Titel: Ueber die Darstellung des schwarzen elastischen Lederlacks; von Dr. Wiederhold in Cassel.
Fundstelle: Band 168, Jahrgang 1863, Nr. CXXII., S. 458
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CXXII. Ueber die Darstellung des schwarzen elastischen Lederlacks; von Dr. Wiederhold in Cassel. Aus den neuen Gewerbeblättern für Kurhessen, 1863, Nr. 11. Wiederhold, über die Darstellung des schwarzen elastischen Lederlacks. Ueber die Bereitung des glänzenden Lackes, welcher zur Fabrication der lackirten Häute und Felle dient, finden sich in den technologischen Werken nur sehr spärliche und unvollkommene Angaben. Gewöhnlich werden Vorschriften zur Bereitung der Lederlacke mitgetheilt, welche sich darauf gründen, daß irgend ein Harz: Copal, Mastix, Asphalt etc. in Leinölfirniß aufgelöst wird. Die auf diese Weise hergestellten Harzlacke besitzen aber bei weitem nicht den schönen Glanz und die Biegsamkeit, welche den sogenannten Blaulack auszeichnet, der in der Lederlackirfabrication die erstgenannten Lacke so gut wie vollständig verdrängt hat. Die Bereitung desselben ist ebenso einfach als in wissenschaftlicher Hinsicht höchst interessant. Da sich in der technologischen Literatur meines Wissens keine Angaben über diesen Gegenstand finden, so dürfte wohl die Mittheilung der Bereitungsweise im Allgemeinen schon nicht uninteressant seyn. Die Einzelheiten kann ich, da sie Fabrikgeheimnisse sind, natürlich nicht angeben. Man stellt den Blaulack dar, durch Kochen von Leinöl mit Berlinerblau, woher derselbe wahrscheinlich auch seinen Namen erhalten hat. Das Leinöl färbt sich hierbei tief-dunkelbraun und wird dickflüssiger unter Entwickelung verschiedener Gase. Das Kochen wird so lange fortgesetzt, bis der Firniß die erfahrungsmäßig erforderliche Consistenz erlangt hat, dann läßt man ihn erkalten und einige Zeit stehen, wodurch sich ein Bodensatz bildet. Mit dem flüssigen Theile wird sodann das zu lackirende Leder angestrichen und in den Lackiröfen einer Temperatur von 24–30° R. ausgesetzt. Hierdurch erhält der Lack seine eigenthümliche Consistenz und den bekannten prachtvollen Glanz. Untersucht man, um eine nähere Kenntniß über den beim Kochen des Lackes stattfindenden chemischen Proceß zu gewinnen, den gebildeten Bodensatz, so findet man, daß derselbe aus einem in Terpenthinöl löslichen Harze besteht, welches das angewendete Berlinerblau noch völlig unzersetzt umhüllt. Bei Behandlung des Lacksatzes mit Terpenthinöl bleibt nämlich reines Berlinerblau unlöslich zurück, während das Harz in Lösung geht. Es hat hier also ein sogenannter katalytischer ProceßIch glaube, daß der katalytische Vorgang in diesem Fall derselbe ist, wie bei der Zersetzung des chlorsauren Kalis durch Braunsten: und in der eigenthümlichen Art der Wärmeübertragung zu suchen seyn wird. Ich verweise bezüglich des Näheren auf meine einschlägigen Abhandlungen in Poggendorff's Annalen der Physik, Bd. CXVI S. 171 und Bd. CXVIII S. 186. stattgefunden, in Folge dessen sich unter anderen flüchtigen Producten aus dem Leinöl ein Körper bildet, welcher in einer Temperatur von 24–30° R. sich in ein wirkliches Harz verwandelt. Dieses künstliche Harz kommt den natürlichen Harzen nicht nur gleich, sondern übertrifft dieselben merkwürdiger Weise noch in wesentlichen Eigenschaften. Aus einer weiteren Verfolgung dieser Entdeckung dürfte voraussichtlich sowohl die Industrie, als auch die Wissenschaft reichlichen Nutzen ziehen.