Titel: | Der Bitterstoff des Hopfens, krystallinisch rein dargestellt; von Dr. J. C. Lermer. |
Autor: | Johann Karl Lermer [GND] |
Fundstelle: | Band 169, Jahrgang 1863, Nr. XVII., S. 55 |
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XVII.
Der Bitterstoff des Hopfens, krystallinisch rein
dargestellt; von Dr. J. C. Lermer.
Lermer, über den Bitterstoff des Hopfens im krystallinisch reinen
Zustande.
Die Allgemeinheit der Anwendung des Hopfens zur Bierfabrication, die bis jetzt
gänzlich ohne Erfolg gebliebenen Bestrebungen dafür ein Ersatzmittel aufzufinden,
stellen es als Thatsache hin, daß gewisse Bestandtheile desselben und das
Verhältniß, nach welchem diese sich darin vorfinden, Träger von Eigenschaften sind,
welche die Braumethode unserer Zeit nothwendig an die Verwendung des Hopfens ketten.
Während der Gerbsäure, als dem in seinen Wirkungen auf die Würze am vollständigsten
untersuchten Hopfenbestandtheil, beim Brauprocesse die Entfernung der
überschüssigen, die Haltbarkeit des Bieres in Gefahr bringenden proteinartigen
Körper als bestimmter Rayon ihrer Thätigkeit angewiesen ist, fallen ihren Begleitern im
Hopfen in ähnlicher Weise bestimmt abgegrenzte Aufgaben zu, deren Gesammtheit dem,
ursprünglich wohl für den angedeuteten Zweck fast instinctmäßig gewählten Hopfen,
vor allen bis jetzt erprobten ähnlichen Stoffen den ersten Rang vindicirt.
Unter diesen Bestandtheilen gesellt sich dem eben genannten Gerbsäuregehalt als für
die physiologische Wirkung des Bieres und dessen specielle Aufgabe als Aliment
wichtigster Bestandtheil, das Bitterprincip ebenbürtig zu. Unsere Kenntniß über
dieses ist kaum weiter gediehen, als unmittelbar diese Beziehung aussagt. Ives
Ives, Annals of
Philosophy, new series, t. I p.
194. sah 1821 zuerst die in den Hopfenkätzchen sich am Grunde der Deckschuppen
findenden Drüschen als Sitz dieses bitteren Körpers an und benannte das, als
Hopfenmehl bezeichnete, sich im trockenen Zustande leicht durch mechanische
Erschütterung von den Hopfendolden ablösende, gelbe, staubartige Pulver mit dem
Namen Lupulin. Es ist hierunter, wie die Endung des Wortes leicht verleiten könnte,
indeß durchaus nicht eine chemische Individualsubstanz, oder gar speciell ein
Alkaloid zu verstehen.
Das Ives'sche Lupulin ist nichts anderes als die genannten
Blüthen, histologische Elemente des Hopfenfruchtstaubes, gefüllt mit einer
zahlreichen Reihe chemisch verschiedener Substanzen (flüchtiges Oel, Harz, Wachs
etc.).
Demnach wäre es gemäß den Analogien des bitteren Princips im sogenannten Lupulin und
seinen physiologischen Wirkungen, daß dasselbe ein ausgeprägtes, selbstständiges
Glied sey, den chemisch vollständiger untersuchten und im isolirten Zustande bekannt
gewordenen Bitterstoffen sich anreihend.
Ich hatte mir die Aufgabe gestellt, diesen Körper, den Träger der Hopfenbitterkeit,
rein darzustellen und seine wesentlichsten chemischen Eigenschaften aufzudecken.
Meine dahin abzielenden Versuche, welche übrigens nicht geringe Ausdauer und
pecuniäre Opfer forderten, sind endlich soweit vom Erfolg gekrönt, daß ich den
genannten Bitterstoff des Hopfens als ein mit ausgezeichneter
Krystallisationsfähigkeit ausgestattetes, chemisch selbstständiges
Einzelglied von den zahlreichen, seine Isolirung so sehr erschwerenden
Begleitern abzuscheiden vermochte.
Der Weg, auf dem ich am schnellsten die Trennung und Reindarstellung dieses Körpers
– wenn es sich nur um seine alleinige Gewinnung mit Vernachlässigung der
Begleiter handelt – auszuführen lernte, ist der folgende.
