Titel: | Ueber die Reinigung und Erhaltung von Kupfer- und Stahlstichen; von Dr. A. Hayes in Massachusetts. |
Fundstelle: | Band 169, Jahrgang 1863, Nr. LXIX., S. 273 |
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LXIX.
Ueber die Reinigung und Erhaltung von
Kupfer- und Stahlstichen; von Dr. A. Hayes in
Massachusetts.
Nach dem Scientific
American durch das Mechanics' Magazine, Juli 1862,
S. 19.
Hayes, über die Reinigung und Erhaltung von Kupfer- und
Stahlstichen.
Die vielfachen Anfragen, welche an mich von Besitzern werthvoller und zufällig oder
durch die Länge der Zeit verdorbener Stiche betreffs der von mir angewandten Methode
zur Restauration einiger sehr kostbaren Exemplare gerichtet worden sind, veranlaßten
mich zur Veröffentlichung dieses fast in allen Fällen anwendbaren Verfahrens.
Nicht selten findet man hier und da verdorbene und daher ganz werthlos gewordene
Bilder der besten Meister, welche leicht zu reinigen sind und dadurch ihre frühere
Schönheit und Frische wieder erhalten.
Man hat zunächst die Art der Beschädigung des Kupfer- oder Stahlstiches zu
berücksichtigen. Die geringste Veränderung welche vorkommt, ist eine allgemeine
braune Färbung, welche bloß durch die Einwirkung der Atmosphäre entstand. Flecke,
welche durch Tinte, gefärbte Flüssigkeiten, Oel oder Insecten verursacht worden
sind, müssen zuerst behandelt und alle Bleistiftzeichen mit Gummi oder Brodkrume
entfernt werden. Eine
flüssige Säure, durch Auflösen einer Unze krystallisirter Kleesäure in fünf Unzen
warmen Wassers bereitet, kann man für alle Flecken brauchen, wobei das Papier an den
betreffenden Stellen durch und durch naß seyn muß. Einige Fälle ausgenommen, wirkt
diese Säure nicht augenblicklich, sondern sie verbindet sich gewöhnlich mit den
Basen der Flecke und erst die folgenden Operationen bewirken die gänzliche
Entfernung derselben; die Durchnässung des Papiers muß einige Stunden vor dem
Reinigen des Blattes geschehen.
Um die Handhabung zu erleichtern und die Ränder des Papiers zu schützen, näht man ein
Stück steifen Tull an jedem Ende um einen Stock, so daß man einen Tragrahmen
(ähnlich einer an zwei Holzrollen befestigten Landkarte) erhält, dessen Fläche etwa
1 Zoll breiter als das größte zu behandelnde Bild seyn muß. Man kann 1–10
Bilder zugleich behandeln, wenn sie vorher mit der Säure an den fleckigen Stellen
benetzt und gleichmäßig auf dem Rahmen ausgebreitet sind, so daß man das Ganze in
Wasser eintauchen kann. Eine Bütte von gewöhnlicher Größe reicht schon für Stiche
von beträchtlicher Ausdehnung hin; am besten ist aber eine gewöhnliche Badewanne,
welche mit so viel warmem Wasser gefüllt ist, daß das von dem Gewebe getragene
gebogene Papier auf dem Boden und an den Seiten ruhen kann; in dieser Wanne läßt man
es 12–24 Stunden unter wiederholtem Aufheben und Hin- und Herbewegen
mittelst der Spannstäbe.
Beim ersten Versuche wird man etwas Besorgniß empfinden, wenn man ein sehr
werthvolles Bild dieser scheinbar gefährlichen Behandlung aussetzt; man muß aber
bedenken, daß das Papier aus einer stark verfilzten Masse kurzer Fasern besteht,
welche wochenlang in mancherlei Flüssigkeiten, selbst in verdünnten Säuren und
anderen chemischen Substanzen liegen kann, ohne zu leiden, wenn nicht eine
mechanische Einwirkung durch rasche Bewegung oder Berührung hinzu kommt. Das starke
Papier der Kupferstiche absorbirt viel Luft, welche dem Eindringen des Wassers
widersteht und es ist Bewegung sowohl zu ihrer Entfernung, als auch zum Abziehen der
gefärbten Lösungen erforderlich. Diese Bewegung kann man dadurch bewirken, daß man
die Tragstöcke festhält und die Masse von einer Seite des Bades zur andern, oder
rasch auf und ab schiebt, damit die Blätter momentan von einander getrennt werden.
