Titel: Ueber den derzeitigen Stand des Bessemerprocesses.
Fundstelle: Band 169, Jahrgang 1863, Nr. XI., S. 31
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XI. Ueber den derzeitigen Stand des Bessemerprocesses. Aus der berg- und hüttenmännischen Zeitung, 1863, Nr. 9 und 10. Mit Abbildungen auf Tab. I. Ueber den derzeitigen Stand des Bessemerprocesses. Nach Tunner's Bericht über die Londoner Industrie-Ausstellung vom Jahre 1862 ist das Bessemern in Schweden auf neun Hütten (zu Högbo bei Gefle auf dem Werke von Göranson, zu Klostereisenwerke in Dalekarlien, Carlsdahleisenwerke in Nerica, Siljansforßeisenwerke in Dalekarlien, Säfvenäs, Westanforß, Svabenswerk, Schißhyttan und Gebansvind) theils schon in Ausübung, theils in der Einrichtung begriffen; ferner in Ausführung zu Seurin-sur-l'Isle in Frankreich, in Ostindien zu Beypoor in Madras u.a. Man ist nach Tunner in Schweden bei den unbeweglichen cylindrischen Schachtöfen mit horizontalen Düsen am Boden, wie sie von Grill beschrieben sind, stehen geblieben. Dieselben scheinen im Vergleich mit den englischen beweglichen Retortenöfen sich für kleinere Production zu eignen; hinsichtlich der praktischen Tauglichkeit beider Ofenarten dürfte ein wesentlicher Unterschied nicht vorhanden seyn. Als alleiniger Fortschritt zu Edsken ist die Anwendung zweckmäßig construirter Gebläse mit zwei nebeneinander liegenden (Mindern zu bezeichnen, welche zu Motoren je nach Umständen ein Wasserrad oder eine liegende Dampfmaschine von 100 Pferdestärken haben. Der Proceß selbst wird noch immer in der von Grill beschriebenen WeisePolytechn. Journal Bd. CLII S. 118, Bd. CLIII S. 277 und Bd. CLVIII S. 364. ausgeführt, indem man das flüssige Roheisen direct aus dem Hohofen in den Bessemerofen schafft und die Entkohlung gleich so weit treibt, als es nach dem darzustellenden Producte geschehen muß. Trotz der Behauptung Bessemer's dürfte man bei diesem Verfahren nicht im Stande seyn, besonders bei den weicheren Stahlsorten, einen dichten Guß und ein Product von bestimmten Eigenschaften stets zu erlangen, und ist in dieser Beziehung das englische Verfahren vorzuziehen, bei welchem man zur Stahlerzeugung den Frischproceß weiter fortsetzt, also mehr Kohle verbrennt, und dann etwas flüssiges Siegener Spiegeleisen nachgibt. Nach Bessemer's Ansicht geschieht dieses, um etwas Silicium wieder in das Product zu bringen – da ersteres sich früher abscheidet als der Kohlenstoff – und dadurch porenfreie, dichte Gußblöcke zu erhalten. Wahrscheinlicher ist Tunner's Ansicht, nach welcher bei der anfangs fast völligen Verbrennung des Kohlenstoffs ein mehr bestimmtes, leichter zu erkennendes und mehr Sicherheit gewährendes Stadium erreicht wird und außerdem die fremden Unreinigkeiten sich besser abscheiden, so daß man ein ursprünglich schlechteres Roheisen verwenden kann. Der Zusatz von Spiegeleisen dient demnach nur dazu, den zu Stahlbildung erforderlichen Kohlenstoff in das Product zu bringen. Wollte man noch erhitzten Wind hinzufügen und vor dem Nachtragen des Spiegeleisens durch eine schnell zu nehmende Probe den Zustand der Masse noch genauer prüfen, so dürfte die Sicherheit bei Erzeugung eines bestimmten Productes noch größer werden. Die Thatsache der dichteren Rohgüsse bei diesem Verfahren läßt sich dadurch erklären, daß durch die zuletzt weiter getriebene Verbrennung von Eisen eine höhere Temperatur und dadurch eine sehr flüssige Masse erzeugt wird, welche dichtere Güsse zur Folge hat. Bei der Gutartigkeit des schwedischen Roheisens läßt sich dieses aus dem Hohofen ohne weiteres in den Bessemerofen abstechen; das schlechtere englische graue Roheisen muß