Titel: | Das Bier- oder Stirlinger-Moos bei Lambrechtshausen im Herzogthume Salzburg, und dessen Ausbeute für industrielle Zwecke; Bericht von Dr. Georg Thenius, Director des Torfverkohlungs-Etablissements daselbst. |
Autor: | Georg Thenius [GND] |
Fundstelle: | Band 170, Jahrgang 1863, Nr. LXXXV., S. 296 |
Download: | XML |
LXXXV.
Das Bier- oder Stirlinger-Moos bei
Lambrechtshausen im Herzogthume Salzburg, und dessen Ausbeute für industrielle Zwecke;
Bericht von Dr. Georg Thenius, Director des
Torfverkohlungs-Etablissements daselbst.
(Fortsetzung von Bd. CLXIX S. 374.)
Thenius, über den Biermoostorf und dessen Ausbeute für industrielle
Zwecke.
Die Torfkohlenfabrication in
Biermoos.
Durch die bereits angeführten günstigen Resultate, welche der Biermoostorf
hinsichtlich seiner Verwendung zur Erzeugung von Leuchtgas und zur Darstellung einer
guten brauchbaren Kohle, sowie noch werthvolleren Nebenproducte gegeben hat, wurde
von dem Besitzer eines Theiles des Viermooses dem Verfasser die Errichtung einer
Torfkohlenfabrik mit Verwerthung der Nebenproducte übertragen.
Es ist zu bedauern, daß durch einen eingetretenen Todesfall in der Familie des
Besitzers die vollständige Ausführung dieses bereits ziemlich vollendeten
Etablissements in Frage gekommen ist, und es wäre zu wünschen, daß die Besitzung von
einer größeren Gesellschaft angekauft und das Etablissement vollständig in Betrieb
gesetzt würde. Die Rentabilität der Unternehmung ist bei der günstigen Verwerthung
der Torfkohlen, so wie der Nebenproducte, nicht zweifelhaft.
Zur Anlage der Fabrik benützte der Verfasser eine am Rande des Torfes gelegene
Waldparzelle, theils wegen des dort vorkommenden festeren Bodens, theils wegen des
darauf stehenden Holzes, welches er zum Baue verwendete, und außerdem wegen der
günstigen Lage in Bezug auf die Herbeischaffung des Torfes mittelst Rollbahnen. Bei
dem allseitigen Abfall des Moores nach der Fabrik zu, stellte sich eine
außerordentliche Erleichterung hinsichtlich des Transportes des Materiales heraus,
wobei jedoch ein anderer Uebelstand zu beseitigen war, nämlich der große
Wasserzudrang von allen Seiten. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, ließ der Verfasser
um das Grundstück herum Wasserabzugsgräben anlegen, welche in den Hauptabzugscanal
einmündeten.
Die Anlage einer künstlichen Trockenanstalt mit
unterirdisch eingebauten Luftheizungsöfen, nach einem vom Verfasser erfundenen
Systeme, wurde zuerst ausgeführt, indem eine derartige Anstalt für eine
Torfverkohlungsfabrik, welche ununterbrochen Sommer und Winter arbeiten und nicht
durch ungünstige Witterung aufgehalten seyn will, unumgänglich nothwendig ist. Der
hauptsächlichste Vortheil einer derartigen Anstalt ist der, daß man den im Herbste
nicht vollständig trockenen, noch im Freien befindlichen Torf vollständig trocknen
kann, während er sonst im Winter ausfrieren würde. Jedoch muß außer einer
künstlichen Trockenanstalt auch noch ein besonderes Vortrockengebäude vorhanden
seyn, um mit Vortheil arbeiten zu können, und zwar derart, daß nur der bereits im
Vortrockengebäude lufttrocken gewordene Torf in die eigentliche geheizte
Trockenanstalt geschafft wird.
Zur Heizung der Trockenanstalt werden bloß die Abfälle bei der Torfgewinnung und zwar
die getrockneten Abraumhaufen nebst etwas Reisig der Zwergkiefern verwendet, welche
sonst als unnützer Ballast auf einem Torffelde überall die Auslegeplätze des
Stichtorfes beeinträchtigen. Die hierbei abfallende Asche kann entweder verkauft
oder zur Cultivirung des Bodens verwendet werden.