Der nach Möglichkeit frische Hopfen wird zunächst mit Aether (im großen,
weißblechernen Scheidetrichter; ich arbeitete mit 15 Pfund Hopfen und circa 60 Pfund Aether) wiederholt extrahirt. Dieser
nimmt den ganzen Harzgehalt u.s.w. aus den Lupulinbläschen auf, einen tiefgrünen,
rothe Fluorescenz zeigenden Auszug bildend.
Derselbe, im Wasserbade abdestillirtEs ist hierbei nöthig, vor der Destillation eine Filtration durch Papier, im
Gilm'schen Trichter leicht ohne Verlust
ausführbar, einzuschalten, indem in der ätherischen Flüssigkeit suspendirt
bleibende Partikelchen der Hopfendoldenblättchen etc. Veranlassung zu einem,
die Destillation unmöglich machenden Stoßen geben. Senken sich die in der
Flüssigkeit auf- und absteigenden Körperchen zu Boden, so sind sie
bei jeder Berührung mit dieser Ursache einer vermehrten Dampfbildung und des
damit zusammenhängenden explosionsartigen Stoßens der Flüssigkeit., hinterläßt eine dickflüssige, schmierige, schwarzgrüne Masse, in der sich,
nachdem sie eine Zeit lang (48 Stunden) sich selbst überlassen blieb, eine
beträchtliche Menge Myricin (palmitinsaures Myricyloxyd) ausscheidet. Beim Behandeln
mit kaltem Weingeist von 90 Procent bleibt dieses ungelöst und kann durch Auswaschen
damit, nöthigenfalls nochmaliges Umkrystallisiren aus heißem Alkohol, leicht völlig
weiß erhalten werden.
Die vom palmitinsauren Myricyloxyd abfiltrirte, alkoholische Lösung wird abermals
abdestillirt und nun von neuem in Aether aufgenommen. _ Diese ätherische Lösung ist
mit starker Kalilauge anhaltend und wiederholt zu schütteln, so lange, bis beim
Behandeln mit frischer Kali- oder Natronlauge diese keine tief gelbe Farbe
mehr annimmt. Durch diese Behandlung geht der größte Ueberschuß der nicht
krystallisirbaren, harzartigen Körper an die wässerige (untere) Kalischichte.
Wäre die wirksame Substanz im Hopfen, wie sie R. Wagner
angibt, Quercitrin, so müßte sich dasselbe in dieser alkalischen Flüssigkeit finden
und durch Säuren, wenn nicht andere Begleiter es verhinderten, als schweres
krystallinisches Sediment daraus abgeschieden werden.
Auf Zufügung von Säuren entstand eine gelblich weiße emulsionartige Flüssigkeit, auf
deren Oberfläche sich die aus dem Aetherauszuge aufgenommenen, harzähnlichen Körper
als eine schmierige, ziemlich dünnflüssige Masse ansammelten. Wenigstens kann darin
also Quercitrin, mit dem sie nichts anderes als die gelbe Farbe in alkalischer
Lösung gemein hat, nicht ausschließlich, oder als vorwiegender Bestandtheil
enthalten seyn. Eine weitere Zerlegung dieser Ausscheidung wird mein Studium noch
längere Zeit in Anspruch nehmen. Sie enthält dagegen noch eine sehr namhafte Menge
unseres neuen krystallisirbaren Bitterstoffes, den ich aber vor der Hand durch diese
Scheidungsmethode, um den Rest rein gewinnen zu können, aufopfern mußte.
In der über dem wässerigen Kali sich ansammelnden ätherischen Schichte findet sich,
nach mehrfacher Behandlung mit neuer Kalilauge, nun gleichfalls eine bedeutende
Menge von der unteren Schicht aufgenommenen Kalis, durch Harzbestandtheile und als
Verbindung mit unserem Bitterstoff in Aether löslich gemacht, eine stark alkalische
Reaction derselben bedingend.
Die ätherische, tief braun gefärbte Schichte wird nun mit reinem Wasser geschüttelt;
die in ihr gelösten Bestandtheile vertheilen sich dadurch nach dem Schütteln in den
sich bildenden beiden Schichten in einer solchen Weise, daß das Hopfenbitter
vorzugsweise an die untere wässerige Schicht tritt, die Begleiter aber größtentheils
von der oberen ätherischen Schichte zurückgehalten werden.