zuvor in Flammöfen umgeschmolzen werden, indem dabei eine Reinigung desselben stattfindet und eine größere Auswahl der zu verwendenden Roheisensorten getroffen werden kann. Wo ein Hohofen vorhanden ist und gutes Roheisen erfolgt, kann ein directes Abstechen des letzteren in den Bessemerofen geschehen; je unreiner das Roheisen, um so nöthiger ist ein Umschmelzen. Der verhältnißmäßig immer noch sehr geringe Absatz von Bessemerstahl in Schweden wird sich nach Tunner steigern, sobald man statt des theuren Instrumentenstahls Massengußstahl für die eigenen Eisenbahnen und Maschinenfabriken oder rohe Gußblöcke für Fabriken erzeugen wird und für Stangenstahl sich nicht an die Preise des Gußstahls, sondern an jene des Cement- und Schmelzstahls hält. Je nachdem man beim Bessemern schwedisches oder englisches Roheisen nimmt, erfolgt ein im Bruchansehen sehr verschiedenes Product, worin allein der verhältnißmäßig größere Fortschritt des Processes in Schweden, als in England, seinen Grund hat. Jedenfalls sind beim Bessemern in England und Schweden seit einer fünfjährigen Lehrzeit ungleich mehr Fortschritte gemacht, als dieses bei Einführung des Puddelns in gleichem Zeitraume der Fall gewesen ist. Es hat mehrere Jahrzehnte erfordert, dem Puddeleisen anstatt des Herdfrischeisens Geltung zu verschaffen, und es wird dem Bessemermetall wohl nicht viel besser ergehen, obwohl zur Zeit die mehr verbreitete Wissenschaft dazu beitragen wird, die Ansichten schneller zu klären und eine raschere Vervollkommnung des Processes zu veranlassen. Das Bessemern ist für einzelne Artikel bereits eine rentable Fabricationsmethode geworden, welche sich jedenfalls halten und die älteren Frischmethoden immer mehr ersetzen wird. In dem erwähnten Bericht über die Londoner Ausstellung gibt Tunner folgende auf eigene Anschauungen begründete und durch die hier benutzten Zeichnungen erläuterte Beschreibung des Bessemerns auf den Atlas-Steel- and Iron-Works von John Brown u. Comp. zu Sheffield mit kurzen Bemerkungen über das unmittelbar daneben gelegene ältere Werk des Hrn. Bessemer. Man verwendet auf dem Atlaswerke zum Bessemern meist graues englisches Kohksroheisen, aus weichen, nicht quarzigen Roheisensteinen erblasen, und an 5 bis 10 Proc. meist aus Deutschland bezogenes Spiegeleisen. Zum Umschmelzen des Roheisens liegen 7 Fuß über der Hüttensohle drei größere Flammöfen, für 60 Ctr. graues Roheisen jeder, und ein kleiner für 5 bis 10 Ctr. Spiegeleisen. Das umgeschmolzene Eisen gelangt zunächst in eine Rinnenleitung, welche auf der Flammofensohle eingegraben ist, dann in eine mit Sand ausgeschlagene, theils aufgehängte, theils unterstützte eiserne Rinne mit zwei Abbiegungen und am Ende mit einem losen Rinnenstück versehen, welches das Roheisen in den geneigten Bessemerofen führt, was nur 3 Minuten Zeit in Anspruch nimmt. Der Bessemerofen A (converting vessel, Fig. 18 bis 20 der betreffenden Abbildungen, von denen Fig. 18, 19 u. 25 in 1/80, Fig. 20, 23 und 24 in 1/40, 21 in 1/20 und Fig. 22 in 1/10 der natürlichen Größe gezeichnet sind) hat Retortenform, besteht äußerlich aus zusammen genietetem starken Kesselblech a und ist in der Mitte mit einem schmiedeeisernen Ringe b umgeben, welcher auf Achsen c und d in Lagern ruht. Diese werden von auf der Hüttensohle befestigten Ständern e getragen. Während die an ein doppeltes Vorgelege von Zahnrädern f und g gekuppelte Achse d durch eine Kurbel bei h gedreht werden kann, wird durch die Achse c mittelst der Röhren i und k Wind in den im Retortenboden befindlichen Windkasten m geführt. Zur raschen Bewegung der Kurbel h sind, obgleich die Vorgelege eine 60fache Vergrößerung