Titel: | Der rohe Weinstein und seine Verfälschungen; von Guido Schnitzer in Wien. |
Autor: | Guido Schnitzer |
Fundstelle: | Band 169, Jahrgang 1863, Nr. LXXVI., S. 301 |
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LXXVI.
Der rohe Weinstein und seine Verfälschungen; von
Guido Schnitzer in Wien.
Schnitzer, über den rohen Weinstein und seine
Verfälschungen.
Das Nachstehende war zunächst für einen engeren Kreis österreichischer Industriellen
bestimmt, um denselben zur Beurtheilung des rohen Weinsteins, welcher im
österreichischen Handel eine bedeutende Rolle spielt, sichere Merkmale und das
einfachste Prüfungsverfahren an die Hand zu geben. Der Verfasser, dem eine
langjährige Erfahrung im Einkauf, in der Untersuchung und Verarbeitung von rohem
Weinstein zur Seite steht,In den letzten acht Jahren führte derselbe nacheinander die Leitung von drei
Weinsäurefabriken verschiedener Länder: die eine im deutschen Zollverein
(chemische Fabrik Waldau (bei Heilbronn), die andere im südlichen Frankreich
(usines de produits chimiques d'Endoume
près Marseille), die dritte in Oesterreich (chemische
Productenfabrik Guntramsdorf bei Wien). hat aber bei Ausführung seiner Arbeit gefunden, daß dieselbe einer
allgemeineren Anwendung fähig ist, weßhalb er sie dem „polytechnischen
Journal“ in einer Fassung übergibt, die den Weinsteinhändlern und
Weinsäurefabrikanten auch außerhalb Oesterreichs willkommen seyn dürfte. Es wird
nämlich nicht allein der österreichische Weinsteinmarkt berücksichtigt, sondern es
sollen auch die im übrigen europäischen Verkehr vorkommenden Weinsteinsorten mit
möglichster Vollständigkeit besprochen werden.
Diejenigen Länder, welche hauptsächlich rohen Weinstein liefern, sind einmal die um
das mittelländische Meer sich gruppirenden Weingegenden: Spanien, Frankreich,
Italien, Griechenland, Kleinasien; dann die Rheinlande, Süddeutschland, Schweiz;
endlich Oesterreich mit Ungarn. Der Weinstein der südlichen Länder wird meist in
Frankreich und England verarbeitet, der französische hauptsächlich in Frankreich,
der deutsche und schweizerische dem größten Theil nach in seiner Heimath, der
österreichische und ungarische Weinsteinmarkt versorgt mit seinem Ueberfluß fast
alle anderen Länder, besonders Deutschland, England und Frankreich. Innerhalb der
österreichischen Zollgrenze wird verhältnißmäßig wenig Weinstein verarbeitet, da nur
zwei größere Weinsäurefabriken und wenig Cremor
tartari-Fabriken hier zu Land bestehen. Um so bedeutender ist der
österreichische Export in diesem Artikel, und zwar werden dabei die Sorten nach den
Provinzen des Reichs unterschieden aus denen sie kommen, so daß z.B.
„österreichischer Weinstein“ speciell nur derjenige heißt,
welcher von dem Wein der Provinzen Ober- und Niederösterreich stammt, während
man die anderen Gattungen je nach ihrem Ursprung als
„ungarischen,“
„croatischen,“
„steirischen,“
„tyroler“ u.s.w. Weinstein bezeichnet.
Außer den Weinsteinsorten, welche das Product der natürlichen Ablagerung in den
Gefäßen sind, die zur Aufbewahrung des Weines dienen, gibt es noch künstlich
erzeugten rohen Weinstein; es werden nämlich in manchen Weingegenden die Trester und
die Hefe (Geläger) zur Gewinnung von rohem Weinstein benützt, welcher dann als
sogenannter „Tresterfloß“ (cristaux de
marc) und „Hefenfloß“ (cristaux
de lie) in den Handel kommt. In Italien und Frankreich ist diese
vortheilhafte Ausnützung von Trestern und Hefe ziemlich allgemein, in Deutschland
bis jetzt nur in der Rheinpfalz und in Oberfranken, aber in Oesterreich noch gar
nicht eingeführt.
