Titel: | Neues Verfahren zur Gewinnung der Metalle aus den platinhaltigen Rückständen; von A. Guyard. |
Fundstelle: | Band 169, Jahrgang 1863, Nr. LXXII., S. 279 |
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LXXII.
Neues Verfahren zur Gewinnung der Metalle aus den
platinhaltigen Rückständen; von A. Guyard.
Aus den Comptes rendus,
t. LVI p. 1177.
Guyard, über ein neues Verfahren zur Gewinnung der Metalle aus den
platinhaltigen Rückständen.
Dieses Verfahren besteht in drei Hauptoperationen, welche ich kurz beschreiben
will.
1) Ueberführen der Rückstände in Auflösung. – Die
Mutterlaugen, welche nach der Fällung des Platins
durch Salmiak zurückbleiben, erhält man entweder von Lösungen des Platinerzes oder
von solchen des käuflichen Platins. Sie enthalten immer Eisen, welches hauptsächlich
von dem zum Fällen des Goldes angewandten Eisenvitriol herrührt, ferner Blei,
Kupfer, Palladium, Iridium, insbesondere Rhodium und Platin. Diese Mutterlaugen
werden mit Salzsäure angesäuert und können dann sofort nach dem unten angegebenen
Verfahren verarbeitet werden. (Man muß sich aber wohl hüten, sie durch metallisches
Eisen zu fällen, wie es gewöhnlich geschieht.)
Die festen Rückstände werden ohne alle Vorbereitung mit
ihrem dreifachen Gewicht eines Gemenges von gleichen Theilen Natronhydrat und
Natronsalpeter geschmolzen. Dieses Schmelzen geschieht bei lebhafter Rothglühhitze
in einem schmiedeeisernen Tiegel mit dicken Wänden. Es erfolgt ohne daß die Masse
steigt und erfordert beiläufig eine Stunde Zeit. Während der letzten zwanzig Minuten
rührt der Arbeiter die Masse beständig mit einem schmiedeeisernen Löffel um. Die
Operation ist außerordentlich einfach.
Diese Rückstände enthalten Osmium-Iridium welches von keinem chemischen Agens
angegriffen wird, ferner ein angreifbares Osmium-Iridium, sowie Körner der
Legirung von Platin mit Iridium und Rhodium, welche das Königswasser nicht auflösen konnte,
die aber der Salpeter oxydirt, so daß sie ihren Zusammenhang gänzlich verlieren.
Dazu kommt noch die jedem Platinerz eigenthümliche Gangart: Quarz, Silicate aller
Basen, Titanerze, Hyacynthe u.s.w.
Das erwähnte Gemenge von Natronhydrat und Natronsalpeter oxydirt Alles, was oxydirbar
ist und löst zum Theil die Gangarten auf, welche ihren Zusammenhang ganz verlieren;
die geschmolzene Masse enthält alle oben aufgezählten Körper, nebst einer großen
Menge Eisenoxyd von den Wänden des Schmelzgefäßes. Man gießt die schmelzende Masse
in gußeiserne Zainformen. Nach dem Erkalten zerschlägt man sie in Stücke, welche man
mit so viel Wasser kocht, daß man eine starke Natronlösung erhält, worin alle
gallertartigen Säuren aufgelöst bleiben können. Dieselbe enthält außerdem das Osmium
als osmiumsaures Natron; man trennt sie von den unauflöslichen Oxyden, und
übersättigt sie dann mit Salzsäure.Diese Lösung wird besonders mit Schwefelwasserstoffgas gefällt, wodurch man
das Osmium als Schwefelosmium erhält. Die unauflöslichen Oxyde werden durch Auslaugen von dem überschüssigen
Alkali befreit, womit sie getränkt sind, und hernach in Königswasser aufgelöst.
Letztere Auflösung enthält Eisen, Kupfer, Blei, Iridium, Rhodium, Platin und
Ruthenium. Man trennt sie von dem nicht aufgelösten Iridium-Osmium; dann
dampft man sie ab, um das überschüssige Königswasser zu verjagen und nimmt sie in
Wasser und Salzsäure wieder auf.
2) Fällung der Flüssigkeiten mit Schwefelwasserstoffgas.
– Die so erhaltenen Flüssigkeiten können sofort mit Schwefelwasserstoff
gefällt werden.
Der Apparat dazu besteht aus einem Behälter, worin der Schwefelwasserstoff durch
Einwirkung von Schwefelsäure auf Schwefeleisen erzeugt wird. Dieser Behälter steht
mit vier oder fünf großen Steinzeugflaschen von beiläufig 70 Litern Fassungsraum in
Verbindung, welche wie ein Woulf'scher Apparat angeordnet
sind. Ein besonderer Tubulus gestattet in jede dieser Flaschen Dampf zu leiten, um
die darin befindliche Flüssigkeit zu erwärmen.