der Kraft geben, 3 bis 4 Mann erforderlich. Die Bodenplatte n des Windkastens m läßt sich abschrauben und wird durch Umlegen und Festknüpfen einer wiederholt naß gemachten Schnur äußerlich gedichtet; die ihr gegenüber liegende Bodenplatte o der Retorte (Fig. 20) enthält in sieben Oeffnungen eingesteckte, aus gebranntem Thon gefertigte Düsen p (Fig. 21, 22), jede mit sieben Zügen von 3/8 Zoll Durchmesser. Nach jeder Charge wird die Bodenplatte abgeschraubt, die Züge mit einem Räumeisen aufgestoßen und schadhafte Formen, gewöhnlich nach jeder zweiten oder dritten Charge, ausgewechselt. Das seitwärts im Gebläseraum befindliche Gebläse besteht aus zwei liegenden Cylindern von etwa 2 1/2 Fuß Durchmesser bei 3 Fuß Hub, durch zwei liegende Dampfcylinder direct versorgt. Bei vollem Gange erfolgen per Minute bei 17 bis 18 Pfund Pressung und 75 Wechseln (75 × 4 = 300 Cylinderentleerungen) an 4416 Kubikfuß Luft. Kolbengeschwindigkeit 7 1/2 Fuß. Die Luft passirt vor ihrem Eintreten in den Ofen einen Regulator. Vor dem Beginn der ersten Charge wird die eiserne Retorte mit einem feuerfesten, an 100 Chargen aushaltenden thonigen Quarzgestein, Ganister, aus der Umgegend von Sheffield, ausgekleidet, indem man dasselbe mittelfein pocht, etwas befeuchtet und nach Schablonen einstampft, durch eingebrachte Kohks eintrocknet und vorwärmt, und darauf eine Hand voll Kochsalz streut, welches oberflächlich auf der Masse q (Fig. 20) eine Glasur bildet und deren Ablösung verhindert. Soll die erste Charge beginnen, so glüht man den aufrecht stehenden und mit etwas Wind versehenen Ofen (Fig. 18, 19) mittelst einiger Kubikfuß Kohks durch, stürzt denselben zur Entfernung der Kohksasche ganz um, bringt ihn dann bei abgestelltem Wind in eine mehr horizontale Lage bei aufwärts stehendem Halse r, und läßt etwa innerhalb 2 Minuten Chargen von drei Tonnen = 60 Ctr. graues Roheisen aus dem Flammofen in den Bessemerofen einfließen, wobei das Eisen unter dem Niveau der Formöffnungen bleiben muß. Man gibt gleichzeitig rasch Wind und bringt den Ofen in die aufrechte Stellung, wobei das Eisen sofort in heftige Bewegung geräth und zuerst Silicium neben etwas Eisen und wenig Kohlenstoff, dann letzterer mehr oxydirt wird. Man beurtheilt den Verlauf des Processes nach den Erscheinungen in Flamme, Rauch und Funken, welche aus dem mit feuerfesten Ziegeln ausgekleideten Retortenhals r treten, in einem nischenartig hergestellten Mantel gesammelt und, was nicht zu Boden fällt, von hier in die Esse geführt werden. Das Frischen läßt sich in drei Perioden eintheilen; in den ersten 5 bis 6 Minuten zeigt sich eine weniger starke schwach leuchtende, röthlichbraune bis gelbliche Flamme, dünner Rauch und ein Auswerfen von ziemlich viel rauschenden oder strahlenden Funken von verbrennendem Eisen. In der zweiten, gleiche Zeit dauernden Periode werden unter heftiger Bewegung in der Masse und unter schwachen Explosionen kleine Partien feurig flüssiger Massen, hauptsächlich von Schlacken ausgeworfen; in der hierauf beginnenden dritten, wieder 5 bis 6 Minuten dauernden Periode treten, unter Nachlassen des intensiven Leuchtens, in der Flamme einzelne Partien von verschiedenen Färbungen, namentlich violette, grünliche und bläuliche Nüancen auf, dann nimmt die Flamme rasch ab, erscheint zuvor immer weniger gefärbt, die Bewegung im Inneren wird ruhiger und es ist jetzt der Zustand eines nahe völlig entkohlten Eisens vorhanden. Man stellt sodann den Ofen wieder horizontal und den Wind ab, läßt etwa innerhalb 1 Minute flüssiges Spiegeleisen hinzu und kippt unter gleichzeitiger Windzulassung den Ofen rasch wieder auf, wobei sich das