Nach dem Hinstellen des Rahmens kann man das gebrauchte Wasser abgießen und durch
frisches ersetzen, welches man langsam einlaufen läßt. Bei dieser Erneuerung des
Wassers kann man auch kaltes anwenden, muß aber die Einwirkung dann länger andauern
lassen.
Wenn das Wasser nach erfolgter Bewegung der Stiche in demselben, keine Farbe mehr annimmt, so
gießt man es ab und nur so viel neues hinzu, daß die Blätter gerade bedeckt werden.
Hierauf mischt man 1/2 Pfd. Chlorkalk mit kaltem Wasser zu einem Teig und fügt dann
5 Pfd. kaltes Wasser hinzu, rührt während sechs Stunden bisweilen um, und gießt
alsdann von der nach dem Absitzenlassen klar gewordenen Lösung einen Theil zu dem
Wasser im Bade, bis Geschmack und Geruch die Anwesenheit des Chlors erkennen lassen.
Wenn man nun die Stiche in diesem Bade bewegt, so erfolgt die bleichende Wirkung,
bis das Verschwinden des Chlorgeruchs andeutet, daß eine neue Menge
Bleichflüssigkeit zuzusetzen ist, so daß der Geruch oder Geschmack des Chlors
2–3 Stunden im Wasser erhalten bleibt.
Die Wirkung des Chlors auf die vorher mit Säure befeuchteten Stellen vertilgt fast
jede Spur von Farbe, während die bräunliche Färbung des Papiers durch vollkommene
Weiße ersetzt wird, und Licht und Schatten des Bildes ihre ursprüngliche
Vollkommenheit wieder erlangen, daher der Stich so deutlich wie nach seinem Drucke
erscheint.
In einigen Fällen geschah es wohl, daß die seit langer Zeit fleckigen Bilder nicht
durch die schwache Lösung gereinigt wurden; es muß dann etwas Mineralsäure zur
Entwickelung des Chlors zugesetzt werden, wozu eine Unze Salzsäure mit 20 Unzen
kalten Wassers verdünnt, vollkommen ausreicht, um nach dem Vermischen mit dem Wasser
des Bades jede Faser des Papiers rein weiß zu bleichen.
Nach dem Bleichen zieht man das Wasser ab, läßt das Papier abtropfen, läßt frisches
Wasser einlaufen, und bewegt die Blätter darin hin und her, bis alles anhaftende
Chlor davon entfernt ist. Dieß wiederholt man mehreremal, jedesmal mit frischem
Wasser und unter jedesmaligem Abtropfenlassen; schließlich hebt man das Ganze an den
Stäben heraus und legt es auf einen reinen Tisch zum Abtropfen des Wassers. Hat man
eine Anzahl Bilder in Arbeit genommen, so kann man sie in ein warmes Zimmer zum
Trocknen bringen; da hierbei das oberste Blatt am schnellsten abtrocknet, so kann
man es abnehmen und auf irgend einer Unterlage vollkommen trocknen lassen. Um die
Operation zu beschleunigen, habe ich Betttücher ausgebreitet und die nassen Bilder
einzeln darauf gelegt; langsames Trocknen macht aber ein nachheriges Pressen der
(etwas feuchten) Bilder überflüssig.
Man sieht, es bedarf nur geringer Mühe und Aufmerksamkeit, um jedem Bilde seinen
ursprünglichen Werth wieder zu geben, wobei man sein Augenmerk hauptsächlich auf die
Dauer der Einwirkung der bleichenden Flüssigkeit zu
richten hat.