Der rohe Weinstein, wie er aus den Lagerfässern des Weines geklopft wird, ist seiner
Zusammensetzung nach ein Gemenge von saurem weinsaurem Kali, weinsaurem Kalk, etwas
Hefe, Farbstoff, Holzsplittern von den Geschirren, mitunter auch Schwefel, der beim
Schwefeln der Fässer oft abschmilzt. Sand und Thon sollten sich bei sorgfältiger und
reinlicher Behandlung des Weines eigentlich nicht im Weinstein finden, doch zeigen
die meisten Sorten kleine Antheile davon, wahrscheinlich von dem Erdüberzug, den die
unteren Trauben des Weinstocks annehmen und der dann beim Abpressen so gut in den
Wein mit übergehen kann, als sich manchmal Kerne, Schalen und selbst Kämme von
Trauben darin finden. Ein Gehalt von Sand im rohen Weinstein, welcher 1 1/2–2
Proc. übersteigt, darf immerhin als eine absichtliche Zuthat betrachtet werden.
Die Verfälschung des rohen Weinsteins mit Sand kommt sehr häufig vor. Sie kann aber
leicht dadurch nachgewiesen werden, daß man eine gewogene Probe der Waare glüht, die
Asche mit Salzsäure auszieht, den Sandrückstand trocknet und wiegt.
Eine andere Vermischung mit unorganischen Stoffen findet sich in manchen
Weinsteinsorten südlicher Länder. In Kleinasien z.B. und in Spanien ist es Sitte,
Gyps in den Wein zu werfen, um ihn rascher zu klären. Dieser Gyps setzt sich dann
mit dem Weinstein an den Wänden der Gefäße ab und kann, wenn nur eine einfache
Kalkbestimmung mit oxalsaurem Ammoniak gemacht wird, zu bedeutenden Irrthümern in
Betreff des Gehalts der Waare an weinsaurem Kalk führen. Man thut deßhalb besser,
den kohlensauren Kalk des geglühten Weinsteins (nach dem
Ausziehen des kohlensauren Kalis) durch Zusatz titrirter Salzsäure und Rücktitriren
des Ueberschusses mit Normalnatronlauge zu bestimmen, und aus der Menge des
gefundenen kohlensauren Kalks den ursprünglichen Gehalt des Weinsteins an weinsaurem
Kalk zu berechnen.
Die Betrügereien im Weinsteinhandel sind aber auch schon so weit getrieben worden,
daß dem rohen Weinstein schieferige Blättchen von Kesselstein, wie er sich in
Dampfkesseln, die mit sehr harten Wassern gespeist werden, ablagert, beigemengt
wurden. Einmal mit Weinsteinstaub überzogen, erhalten diese Blättchen eine
täuschende Aehnlichkeit mit Weinsteinstückchen, geben sich aber bei näherer
Untersuchung leicht als ein Gemeng von kohlensaurem und schwefelsaurem Kalk zu
erkennen. Wo diese Verfälschung zu vermuthen ist, muß daher vor der Bestimmung des
weinsauren Kalks nach der eben angeführten Methode erst der im ungeglühten frischen
Weinstein vorhandene kohlensaure Kalk bestimmt und nachher von dem gesammten
kohlensauren Kalk in Abzug gebracht werden. Dieselbe Rücksicht ist bei einer Waare
zu beobachten, von der noch die Rede seyn wird, nämlich bei den sogenannten Sablons, d.h. weinsaurem Kalk, wovon durch Gährung ein
großer Theil in kohlensauren Kalk umgesetzt ist.
Das natürliche Vorkommen von Hefe in allen Weinsteinsorten scheint viele
Weinsteinhändler auf die Idee gebracht zu haben, daß in einem weiteren Zusatz von
Hefe ihnen ein Mittel geboten sey, das Quantum ihrer Waare zu vermehren, ohne sich
dadurch der Entdeckung des Betrugs auszusetzen. Es ist auch in der That nicht wohl
möglich, durch quantitative Bestimmung der Hefe im Weinstein zu entscheiden, bis zu
welcher Grenze der Hefengehalt als der natürliche anzusehen sey. Hier muß das
Urtheil mehr durch äußeres Anschauen und Vergleichen geleitet werden. So ist es z.B.