Spiegeleisen mit dem gefrischten Eisen mischt. Dann läßt man den Ofen unter Abstellung des Windes gleich wieder nieder in die horizontale Stellung, so daß das ganze Manoeuvre nur 1/2 Minute bis zu dieser Ofenstellung währt. Die Blasezeit, während welcher die Windzuleitung durch einen Steuermann, der zwischen dem Gebläseraum und Bessemerofen an einem Postamente mit Drehhebeln und Zeiger sich befindet, besorgt wird – dauert danach 17 bis 18 Minuten, worauf man das flüssige Metall in einen Gußkessel B (Fig. 20, 23, 24, 25) entleert. Dieser ist an dem einen Ende eines Balanciers C, dessen anderes Ende mit einem Gegengewicht D versehen ist, befestigt und ruht in der Mitte auf der Kolbensäule einer hydraulischen Hebevorrichtung E. Den Zutritt des Wassers unter den Hebekolben regulirt ebenfalls der Steuermann. Der drehbare Gußkessel wird vor dem Gebrauche mit fettem Sand ausgestrichen und in umgestürzter Lage über einem Kohksfeuer getrocknet. Am Boden ist derselbe mit einem Gußloche s versehen, in welches ein conischer schmiedeeiserner, mit Lehm überzogener und getrockneter Zapfen t paßt. Die den Zapfen haltende, theilweise mit Thon beschlagene Eisenstange u (Fig. 23, 24) ist winkelförmig gebogen, und ihr verticales Ende v (Schubstange) läßt sich mittelst eines einarmigen Hebels w in zwei Falzen x senkrecht auf und nieder bewegen. Der mit dem einen durchlochten Ende an einen am Kessel befestigten Stift gesteckte Hebel w nimmt mit einer länglichen Durchbrechung zwischen beiden Enden einen an der Schubstange v befestigten Stift auf und gestattet so, am freien Ende mit der Hand gefaßt, die Hebung und Senkung des Zapfens t. Behufs Füllung des Kessels führt man denselben mittelst des hydraulischen Krahnes E, C unter den Hals des mehr und mehr zu neigenden Bessemerofens (Fig. 19, 20) und transportirt den gefüllten Kessel mittelst dieses Krahnes über die im Halbkreise in einem 4 bis 5 Fuß unter der Hüttensohle tiefen Raume aufgestellten 7 bis 8 Gußformen F (Fig. 23). Diese, aus Gußeisen schwer gefertigt und mittelst eines Drehkrahnes zu transportiren, werden nach einander in der Weise gefüllt, daß man zur Regulirung der Stärke des Gußstromes den Zapfen t passend hebt, wobei die Unreinigkeiten auf der Oberfläche im Kessel bleiben. Die über einer rauchenden Theerflamme geschwärzten Formen, im Querschnitt quadratisch mit abgenommenen Kanten, haben 2 Zoll Fleischstärke, sind 3 1/2 bis 4 1/2 Fuß hoch und erweitern sich, zur Begünstigung des freien Einfallens des Metallstromes ohne Berührung der Wände, von 8 bis 17 Zoll oben auf 9 bis 18 Zoll unten, wo sie auf einer eigenen Bodenplatte y stehen. Ist die Form bis zu 2 bis 3 Zoll unter den Rand gefüllt, so ebnet man den noch leeren Raum mit Sand aus, legt eine Eisenplatte auf die Form, drückt diese mit einem Keil nieder, und steckt rasch eine Querstange durch am Rande der Form angebrachte Henkel. Hierdurch, so wie auch durch leises Anklopfen mittelst eines Hammers an die Form, soll ein dichter Guß erzielt werden. Sobald die Gußblöcke von 4 bis 4 1/2 Fuß Höhe erstarrt sind, hebt man mit dem Krahn die Formen ab und bringt die noch glühenden Blöcke, wenn möglich, für die weitere Bearbeitung gleich in einen Flammofen. Nach Entleerung seines Inhaltes wird der Gußkessel B umgestürzt und von Ansätzen gereinigt. Derselbe kann auch mittelst einer mechanischen Vorrichtung am Balancier C gedreht und sein Inhalt über den Rand ausgegossen werden, wenn etwa das Gußloch s verwachsen ist oder der Verschlußzapfen t nicht mehr gehoben werden kann. Man macht auf dem Atlaswerke täglich nur drei Chargen: Morgens, Mittags und Abends, weil das Umschmelzen des Roheisens