Es handelt sich nun darum, unseren Körper aus dieser alkalischwässerigen Lösung
weiters abzuscheiden. Für diesen Zweck vermischte ich dieselbe mit einer neutralen
Lösung von schwefelsaurem Kupferoxyd. Es entsteht dadurch in sehr reichlicher Menge
ein bläulicher Niederschlag, welcher zu Boden fällt, während die überstehende
Flüssigkeit eine tiefgrüne Farbe, durch auch von ihr stattfindende Kupferaufnahme
annimmt. Der erhaltene Niederschlag ist eine Verbindung des Hopfenbitters mit
Kupferoxyd. Er stellt feine, mikroskopische Nadeln dar. Durch Waschen mit Aether auf
dem Filtrum von der dunkelgefärbten Flüssigkeit, in der er sich ausschied, befreit,
nimmt er rasch eine schön blaue Farbe an; in größeren Mengen Aethers ist er indeß
völlig löslich, ein Beweis daß der Niederschlag kein ausgeschiedenes
Kupferoxydhydrat enthält, sondern gänzlich aus dem Kupfersalze des
Hopfenbitterstoffs besteht.
Die von dem wässerigen Alkali durch das ätherische Extract aufgenommene bedeutende
Kalimenge war also lediglich in der Form eines Kalisalzes im Aether löslich
geworden; durch die nachfolgende Behandlung mit CuO,
SO³ trat die Säure dieses Salzes an das CuO, damit den schwerlöslichen blauen
Niederschlag bildend; das Kali blieb als schwefelsaures Kali in der Flüssigkeit
gelöst. Scheidet sich dieses Kupfersalz aus der ätherischen Flüssigkeit, wenn auch
nicht von den Begleitern völlig befreit, langsam aus, so nehmen die
Krystallindividuen größere Dimensionen an, und die ganze Ausscheidung ist nach
Hinwegnahme der Mutterlauge mit Aether viel compacter und im mit Aether befeuchteten
Zustande von einer sehr feurig blauen Farbe. Diese wird jedoch beim Trocknen, in
Folge der Verdunstung des Aethers, matt und verliert, wenn nicht besonders schöne Ausbildung der
Krystalle erzielt wurde, viel von ihrer Ansehnlichkeit. Sie verhält sich darin ganz
ähnlich den als Tünche gebräuchlichen Wasserfarben, welche im feuchten Zustande
gleichfalls tief und satt gefärbt erscheinen, beim Trocknen aber abblassen und matt
werden. Die Flüssigkeit, aus der die Fällung durch schwefelsaures Kupferoxyd
geschah, setzt beim spontanen Verdunsten noch eine ziemliche Ausbeute schön
krystallisirten Kupfersalzes ab.
Aus diesem Kupfersalze haben wir unsern Körper nun wieder auszuscheiden. Die
Auflösung desselben in Aether wird für diesen Zweck mit einem Strom von
Schwefelwasserstoffgas behandelt, wodurch CuS niederfällt und die Lösung der reinen
Säure in Aether erhalten wird. War der blaue Kupferniederschlag nicht sorgfältig von
der dunkeln Flüssigkeit, worin er sich ausschied, befreit, so ereignet es sich, daß
Schwefelwasserstoff nicht den ganzen Kupfergehalt auszufällen vermag, indem das in
der Mutterlauge des blauen Niederschlags enthaltene lösliche Kupfersalz durch
Schwefelwasserstoff nicht zerlegt wird. Diesen Umstand hat man also sorgfältig zu
vermeiden.
Die erhaltene ätherische Lösung des reinen Hopfenbitterstoffes wird nun im
Kohlensäurestrom abgedunstet. Es resultirt nach Entfernung des Aethers ein bräunlich
gefärbtes syrupartiges Residuum, in welchem sich nach kurzer Zeit, 12–24
Stunden, an verschiedenen Punkten strahlenförmig Krystalle auszusondern beginnen,
die immer mehr zunehmen, bis endlich der ganze Rückstand völlig in eine strahlig
krystallinische Masse umgewandelt ist. Dieselbe ist indeß immer noch bräunlich
gefärbt, wenigstens in conpactem nicht gedrückten Zustande, bedingt durch einen
geringen Rückhalt fremder Bestandtheile. Der Entfernung dieser letzteren stellen
sich ungewöhnliche Schwierigkeiten entgegen, indem die geringe Menge Mutterlauge,
worin sich die Krystalle aussonderten, in allen gebräuchlichen Lösungsmitteln nahezu
gleiche Löslichkeit mit den Krystallen selbst hat, so daß an ein Beseitigen
derselben durch Auswaschen nicht zu denken ist. Ich habe nur ein Lösungsmittel auffinden können, welches in dieser Hinsicht für die
Krystalle und die Mutterlauge ein beachtenswertes verschiedenes Lösungsvermögen
besitzt; es ist dieses das Nitrobenzol.