Dieses Torftrockengebäude befindet sich in der unmittelbaren Nähe des
Hauptfabrikgebäudes, und der getrocknete Torf wird ohne große Kosten in dasselbe
herübergeschafft. Das Torffeld befindet sich in unmittelbarer Nähe, wo der Stichtorf
in einer Entfernung von zwanzig bis dreißig Schuh gestochen wird.
Das Hauptfabrikgebäude hat eine Länge von 120 Schuh österreichisches Maaß, 42 Schuh
Breite und 24 Schuh Höhe. Das Dach über dem darin befindlichen Retortenlocal ist mit
Luken, ähnlich wie bei den Gasanstalten, versehen, damit sowohl die überflüssige
Hitze, als auch die bei der Entleerung der Retorten entweichenden Gase schnell
fortgehen können. Die Höhe dieses Locales ist derart, daß über den Retortenöfen noch
eine künstliche Trockenanstalt errichtet werden kann, wenn der Fußboden ähnlich wie
bei den Darren der Brauhäuser von durchlöchertem Eisenbleche hergestellt wird. Die
von den Retortenöfen entweichende Wärme trocknet den darüber befindlichen Torf
vollkommen aus; derselbe braucht alsdann bloß heruntergeworfen und zur Ladung der
Retorten verwendet zu werden.
Das Retortenlocal ist so groß, daß bequem 12 Oefen in zwei Reihen mit je 3 bis 5
Retorten darin Platz finden, also zusammen 36 bis 50 Retorten aufgestellt werden
können.
Zur Destillation des Torfes bediente ich mich schmiedeeiserner Retorten, welche eine
Länge von 7 Schuh österreichisches Maaß, eine Breite von 3 Schuh und eine Höhe von
12 Zoll haben, von der Form (); am hinteren Ende befindet sich ein
Abgangsrohr für die Theerdämpfe und das Ammoniakwasser, welches mit einem Schieber
zum beliebigen Absperren der Dämpfe versehen ist. Im Innern den Retorten, am
hinteren Ende vor dem nach unten abgehenden Abgangsrohre, ist eine siebförmige Einlage von 3/4 Zoll
starkem Eisen und 1 Zoll großen Löchern angebracht, um das Herabfallen der
Torfstücke in das Abgangsrohr zu verhüten, und doch den Theer- und
Ammoniakwasserdämpfen freien Abzug zu gestatten. Diese siebförmige Einlage muß
öfters mit spitzen Eisenstangen untersucht werden, ob die Löcher sich nicht
verstopft haben. Der Verfasser hat diese Einlage schon früher bei der Destillation
von Asphaltsteinen in liegenden Retorten mit gutem Erfolge angewandt. Diese Form zog
ich einestheils des größeren Raumes, anderntheils der leichteren Verarbeitung des
starken Eisenbleches und Vernietung wegen vor. Der Torf hat in diesen Retorten mehr
Berührungsflächen mit dem glühenden Eisen als in runden oder ovalen Retorten. Was
die Einmauerung dieser Retorten betrifft, so bietet sie wohl etwas größere
Schwierigkeiten als diejenige der runden Retorten, jedoch läßt sich dieß der übrigen
Vortheile wegen übersehen. Die schmiedeeisernen Retorten haben vor den gußeisernen
dadurch einen Vorzug, daß sie nicht springen können und weniger kosten; außerdem ist
ihre Dauer bei Torfheizung eine bedeutend längere als diejenige der gußeisernen,
namentlich wenn sie mit einem dünnen Mantel von Chamottmasse umgeben werden. Es
kommt jedoch bei der Herstellung der schmiedeeisernen Retorten auf die richtige
Vernietung und die Umlegung von starken Eisenbändern an mehreren Stellen der
Retorten und inwendig Einlegung von starken Eisenschienen in die Ecken sehr viel an,
damit die Form der Retorten beim Erhitzen nicht leidet. Die Destillationszeit ist
bei schmiedeeisernen, mit Chamottmasse umgebenen Retorten wohl länger als in
gußeisernen oder in Retorten ohne Chamottmasse-Umhüllung, indem man in
ersteren in 24 Stunden dreimal, in letzteren in gleicher Zeit sechsmal laden kann;
jedoch dürfte diese längere Destillationszeit reichlich durch die längere Dauer der
Retorten ersetzt werden. Legt man bei der Fabrication der Torfkohlen großen Werth
auf die Gewinnung der Nebenproducte, so ist eine langsamere Destillation der
größeren Menge von Theer wegen vorzuziehen; können dagegen die gasförmigen Producte
gut verwerthet werden, so ist eine schnellere Destillation anzurathen. Die bei der
langsameren Destillation erzeugte Kohle ist weit compacter und transportfähiger,
während bei der letzteren Manipulation eine sehr mürbe, leicht zerreibliche Kohle
erzeugt wird.
