Titel: Die Bohrmaschinen, Ziehbänke und Walzwerke zur Herstellung der Gewehrläufe, von Christoph, Hawksworth und Harding.
Fundstelle: Band 171, Jahrgang 1864, Nr. VI., S. 29
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VI. Die Bohrmaschinen, Ziehbänke und Walzwerke zur Herstellung der Gewehrläufe, von Christoph, Hawksworth und Harding. Aus dem Practical Mechanic's Journal, September 1863, S. 148; durch das polytechnische Centralblatt, 1863 S. 1399. Mit Abbildungen auf Tab. I. Christoph's Hawksworth's und Harding's Maschinen. Die auf Tab. I zusammengestellten Maschinen dienen zur Herstellung von Gewehrläufen und beruhen auf einem Verfahren, das nicht nur billiger, sondern auch zweckmäßiger ist, als das bisher gebräuchliche Hohlschmieden bei hoher Temperatur. Das neue Verfahren ist folgendes: Zunächst wird das rohe cylindrische Rohr durch Ausbohren des mittleren Kerns aus einer massiven Stange von Eisen, Stahl oder irgendeinem anderen Material dargestellt; dann wird das cylindrische Rohr mit Anwendung eigenthümlicher Ziehplatten gezogen, und darauf durch ein Walzwerk oder auch durch Ziehplatten ein Druck von außen nach innen angewendet, die Innenfläche aber mit Hülfe eines Dorns, der einen Druck von innen nach außen ausübt, geglättet. Dieses Verfahren zeichnet sich zunächst durch seine Einfachheit und Billigkeit aus; es werden aber auch dem Material seine guten Eigenschaften besser erhalten, wenn man den Kern aus einem massiven Stücke ausbohrt, als wenn man das Stück hohl schmiedet, und endlich gewinnt das Metall durch das Ziehen und Walzen in kaltem Zustande an Zähigkeit, indem es eine faserige Structur annimmt und zugleich dichter und härter wird. Das Verfahren ist im allgemeinen nur eine Uebertragung des bekannten Drahtziehverfahrens aus die Herstellung von Gewehrläufen und anderen röhrenartigen Körpern. Auch hier kann die Zerreißungsfestigkeit eines Pianofortedrahtes bis auf 120 Tonnen per Quadratzoll gesteigert werden, wenn auch die Festigkeit des rohen Arbeitsstücks nicht über 35 bis 40 Tonnen betrug. Die Eigenthümlichkeit der neuen Bohrmaschine besteht in der Anwendung einer Anzahl feststehender Bohrer, welche eine gleiche Anzahl in Drehung befindlicher Arbeitsstücke gleichzeitig bearbeiten, während nach dem gewöhnlichen Bohrverfahren die Arbeitsstücke feststehen und die Bohrer sich drehen. Die Bohrer haben eine solche Gestalt, daß die Bohrspäne sich leicht ablösen, und werden durch bekannte Mittel mit einer der Größe des Bohrlochs entsprechenden Geschwindigkeit dem Arbeitsstück entgegengeführt. Beim Ziehen, das entweder im heißen, oder im kalten Zustande erfolgen kann, wird an Stelle der Ketten, deren man sich gewöhnlich bedient, eine Schraubenspindel angewendet. Die Ziehplatten haben conische Ziehlöcher und sind viel dicker als gewöhnlich, damit die Rohre besser unterstützt werden, wenn sie der Wirkung der Ziehplatte und des Dorns unterliegen. Die Enden der Rohre werden durch Schraubzwingen gefaßt, welche sowohl an der Innen-, als an der Außenwand derselben festgeschraubt werden. Soll das Rohr eine besonders große Festigkeit erhalten, so wird ein Rohr innerhalb eines anderen unter Anwendung eines inneren Dorns gezogen; das innere Rohr wird dann durch die Ausdehnung, die es unter der Einwirkung des Dorns erleidet, fest eingezwängt, und es bedarf keiner Erhitzung desselben, wie nach dem gewöhnlichen Verfahren. Dasselbe Verfahren ist auch anwendbar, wenn man ein Rohrende mit einer erweiterten Schnauze, die zur Aufnahme eines anstoßenden Rohrs bestimmt ist, versehen will. Um Röhren von sehr kleinem Durchmesser herzustellen, empfiehlt sich ein expandirbarer Dorn, der nach Vollendung der Operation sich leicht aus der Röhre herausziehen läßt. Eine andere Gestalt der Ziehbank dient zum Ziehen von zwei Röhrensätzen in abwechselnder Reihenfolge und besteht in einer horizontalen, doppeltwirkenden hydrostatischen Presse