Titel: Untersuchungen über das unterirdische Wasser, von Delesse.
Fundstelle: Band 169, Jahrgang 1863, Nr. XCV., S. 360
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XCV. Untersuchungen über das unterirdische Wasser, von Delesse. Aus der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1863, Bd. VII S. 304. Delesse's Untersuchungen über das unterirdische Wasser. Hr. Delesse hat vor einiger Zeit der französischen geologischen Gesellschaft Mittheilungen bezüglich seiner Untersuchungen über die Menge und das verschiedenartige Vorkommen des in den Gesteinen enthaltenen Wassers, und über den Einfluß des heißen Wassers und des Wasserdampfes auf eine Reihe von Mineralien gemacht, die uns in einem besonderen Abdruck vorliegen.Recherches sur l'eau dans l'intérieur de la terre, par M.Delesse. Extrait du Bulletin de la Société géologique de France, 2e série, t. XIX p. 64, séance du 4 Novembre 1861. 35 S. 8. Was das Vorkommen des Wassers in den unter der Erdoberfläche befindlichen Gesteinen betrifft, so ist dieß ein zweifaches. Die Felsarten können entweder völlig in Wasser gebadet, wenn sie sich in der Nähe unterirdischer Wassermassen befinden, oder nur mehr oder weniger mit Feuchtigkeit imprägnirt seyn, die von der Erdoberfläche oder von entfernter liegenden unterirdischen Gewässern in ihre Poren und Spalten dringt. Um die Menge des Wassers bei der ersten Art des Vorkommens zu bestimmen, unterwarf Hr. Delesse eine große Anzahl Mineralien erst in stückförmigem, dann in pulverförmigem Zustande seinen Versuchen und fand, daß in beiden Fällen die physikalische sowohl, als auch die chemische Constitution auf die Wasseraufnahme von Einfluß ist. Bei der ersten Versuchsreihe spielte besonders die Dichtigkeit eine Rolle, aber auch das hygroskopische Verhalten, welches auch von der chemischen Zusammensetzung abhängt. Bei seinen Versuchen mit gepulverten Mineralien fand er ebenfalls die physikalische und die chemische Beschaffenheit von Bedeutung, denn weder Gesteine von derselben Zusammensetzung, aber in verschiedenem physikalischen Zustande (krystallisirt oder amorph), noch Gesteine in gleich fein vertheiltem Zustande, aber von verschiedener chemischer Constitution, nahmen dieselbe Menge Wassers auf. Was den Gehalt an Feuchtigkeit, dem zweiten Vorkommen des Wassers in den Gesteinen unter der Erdoberfläche, betrifft, so fand Hr. Delesse, daß, während Thon und Mergel sich durch ihre große Menge Feuchtigkeit auszeichnen, Gyps und dichter Kalkstein zu den besonders trockenen Gebirgsarten gehören, daß aber alle, auch die dichtesten und am wenigsten hygroskopischen Gesteine, wenn man sie unter der Erdoberfläche hervorholt, Wasser enthalten. Um zu studiren, welchen Einfluß auf die Gesteine das Wasser tiefer im Innern ausübte, da wo es eine dem Siedepunkte nahe Temperatur besitzt und wo es schon in Dampf übergegangen ist, setzte er krystallisirte, krystallinische und amorphe Stücke der verschiedenartigsten Felsarten Wochen lang den Einwirkungen des heißen Wassers, des Dampfes von 5 Atmosphären mit circa 150 Grad C. und des überhitzten Dampfes von 300 Grad aus. Er fand, daß die Mineralien, wenige ausgenommen, nur sehr schwache oder keine Veränderungen erlitten. Zu den Ausnahmen gehört das gewöhnliche Fensterglas, welches nach dem Versuche weiß, undurchsichtig und an der Oberfläche zerfressen erschien. Weil auch die Feldspathgesteine nicht im Geringsten durch das heiße Wasser oder den Wasserdampf verändert werden, so glaubt Hr. Delesse, daß die Zersetzung des Granits und der anderen feldspathhaltigen Gebirgsarten nicht auf diese Weise in der Natur vor sich gegangen sey und noch vor sich gehe. Eine andere Hypothese über die Verwitterung dieser Gesteine setzt Hr. Delesse nicht an die Stelle der verworfenen. Auch die Frage, ob Hydratwasser enthaltende Mineralien durch längere Einwirkung des Wasserdampfes ihren Wassergehalt theilweise oder ganz verlieren, und ob dagegen diejenigen Substanzen, die eine große Verwandtschaft zum Wasser haben, bei dieser Behandlung etwas davon aufnehmen, beantwortet Hr. Delesse durch seine Experimente. Er fand, daß selbst bei Dampf von 300 Grad. C. die Gesteine mit chemisch gebundenem Wasser dasselbe nicht verlieren, daß die hydraulischen Kalke und Cemente, Dampf von derselben Temperatur lange ausgesetzt, keine Gewichtsveränderung erleiden, also kein Wasser aufnehmen, und daß der Anhydrit, derselben Behandlung einen Monat lang unterworfen, nur wenige Gypsfädchen auf der Oberfläche zeigte, die sich wohl auch erst gebildet hatten, als bei Beendigung des Versuches die Temperatur sich auf 120 Grad (wobei der Gyps sein Wasser verliert) und darunter erniedrigt hatte. Also auch der Anhydrit nimmt in höherer Temperatur kein Wasser auf. An diese Versuche knüpft Hr. Delesse eine Betrachtung über die Wichtigkeit des unterirdischen Wassers und dessen Menge, die er zu 1/921 des Erdvolumens calculirt, und die beständig im Wachsen ist, weil bei stets fortschreitender Abkühlung der Erde das Wasser nach dem Gesetze der Schwere immer weiter ins Innere eindringt und steten Nachfluß von der Erdoberfläche hat. Hiernach scheint Hr. Delesse dem sich besonders aus Laplace's Forschungen ergebenden Satze, daß in historischen Zeiten keine Abkühlung der Erde mehr stattgefunden habe, also ein Zustand eingetreten sey, in dem sich die Sonnen- und die innere Erdwärme einerseits und die Wärmeausstrahlung in den Weltenraum andererseits im Gleichgewicht befinden, nicht beizustimmen. Philipp.