Der Verfasser überzeugte sich hiervon in der Salzburger Gasanstalt, wo derselbe mit
dem dortigen Gasdirector, Hrn. v. Kraft, verschiedene
Versuche vornahm, wobei Quantitäten von 50 bis 80 Pfund zur Destillation gelangten,
und zwar die Destillationszeit eine kürzere und längere war. Bei 3/4 stündiger
Destillationszeit in gußeisernen Retorten bei Kirschrothglühhitze zeigte die alsdann
abgekühlte Torfkohle beim Zerbrechen, daß sie im Innern noch nicht vollständig verkohlt war; die
bei 1 1/2 stündiger Destillationszeit gewonnene Kohle war im Innern vollständig
verkohlt, aber leicht zerbrechlich und nicht zum Transporte geeignet. Nach den
gewonnenen Resultaten hält der Verfasser eine Destillationszeit von 3 Stunden bei
angehender Rothglühhitze und einer Ladung von 150 Pfd. Torf in nicht zu großen
Stücken zur Erzeugung einer guten Torfkohle und eines guten Theeres für am
zweckmäßigsten, jedoch darf der Torf höchstens 15 Proc. Wassergehalt besitzen. Der
Destillationstorf wird, wenn man gewöhnlichen Stichtorf zur Erzeugung der Torfkohle
verwendet, früher sortirt und zwar derart, daß man den leichteren, schwammigen und
lettigen ausscheidet und denselben zur Feuerung verwendet. Die Sortirung kann von
den zwei Arbeitern, welche die Retortenöfen bedienen, leicht verrichtet werden,
indem sie gleichzeitig den brauchbaren Destillationstorf in Haufen zu 150 Pfd.
abwiegen, damit bei der Entleerung der Retorten bereits Alles vorgerichtet ist.
Zum Bedienen von drei Oefen mit je drei Retorten sind nicht mehr als zwei Männer bei
Tag und zwei Männer bei Nacht nothwendig. Das Heizmaterial, so wie der
Destillationstorf wird am Tage durch besondere Arbeiter zugefahren, so daß die zwei
Arbeiter beim Retortenofen bloß zu heizen, den Torf zu sortiren, abzuwägen und die
Retorten zu laden und zu entleeren haben. Bei der Entleerung der Retorten müssen
folgende Vorsichtsmaßregeln beobachtet werden: Bevor der Deckel der Retorte geöffnet
wird, schiebt man den am Abgangsrohre angebrachten Schieber zu, damit die Dämpfe der
übrigen Retorten nicht beim Entladen in die zu entleerende Retorte treten können und
atmosphärische Luft in dieselbe gelangen kann, wodurch sehr leicht Explosionen
herbeigeführt werden. Diese Knallluft scheint sich durch Mischung der gasförmigen
Kohlenwasserstoffe mit der atmosphärischen Luft zu bilden, und ist im höchsten Grade
gefährlich, wie ich schon früher gelegentlich einer Explosion bei der Destillation
des Theeres erfahren habe, welche auch bloß durch Mischung von atmosphärischer Luft
mit gasförmigen Kohlenwasserstoffen entstanden war. Nachdem der Schieber zugeschoben
wurde, nimmt man den Deckel der Retorte unter gleichzeitiger Entzündung der
entweichenden Gase mit einem brennenden Holzspane ab und zieht die glühenden Kohlen
in daruntergestellte schmiedeeiserne Kühlapparate mittelst eiserner Krücken. Sobald
die Retorte entleert ist, werden die Kühlapparate, welche oberhalb mit einem
vertieften Rande versehen sind, der mit Asche oder Wasser gefüllt wird und in
welchen der Deckel gut paßt, mittelst desselben geschlossen, um den Zutritt der Luft
zu verhindern. Die Retorte wird hierauf schnell mit 150 Pfund Torf geladen, der mit
Lehm bestrichene Deckel aufgeschraubt und alsdann sogleich wieder der Schieber am Abgangsrohre
geöffnet.
