er hart und spröde, der Bruch erhält das krystallinische Ansehen und das Metall verliert einen großen Theil seiner Zähigkeit. Das Mangan hat ferner die Eigenschaft den Stahl schweißbar zu machen, welcher es nicht war. Auf den Stahlhütten macht man oft, um das Product zu verbessern, Gemenge von gewöhnlichem Roheisen und manganhaltigem Roheisen, welche hernach zusammen gefrischt werden. Nach den Versuchen, deren Resultate ich im Vorstehenden mitgetheilt habe, ist leicht einzusehen, daß die reinigende Wirkung des manganhaltigen Roheisens um so kräftiger seyn wird, je mehr Mangan es enthält; es wäre daher für die Technik sehr wünschenswerth, die manganhaltigen Eisenerze so zu reduciren, daß man möglichst viel Mangan im Roheisen erhält. So enthält z.B. der Spatheisenstein aus dem Siegener Revier beiläufig 15 bis 20 Th. Mangan auf 100 Th. Eisen, und dennoch ergibt die Analyse des aus diesem Erze erblasenen Roheisens selten über 6 bis 7 Proc. Mangan. Wenn man durch Abänderung des Hohofenganges oder der Zusammensetzung und Menge der Beschickung den Mangangehalt auf 10 Proc. steigern könnte, so erhielte man sicher ein Roheisen von größerem Handelswerth. Ich habe in dieser Hinsicht einige Versuche angestellt, welche ich demnächst veröffentlichen werde.