Uebergießt man mit demselben die noch braungefärbte Krystallmasse, so wird die braune
Mutterlauge rasch aufgenommen, während die ausgeschiedenen Krystalle des
Hopfenbitters als weiße, glänzende Krystalle zurückbleiben. Da diese Krystalle
außerordentlich spröde sind, so ist ein Abpressen der Mutterlauge hier auch nicht am
Platze; sie würden dadurch zu einem feinen Pulver zerdrückt werden, das nun durch
seine Aufsaugungsfähigkeit die Wirkung des Pressens (zwischen Filtrirpapier) wieder aufheben und der
Entfernung der Mutterlauge entgegentreten würde.
Um dieses Hinderniß zu umgehen, habe ich es am zweckmäßigsten gefunden, die mit
Nitrobenzol zu einem breiartigen Magma angerührte, kristallinische Masse auf scharf
getrocknete, lockere Gypsplatten aufzutragen. Diese wirken hierbei in ähnlicher
Weise wie das Decken des Zuckers in den Zuckerraffinerien; die Mutterlauge wird
begierig von dem Gyps aufgesogen und die Krystalle unseres Bitterstoffes bleiben
unverletzt und trocken an der Oberfläche desselben zurück; ein nochmaliges
Befeuchten mit Nitrobenzol macht dieselben vollends weiß und wir haben in dieser
Form nach Abdunstung des Restes von Nitrobenzol endlich den reinen Körper unter
Händen. Selbst in diesem Zustande erhält sich derselbe aber nicht lange unverändert.
Er vergilbt schon binnen 12 Stunden und nimmt dabei zugleich eine weiche Consistenz
an.
Das dabei resultirende weiche Product scheint mir in einer directen Beziehung zu
stehen zu der Form, in welcher unser Körper in dem frischen Hopfen vorkommt. Es hat
dieselbe weiche, klebrige Form und die gelbe Farbe wie frische
Lupulin-Körperchen. Vielleicht ist diese umgeänderte Form nur ein
allotropischer Zustand, eine amorphe Modification der krystallisirten Substanz. Ich
habe dieselbe indeß auf diesem allerdings etwas weitläufigen Wege in einem solchen
Grade von Reinheit erhalten, daß sie aus den gewöhnlichen Lösungsmitteln beim
Verdunsten ihrer sehr ausgesprochenen Neigung zur Krystallisation Folge leisten
kann.
Nimmt man die an der Luft bereits wieder gelb gewordene Substanz mit Aether wieder
auf und läßt spontan verdunsten, so schießen große Nadeln des reinen Bitterstoffes,
umgeben von nur wenig gelblicher, amorpher, glasartiger Substanz an. In größeren
Mengen auf solche Weise eingedunstet, erhielt ich 3/4'' lange, sehr glänzende, etwa
1/8'' starke Prismen derselben, unter einer Decke des amorph gewordenen Körpers,
welche dieselben nun vor weiterer Umsetzung schützte.
Statt dieses Reinigungsverfahrens mit Nitrobenzol kann auch noch ein anderes dienen,
das indeß eine noch größere Einbuße an Substanz zur Folge hat. Nachdem man die
alkalische ätherische Schicht von der wiederholten Behandlung mit Kalilauge, mit
reinem Wasser geschüttelt hat, zerlegt man das vom Wasser aufgenommene, rohe Salz
unseres Körpers mit Schwefelsäure und nimmt mit Aether die mit den noch vorhandenen
Verunreinigungen zugleich ausgeschiedene feine Substanz auf. Wird diese ätherische
Lösung nun wieder mit CuO SO³ behandelt, so nehmen die Begleiter unseres
Bitterstoffs von demselben mit großer Begierde CuO auf, so daß die untere
Flüssigkeit stark sauer wird von in Freiheit gesetzter Schwefelsäure. Die ätherische Lösung
nimmt dadurch eine sehr tiefe und außerordentlich schöne rein grüne Färbung an. Läßt
man dieselbe jetzt wieder spontan verdunsten, so scheiden sich, wenn sie
dickflüssige Consistenz angenommen hat, zahlreich darin die Krystalle des reinen,
freien Hopfenbitterstoffes aus, eingebettet in das zähflüssige Stratum der
gefärbten, harzartigen Kupferverbindung. Die ganze Masse erhält dadurch sehr
täuschend das Ansehen des bekannten grünen Aventuringlases. In der eigenthümlichen
Consistenz des grünen Kupfersalzes liegt wohl hauptsächlich der Grund, daß in diesem
Falle die Molecüle unseres Körpers so frei ihrer Neigung zur Krystallbildung Folge
leisten können.