Die Kühlapparate bleiben in der Regel 12 Stunden stehen, bis die darin enthaltenen
Kohlen vollständig abgekühlt sind. Hierauf werden die Kohlen am besten in gemauerte
Gruben entleert, welche mittelst eines schmiedeeisernen Deckels geschlossen werden
können, indem die Torfkohlen die Eigenschaft besitzen, die Gasarten sehr rasch
aufzusaugen und dadurch die nicht vollständig abgekühlten Kohlen sich wieder
entzünden. Das Ablöschen mit Wasser nützt nicht viel, weil die Torfkohle dasselbe
nicht annimmt, so daß es rasch abläuft. Die Ausbeute an Torfkohlen in Biermoos
betrug 40 Proc., jedoch nur bei sehr guter Verschließung der Kühlapparate.
Von großer Wichtigkeit bei der Torfkohlenfabrication ist die Anwendung von
überhitzten Wasserdämpfen, besonders wenn es gelingt, dieselben auf eine billigere
Weise als bisher herzustellen. Der Destillationsproceß wird dadurch wesentlich
verkürzt, und die Quantität der Kohlen läßt nichts zu wünschen übrig, wovon ich mich
durch Versuche im kleineren Maaßstabe überzeugt habe. Der bei dieser Destillation
erhaltene Theer ist sehr paraffinreich und enthält wenig Kreosot, was bei der
Reinigung der Oele und des Paraffins von wesentlichem Vortheile ist. Die
Theerausbeute ist auch eine größere als bei der trockenen Destillation. Der bei der
Destillation in Biermoos erzeugte Theer ist bei gewöhnlicher Temperatur von
butterartiger Consistenz, in Folge des Paraffingehaltes, und besitzt keinen so
penetranten Geruch wie der aus Wiesenmoostorfen erzeugte Theer. Wahrscheinlich rührt
dieser Geruch, welcher dem Dippel'schen Oele gleich
kommt, von den animalischen Stoffen her, welche in größerer Menge sich in den Torfen
der Wiesenmoore finden, während die Torfe der Hochmoore wenig davon enthalten. Das
Ammoniakwasser ist von dunkler, brauner Farbe, starkem Geruche und saurem
Geschmacke; es enthält Holzgeist, viel Essigsäure und wenig Ammoniak. Die Gewinnung
des Holzgeistes geschieht durch Destillation des mit Kalk neutralisirten
Ammoniakwassers in großen eisernen Blasen. Das Destillat wird mit Schwefelsäure
neutralisirt und einer nochmaligen Rectification unterworfen, wobei das
schwefelsaure Ammoniak in der Destillirblase zurückbleibt und der Holzgeist
übergeht. Um letzteren noch stärker zu erhalten, wird er über Chlorcalcium
rectificirt. Der erhaltene essigsaure Kalk wird alsdann entweder als roher
essigsaurer Kalk verkauft oder zu reiner Essigsäure verarbeitet.
