Titel: | Ueber Apparate zur Beseitigung des Kesselsteines in den Dampfkesseln; von W. Bender, Ober-Inspector der k. k. priv. österr. Staats-Eisenbahn-Gesellschaft. |
Fundstelle: | Band 169, Jahrgang 1863, Nr. XXIII., S. 103 |
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XXIII.
Ueber Apparate zur Beseitigung des Kesselsteines
in den Dampfkesseln; von W. Bender, Ober-Inspector der
k. k. priv. österr. Staats-Eisenbahn-Gesellschaft.
Aus der Zeitschrift des österreichischen
Ingenieurvereins, 1863 S. 12.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Bender, über Apparate zur Beseitigung des Kesselsteines in den
Dampfkesseln.
Schon im October 1860 machte ich dem österreichischen Ingenieurverein eine
MittheilungPolytechn. Journal Bd. CLIX S. 461. über die Resultate, welche damals mit dem von Hrn. Schau angegebenen Apparate bei einer Locomotive der österr.
Staatseisenbahn-Gesellschaft erzielt waren.
Die Maschine „Neusiedlersee“ dieser Gesellschaft hatte nämlich
auf der Strecke zwischen Wien und Neu-Szöny mit dem Apparate 1170 Meilen
zurückgelegt und es waren in demselben während dieser Zeit 217 Pfund Kesselstein
abgelagert worden.
Durch dieses günstige Ergebniß hatte sich die Gesellschaft veranlaßt gefunden, die
Anwendung solcher Apparate im Großen zu versuchen, und ließ sie deßhalb noch bei 11
anderen Maschinen anbringen, so daß im Ganzen 12 Maschinen damit versehen waren.
Der bei diesen Maschinen verwendete Schau'sche Apparat ist
in Fig. 9
dargestellt.
a ist ein Dampfdom, der mit dem Kessel b durch die Oeffnung c
communicirt, d ist das in der Mitte des Domes
aufsteigende Speiserohr, dessen brausenförmige Mündung bis unter den Deckel e des Domes reicht; f, f
sind die in den Apparat gestellten flachen Teller, welche das Speiserohr
concentrisch umschließen und dabei genügenden Raum für den Durchgang des Dampfes
frei halten.
Das Speisewasser strömt strahlenförmig aus der Brause auf die Teller, setzt auf
denselben, indem es von einem auf den andern fällt und durch die Hitze des Dampfes
zum Sieden gebracht wird, einen großen Theil seiner festen Bestandtheile ab, und
gelangt endlich gereinigt in den Kessel. Auf dem Boden des Apparates wird durch den
erhöhten Rand der Kesselöffnung c eine Art Schlammsack
gebildet, in welchem sich die durch die Bewegung des Wassers mitgerissenen
Niederschläge zur Ruhe setzen. Bei den zuerst verfertigten Apparaten hatten die
Teller Löcher, durch welche das Wasser abläuft, bei den später gemachten ergießt
sich das Wasser von einem Teller auf den andern über den eingezackten Rand
derselben, und zwar, wie die Figur zeigt, abwechselnd einmal über den inneren und
einmal über den äußeren Rand. Nach circa 200 bis 300
Meilen Fahrt wird der Deckel e des Apparates geöffnet,
um die Teller herauszuheben und zu reinigen. Die Wasserspeisung geschieht bei
sämmtlichen Apparaten nur durch Giffard'sche Injectoren,
welche den Vortheil gewähren, daß das in den Apparat strömende Wasser schon eine
Temperatur von 60 bis 70° R. besitzt und demnach sehr rasch zum Sieden
gebracht wird.
Das Ergebniß der mit diesen 12 Apparaten gemachten Erfahrungen ist folgendes:
Namender Locomotive.
Versuchsstrecke.
ZurückgelegteMeilen
Im Apparateabgelagerter
Kesselstein.
Meilenper 1
Pfd.