Die ausgeschiedenen Krystalle hat man nun durch Pressen von der grünen Mutterlauge zu
befreien. Sie bleiben alsdann weiß zurück, indeß mit einem Stich ins Grüne,
herrührend von immer noch eingemengten Spuren der grünen, harzartigen Mutterlauge,
aus welcher sie krystallisirten. Von dieser sind sie nur durch ein weiteres
Umkrystallisiren aus Aether und Abgießen zu befreien. Man erleidet hierbei jedoch
immer einen sehr namhaften Verlust an Substanz wegen der außerordentlichen
Leichtlöslichkeit der Krystalle in Aether. Diese zeigen auch hier, selbst wenn sie
völlig frei von der kupferhaltigen Mutterlauge sind, das zuvor erwähnte Gelb-
und Amorphwerden, und ein alsdann noch fortgesetztes Umkrystallisiren hat nur noch
Einbuße an Substanz zur Folge, ohne an einem Punkt abzuschließen, wo als
Verdunstungsrückstand nur rein weiße Krystalle des bitteren Körpers erhalten würden;
ein Beweis, daß eine Umbildung dieser Krystalle in die gelbe, amorphe Materie
stattfindet.
Der auf solche Weise isolirte reine Körper stellt äußerst spröde, bei leiser Pression
zerfallende, stark glasglänzende Krystalle – rhombische Prismen – dar.
Dieselben sind in Wasser derartig unlöslich, daß sie, auf die Zunge gebracht, auch
beim Zerdrücken keinen bitteren Geschmack zeigen. Im ausgezeichnetsten Grade tritt
dieser dagegen hervor, wenn man die Krystalle zuvor in Weingeist löst und mit Wasser
verdünnt. Der Körper hat alsdann einen ganz reinen und angenehm den Appetit
reizenden bitteren Geschmack, welcher nicht im ersten Augenblicke nach der
Application auf die Zunge hervortritt, sondern erst nach einigen Momenten voll
empfunden wird, dann aber anhaltend ist. Man erkennt dabei die unzweifelhafte
Identität dieser Bitterkeit mit derjenigen des Bieres. Es ist mir auch gelungen,
durch analoge Behandlung des Bieres den Bitterstoff daraus darzustellen; dem hohen
Grade seiner Bitterkeit und seiner Unlöslichkeit im Wasser gemäß, ist dessen Menge
im Biere indeß außerordentlich gering.
In Alkohol, Aether, Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Benzol, Terpenthinöl und
ähnlichen Lösungsmitteln ist der krystallisirte Hopfenbitterstoff äußerst leicht löslich. Hält man
nur den Hals einer geöffneten Aetherflasche in der Weise über eine Probe desselben,
daß der schwere Aetherdunst darauf fällt, so sieht man, wie derselbe rasch von den
Krystallen absorbirt wird und diese dadurch zerfließen.
Die ätherischen oder alkoholischen Auflösungen zeigen eine sehr deutlich saure
Reaction auf Lackmuspapier. Unser Körper charakterisirt sich also hierdurch, wie
aber noch mehr durch seine Verbindung mit Kupferoxyd, als eine Säure. Es wäre daher
für denselben der Name „Hopfenbittersäure“ wohl die
angemessenste Bezeichnung.
