Titel: | Ueber die Gewinnung der Steinkohle mittelst Maschinen; von William Firth. |
Fundstelle: | Band 170, Jahrgang 1863, Nr. CXII., S. 414 |
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CXII.
Ueber die Gewinnung der Steinkohle mittelst
Maschinen; von William
Firth.
Aus der berg- und hüttenmännischen Zeitung, 1863,
Nr. 47.
Firth, über die Gewinnung der Steinkohle mittelst
Maschinen.
Die Nützlichkeit der Gewinnung der Steinkohle mit Maschinen ist von verschiedenen
Seiten angezweifelt worden, so daß die nachfolgende Beschreibung unserer
Steinkohlenschrämmaschine auf der West Ardsley Steinkohlengrube bei Leeds und Angaben über ihre Leistung
nicht unwillkommen seyn werden.
Ehe ich zur Beschreibung der ausübenden Maschinerie übergehe, wird es angemessen seyn
erst einige Details über die Maschine zu geben, durch welche die Betriebskraft
(comprimirte Luft) erzeugt wird. Es ist dieß eine kleine horizontale Maschine mit
einem 20zölligen Cylinder und 3 Fuß Hub, welche über Tage aufgestellt ist und direct
an dem 18zölligen Gebläsecylinder arbeitet. Vor dem Hause befindet sich ein
Windreservoir von 30 Fuß Länge und 3 Fuß Durchmesser, welches 288 Kubikfuß Inhalt
besitzt; wir beabsichtigen aber auch unter Tages noch ein oder mehrere solcher
Reservoirs aufzustellen, um eine größere Reserve zu bekommen. Der Dampf wird auf 35
bis 40 Pfd. Spannung per Quadratzoll gehalten, und wenn
die Compressionsmaschine mit 12 bis 14 Spielen per
Minute arbeitet, so liefert sie genug Wind von 55 Pfd. Pressung für drei Maschinen.
Die Entfernung von der Maschine bis zu den Abbaustößen beträgt ungefähr 1000 Yards
– vom Reservoir bis zur Schachtmündung 30, im Schachte 160, zusammen 190
Yards, auf welche Länge 4 1/2 zöllige Rohre mit Flantschen angewendet sind, dann vom
Schachttiefsten bis in die Vorrichtungsstrecke (bords)
800 Yards, auf welche Länge 2 1/2 zöllige Flantschenrohre liegen. Von da bis an die
Grenze (endings or gob rounds) sind 3/4 zöllige Gasrohre
und vor den Abbaustößen (face of the stalls) selbst
Kautschukrohre in Verwendung, welche von genügender Länge sind, um der Maschine eine
Längenverschiebung zu gestatten. Die Flantschenrohre werden nahe am Dache auf Eisen
gelagert, welche in die Kohle eingetrieben sind, und die Gasrohre liegen auf der
Sohle. Sie sind seit 4 Monaten im Gebrauch, ohne daß eine Reparatur oder Veränderung
nöthig geworden wäre, auch bereitet das Kautschukrohr keine Schwierigkeiten, hält
vielmehr den Druck sehr gut aus.
Die Maschine selbst ist ungefähr 4 Fuß lang, 3 Fuß 6 Zoll hoch und 2 Fuß 6 Zoll
breit. Ihr Gerüst besteht aus Winkeleisen, und sie wiegt sammt der kleinen
Treibmaschine 14 englische Centner. Sie ruht auf Rädern, um von dem Wärter bequem
verschoben werden zu können. Der Cylinder der Maschine ist 5 Zoll weit und der
Kolben, welcher eine an einer verticalen Welle sitzende Kurbel treibt, hat 12 Zoll
Hub. Die Maschine ist eine sogenannte Trunkmaschine, so daß die Lenkerstange direct
am Kolben befestigt ist. An der verticalen Welle sitzt die Schrämhaue (pick), deren meißelförmige Schärfe nur wenige Minuten
zur Auswechselung bedarf; für eine andere Beschaffenheit der Kohle dürfte wohl auch
eine andere Art von Schneide erforderlich seyn. Dieses Werkzeug kann an der
verticalen Welle in beliebiger Höhe zwischen dem Dach und der Sohle befestigt werden, so
daß an jeder beliebigen Stelle des Flötzes geschrämt werden kann; seine Bewegung
ahmt diejenige nach, welche ihm der Häuer ertheilt, und es kann sowohl eine
einfache, als auch eine doppelte Keilhaue angewendet werden: letztere erzeugt aber
einen weiteren Schram, als die einfache. Die Stärke muß nach der Schwierigkeit der
Arbeit und die Länge nach der Tiefe des Schrames bemessen werden; bei uns sind
doppelte Keilhauen mit 36 Zoll langen Köpfen im Gebrauch.