Da der Verfasser auf die specielle Verarbeitung des Theeres sowie der Nebenproducte
später zurückkommen wird, so unterläßt er hier die ausführliche Beschreibung
anzuführen, und theilt über die quantitativen Ausbeuten der Torfverkohlung in Retorten in Biermoos noch
Folgendes mit:
1) Bei wiederholter Destillation von 150 Pfund vollkommen
trockenem leichtem Torf vom ersten Stiche und faseriger Structur wurden erhalten von
100 Theilen:
Theer
4,1
Ammoniakwasser
36,2
Kohlen
35,7
Gase und Verlust
24,0
–––––
100,0
2) 150 Pfund vollkommen trockener Torf vom mittleren Stiche,
welcher ziemlich dicht und ohne holzige Theile war, ergaben von 100 Theilen:
Theer
5,6
Ammoniakwasser
37,2
Kohlen
42,5
Gase und Verlust
14,7
–––––
100,0
3) 150 Pfund vollkommen trockener Torf vom untersten Stiche,
welcher etwas lettig und mit holzigen Theilen vermengt war, ergaben von 100
Theilen:
Theer
4,4
Ammoniakwasser
34,6
Kohlen
41,8
Gase und Verlust
19,2
–––––
100,0
Aus diesen Resultaten ersieht man, daß der leichtere Torf vom ersten Stiche und der
lettige vom untersten Stiche sich nicht so gut zur Torfkohlen- und
Theerfabrication eignen, und der mittlere Stich unbedingt vorzuziehen ist. Da aber
bekannt ist, daß der Torf auch selbst im mittleren Stiche sich in seiner
Beschaffenheit und Güte ändert, so kann man obiges Resultat des mittleren Stiches
nicht als Durchschnittsresultat annehmen, wie sich dieß auch im größeren Maaßstabe
gezeigt hat. Das Durchschnittsresultat von allen drei Sorten ist für 100 Theile Torf
folgendes:
Theer
4,7
Ammoniakwasser
36,0
Kohlen
40,0
Gase und Verlust
19,3
–––––
100,0
Man ersieht aus diesen Resultaten ferner, daß namentlich der leichte Torf des
obersten Stiches bei der Destillation die meisten gasförmigen Producte, die wenigsten Kohlen
und die geringste Menge Theer gibt; und es ist daher erforderlich, wie der Verfasser
schon früher bemerkt hat, den Destillationstorf zu sortiren, um ein bestimmtes
Durchschnittsresultat an Kohle und Theer zu erzielen. Verarbeitet man
Maschinen- oder condensirten Torf, so ist selbstverständlich die Sortirung
nicht nothwendig. Hinsichtlich der bei der Destillation entweichenden Gase wäre es
höchst vortheilhaft, dieselben in einem kleineren Gasometer aufzufangen und zur
Feuerung der übrigen Apparate zu verwenden, wodurch eine viel größere Rentabilität
des ganzen Unternehmens erzielt werden könnte. Die Gase gehen bis jetzt unbenützt
fort und verunreinigen dadurch die Luft der ganzen Umgebung der Fabrik, was für die
Gesundheit des Arbeitspersonales höchst schädlich ist. Bei einem großen Betriebe von
36 Retorten müßten die entweichenden Gase entweder in den Schornstein oder in einer
längeren unterirdischen Röhrenleitung an einen von der Fabrik entfernteren Punkt
geführt werden, um sowohl den ersteren angeführten Uebelstand zu beseitigen, als
auch der Gefahr der leichten Entzündlichkeit dieser Gase vorzubeugen. Jedenfalls ist
bei einem großen Betriebe die Aufstellung eines besonderen Gasometers rathsam. Wenn
man einen Ziegelofen mit Gasheizung errichtet, so können die im Gasometer
aufgefangenen Gase sehr vortheilhaft zum Brennen der Ziegel verwendet werden.
Außerdem ist die Beleuchtung sämmtlicher Fabrikslocalitäten mit Gas auch in Anschlag
zu bringen, indem die Beleuchtung mit Oel oder anderen Stoffen jährlich eine nicht
unbedeutende Summe erfordert, welche auf diese Weise gespart werden kann. Die
größeren Unkosten der Aufstellung eines Gasometers werden in kurzer Zeit gedeckt
werden, und alsdann der sich ergebende Nutzen der Unternehmung zu gute kommen.
Vergleichung der Meilerkohle mit der
Retortenkohle.
Der Verfasser erlaubt sich nur noch auf die Vorzüge der in Retorten dargestellten
Torfkohle im Vergleich mit der Meilerkohle aufmerksam zu machen.
Die in Meilern erzeugte Torfkohle ist hinsichtlich ihrer physikalischen
Beschaffenheit weit leichter, mürber und zerbrechlicher als die in Retorten
erzeugte; die erstere ist in Folge dieser Eigenschaften sehr wenig oder gar nicht zu
metallurgischen Processen zu verwenden, indem die Kohle im Hohofen die große Last
der Erze nicht zu tragen vermag, und im Essenfeuer bei Schmiedearbeiten unter
starkem Zug zu leicht verfliegt. Mit dem Biermoostorf wurden auf dem Biermoos
Versuche bezüglich der Verkohlung in Meilern angestellt, wobei man im Maximum 20
Proc. Kohle erhielt, welche ebenfalls oben beschriebene Eigenschaften besaß.