Ich komme nun zur Ermittelung der Zusammensetzung der Hopfenbittersäure. Die
Eigenschaft derselben, mit CuO ein charakteristisches Salz zu bilden, mußte den
besten Angriffspunkt für die Analyse unserer Substanz und die Bestimmung ihres
Aequivalents und ihrer Formel abgeben. Das schöne blaue, gut krystallisirte
Kupfersalz lieferte in zwei Analysen, wobei dasselbe zunächst durch Glühen zerstört
und das rückständige CuO wiederholt bis zur Constanz mit NO⁵ behandelt wurde,
folgende Werthe:
Nr. I. Substanz
0,200
CuO
0,025
d.h. CuO in 100 Thln.
12,5
Nr. II Substanz
0,403
CuO
0,052
d.h. CuO in 100 Thln.
12,9
Die Verbrennung des Kupfersalzes mit CuO und dabei zum Schlusse Sauerstoffstrom
angewendet, ergab:
Nr. I. Substanz
0,302
CO²
0,675
HO
0,193
d.h. C in 100 Thln.
60,96
und H in
100 Thln.
7,10
Nr. II. Substanz
0,242
CO²
0,545
HO
0,163
d.h. C in 100 Thln.
61,42
und H in 100 Thln.
7,48
Aus diesen analytischen Belegen entwickelt sich nun die Formel unseres Kupfersalzes
wie:
CuO, C³²H²⁵O⁷
und die daraus abgeleitete procentische Zusammensetzung
gestaltet sich demnach, verglichen mit der im Versuche gefundenen, wie folgt:
verlangt
gefunden
Nr. I
Nr. II
CuO
39,7
12,70
12,5
12,9
C³²
192,0
61,40
61,42
60,96
H²⁵
25,0
7,99
7,48
7,10
O⁷
56,0
17,91
–––––––––––––––––––
312,7
100,00
Wenn der Wasserstoffgehalt in den analytischen Ermittelungen gegen den verlangten
Werth umgekehrt wie bei den Verbrennungen nach gewöhnlicher Art ein wenig zu gering
ausfiel, so hat dieses seinen Grund in einer geringen Entführung von Wasserdunst aus
dem Chlorcalcium-Rohre (dasselbe hatte 15 Centimeter Länge) durch den heißen
Sauerstoffstrom, ein Umstand, welchem in der Deduction derartiger Bestimmungen nicht
immer gehörig Rechnung getragen wird.
Es ist aus der Formel unverkennbar, daß die Hopfenbittersäure in einer engen
Beziehung zu manchen anderen Bitterstoffen steht. So hat z.B. das Absynthiin aus dem
Wermuth nach Luck's jüngster Untersuchung die Formel
C¹⁶ H¹º O⁴ HO
oder verdoppelt: C³² H²²
O¹º.
Beide enthalten alsdann dieselbe Anzahl von Kohlenstoffäquivalenten. Die durch W. Mayer's interessante Untersuchung aufgedeckte Formel der
Jalappinolsäure ist:
C³² H³º O⁶
und diejenige des Jalapinol ist:
C³² H³¹ O⁷.
Dasselbe unterscheidet sich von unserem Hopfenbitter also nur durch einen größeren
Wasserstoffgehalt, während der Kohlenstoff und Sauerstoff bereits in dem gleichen
Verhältnisse darin vorhanden sind.
Ich hätte es sehr gewünscht, die hier aufgestellte Formel weiters durch die Analyse
der reinen Säure bestätigen zu können. Mehrfach dahin abzielende Verbrennungen der
möglichst ohne Veränderung isolirten Substanz lieferten mir auch Resultate, welche
sich derselben ziemlich anschmiegen. Sie scheiterten indeß immer in Etwas an der
Unmöglichkeit, die reine Substanz völlig vor Veränderung an der Luft, der sie so
äußerst leicht unterliegt, zu schützen. Das Kupfersalz hat dagegen sehr ausgeprägte
Eigenschaften und die aus demselben abgeleitete procentische Zusammensetzung, wie
das darnach berechnete Aequivalent der reinen Substanz, stimmen so gut als praktisch
erreichbar, mit der Formel überein, weßhalb ich keinen Anstand nehme dieselben zu
veröffentlichen; aus dem angegebenen Grunde halte ich dagegen die Analysen des isolirten Körpers in der
Hoffnung zurück: complicirtere Verfahren werden es mir bald ermöglichen, über die
Konstitution desselben endgültig zu entscheiden. Ein eingehendes Studium anderer
Salze wird alsdann für die völlige Aufdeckung der chemischen Eigenschaften des neuen
Körpers ein um Vieles leichterer Schritt seyn. Die Analogien mit den genannten
Bitterstoffen mußten namentlich auch für die Annahme obiger Formel bestimmen.