Zoll-Pfund
Procent
MakoBabolna
TemesvárCzegléd
2753,201290,80
491,20228,10
39,8042,10
5,61 5,68
MatraBékes
PestSzegedin
1618,19 477,95
180,4550,00
29,5151,50
9,00 9,61
FöldvarMohácsSzekszárd
NeuhäuselMarchegg
3219,903424,251200,18
260,50248,00111,00
15,7515,4021,95
12,5014,0810,80
Neusiedlersee
Wien-Neu-Szöny
5074,32
897,50
72,55
5,61
RakonitzMünchengrätz
TrübauBrünn
3286,352078,50
66,9518,75
10,20 4,80
50,0011,11
Adersbach
Prag-Bodenbach
3677,66
217,10
66,86
17,00
Trübau
Prag-Trübau
3034,20
154,35
22,59
20,00
im Durchschnitt
31185,25
2923,90
30,63
10,75
Die Gesammtleistung der mit den Apparaten versehenen Maschinen betrug 31185 Meilen,
und es hatten sich während dieser Zeit im Ganzen 2923 Pfd. Kesselstein in den
Apparaten abgelagert.
Aus den genau bekannten Wassermengen, welche in den einzelnen Stationen genommen
wurden und aus den genauen Analysen derselben ergab sich, daß sämmtliche Apparate im
Durchschnitt 30,6 Proc. aller in dem verwendeten Wasser enthaltenen festen
Bestandtheile abgelagert hatten.
Hierbei zeigten jedoch die einzelnen Apparate je nach den Strecken, auf welchen sie
Dienst leisteten und nach dem dort vorhandenen Wasser, große Verschiedenheiten in
ihren Effecten.
Am günstigsten stellten sich die Apparate der Maschine
„Neusiedlersee“ auf der Strecke
Wien-Neu-Szöny, und der Maschine „Adersbach“ auf
der Strecke Prag-Bodenbach heraus, von welchen die erstere 72,55 Proc. und
die letztere 66,86 Proc. aller im verdampften Wasser enthaltenen festen
Bestandtheile abgesetzt hatte. Hierauf folgte eine zwischen Pest und Szegedin
verkehrende Maschine, deren Apparat 51,5 Proc. Kesselstein absonderte; sodann die
beiden zwischen Temesvár und Szegedin im Dienst gewesenen Maschinen, welche
42,1 Proc. und 39,8 Proc. abgelagert hatten.
Bei den übrigen Maschinen variirte die Ablagerung zwischen 29,5 bis 10,2 Proc. der
festen Bestandtheile.
Bei einer Maschine belief sich die Ausscheidung sogar nur auf 4,8 Proc. der festen
Bestandtheile; bei dieser war jedoch ein kleiner Fehler in der Ausführung
unterlaufen, denn das aus der Brause strömende Speisewasser ging zum größten Theile
über den etwas zu klein gehaltenen obersten Teller hinaus und lief, ohne die Teller zu passiren, an
den Seitenwänden des Domes herab.
Der Grund der geringeren Wirkung auf einigen Strecken liegt offenbar in der Gattung
der im Wasser befindlichen Salze. Die kohlensauren Salze, welche sämmtlich schwer
löslich sind, werden sich natürlich alle früher niederschlagen, die leicht löslichen
schwefelsauren Salze dagegen können nur sehr spät zur Ausscheidung gelangen. Ein
Theil der letzteren wird sich selbst gar nicht ausscheiden, weder im Apparate, noch
im Kessel, denn die zur Ausscheidung nothwendige Concentrirung der Lösung wird bei
dem beständigen Zufluß frischen Wassers nur äußerst selten und für einige Salze
selbst niemals eintreten, wenn nicht versäumt wird nach einigen Fahrten das
Kesselwasser stets vollständig aus dem Kessel abzulassen. Während nämlich der
kohlensaure Kalk erst in 16000 Theilen Wasser löslich ist, wird der schwefelsaure
Kalk schon in 460 Theilen und die schwefelsaure Magnesia sogar schon in 1 1/2
Theilen heißen Wassers aufgelöst.
Was nun das Quantum des in den Apparaten abgesetzten Kesselsteines mit Bezug auf die
Dienstleistung der Maschine betrifft, welches in der Praxis den besten Anhaltspunkt
zur Beurtheilung des Nutzens gibt, so ergab sich, daß im Durchschnitte bei 10,75
Meilen Dienst 1 Pfund Kesselstein abgelegt wurde.