Außerdem War eine nicht
unbeträchtliche Anzahl der Stücke unvollkommen verkohlt, so daß das ganze Resultat
als kein günstiges bezeichnet werden kann. Das Hüttenwerk Achthal hat Versuche mit
dieser Kohle angestellt, konnte sie aber wegen ihrer oben beschriebenen
Eigenschaften nicht benützen, während die Versuche mit der in dem
Torfverkohlungs-Etablissement zu Biermoos erzeugten Retortenkohle im oben
genannten Hüttenwerke sehr gute Resultate ergaben.
Es verdienen hier noch die Versuche, welche im königl. bayerischen Hüttenwerke
Weiherhammer bei Weiden in Oberfranken durch den königl. Vorstand Schmidt ausgeführt wurden, angeführt zu werden; derselbe
erhielt aus 270 Centner Torf bei der Meilerverkohlung 68 Centner Kohle oder 27,7
Proc. Derselbe hatte ebenfalls einen nicht unbedeutenden Verlust durch Abbrand und
Zerbröckeln der Kohle, was meine obige Ansicht bestätigt. Forstmeister Mooser in Wunsiedel in Oberfranken erhielt bei der
Verkohlung des Torfes im geschlossenen Raume 40 1/2 Proc. der Masse, und 28 Proc.
dem Gewichte nach Torfkohlen. Ein Kubikfuß dieser Torfkohlen wog 11 Pfund, während
ein gleiches Volumen Nadelholzkohle bloß 8 Pfund wog. Hieraus ersieht man, daß die
aus Stichtorf erzeugten Torfkohlen ein größeres specifisches Gewicht als die
Nadelholzkohlen besitzen. Das specifische Gewicht der aus condensirtem Torf
erzeugten Kohlen muß noch bedeutend größer seyn, als das von oben angeführten
Kohlen, und erstere werden sich bei weitem besser für Hüttenzwecke ihrer dichteren
Beschaffenheit wegen eignen. Es ist wohl einleuchtend, daß die Verkohlung des Torfes
in Retorten der Meilerverkohlung vorzuziehen ist, indem nicht nur eine fast doppelt
so große Ausbeute an Kohlen erzielt wird, sondern man auch die werthvolleren
Nebenproducte, wie Theer und das an Essigsäure so reichhaltige Ammoniakwasser
gewinnen kann. Es würden nach meiner Ansicht nur noch quantitative Versuche bei
Hohöfen anzustellen seyn, wie viel man Torfkohle in Vergleich zur Holzkohle
benöthiget. Die Gründung von Etablissements, welche sich ausschließlich mit der
Fabrication der Torfkohle befassen, hat bis jetzt nur wenig Anklang gefunden, und
dürfte sich auch nur unter folgenden Bedingungen rentiren:
1) wenn der Torf einen sehr geringen Aschengehalt besitzt;
2) wenn die aus dem Torf erzeugte Kohle transportfähig ist, und
nur Spuren von Schwefel und Phosphor darin enthalten sind;
3) wenn Eisenwerke oder viele Feuerarbeiter in der Nähe sind, um
die Kohle schnell und ohne zu weiten Transport absetzen zu können;
4) wenn die Nebenproducte der Destillation richtig verarbeitet
werden.