immer als eine Verfälschung zu betrachten, wenn in einer Weinsteinsorte einzelne
Blättchen gepreßter Hefe sich finden, welche gewöhnlich auf ihrer Außenseite durch
einen Ueberzug von Weinsteinstaub den Geschmack und das Ansehen der ächten
Weinsteinstückchen angenommen haben, die aber sowohl durch das geringe specifische
Gewicht, als auch beim Zerbrechen durch das schwarzgraue amorphe Aussehen der
Bruchflächen sich als eine fremde Zuthat charakterisiren. Die Vermischung des
Weinsteins mit Hefe ist nicht nur der Fabrication von Cremor
tartari und Weinsäure sehr hinderlich, indem die gelösten Hefentheile die
Laugen verunreinigen und eine unscheinbare Krystallisation bewirken, sondern sie
kann auch vor der Verarbeitung für die Waare selbst von ungeheurem Nachtheil seyn,
wenn nämlich letztere durch irgend einen Zufall feucht
wird. Denn es tritt alsdann im geschlossenen Faß oder auf großen Haufen eine von
innen nach außen um sich greifende Gährung ein, welche sich der Hand durch Wärme
kundgibt, bei der chemischen Prüfung aber als eine sehr rasch erfolgende Umsetzung
der weinsauren Salze in kohlensaure sich ausweist. Die Fälle sind uns nicht selten
vorgekommen, wo in feuchtgewordenen Weinsteinfässern sich weiße Krusten von
kohlensaurem Kali ausgeschieden hatten, oder wo ganze Ballen Sablons (weinsaurer
Kalk) als kohlensaurer Kalk an ihren Bestimmungsort gelangten.
Als zufällige Verunreinigungen des rohen Weinsteins sind noch aufzuzählen die
Holzstücke und Eisensplitter, welche sich gewöhnlich beim Umpacken der Waare
beimischen, indem Reifsplitter, Nägel u. dgl. von den Fässern und Kisten abspringen.
Da durch den Eisengehalt der Waare die Reinheit der zu fabricirenden Producte
beeinträchtigt wird, so läßt man am besten vor dem Mahlen des Weinsteins denselben
aussieben, wobei leicht auf dem Sieb die Eisenstückchen unter den gröberen
Weinsteinblättern erkannt und ausgelesen werden können. Natürlich wählt man die
Siebweite in der Art, daß der durchfallende Staub (Gries, le
menu du tartre) ohne weitere Vorbereitung zur Verwendung kommen kann.
In früherer Zeit galt das saure weinsaure Kali für den einzigen Bestandtheil des
rohen Weinsteins, der weinsaure Kalk desselben also für eine Verunreinigung. Und
noch heutzutage sieht mancher Fabrikant von Cremor
tartari den weinsauren Kalk im rohen Weinstein als etwas nicht hergehöriges
an und weist ihn deßhalb mit den anderen Rückständen, die ihm von der Raffinirung
des Weinsteins bleiben, dem Dünger zu. Erst die Nachfrage nach Weinstein von Seite
der Weinsäurefabrikanten und die damit eingetretene Steigerung der Preise des rohen
Weinsteins hat die Aufmerksamkeit unternehmender Geschäftsleute auf die Abfälle der
Cremor tartari-Fabrication gelenkt. Man hat
erkannt, daß dieselben, wenn sie trocken aufbewahrt wurden, ein dem rohen Weinstein
an Werth nahe kommendes
Rohmaterial für die Weinsäureproduction abgeben konnten und es wurden darauf hin
diese in Frankreich Sablons
Man nennt Sablons bruns den Bodensatz im Kessel
von der ersten Raffinirung, Sablons blancs den
niedergefallenen weinsauren Kalk vom zweiten Umkrystallisiren des
Weinsteins. genannten Abfälle nicht nur von französischen und deutschen
Weinsäurefabrikanten aufgekauft, um neben dem rohen Weinstein zur Erzeugung von
Weinsäure zu dienen, sondern es rief diese Erfahrung vor etwa fünf Jahren eine
eigene Fabrik in Montpellier, dem Mittelpunkt der Fabrication von Crême de tartre ins Leben, wo aus keinem anderen
Rohstoff, als aus den Abfällen der 25–30 Cremor
tartari-Fabriken jener Gegend die schönste krystallisirte Weinsäure
dargestellt wird.
Aus dem eben Gesagten geht deutlich hervor, daß es bei der Prüfung von rohem
Weinstein wesentlich ist, nach den beiden seinen Werth constituirenden Factoren, den
weinsauren Kali- und Kalksalzen zu fragen. Dieß
wird auch vor der Verwendung der Waare in Weinsäurefabriken meistens geschehen.