Bei der Maschine „Neusiedlersee“ und bei den zwei zwischen
Temesvár und Czegléd verkehrenden Maschinen wurde schon bei 50 Meilen
Dienst 1 Pfd. Kesselstein ausgeschieden. Bei einer Dienstleistung von 6000 Meilen
von einer Hauptreparatur zur anderen würden demnach über 10 Ctr. Kesselstein nach
und nach aus dem Apparate entfernt werden.
Bei den zwischen Pest und Szegedin verkehrenden Maschinen wurden bei 9 Meilen Dienst,
und bei den zwischen Neuhäusel und Marchegg verkehrenden Maschinen wurden im
Durchschnitte bei 12,5 Meilen Dienst 1 Pfd. Kesselstein in den Apparaten
abgelagert.
Bei der Maschine „Adersbach“ auf der Strecke
Prag-Bodenbach, die sich bezüglich des Procentsatzes der abgelagerten festen
Bestandtheile so günstig stellte, wurden erst bei 17 Meilen Dienst 1 Pfd.
Kesselstein abgesetzt.
Die zwischen Prag und Trübau verkehrende Maschine setzte bei 20 Meilen Dienst 1 Pfd.
Kesselstein ab, während eine der zwischen Trübau und Brünn verkehrenden Maschinen
erst bei 50 Meilen Dienst 1 Pfd. feste Bestandtheile zur Ausscheidung brachte. Jene
Maschine endlich, deren Apparat, wie bereits erwähnt, anfangs etwas fehlerhaft
hergestellt worden war, hatte erst nach 111 Meil. 1 Pfd. Kesselstein
ausgeschieden.
Aus den mitgetheilten Resultaten geht hervor, daß sich die
Schau'schen Apparate bei schlechtem Speisewasser, das viel
kohlensaure Salze enthält, vorzüglich bewährt haben, und daß sich bei solchem
Wasser die Anwendung derselben zur Beseitigung des Kesselsteines bei den
Locomotiven und zwar in Verbindung mit Giffard'schen Injectoren sehr
empfiehlt.
Kurz nach Vornahme der ersten Versuche mit dem Schau'schen
Apparate traf aus Paris die Nachricht ein, daß Hr. H. G. Wagner daselbst einen beinahe gleichen Apparat unter dem Namen Hydratmo-Purificateur privilegirt habe.Man s. über Wagner's Apparat die Mittheilungen im
polytechn. Journal Bd. CLXIV S. 253.
Dieser Apparat wird auf verschiedene Arten ausgeführt. Erstens in Form eines vom
Kessel unabhängigen Behälters von verschiedener Gestalt, Fig. 10, in welchem das
Speisewasser durch die Hitze des bereits in der Maschine verwendeten Dampfes zum
Sieden gebracht und gereinigt wird, a ist der Behälter,
der durch die Scheidewand d in zwei Theile getheilt
wird. Im oberen Theile befindet sich das durch das Rohr c zugeführte Speisewasser. Im unteren Theile sind die Teller d, d angebracht. Bei e
strömt der Dampf in den Apparat und bei f verläßt er
denselben wieder. Das Wasser fließt durch eine in der Mitte der Scheidewand
angebrachte Oeffnung auf die Teller, setzt daselbst, durch den Dampf zum Sieden
gebracht, seine festen Bestandtheile ab und gelangt durch das Rohr g gereinigt zur Speisepumpe des Kessels. Der Behälter
ist mit Seitendeckeln versehen, um ihn leicht reinigen zu können.
Zweitens in Form eines ganz ähnlichen Behälters, der jedoch zur Erhitzung des
Speisewassers den directen Kesseldampf verwendet und zu diesem Zwecke mit dem
Dampfreservoir des Kessels durch ein gabelförmig gebogenes, oben und unten in den
Apparat einmündendes Dampfrohr in unmittelbarer Verbindung steht.
Endlich hat Hr. Wagner diesen letzteren Apparat noch
dadurch vereinfacht, daß er ihn gerade so, wie Hr. Schau,
direct auf den Kessel setzt, wodurch alle Rohre beseitigt werden.
