Titel: Friedländer's Flachs-Brech- und Schwingmaschinen.
Fundstelle: Band 170, Jahrgang 1863, Nr. LI., S. 173
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LI. Friedländer's Flachs-Brech- und Schwingmaschinen. Aus dem Monatsblatt des hannoverschen Gewerbevereins, 1863, Nr. 7 u. 8. Mit einer Abbildung auf Tab. III. Friedländer's Flachs-Brech- und Schwingmaschinen. Während Rowan's Maschine zum Brechen und Schwingen des FlachsesMan sehe die Beschreibung der Rowan'schen Maschine im polytechn. Journal Bd. CLXVI S. 19 und die Notiz über deren Leistung in Bd. CLXIX S. 154. immer noch an gewissen Mängeln leidet, welche ihrer Verbreitung hemmend entgegentreten, hat merkwürdig rasch die von Friedländer in Breslau (Neue Taschenstraße Nr. 1) erfundene Maschinerie bereits überall Eingang gefunden, wo man Gelegenheit hatte, sich von ihrer Wirkungsweise zu überzeugen. In letzterer Beziehung hat die jüngste Hamburger internationaleinternatinale landwirthschaftliche Ausstellung dem Friedländer'schen Maschinensysteme sehr genützt, indem es dort vor Jedermann arbeitete, sobald es das Wetter nur erlaubte. Bei gedachter Ausstellung wurde auch der Redaction bekannt, daß man bereits von den Maschinen mit Erfolg in renommirten Fabriken Gebrauch macht, beispielsweise in der Flachsgarnspinnerei von Spiegelberg u. Comp. in Vechelbe zwischen Peine und Braunschweig, in der Kaselowsky'schen Spinnerei in Bielefeld, bei Hrn. v. Huhn auf Ober-Gerbachsheim bei Marklisse, bei Hrn. Baron v. Lüttwitz auf Simmenau in Ober-Schlesien und in allergrößter Ausdehnung bei der Société Linière in Brüssel. Nach solchen Thatsachen wird es angemessen seyn, das Friedländer'sche Maschinensystem hier weiter zu besprechen und für die Folge im Auge zu behalten. Zuerst werde bemerkt, daß dasselbe aus zwei verschiedenen Maschinen besteht, welchen der zu verarbeitende Flachs nach einander übergeben wird, nämlich aus einem Pochwerke als Brake und aus einer Schwingmaschine. Jeder der sechs geschlitzten Stempel, woraus das Pochwerk eines Satzes besteht, macht 800 bis 900 Hübe per Minute und bearbeitet in wenig Minuten das Material, Flachs oder Hanf, indem es solches im Stroh bricht und dabei die Faser weich und verfeinerungsfähig macht. Die Schwingmaschine, welche Figur 29 in ihren Haupttheilen darstellt, ahmt genau die Arbeit der besten belgischen Handschwinge nach und besteht der Breite nach (rechtwinkelig zu unserer Abbildung genommen) aus zwei Abtheilungen, wovon die eine zum Vorschwingen, die andere zum Reinschwingen benutzt wird, wobei sich letztere von ersterer nur durch etwas schärfere Messer unterscheidet. In unserer Abbildung bezeichnet A das Gestell der Maschine, welches oberhalb in einen entsprechenden Schutzkasten (Deckel) ausläuft. B stellt die Welle des großen Schwingrades vor, wobei C die betreffenden Zapfenlager sind. Zwei gußeiserne Armsysteme, G, mit der Nabe E und dem Ringe oder Kranze H bilden das Gerippe des Schwingrades, auf dessen Umfange die hölzernen 14 Zoll breiten Schwingemesser J befestigt sind. Darüber befinden sich ferner sogenannte Schaber K in Form von Fingernägeln, und zwar neun Stück, die so schräg gestellt sind, daß einer nach dem andern arbeitet. Diese Schaber sollen die innere Seite der Flachsfasern öffnen, überhaupt aber die Thätigkeit der bei Bearbeitung des Flachses durch die Menschenhand wichtigen Finger nachahmen. L bezeichnet ein Stück Holz, welches auf der stumpfen Seite der Schwingmesser sitzt und worin die Schaber K befestigt sind, nebst einer Platte M, welche letztere zum Ersatze der bei Handarbeit angewandten Streicher oder Glätter dient. Der Schwingstock Z ist beweglich und stellbar angeordnet. Er kann sich nämlich um einen Bolzen O drehen, so wie man durch Schrauben P eine Stellung zu erzeugen im Stande ist, welche die erforderliche Entfernung von den Schlägern J, den Schabern K und den Platten M herstellt. Ferner ist T ein ebenfalls durch Schrauben Q stellbares Blech um die Enden der Flachsfasern mehr oder weniger zu bearbeiten. Sind die Enden hart, so wird das Blech T vorgestellt, dagegen zurückgestellt wenn sie weich sind, um die Enden zu schonen. Endlich bezeichnet U eine Platte, welche am Gestell A befestigt ist, womit man die Hand des Arbeiters schützen will. Die Leistung (Arbeit und Ertrag) soll die der besten Maschinen und der besten belgischen Handarbeit übertreffen, und namentlich sollen Enden und Mitten äußerst schonend bearbeitet werden, so daß nachtheilige Beschädigungen in keiner Weise vorkommen. Angegeben wird speciell, daß die Schwingmaschine in 12 stündiger Arbeitszeit vom Stroh 150 bis 200 Pfund fertigen Flachs liefert, dagegen beim Nachschwingen von Flachsen 200 bis 400 Pfund in derselben Zeit. Endlich ist nachstehende Berechnung der Redaction von Hrn. Friedländer mitgetheilt worden, die wir hier vorerst ohne Kritik unverändert wiedergeben wollen: „Diese vollendet gute Arbeitet kostet, à 150 Pfund fertigen Flachs pro Tag berechnet, je nach den in den verschiedenen Gegenden üblichen Arbeitslöhnen durch einen Vorschwinger à 7 1/2 bis 15 Slbgr.     „       „     Feinschwinger  „ 7 1/2  „   15    „ 3 Knaben oder Mädchen à 3 bis 7 Slbrgr.    9        „   21    „ –––––––––––––––– per Tag zusammen   24     bis  51 Slbrgr. 24 Sgr. × 12 Pf. preuß. = 288 Pf. à 150 Pfd. ist pro Zoll-Pfd. 1 9/10 Pf. preuß. 51 Sgr. × 12 Pf. preuß. = 612 Pf. à 150 Pfd. ist pro Zoll-Pfd. 4 1/12 Pf. preuß. Es ergibt sich nun gegen die belgische Handarbeit, welche die einzige ist, die einen Vergleich mit der Arbeit unserer Maschinen aushält und welche mit 2–4 Silbergroschen per Pfund und mit Verlust des Wergs bezahlt wird, eine wesentliche Oekonomie im Arbeitslohn, zu der noch ein Mehrwerth in der Qualität und ein größerer Ertrag hinzutreten. Das Werg ist nach der Reinigung sehr schön und weich.“

Tafeln

Tafel Tab. III
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