Zwischen den Stempeln und dem Stoße wird ein 3 Fuß breiter Zwischenraum gelassen und
ein Schienengeleis für die Maschine gelegt, damit sie ruhig fortrückt. Unser
Kohlenstoß besitzt ein Fallen von 2 Zoll per Yard, und
eine Stärke von 4 Fuß 2 Zoll im Ganzen mit ein Paar Scheren, nämlich
oberes Kohl
2 Fuß 2 Zoll
Schere
– „ 4
„
Kohle
– „ 4
„
Schere
– „ 4
„
unteres Kohl
1 „ –
„
––––––––––
4 Fuß 2 Zoll.
Wir bauen dieses Flötz nach dem Longwall-System ab, haben aber zur Zeit nur
Stalls von 40 bis 45 Yards Länge, was für die Verwendung der Maschine ungünstig ist,
da eine Maschine in 8 Stunden eine Länge von 100 Yards 3 Fuß tief unterschrämt; es
ist aber eine von unseren Maschinen vor einem so langen Stoße in Arbeit gewesen,
worüber die Ergebnisse mitgetheilt werden sollen.
Wir schrämen in dem mittleren Kohlenschmitzen zwischen den beiden Scheren, bei 2 Fuß
6 Zoll vom Dache und 1 Fuß 4 Zoll von der Sohle. Diese Kohlenlage ist milde, enthält
aber viel harten Kies, welcher das gewöhnliche Gezäh sehr stark angreift, aber bei
dem massiveren Gezäh der Maschine nicht bedeutende Reparaturkosten, etwa nur 1/8 so
viel als beim Handgezäh, verursacht. Das Schrämen (3 Fuß tief) wird in drei Absätzen
bewirkt, d.h. die Maschine geht dreimal am Stoße hin, indem sie erst 16 bis 18 Zoll,
dann 10 bis 11 Zoll und zuletzt 8 bis 10 Zoll tief schrämen muß, wobei für jeden
neuen Gang ein neues Gezäh aufgesteckt wird. Wenn es nöthig wäre, so ließe sich eine
Maschine bauen, welche noch 12 Zoll tiefer schrämte, wir haben aber obige Tiefe als
die zweckmäßigste erkannt. Wenn ein einmaliges Schrämen vorbei ist, so wird die
Maschine wieder an den ersten Ausgangspunkt zurückgeschafft, was 2 bis 3 Minuten
Zeit erfordert. Die Zeit zur Herstellung der drei Schräme beträgt etwa 1 Minute per laufenden Fuß hergestellten 3 Fuß tiefen Schrames. In fester Kohle
wird man vielleicht jedesmal nur 3 bis 4 Zoll tief schrämen können.
Zur Bedienung ist ein Mann und ein Junge bei der Maschine erforderlich, und ein Mann
besorgt die Bahn und das Abspreizen. Bei unserem Flötze bricht nämlich die obere
Schere nach, sobald der erste Schram gemacht ist, und das macht mehr Beräumen
nöthig, als in anderen Fällen vorkommen wird. Dieß besorgt der Junge, welcher auch
die Maschine schmiert. Der Maschinist sitzt auf dem Wagen und beaufsichtigt und
regulirt die Geschwindigkeit des Gezähes, welches per
Minute etwa 60 Schläge thut. Vorn an der Maschine ist ein Licht befestigt, welches
das arbeitende Gezäh beleuchtet. Diese rückt mittelst des Rades bei jedem Schlage um
1 1/2 bis 2 Zoll vorwärts. Die Behandlung der Maschine ist keineswegs künstlich,
auch gehört keine große körperliche Kraft dazu; es ist mehr Kopf als Muskel dazu
erforderlich.
Die Maschinerie ist einfach und geräth nicht leicht in Unordnung, auch treten nicht
mehr Unfälle ein, als bei anderer Maschinerie; jedenfalls wird mit der Zeit noch
manche Verbesserung in gewissen Details gemacht werden, aber auch jetzt arbeitet die
Maschine schon ganz befriedigend und liefert Resultate, welche unsere Erwartungen
übertreffen. Nachstehendes sind die Ergebnisse der Arbeit einer Maschine während 6
Tagen à 8 Stunden incl. Stillständen.