Jedoch der Handel mit rohem Weinstein im Allgemeinen beschränkt sich noch immer auf
die alleinige Bestimmung des sauren weinsauren Kalis, um hiernach den Geldwerth der
Waare zu berechnen. Das einfachste Verfahren der Weinsteinbestimmung, die
Neutralisirung mit Normalnatronlauge (31 Gramme NaO im Liter), setzen wir als
bekannt voraus. Zur Erleichterung der Berechnung möge nachstehende Tabelle
dienen:
Tabelle zur Weinsteinbestimmung für
Proben von 2 Grm.Wir wählten als festes Gewicht der Probe 2 Gram. gepulverten Weinstein, weil
sich daraus die für technische Untersuchungen ausreichende Progression um
circa 1 Proc. (genau 0,94 Proc.) auf 1/10
Kubikcentimeter ergibt. berechnet:
Textabbildung Bd. 169, S. 305
Kubikcentimeter
Normal-Natronlauge; Procentgehalt an reinem Weinstein
Textabbildung Bd. 169, S. 306
Kubikcentimeter
Normal-Natronlauge; Procentgehalt an reinem Weinstein
Um zu den Weinsteinuntersuchungen richtige Durchschnittsmuster größerer Partien rohen
Weinsteins zu bekommen, sollte man stets Proben von entgegengesetzten Orten der
Masse nehmen, diese gut mischen, mahlen oder pulvern und endlich hiervon eine
kleinere Probe zur Analyse bringen. Die eingetretene Neutralisirung des Weinsteins
durch die titrirte Natronlauge ist leicht an der Farbenänderung zu erkennen. Der
Farbstoff der weißen Weinsteinsorten geht dabei ins Grünlichgraue, derjenige der
rothen Weinsteinsorten ins Braune über. Deutlicher wird die Farbenwandlung
hervortreten, wenn man in die kochende Flüssigkeit einige Tropfen neutraler
Lackmuslösung gibt; dann zeigen alle diejenigen Weinsteinsorten, denen nicht
allzuviel Hefe beigemischt ist, beim Neutralisiren deutlich den Uebergang von
Ziegelroth durch Weinroth in Violett. Wo mehr Hefe in der Flüssigkeit ist, geht die
anfangs röthliche Farbe allmählich in Grünlichgrau, endlich in schmutziges Braun
über, womit der Sättigungspunkt erreicht ist. Dabei hat man zu berücksichtigen, daß
die Weinsteinflüssigkeit nach jeder Hinzufügung von Natronlauge aufs neue zum Kochen
gebracht werde, um zu erkennen, ob nochmals eine Röthung eintrete oder nicht.
Ueber die Bestimmung des weinsauren Kalks im rohen Weinstein ist schon oben bei
Aufführung der Verfälschungen dieser Waare mit anderen Kalksalzen das Nöthige
erwähnt. Es wäre nur noch hinzuzufügen, daß aus der Summe der Procentzahlen für reinen Weinstein und
weinsauren Kalk, die man durch Analyse gefunden hat, sich höchst einfach der
Gesammtgehalt einer Weinsteinsorte an trockener Weinsäure berechnen läßt, da
derselbe zufällig sowohl bei saurem weinsaurem Kali, als bei wasserfreiem weinsaurem
Kalk 70 Procent ausmacht, wie folgende Zusammenstellung zeigt:
KO
47
25,1
2
132
70,2
CaO
28
30
HO
9
4,7
66
70
–––––––––––
––––––––––
188
100
94
100
In einzelnen Fällen kann aus der chemischen Zusammensetzung einer Weinsteingattung
ein Schluß auf deren Ursprungsort gemacht werden, und vielleicht würden
Zusammenstellungen von Weinsteinanalysen, wie sie Scheurer-Kestner vor einiger Zeit gegeben hatPolytechn. Journal Bd. CLXII S. 128., bei Berücksichtigung der geognostischen Verhältnisse des Bodens, auf
welchem die entsprechenden Weine wachsen, nicht allein sichere Anhaltspunkte für das
Urtheil des Geschäftsmannes bieten, sondern sie könnten im Weiteren auch der
landwirthschaftlichen Chemie und der Physiologie der Gewächse von Nutzen seyn. Aber
leider ist, wie wir aus einer bedeutenden Reihe eigener Analysen wissen, das
Material, welches zu Grunde liegt, so vielartigen, oft rein zufälligen Veränderungen
unterworfen, daß mitunter Waaren von den gleichen Gegenden und denselben
Weingattungen, sehr bedeutende Differenzen in ihrer Zusammensetzung zeigen. Deßhalb
scheint es noch immer leichter zu seyn, die Heimath einer Weinsteinsorte aus äußeren
Merkmalen durch Uebung und Vergleichung, als aus der chemischen Zerlegung zu
erkennen.