Ich habe mich mit Absicht vor der Hand auf die Untersuchung dieses einzelnen Gliedes
der im Hopfen vorkommenden Gebilde beschränkt und keine erschöpfende analytische
Untersuchung des Lupulins angestrebt, wie es mehrfach, indeß mit nur sehr geringen
Erfolgen, bereits von anderen Seiten geschehen ist. Ich that dieß in der
Ueberzeugung, daß es vor Allem erforderlich sey, zunächst die chemischen Glieder
eines derartigen Untersuchungsobjectes qualitativ und ihren wesentlichen Charakteren
nach zu kennen, bevor man an eine Trennung derselben denken kann. Die Menge des im
Vorliegenden charakterisirten, reinen, krystallisirbaren Bitterstoffes ist, wie ich
im Laufe der Untersuchung bereits übersehen konnte, eine sehr beträchtliche. Wenn
dessen Ausbeute auf dem beschriebenen Wege nur gering erscheinen könnte, so liegt
dieß lediglich in dem Umstande, daß ich, um ihn in reinem Zustande und als
Krystallindividuum abzuscheiden, mit der Beseitigung der harzartigen Begleiter
desselben einen großen, wohl den größten Theil seiner selbst aufopfern mußte. Mit
der einmaligen Abscheidung, selbst auf diesen Umwegen, ist indeß seine Existenz
bewiesen und das so gewinnbare Material wird uns durch Erforschung seiner
Eigenschaften auch die Mittel an die Hand geben, welche eine leichtere und
reichlichere Ausbeute davon ermöglichen.
Ich resumire meine gegenwärtige Abhandlung in der kurzen These:
Das Hopfenbitter ist ein mit ausgezeichneter Krystallisationsfähigkeit
ausgestattetes, chemisch selbstständiges Einzelglied, farblose, stark glasglänzende,
spröde Krystalle darstellend, in Aether und ähnlichen Flüssigkeiten leicht löslich,
unlöslich in reinem Wasser, in alkoholisch-wässeriger Lösung von intensiv
aber rein bitterem Geschmacke.
Bei den Versuchen über die Abscheidung der Hopfenbittersäure aus dem rohen
ätherischen Auszuge des Hopfens habe ich natürlich Gelegenheit gehabt, noch manche
Beobachtungen über die Begleiter derselben zu machen. Wenn mein ganzes Augenmerk
zunächst auch nur auf die Isolirung des eigentlichen bitteren Princips gerichtet
war, so gaben die gelegentlichen Beobachtungen doch immerhin manche Winke, wohin man
ungefähr bei einer detaillirteren Untersuchung des Hopfens zu steuern habe. Ich will deßhalb noch ein
paar Bemerkungen über einige selbstständige Glieder unter den Hopfenbestandtheilen
anfügen.
Bei der Mittheilung des Darstellungsverfahrens für unseren neuen Körper habe ich
bereits das Vorkommen des Myricins im Hopfen erwähnt. Man erhält dasselbe leicht
rein als Nebenproduct bei der Abscheidung der Hopfenbittersäure. Ein leichter Stich
ins Grüne oder Gelbe haftet demselben indeß durch, von dem Aether zugleich mit
aufgenommenes Chlorophyll hartnäckig an. Sein Schmelzpunkt wie die Elementaranalyse
charakterisiren es leicht vollständig.
Einen zweiten, durch Krystallisation gleichfalls ausgezeichneten Körper nimmt die
Kalilauge auf, mit welcher in unserer Trennungsmethode für die Hopfenbittersäure der
vom Myricin befreite Aetherauszug behandelt wird. Die braungelb gefärbte Kalilauge
wird durch Uebersättigen mit Schwefelsäure schwefelgelb gefällt. Aus der
emulsionartigen Flüssigkeit nimmt alsdann Aether einen Harzantheil auf. Nach der
spontanen Verdunstung, wenn man den schmierigen Rückstand längere Zeit sich selbst
überläßt, scheiden sich hier eine Menge feiner Nadeln aus, welche durch Ausbreiten
auf Sauggyps leicht von der Mutterlauge zu befreien sind. Sie bleiben dabei
grünlichgelb gefärbt zurück, werden indeß nach dem abermaligen Umkrystallisiren aus
Aether vollkommen weiß und stellen alsdann eine spröde, atlasglänzende Decke von
feinen, verfilzten Nadeln dar. Der Schmelzpunkt derselben liegt über 110° C.