nicht schneller geht und der Frischofen sich gehörig abkühlen muß, was zur Erhaltung seiner inneren Ausfütterung wesentlich beiträgt. Von 60 Ctr. eingeschmolzenem Roheisen erhält man nahezu 45 bis 50 Ctr. rohe Gußblöcke und nur wenig Schaleneisen, was einem Eisenverlust von 17 Proc. entspricht. Da in Schweden 12 Procent Verlust beim Frischen erfolgen, so kommen in England nur 5 Proc. auf das Umschmelzen, welcher geringe Abfall an Schaleneisen sich durch die vollkommene Einrichtung, namentlich durch das größere Chargengewicht erklärt, auch zum Theil wohl seinen Grund in der größeren Leichtflüssigkeit des englischen unreinen Materials hat. Die Kosten des Umschmelzens dürften per Centner roher Gußblöcke etwa 1/2 fl. österr. Währ, betragen. Man verarbeitet die Gußblöcke hauptsächlich zu Eisenbahnschienen, wozu ein jeder zuerst zwei Glühhitzen erhält, um flach und sodann in Gesenken vorgeschmiedet zu werden. Das Auswalzen zum fertigen Rail erfolgt in weiteren zwei Glühhitzen und 12 Kalibern, ohne daß dabei eine Schweißhitze vorkommt. Der Abbrand bei dieser Verarbeitung zu fertigen Rails kann nur 5 bis 6 Proc. betragen; an Ausschuß und Enden mögen 15 bis 20 Proc. zu rechnen seyn. 1 Tonne Rails kostet 18 Pfd. Sterl. 10 Sh. Außer zu Rails wird der Bessemerstahl, vorher zu 2 bis 3 Zoll dicken und 2 bis 3 Fuß breiten Platten gegossen, zur Herstellung von Kesselblechen benutzt, während das aus englischem Roheisen erzeugte Bessemermetall nicht für andere, mehr delicate Artikel, z.B. Panzerplatten, Tyres und Achsen, sich eignet. Dagegen gestattet der in Schweden erzeugte Bessemerstahl eine vielseitigere Anwendung und liefert ausgezeichnete Producte (Draht, Schreibfedern, Feilen, feinste Eisenbleche, Stangenstahl, Rails, Tyres, Achsen, Maschinentheile, geschmiedete Kanonen u.s.w.). Auf der Londoner Industrie-Ausstellung waren die vorzüglicheren Producte in Bessemer's eigener Ausstellung aus Rohstahlgüssen gefertigt, die aus Schweden bezogen werden. Es sollen von F. Göranson in Schweden schon über 20,000 Ctr. Eingüsse nach England gesendet seyn. In dem einen Ofen des Atlaswerkes sind bereits 12,000 Ctr. Bessemerstahl erzeugt und es wird ein zweiter Ofen hergestellt; auch richtet man auf Cyclops Stahlwerk in Sheffield das Bessemern ein und dasselbe wird bei beweglichen Flammöfen und continuirlichem Betriebe auf den Tudhoewerken ausgeführt. Neben dem Atlaswerke, wovon Tunner in seinem oben angeführten Berichte einen Situationsplan neben Detailszeichnungen von dem Bessemerapparat mittheilt, liegt das ältere Etablissement von Bessemer selbst, welches weniger zweckmäßig eingerichtet ist, als dieses. Die Flammöfen zum Umschmelzen des Roheisens liegen auf der Hüttensohle, das flüssige Roheisen wird in Gußkessel abgestochen, diese mittelst eines Krahnes gehoben und in den geneigten Retortenofen entleert, wozu immer 5 Minuten Zeit gehen. Die Charge beträgt nur 20 bis 30 Ctr. graues Roheisen und 2–3 Ctr. Spiegeleisen, die Blasezeit 23 Minuten und der Wind wird mit einer Pressung von 15 Pfund durch 9 × 4 = 36 Düsen eingeführt. Das von Bessern er ausgestellte Homogeneous Iron von großer Festigkeit und außerordentlicher Härte wird erhalten, indem man auf 2 Theile des im Bessemerofen erfrischten flüssigen Stabeisens 1 Theil Roheisen zusetzt. Dieses noch schmiedbare, aber nicht mehr schweißbare Metall, welches für manche Zwecke, z.B. zu Quetschwalzen für quarzige Gesteine, sehr tauglich seyn müßte, entspricht nach Tunner dem längst bekannten unschweißbaren Gußstahl.Man s. Tunner's Bemerkungen darüber im polytechn. Journal Bd. CLXVIII S. 462.

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