In der nachfolgenden vergleichenden Uebersicht der bekannten Weinsteinsorten, welche
ich als einen vorläufigen Versuch, der seiner Ergänzung durch andere Kräfte
wesentlich bedarf, folgen lasse, habe ich meinen eigenen Analysen die bekannten von
Scheurer-Kestner und diejenige an die Seite
gestellt, welche Hr. Dr. Julius Härlin, der gegenwärtige technische Director der Fabrik Waldau bei
Heilbronn, mir aus seinen eigenen Arbeiten mitzutheilen die Güte hatte. Die
geognostischen Angaben betreffs der Weingegenden, denen die einzelnen
Weinsteinsorten entstammen, verdanke ich der Freundlichkeit des Hrn. Prof. Dr. v. Hochstetter am
Polytechnicum in Wien.
Bei den procentischen Angaben der chemischen Zusammensetzung wurde hauptsächlich der
reine Weinstein (Cremor, KO, 2 , HO) und der weinsaure Kalk
(CaO, ) berücksichtigt; nur in einigen wenigen Fällen ist auch der
Niederschlag von Thonerde und Eisenoxyd (Al²O³ + Fe²O³),
den ein Rohweinstein gab, beigefügt. Quantitative Bestimmungen des in der Waare
enthaltenen Sandes waren nur in den Fällen gemacht worden, wo eine absichtliche
Zuthat von solchen zu vermuthen war. Wasserbestimmungen sind ganz weggelassen, so
daß Krystallwasser, zufällige Feuchtigkeit der Waare und beigemengte Hefen-
und Holztheile sammt Spuren von Thon und Sand die Differenz zwischen 100 und der
Summe der beigesetzten Zahlen ausgleichen.
Was den geognostischen Charakter der Weingegenden anbelangt, so ist es bei der
Verschiedenartigkeit der Böden in denselben Bezirken vorläufig nur bei wenigen
möglich gewesen, genauere Angaben zu machen, da die geognostischen Karten gerade
hierüber noch am wenigsten Aufschluß geben. Sehr deutlich tritt die Schwierigkeit
dieser Bestimmungen in der Umgegend von Wien selbst hervor. Denn, wie ich den
Bemerkungen v. Hochstetter's entnehme, kann man am
Kahlenberg bei Wien allein schon dreierlei Böden und demgemäß verschiedene Weine
unterscheiden: „Kahlenberger“ wächst auf Kalkmergel, der der
Neocomformation angehört; „Nußberger“ auf bituminösem Kalkstein
derselben Formation; „Grinzinger“ auf sandig-mergeligem
Boden, der ein Gemisch von miocänem (tertiärem) Sand und Neocommergel ist. Oberhalb
Nußdorf stehen einzelne Weinberge auf Milliporenkalk (tertiär), andere auf Löß
(diluvial) und so ist es in anderen Gegenden auch. Bis daher anderweitige
Forschungen reicheres Material liefern, möge unser Versuch einer Uebersicht mit der
wünschenswerthen Nachsicht aufgenommen werden.
Vergleichende Uebersicht der bekannteren
Weinsteinsorten.
Textabbildung Bd. 169, S. 308–309
Länder; Bezugsort und Benennung der
Waare; Chemische Zusammensetzung in Procenten:; nach Guido Schnitzer; nach J.
Härlin; n. Scheurer-Kestner; KO, 2 T, HO; CaO, T; Fe²O³
+ Al²O³; Sand; Bodenbeschaffenheit der betreffenden Weingegend;
Häufigste Beimengungen; Aeußere Merkmale; Amerika; Afrika; Europa; Spanien;
Portugal; Italien; Frankreich.; Weißer Weinstein von Chili; Gelber Weinstein vom
Cap; Rother Weinstein v. Malaga; Spanischer rother Weinstein; Rother Weinstein
v. Oporto; Weißer Weinstein aus Toscana; Rother Weinstein a. Piemont; Rother
Isolaweinst. von Genua; Rother Weinstein von Brescia; Rother Weinstein von
Livorno; Weißer Weinstein von Livorno; Rother Weinstein von Ferrara; Weißer von
Ancona; Rother von Ancona; Schillerweinstein von Sesi; v. Montagna; Rother
Weinstein von Neapel; Weißer Weinstein aus Sicilien; v. Messina; Rother
Weinstein v. Marseille; Weinsteinstaub v. Mars.; Cristaux
de marc v. Marseille; Cristaux de marc v.