Es wurden 618 Yards 3 Fuß tief unterschrämt, was also 100 Yards per Schicht gibt. Die Kosten an Aufsicht bei der
Maschine, Beräumen des Nachfalls und Wartung der Maschinerie über Tage betragen 1
1/2 Pence per Tonne geförderte Kohle. Für Abnutzung der
Maschine, Interessen und Amortisation kann man bei 500 Tonnen täglicher Production
höchstens 1 Penny per Tonne ansetzen und der Gewinn an
großer Kohle ist sehr günstig, nämlich:
Maschine.
Handarbeit.
beste Kohle
27,78
17,70
zweite Sorte
36,90
46,00
kleine Kohle
35,62
36,30
–––––––
–––––––
100,00
100,00
Demnach beträgt der Gewinn beim Arbeiten mit der Maschine 2 1/2 Pence per Tonne an gewonnener Stückkohle. Da unsere Kohle sehr
klüftig (jointy) ist, so entsteht viel Kleinkohle beim
Hereinbrechen. Wo man eine festere Kohle hat, wird der Gewinn noch bedeutender seyn,
er kann sich in manchen Fällen auf 4 1/2 Pence und incl.
2 1/2 Pence Gewinn durch höheren Stückkohlenfall, auf 7 Pence per Tonne belaufen.
Der sanitätliche Vortheil der Maschinenarbeit darf auch nicht übersehen werden. Die Verminderung der
Arbeiterzahl und der Zahl der brennenden Lampen wird die Atmosphäre gesünder machen,
überdieß liefert die Maschine aber auch noch große Mengen reiner Luft vor den
Arbeitsstößen, welche, unter einer Pressung von 50 Pfd. per Quadratzoll austretend, die Entfernung der durch die gewöhnliche
Ventilation noch nicht genügend beseitigten bösen Wetter sehr beschleunigen muß.
Nach bekannten Angaben sollen mehr als 40 Proc. aller Verunglückungen auf
Stein- und Kohlenfall zu rechnen seyn; durch die
Anwendung von Maschinen wird aber die Zahl der solchen Unfällen ausgesetzten
Arbeiter mindestens auf die Hälfte reducirt, also auch manches
Menschenleben erspart werden.
Bedenkt man, welche Erleichterungen die Maschine bei Eröffnung neuer Abbaue und bei
Verstärkung der Production für plötzlich gesteigerte Nachfrage gewährt, und welcher
Gewinn durch Erhöhung des Steinkohlenfalls und Verminderung der Kleinkohle im
Vergleich zur Handarbeit erwächst, so glaube ich, daß sich die Maschinengewinnung
beim Steinkohlenbergbau immer mehr einbürgern wird. Allerdings ist die Erzeugung von
comprimirter Luft viel kostspieliger, als diejenige von Dampf, aber dieser Nachtheil
erscheint als unbedeutend, wenn man die großen Vortheile damit vergleicht, welche
das neue System vor dem alten bietet.
––––––––––
Dieser in der Jahresversammlung des South Wales Institute
zu Swansea am 26. September d. J. gehaltene und hier nach Nr. 1467 des Mining Journal wiedergegebene Vortrag erregte natürlich
eine lebhafte Discussion, bei welcher namentlich hervorgehoben wurde, daß eine bloße
Schrämmaschine nur sehr wenig Nutzen gewähren könne, da das Schrämen nur einen sehr
geringen Theil von der Arbeit des Kohlenbergmannes ausmache, daß für die Maschine
viel freier Raum gelassen werden müsse, und ihr Transport von einem Baue zum andern
sehr kostspielig seyn werde, daß es kaum möglich seyn werde, lange Rohrleitungen
dicht zu erhalten, dieselben aber in der Anlage sehr kostspielig seyn würden, daß
die Maschine nur für Gruben mit gutem Dach und fester Sohle und bei dem
Longwall-Abbausystem anwendbar sey, daß sie bei Gruben mit schlagenden
Wettern gefährlich sey, da ihr Schlag so heftig geschehe, daß oft Feuer sprühte,
endlich daß sich nur bei sehr hohen Gewinnungskosten ein Vortheil von der Maschine
hoffen lasse. Dagegen wurde von einem Mitglieds, welches die Maschine in Arbeit
gesehen hatte, bestätigt, daß sie sich sehr gut behandeln lasse und auch die oben
angegebene Leistung realisire.