Titel: | Ueber Erdöllampen; von Dr. Otto Buchner in Gießen. |
Fundstelle: | Band 169, Jahrgang 1863, Nr. LXXXVII., S. 340 |
Download: | XML |
LXXXVII.
Ueber Erdöllampen; von Dr. Otto Buchner in Gießen.
Aus dem Gewerbeblatt für das Großherzogthum
Hessen, 1863, Nr. 6.
Buchner, über Erdöllampen.
Es ist von entschiedener Wichtigkeit für jede Haushaltung, sich um die Frage zu
kümmern, ob die immer allgemeiner werdende Beleuchtung mit den verschiedenen Erdölen
(Photogen, Solaröl, Petroleum) zweckmäßig und billig sey oder nicht. Im Allgemeinen
ist über diese Frage allerdings schon dadurch entschieden, daß die Lampenfabriken
den Anforderungen kaum genügen können und daß das Oel dafür in immer größeren Mengen
in den Handel gebracht wird.
Nichtsdestoweniger sind noch einige Nebenfragen dabei zu berücksichtigen. Diese sind
vorzugsweise:
1) die Leuchtkraft der verschiedenen Oele und Lampen;
2) der Kostenpunkt in Beziehung auf diese Leuchtkraft;
3) die etwaigen Nachtheile durch Geruch, Feuersgefahr und dergl.
Es sind zwar in verschiedenen technischen Zeitschriften schon Untersuchungen über die
Leuchtkraft von Photogen, Solaröl und Petroleum mitgetheilt worden;
nichtsdestoweniger war es von Interesse, bestimmte Lampen darauf hin einer genauen
Prüfung zu unterwerfen. Der Verf. wählte dazu sieben verschiedene Nummern aus der rühmlichst
bekannten Lampenfabrik von Ebel und Habenicht in Gießen, und zwar:
Runde Dochte:
Flache Dochte:
Nr. 1
14 Linien.
Nr. 5 (alt)
7 Linien.
„ 2
12
„
„ 6 (neu)
7
„
„ 3
10
„
„ 7
5
„
„ 4
8
„
Nr. 5 ist die ältere Construction, Nr. 6 dagegen ähnlich der amerikanischen
Construction.
Es war zuerst zu prüfen, ob in einer und derselben Lampe verschiedene Oele gebrannt
werden können. Der Versuch zeigte, daß dieß vollkommen gut geht, daß also nicht für
jedes Oel eine besondere Lampenconstruction – wenn diese überhaupt richtig
ist – nothwendig wird. Will man also z.B. von Solaröl etwa zu Photogen
übergehen, so ist dabei nicht nöthig, eine andere Lampe zu wählen. Nur eine der acht
Nummern der untersuchten Lampen (flacher Docht, 10 Linien) brannte bloß mit Photogen
sehr gut, ungenügend aber mit Solaröl und Petroleum.
Zur Bestimmung der Lichtstärke wurde ein gewöhnlicher Bunsen'scher Lichtmesser benutzt und als Lichteinheit Stearinkerzen, die
in der Stunde 8,5 Grm. Stearin verbrauchen. Eine Reduction auf die üblichen 8 Grm.
Verbrauch oder nach englischer Bestimmung auf 7,7 Grm. wurde nicht vorgenommen. Vor
dem Anzünden wurden die Oelbehälter mit Brennern gewogen und nach einer bestimmten
Brennzeit abermals, um den Verbrauch für die Stunde zu finden. Die Ergebnisse dieser
Versuche finden sich in nachstehender Tabelle:
Textabbildung Bd. 169, S. 340
Lampe; Kerzenstärke; Oelverbrauch
in der Stunde in Gram; Nr.; Photogen; Solaröl; Petroleum; Runde Dochte; Linien;
Flache Dochte; alt; neu
Es ergibt sich aus dieser Uebersicht, daß Photogen durchweg eine hellere Flamme gibt
als Solaröl und Petroleum, und daß letztere sich ziemlich gleich stehen an
Lichtstärke – natürlich gutes Leuchtmaterial vorausgesetzt. Eine andere Sorte
Solaröl dagegen war gar nicht zu brennen; entweder gab es eine kleine trübe Flamme,
oder die Lampe rauchte und qualmte. Daß daran nicht die Construction der Lampen die
Schuld trug, geht daraus hervor, daß die andere Sorte Solaröl sehr gut brannte.
Mit einem Gay-Lussac'schen Volumeter von Collardeau in Paris wurde das spec. Gewicht der Oele
bestimmt und gefunden für
Photogen
= 0,789,
Solaröl
= 0,838,
Petroleum
= 0,813,
die andere schlechte Sorte Solaröl dagegen
= 0,862.
Daraus ergibt sich das Gewicht von einem Schoppen = 1/2 Liter
Photogen
= 394,5
Grm. zu
18 kr.