Montpel; Weißer Weinstein v. Castelnau; Rother Weinstein v. Castelnau; Rother
Weinstein v. Bordeaux; aus Burgund; Weißer Weinstein vom Elsaß; Granit,
Thonschiefer u. devonis. Sandst.; Tertiärer Kalk; Eocän; Jurassische Formationen
am Südabhang d. Cevennen; Diluvialgebilde; Span. Weinst. enth. oft Gyps; Meist
mit Staub von getrockneter rother Weinhefe vermischt; Tiefroth. Massige Stücke;
Auf d. Weinsteinkrusten ausgebildete Krystalle v. weinsaur. Kalk
Textabbildung Bd. 169, S. 310–311
Länder; Bezugsort und Benennung der
Waare; Chemische Zusammensetzung in Procenten:; nach Guido Schnitzer; nach J.
Härlin; n. Scheurer-Kestner; KO, 2 T, HO; CaO, T;
Al²O³ + Fe²O³; Sand; Bodenbeschaffenheit der
betreffenden Weingegend; Häufigste Beimengugen; Aeußere Merkmale; Schweiz;
Deutschland; Oesterreich.; Weißer Weinstein v. Lausanne; Rother Weinstein von
Zürich; Weinsteinstaub v. Zürich; Weißer Weinstein von Basel; Rother Weinstein
von Basel; Weißer Weinstein v. Heilbronn; Weinsteinstaub v. Heilbr.;
Schillerweinst. d. Neckargegd.; Schillerweinstein v. Stuttgart; Weißer Weinst.
aus der Pfalz; Hefenfloß aus der Pfalz; Tresterfloß von Hambach; Hefenfloß von
Würzburg; Rother Weinstein aus Tirol; Rother Weinstein von Botzen; Weißer
Weinst. a. Niederöster; von Mödling; Rother österr. Weinst. (Wien); Weißer
Weinst. a. Steiermark; Rother Weinstein von Cilli; Weißer Weinst. v. St.
Georgen; v. Pöltschach; Weißer Weinstein aus Krain; Rother Weinstein aus Krain;
Schillerweinstein von Laibach; Weißer Weinst. aus Croatien; Schillerweinstein v.
Carlstadt; Weißer croatischer Weinstein; Weißer Weinstein aus Ungarn;
Schillerweinst. von Oedenburg; Weißer Weinstein von Pesth; Weißer Weinst. von
Temesvar; Rother Weinstein von Arad; Rother Weinstein von Pesth; Rother
Weinstein a. d. Banat; Weißer Weinst. a. Siebenbürg; Weißer Weinst. von
Mediasch; Molasse; Jurassische Formationen; Muschelkalk; Keupersandstein verm.
mit Keupermergeln; Keuper; Rother Porphyr. Löß; verschied. Schicht. d. Wien.
Beckens Miocän; Wiener Sandst. (Neocom und Eocän); In den steirischen und
südlichen Kalkalpen befinden sich die Weingärten auf Böden der verschiedensten
Formationen; Tertiärer kalkhaltiger Sandstein; Alluvium; Tertiärer Sandst. und
ähnliche Formationen; Basl. Weinsteinstaub findet sich häufig mit gelb. Sand
vermengt.; Enthält gew. Hefe bis zu 20 Proc. Gemengt mit Kämmen u.
Traubenkernen. Tiroler Weinst. ist in der Regel sehr reich an Hefe; Im
niederöster. Weinstein außer Kalk auch Spur. von Bittererde; Steirisch. Weinst.
besteht a. dünnen Blättchen u. viel Weinsteinstaub; Krainer Weinst. hat d.
Aussehen v. schuppig. Tresterfloß, führt viel Staub u. Holzth. mit sich;
Croatis. Weinst. ist in d. Regel mit Hefe u. Sand vermischt; Hefe oft bis zu 30
Procent; In Pesth wird fabrikmäßig Weinhefe getrocknet u.a. Weinsteinhändler zum
Vermischen mit der Waare verkauft; Weinsteinstücke aus dem Neckargegenden zeigen
meist auf ihrer Oberfläche durchschein. Krystalle v. weinsaur. Kalk; Getrockn.
Weinhefe in schwarzen Körner fällt unter regeln äßigen Weinsteinblättern
deutlich ins Auge; Hefenreiche Waare hat ein schmutzig-graues Ansehen.
Die Hefenstücke zeigen beim Zerbrech. schwarze Bruchflächen; Bei länger
Aufbewahr. zeigt die Waare gern den Geruch faul. Gährung u. erwärmt sich im
Innern; Siebenb. Weinst. zeigt glänz. Krystallflächen; kleine Blättchen, wenig
Staub