Titel: | Robert Napier's Differentialbrems; beschrieben von O. Roßbach in Sidney. |
Fundstelle: | Band 170, Jahrgang 1863, Nr. XXIII., S. 83 |
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XXIII.
Robert Napier's Differentialbrems; beschrieben von
O. Roßbach in
Sidney.
Aus dem Civilingenieur, 1863, Bd. IX S.
223.
Mit einer Abbildung auf Tab. II.
Roßbach, über Napier's Differentialbrems.
Diese Erfindung ist eine Verbesserung des gewöhnlichen Bandbremses, welchen man zur
Regulirung der Umdrehungsgeschwindigkeit von Seilwellen an Winden und Krahnen,
namentlich beim Herablassen von Lasten, anzuwenden pflegt. Sie vergrößert den Effect
der Bremsen und macht sie in gewisser Beziehung selbstthätig, indem sich die
Hebelarmverhältnisse stets so wählen lassen, daß zum Aufhalten der Last kein
Kraftaufwand erforderlich ist, das Bremsband vielmehr beim Niederlassen etwas gelöst
werden muß.
Diese Einrichtung der Bandbremse bewirkt also gewissermaßen das Gegentheil von den
gewöhnlichen Bandbremsen, von denen sie sich nur darin unterscheidet, daß die beiden
Enden des Bremsbandes in anderer Weise an dem Bremshebel befestigt sind. Während
nämlich gewöhnlich die Einrichtung entweder so getroffen ist, daß das eine Ende des
Bremsbandes unbeweglich befestigt ist und bloß das andere Ende angezogen wird, oder
daß beide Enden um gleichviel angezogen werden, sind bei dem Napier'schen Differentialbrems, wie Fig. 18 zeigt, beide
Enden an dem kurzen Arme des Bremshebels in der Art angebracht, daß sich das eine
Ende lockert, während das andere angezogen wird, und es entsteht auf diese Weise
eine Differentialwirkung, welche so adjustirt werden kann, daß die geringste Kraft und sogar
die durch das bloße Gewicht des Hebels bewirkte Reibung des Bandes eine bedeutende
Last aufzuhalten vermag.
Der Erfinder hat diesen Brems zu sehr mannichfachen Zwecken und in sehr verschiedener
Form mit bestem Erfolge angewendet.Unlängst hat derselbe das Princip des Differentialbremses in der Art benutzt,
daß dazu kein Band erforderlich ist, es also für Eisenbahnwagenräder
verwendbar wird; indessen muß ich mich hierüber noch aller näheren
Mittheilungen enthalten. Gewöhnlich gibt er ihm die durch Fig. 18 repräsentirte
Einrichtung, wobei sich der Bremshebel ziemlich radial zum Rade gestellt befindet
und die beiden Enden des Bremsbandes an dem der Bremsscheibe zugewendeten kurzen
Arme des Hebels in der Art befestigt sind, daß das eine Ende in der Mitte zwischen
dem Drehpunkte des Hebels und dem Befestigungspunkte des anderen Endes angreift, die
Drehung des Rades aber beim Niederlassen einer Last in der Richtung von dem
haltenden (d.h. dem näher am Drehpunkte befestigten) nach dem festziehenden (d.h. am
Ende des Hebels befestigten) Ende des Bremsbandes erfolgt, und umgekehrt, wenn die
Last gehoben wird.
Meistentheils werden nur gewöhnliche trockene Bremsbänder angewendet, für Kraniche
und ähnliche Winden sind aber geölte Flächen vorzuziehen und besondere
Adjustirschrauben anzubringen, um eine größere Gleichförmigkeit und Sicherheit zu
erzielen.
Derartige Bremse sind im Vergleich zu den gewöhnlichen Bandbremsen leichter zu
handhaben und zuverlässiger, weil sie stets in Wirkung sind; sie ersparen alle
Sperrräder und Klinken und nutzen sich überdieß weniger stark ab.
Um die Wirkungsweise eines Differentialbremses näher darzuthun, wollen wir uns
vorstellen, es sey bei dem in Fig. 18 verzeichneten
Brems das haltende Ende bei H durchgeschnitten und
daselbst festgehalten. In diesem Falle hat man es mit einem gewöhnlichen Bandbrems
zu thun und es wird sich durch Anziehen des anderen Endes des Bandes im Allgemeinen
in dem festgehaltenen Ende bei H eine m mal so hohe Spannung erzeugen, wenn sich die
Bremsscheibe unter der niedergehenden Last in der Richtung des Pfeiles bewegt.
Verbindet man aber das haltende Ende des Bremsbandes mit einem Punkte E am Hebel, dessen Abstand vom Drehpunkte I/m von der Länge dieses
Hebelarmes beträgt, so erzeugt die Spannung l im Punkte
E eine Spannung m im
Punkte F, welcher also wieder die Spannung l in F entspricht und welche
sich zur ersten addirt u.s.w.
Zum Aufhalten einer Last gehört nun, daß die Differenz der Spannungen bei E und F dem auf den Umfang
der Bremsscheibe reducirten Gewichte der Last gleich sey, und wenn sich die
Hebelarme EC und FC zueinander umgekehrt wie die Spannungen bei E und F verhalten, so wird das geringste
Gewicht bei D die stärkste Last W aufzuhalten vermögen.
Zusatz der Redaction des
Civilingenieurs.
Es läßt sich ohne Schwierigkeiten eine Theorie des Napier'schen Differentialbremses aufstellen, durch welche der Vorzug, den er
vor dem gewöhnlichen Brems verdient, deutlicher hervortreten wird.
Nennt man die Spannung in dem nach dem Punkte E gehenden
Ende des Bremsbandes S₁ und diejenige in dem am
Ende des Hebels in F befestigten Ende des Bremsbandes
S₂, so hat man bekanntlich
Q = S₁ – S₂ = S₂ efα
– S₂ =
S₂ (efα – 1),
wenn f den Reibungscoefficienten,
α den vom Bremsbande bedeckten Umfang der
Bremsscheibe (in Theilen von π), und e die Basis der natürlichen Logarithmen bedeutet.
Sind ferner s₁ und s₂ die Hebelarme der Spannungen S₁
und S₂, a der
Hebelarm der im Punkte D wirkenden Kraft P, so hat man die Gleichgewichtsgleichung
Pa = S₁s₁ – S₂s₂ = S₂ (eαs₁ – s₂) = S₂s₁ (efα – s₂/s₁).
Setzt man für S₂ den oben gefundenen Ausdruck ein,
so ergibt sich
P/Q = S₁/a . (efa –
s₂/s₁)/(efa – 1).
Dieser Ausdruck wird ein Minimum, wenn man macht:
efa= s₂/s₁,
oder
s₂ : s₁ = efa : 1,
d.h. wenn sich die Hebelarme der Bremsbandenden zu einander
umgekehrt wie die betreffenden Spannungen verhalten.
Für den Reibungscoefficienten kann man f = 0,15 annehmen,
wenn das Bremsband nicht geschmiert ist, und der Bogen kann leicht betragen
α = 3/2 π =
4,71; alsdann erhält man efa = 2,025, also ist der Hebelarm des
festziehenden Bremsbandendes ungefähr 2mal so groß zu nehmen als derjenige des
haltenden.