und trennt diesen Körper, wie seine übrigen Eigenschaften, scharf von den Gebilden,
mit denen er vergesellschaftet im Hopfen vorkommt. Schneller als durch einfache
Krystallisation aus Aether und in reichlicherer Ausbeute kann man denselben durch
eine analoge Behandlungsweise, wie wir sie für die Darstellung der Bittersäure
benutzten, gewinnen, indem man ihn nämlich auch zunächst an Kupferoxyd bindet. Für
diesen Zweck wäscht man alsdann die gelbe, alkalische Flüssigkeit vor der Behandlung
des Aetherauszuges mit so viel Schwefelsäure, daß die Flüssigkeit eben sich zu
trüben beginnt. Sie enthält alsdann das Minimum von Kali, welches zur Lösung der
ganzen Harzmasse erforderlich ist. Man fügt nun Kupfersulfatlösung zu, wodurch ein
schmutzig gelber Niederschlag entsteht. Dieser wird durch Schwefelsäure oder
Schwefelwasserstoff zersetzt, und die abgeschiedenen Harze werden mit Aether
aufgenommen und spontan verdunsten gelassen. Die reichliche Ausscheidung des in Rede
stehenden Körpers ist leicht von der nicht krystallinischen Harzmasse durch
Abwaschen mit Aether, in welchem er viel schwieriger löslich ist, zu trennen. Nach
dem abermaligen Umkrystallisiren aus Aether ist die Reinigung vollendet.
Ein anderes Gebilde bleibt in dem ätherischen Hopfenauszug, wenn derselbe hinter einander mit
Kalilauge und nach Ablassung derselben mit Wasser (zur Aufnahme des Kalisalzes der
Bittersäure) behandelt wurde. Wird derselbe spontan verdunsten gelassen, so findet
man eine grummöse Ausscheidung darin. Durch Ausbreiten auf Gypsplatten,
nöthigenfalls unter Befeuchtung mit Aether, bleibt nun auf der Gypsoberfläche eine
weiche, grauliche, fast glutinös erscheinende Masse zurück. Auch diese gibt nach dem
Auflösen in Aether und Verdunsten des letzteren vollkommen weiße, schilfartige
mikroskopische Krystalle. Diese sind abermals von den bereits beschriebenen
Begleitern verschieden. Sie schmelzen nicht eigentlich, sondern blähen sich erst bei
einer höheren Temperatur, bei welcher sie bereits in Schwingungen versetzt werden,
zu einer schaumigen Masse auf, unter Entwickelung entfernt hornartig riechender
Dämpfe.
Dieses Glied würde sich also durch einen Stickstoffgehalt besonders von den anderen
Hopfenbestandtheilen auszeichnen. Beim stärkeren Erhitzen gibt dieser Körper unter
theilweiser Zersetzung ein in Nadeln krystallisirendes Sublimat. Seine Menge ist
indeß nur sehr unbedeutend, so daß es mir noch nicht möglich war, seine Natur als
Alkaloid, worauf seine Gewinnung und sein Stickstoffgehalt entschieden hindeuten,
festzustellen.
In derselben ätherischen Lösung, aus welcher dieser letzte Körper erhalten wird,
findet sich noch ein Bestandtheil, der nicht ohne Interesse seyn würde, indem er
schon in der Kälte Kupferoxyd zu Oxydul reducirt. Mischt man nämlich diese noch
immer stark alkalische, ätherische Lösung mit neutralem schwefelsauren Kupferoxyd,
so erhält man eine reichliche Ausscheidung von ziegelrothem Kupferoxydul oder gelbem
Oxydulhydrat. Dm Träger dieser sehr bestimmenden Eigenschaften vermochte ich nach
meinen bisherigen, indeß nur beiläufig angestellten Versuchen, noch nicht
abzuscheiden.
––––––––––
Man überblickt in diesen wenigen Andeutungen, daß mit dem Hopfen, der eine so
technisch wichtige Bedeutung hat, ein ganz ähnlicher Fall vorliegt, wie mit den
meisten, gut untersuchten pflanzlichen Producten, welche, wie Opium und Chinarinde,
eine ganze Collection interessanter Einzelglieder darstellen.