Solaröl
= 419
„ „
12 „
Petroleum
= 406
„ „
18 „
Darnach wurden die Angaben in der folgenden Tabelle berechnet:
Textabbildung Bd. 169, S. 341
Lampe; Kosten in der Stunde; Kosten
für eine Lichtstärke; Nr.; Photogen; Solaröl; Petroleum; kr.; Runde Dochte;
Linien; Flache Dochte; alt; neu
Ueber den Oelverbrauch von Nr. 8 (10 Linien flach) wurden keine Versuche angestellt,
doch läßt sich mit Bestimmtheit annehmen, daß die Kosten für eine Lichtstärke mit
denen bei den anderen Lampen übereinstimmen.
Aus vorstehenden Tabellen geht deutlich hervor:
1) Lampen mit runden Dochten geben im Allgemeinen nicht nur ein
helleres Licht,
sondern es sind auch die Kosten für eine Lichtstärke geringer, als bei Lampen
mit flachem Docht.
2) Solaröl ist entschieden am billigsten, während Photogen und
Petroleum sich im Ganzen im Preis gleich stehen.
3) Eine kleine Flamme ist verhältnißmäßig kostspieliger als eine
größere.
Diese Folgerungen können selbst dann nicht umgestoßen werden, wenn man die
Fehlergrenze – und Fehler sind bei der nie mathematisch genauen
Beobachtungsweise nicht zu vermeiden – ziemlich weit rückt.
Für die Praxis ergeben sich aber weiter folgende Regeln:
Soll ein möglichst helles Licht erzeugt werden, so ist Photogen zu brennen; so also
z.B. bei großen Familientischen, bei Hängelampen, die ein ganzes Zimmer beleuchten
sollen etc. Man hat dann den Vortheil, die Flamme auch etwas kleiner zu machen, so
daß sie wie Petroleum brennt. Eine zu kleine Flamme qualmt bei allen diesen
Oelen.
Genügt ein etwas schwächeres Licht, so ist Solaröl vorzuziehen, denn dieses ist
entschieden billiger. Schlechtes Solaröl aber – und daran fehlt es nie
– kann die Lichtarbeit zur wahren Pein machen. Photogen und Petroleum dagegen
kommen, wenn sie nicht mit anderen Oelen gefälscht werden, gewöhnlich in nahezu
gleicher Güte in den Handel.
In Nr. 18 des Gewerbeblattes für das Großherzogthum Hessen von 1859 theilte der Verf.
Untersuchungen über Moderateurlampen aus derselben Fabrik mit. Durch Vergleichen
jener Angaben mit denen für die Erdöllampen ergibt sich, wie diese außerordentlich
(8 bis 10 Mal) billiger sind. Und doch sind die Moderateurlampen diejenigen, in
welchen Pflanzenöle am sparsamsten und lichtreichsten brennen.
Man fürchtet sehr die Feuergefährlichkeit der Erdöle und wird in diesem Glauben durch
verschiedene Regierungs- und Polizeiverordnungen bestärkt. Doch ist diese
Furcht im Ganzen grundlos. Einzig richtig ist, daß das rohe Petroleum sehr leicht
entzündlich ist. Dieses kann aber gar nicht zur Beleuchtung angewendet werden. Die
leicht entzündlichen Kohlenwasserstoffe werden zuerst abdestillirt, um z.B. in
Kautschukfabriken verwendet zu werden; die Leuchtöle aber entzünden sich nicht so
leicht, daß daraus besonders große Gefahr entstehen könnte. Man mache nur den
Versuch und gieße etwas Oel in eine Untertasse und versuche es mit einem brennenden
Fidibus oder Hölzchen zu entzünden. Man kann also getrost ohne Furcht eine Lampe bei
Abend bei darneben brennendem Licht mit Oel – einerlei welchem –
füllen, es werden sich keine Dämpfe bilden, die sich entzünden. Man hüte sich aber
wohl, Oel einzugießen, während die Lampe selbst noch brennt.
Unangenehm ist, daß die Lampen keinen Luftzug vertragen. Hin- und Hergehen damit u.s.w. erzeugt
Qualm. Das ist nicht zu vermeiden; es liegt an den Oelen und nicht an der
Lampenconstruction.
Während des Brennens eines guten Oels in einer guten Lampe entsteht gar kein Geruch;
der Geruch beim Füllen der Lampe ist unbedeutend.
Unangenehm ist auch, daß bei diesen Lampen, wenigstens bei denen mit flachem Docht,
die Cylinder so leicht springen. Doch liegt die Ursache daran theils an den
Glashütten, die bei dem großen Bedarf nicht viel Zeit auf das sorgfältige Abkühlen
verwenden, theils aber und vorzugsweise an den Consumenten, die unvorsichtig sind
und von Anfang an die Flamme zu groß machen. Bei einiger Achtsamkeit springt gar
kein Cylinder, besonders nicht bei runden Dochten.
Die Lampen von Ebel und Habenicht in Gießen können durchaus empfohlen werden.