Durch die Ausführung des letzten Punktes erhält die Torfkohlenfabrication eine Stütze, wodurch sie leicht
mit der Holzkohle und guten englischen Kohks concurriren kann, vorausgesetzt daß man
zur Destillation einen guten condensirten Torf verwendet. Die hierbei erhaltene
Kohle ist viel dichter, und kann auch an entferntere Orte versandt werden. Eben so
wenig wie die Erzeugung der Torfkohlen allein lohnend und gewinnbringend ist, kann
eine Fabrik bei der alleinigen Erzeugung von Theer aus Torf rentiren, und es ist
daher unbedingt nothwendig, beide Zweige zu vereinigen. Im Königreiche Sachsen ist
eine Fabrik zur alleinigen Verarbeitung des Torfes auf Theer, Photogen und Paraffin
in der Nähe von Radeberg gegründet worden, welche der
dabei erzeugten Torfkohle keine besondere Aufmerksamkeit schenkte, und so viel ich
weiß, auch nicht mehr in Betrieb ist. Ich habe die in dieser Fabrik gewonnene Kohle
zwar nicht untersucht, es scheint mir jedoch der Schwefel- und Phosphorgehalt
derselben ein Hinderniß gewesen zu seyn, warum man sie nicht zur Eisenindustrie
verwendet hat. Der in dieser Fabrik verwendete Torf war ein Wiesen- oder
Rasentorf, welcher gewöhnlich viel unorganische Bestandtheile enthält, und sich
nicht gut zur Torfkohlenfabrication verwenden läßt. Diese Torfe dürften nur dann zu
dieser Fabrication benutzbar seyn, wenn dieselben vorher einem Schlämmungsproceß
unterworfen worden sind, und es ist daher vor der Hand rathsam, nur Torfe der
Hochmoore dazu zu verwenden. Ich unterlasse nicht, wenigstens einige mir zur
Kenntniß gekommene Resultate der Radeberger Fabrik hier
anzuführen.
Die Fabrik wurde auf die Verarbeitung von circa 4
Millionen Stücke Torfziegel gegründet, wovon 1000 Stücke circa 13 bis 14 Centner wiegen, und der Centner Torf circa 6 bis 8 Proc. Theer ergibt. Die Torfziegel wurden
gestrichen, und tausend Stücke davon kosteten getrocknet und in das Magazin
gestellt, 1 1/2 Thaler = 2 fl. 25 kr. N. Oester. Währ.
Zur Destillation des Torfes dienten große gußeiserne Retorten, in welche circa 300 Stücke Torfziegel im Gewichte von 400 Pfd.
hineingiengen. Eine Destillation dauerte volle 12 Stunden, und es verarbeitete
sonach eine Retorte in 24 Stunden 600 Stücke oder 8 Centner Torf. Die acht in einem
Ofen liegenden Retorten, welche die Fabrik besaß, verarbeiteten demnach in 24
Stunden 64 Ctr. oder 4800 Stücke Torf, wobei bei 6 Proc. Theer 384 Pfund, bei 8
Proc. Theer 512 Pfund Theer erhalten wurden.
Aus 1200 Pfund Theer wurden bei der Destillation erhalten:
420 Pfund rohes Photogen
35 Proc.
580 „
paraffinhaltiges Oel
48 „
200 „
Asphalt
16 „
–––––––
99 Proc.
Von 480 Kannen Rohöl wurden nach Behandlung mit Schwefelsäure und caustischer Lauge
276 Kannen Oel zur Rectification erhalten, welche 57,5 Proc. gleich sind, folglich
ein Verlust von 42,5 Proc. durch obige Behandlung entstanden ist, welcher jedenfalls
vom Kreosotöle und Brandharze herrührt.
1200 Pfund Theer gaben folgende reine Producte:
240 Pfund leichtes Photogen
20 Proc.
270 „
schweres Photogen
22,5 „
30 „
Paraffin
2,5 „
200 „
Asphalt
16,0 „
––––––––––
61,0 Proc.
folglich Verlust bei der Destillation u. Reinigung
39,0 Proc.
––––––––––
100,0 Proc.
Obiger Verlust scheint mir jedoch etwas gering zu seyn, indem nach. meinen
Erfahrungen bei guten Theeren durchschnittlich 50 bis 55 Proc. reine Producte
gewonnen werden. Die erhaltenen leichten Torföle brennen in guten Photogenlampen,
wenn sie gut gereinigt sind, ohne merkliche Verkohlung des Dochtes, welche
Eigenschaft das Hamburger Photogen in hohem Grade besitzt. Sind die Oele aber nicht
gut gereinigt, so dunklen sie sehr bald nach, in Folge von Sauerstoffaufnahme aus
der atmosphärischen Luft. Das Paraffin ist sehr weiß und transparenter als das von
Braunkohlen erzeugte, nur ist der Schmelzpunkt dieses Paraffins niedriger als
derjenige des Braunkohlenparaffins, daher dem Torfparaffin bei der Kerzenfabrication
viel Stearin zugesetzt werden muß.
(Der Schluß folgt im nächsten Heft.)