Aus dem im ersten Augusthefte 1862 des polytechn. Journals (Bd. CLXV S. 173) von Hrn.
Friedrich Henckel mitgetheilten Aufsatze geht hervor, daß
der erste von Hrn. Wagner beschriebene Apparat dem
Principe nach identisch mit dem Hrn. Henckel im Jahre
1854 in Preußen privilegirten Apparate ist, dessen Veröffentlichung in einem Werke
des Civilingenieurs Dr. Robert Schmidt zu Berlin im Jahre 1857 erfolgte; der vorhandene Unterschied besteht
nur in der Ausführung und zwar in der Richtung des einströmenden Dampfes und in der
Form und Lage der Teller oder Platten.
Was den dritten von Hrn. Wagner construirten Apparat und
jenen des Hrn. Schau betrifft, welche direct auf dem
Kessel aufsitzen, so sind sie von dem Henckel'schen
Apparate dadurch unterschieden, daß sie weder Dampfleitungen, noch eine zweite
Speisepumpe haben, indem sie einen Theil des Kessels bilden und das gereinigte
Wasser durch seine eigene Schwere zum Niveau des Kesselwassers gelangen lassen,
während Hr. Henckel seinen Apparat abgesondert vom Kessel
hat und ihn stets vor der Speisepumpe einschaltet.
Hr. Henckel hat seinen Apparat speciell für
Stabilmaschinen gebaut und dabei die Wärme des schon gebrauchten Dampfes sehr
zweckmäßig benützt.
Hr. Schau hat seinen Apparat, wie er beschrieben wurde,
speciell für Locomotiven construirt, und für diese läßt sich auch der dritte Wagner'sche Apparat, der dem Principe nach ganz derselbe
ist, verwenden.
Einige Abänderungen in den Constructionen dieses Kesselstein-Apparates für
Locomotiven wurden von den HHrn. J. J. Meyer und Haswell vorgenommen.
Hr. Meyer führt das von den Tellern fließende Wasser durch
herabgehende Rohre a, a., Fig. 11, in die Mitte
eines größeren Schlammsackes b, b, woselbst es das über
der Mündung dieser Rohre stehende bereits mehr erhitzte Wasser verdrängt, so daß
dieß über den oberen Rand des Schlammsackes in den zum Kessel führenden Theil des
Behälters e abfließen muß. Der obere Rand des
Schlammsackes ist mit hohen Einkerbungen versehen, um das Uebertreten des auf dem
Wasser schwimmenden Schaumes zu verhüten. Die Reinigung des Schlammsackes geschieht
durch Ausblasen desselben mit Dampfdruck bei d.
Hr. Haswell dagegen war bestrebt, den Apparat möglichst
einfach und billig herzustellen. Er vermied daher den Dampfdom und legte in die
Längenachse des Kessels a, Fig. 12, eine oben offene
Rinne b, welche mit abwechselnd gesetzten Schaufeln
versehen ist, um das rasche Durchfließen des Wassers in derselben zu verhindern.
– Das durch das Speiserohr bei c einströmende
Wasser gelangt in diese von Dampf umgebene Rinne, setzt in derselben, durch die
Hitze des Dampfes zum Sieden gebracht, den Kesselstein ab und fließt sodann
gereinigt durch einen Einschnitt am oberen Rande am Ende der Rinne zum Niveau des
Kesselwassers. Die Rinne hängt lose in eisernen Bügeln im Kessel und wird behufs
Reinigung durch ein im
Rauchkasten befindliches Loch herausgezogen. Bei jenen Maschinen, welche an dieser
Stelle das Dampfeinströmungsrohr haben, bringt Hr. Haswell zwei solcher Rinnen zur Seite an.
Dieser Apparat wurde bei der Maschine „Villány“ für die
Fünfkirchner Bahn der D.-Dampfschifffahrts-Gesellschaft auf der
Wien-Neu-Szönyer Linie versucht und hat den Erwartungen vollständig
entsprochen, indem er in 77 Stunden Dienstzeit, während welcher 2999 Kubikschuh
verdampft wurden, bei 10 1/2 Pfd. abgelagerten Kesselstein ergab.