Der ganze Apparat befindet sich in einem gut geschlossenen hölzernen Kasten, welcher
neben dem Schornstein angebracht ist, mit welchem er in Verbindung steht. Die
geringen Mengen nicht absorbirten Gases ziehen durch ein langes Rohr in ein im
Schornstein brennendes Feuer, dessen Zweck ist einen starken Zug hervorzubringen.
Man vermeidet so jeden Geruch während der Fällung; aber nach der Operation pumpt man aus großen
Gasometern Luft in den ganzen Apparat; diese Luft vertreibt den zurückgehaltenen
Schwefelwasserstoff aus den Mutterlaugen, welche daher verarbeitet werden können,
ohne einen Geruch zu verbreiten.Anstatt der Gasometer und der Luft kann man mit gleichem Resultat einen
Kohlensäure-Generator anwenden.
Während der Fällung ist die Operation in folgender Weise durchzuführen. Sobald das
Gas sich zu entwickeln beginnt, erhöht man die Temperatur der Flüssigkeiten auf
ungefähr 70° C. und unterhält diese Temperatur beiläufig fünfzehn Stunden
lang, welche Zeit zur vollständigen Fällung der Schwefelmetalle erforderlich ist.
Die Operation ist beendigt, wenn die Mutterlauge nur noch eine sehr
schwach-gelbliche Färbung in Folge von ein wenig löslichem Schwefeliridium
hat. Die von den gefällten Schwefelmetallen abgegossene Mutterlauge wird in eine
Kufe mit Eisenstäben gebracht, an welche sie ein wenig Iridium abgibt. Die
Schwefelmetalle läßt man auf großen Zeugfiltern abtropfen.
3) Reinigung und Behandlung der Schwefelmetalle. –
Während das Eisen mit allen durch Schwefelwasserstoff nicht fällbaren Körpern in der
Mutterlauge zurückblieb, enthält die gesammelte Masse der Schwefelmetalle außer den
Sulfuriden der Platinerz-Metalle eine große Menge Schwefel, nebst
Schwefelkupfer und Schwefelblei. Um den Sulfuriden der Platinerz-Metalle
diese Beimengungen zu entziehen, verfiel ich auf die Anwendung der concentrirten
Schwefelsäure, welche dieselben in schweflige Säure und schwefelsaure Salze
verwandelt, während sie auf die Sulfuride der edlen Metalle nicht wirkt. Dieses
Feinen läßt sich in schmiedeeisernen Gefäßen ausführen, Hr. Matthey verwendet aber dazu solche von Platin.
Wenn sich nach andauerndem Sieden keine schweflige Säure mehr entbindet, ist das
Feinen vollständig bewerkstelligt.
Das Ganze, mit viel Wasser verdünnt, wird auf die Filter gebracht, und die Masse der
Schwefelmetalle ohne Unterbrechung ausgewaschen, bis Ammoniak in der filtrirten
Flüssigkeit weder Kupfer noch Eisen anzeigt.
Alsdann sind die edlen Metalle vollständig von Eisen gereinigt, frei von Kupfer und
enthalten bloß noch ein wenig schwefelsaures Blei, welches sich bei einer späteren
Reaction von selbst absondert. Sie sind ferner in einem solchen Zustande, daß das
Königswasser und auch bloß Salpetersäure sie vollständig auflöst.
Behandlung der Schwefelmetalle. – Dieselben werden
alsdann in Königswasser aufgelöst. Das Königswasser darf nicht im voraus bereitet
seyn, denn dann würde es auf die Schwefelmetalle so plötzlich und kräftig wirken,
die Erhitzung würde so rasch eintreten und die Gasentbindung so groß seyn, daß das
Gemisch unfehlbar aus den Gefäßen geschleudert würde.
Man setzt daher den Schwefelmetallen vorerst Salpetersäure von mittlerer Stärke zu,
aber nur nach und nach, denn ihre Wirkung ist schon in der Kälte lebhaft. Es
entwickeln sich viel röthliche Dämpfe; erst nachdem das Aufbrausen aufgehört hat,
setzt man die Salzsäure zu, erhitzt dann anfangs langsam, hernach bis zum Sieden,
welches nothwendig ist um eine vollständige Auflösung zu erzielen.
Endlich gießt man diese Auflösung von ein wenig abgesetztem Chlorblei ab, wornach man
mittelst Salmiak die verschiedenen darin enthaltenen Metalle nach der gewöhnlichen
Methode abscheidet.
Das beschriebene Verfahren hat sich im Großen in der Platinfabrik von Johnson, Matthey und Comp. in
London vollkommen bewährt.