mit zwei Cylindern und einem Kolben, der für beide Cylinder dient. Dadurch, daß beide Cylinder abwechselnd in Thätigkeit treten, wird der Ziehproceß ein ununterbrochener, und man verliert mithin keine Zeit mit dem Zurückrücken der Schraubzwingen nach jedem Zuge. Die Ziehplatten befinden sich in den Flantschen der beiden Cylinder und die Schraubzwingen sind an einer Flantsche in der Mitte des Kolbens befestigt. Hiernach sind also zwei Sätze von Ziehplatten, Schraubzwingen und Dörnern vorhanden, und während ein Satz derselben im Begriffe steht, die Röhren zu ziehen, werden an dem andern Satze die Arbeitsstücke für den nächsten Kolbenhub, der die entgegengesetzte Bewegungsrichtung hat, zurecht gemacht. Was endlich die Verbesserungen an den Walzwerken betrifft, so wird eine Anzahl entsprechend gestalteter Scheiben auf eine gemeinschaftliche Welle aufgeschoben, anstatt daß die ganze Walze aus einem Stücke hergestellt wird. Diese Construction erleichtert die Anwendung gehärteter Stahlwalzen und macht die Unterhaltung billiger, da man bei einem vorkommenden Bruche nicht die ganze Walze, sondern nur eine einzelne Scheibe auszuwechseln braucht. Fig. 1 der betreffenden Abbildungen zeigt die Seitenansicht der neuen Bohrmaschine in ihrer Anwendung auf Gewehrläufe, Fig. 2 den zugehörigen Grundriß und Fig. 3 die Vorderansicht mit theilweisem Querdurchschnitt. Auf den Wangen A sitzen die beiden festen Docken B und C, in denen eine hohle Treibwelle D mit ihren Fest- und Losscheiben E aufgelagert ist. Ein nahe am Ende dieser Welle aufgekeiltes Stirnrad F greift in eine Anzahl Stirnräder G, von denen ein jedes auf eine drehbare Büchse H in der Kreisplatte I der Docke aufgekeilt ist. In den drehbaren Büchsen werden durch Preßschrauben die Enden der zu bohrenden Rohre K befestigt, während die entgegengesetzten Enden dieser Rohre in entsprechenden Oeffnungen der festen Docke C ruhen. Wird das Rad F in Drehung gesetzt, so drehen sich alle Büchsen mit den in ihnen befestigten Rohren um ihre eigenen Achsen. Die Bohrer L werden, ebenfalls durch Preßschrauben, in festen Büchsen M befestigt, die in dem Reitstock N liegen. Die Stellung der Bohrer L in der Richtung ihrer Achsen wird durch Stellschrauben O regulirt, und der Reitstock N erhält eine fortschreitende Bewegung, bei welcher er längs der gehobelten Wangen A gleitet. Ueber die ganze Länge der Maschine erstreckt sich eine Schraubenspindel P; dieselbe geht durch die Mitte des Reitstocks N hindurch, der sich an der Schraube fortbewegt, ohne in unmittelbarer Berührung mit ihr zu stehen. Hinter dem Reitstock N liegt eine gegen denselben sich anstemmende Mutter Q, welche mit der Schraube P gleiches Gewinde hat; sie ist zweitheilig, damit man sie nach Bedürfniß mit Hülfe des Hebels R öffnen kann. Die Schraubenspindel P ruht mit dem einen Ende in dem Lager S und geht mit dem anderen durch die hohle Welle D hindurch. Am hinteren Ende der hohlen Welle D ist ein Getriebe T aufgekeilt, welches in ein lose auf dem Bolzen V sitzendes Stirnrad U eingreift. Ein zweites Getriebe W, welches mit dem Rade U eine gemeinschaftliche Nabe hat, greift in ein Stirnrad X, das auf dem vorspringenden Ende der Schraubenspindel P festgekeilt ist. Mit Hülfe dieser Räderübersetzung erhält die Schraubenspindel P eine langsam drehende Bewegung, welche sich in eine langsam fortschreitende Bewegung der Mutter Q umsetzt; die Mutter Q stemmt sich gegen den Reitstock N und schiebt ihn um so viel, vorwärts, daß er die einzelnen Bohrer beständig gegen ihre Arbeitsstücke andrückt. Die Wirkungsweise dieser Maschine ist folgende: In die Büchsen der festen Docken B und C werden so viel zu bohrende Rohre eingelegt, als Büchsenpaare vorhanden sind, und nachdem dann auch die Bohrer L in angemessener Weise befestigt sind, wird die Maschine in Gang gesetzt. Dadurch wird dem Arbeitsstück eine rasche Drehbewegung ertheilt, während die Bohrer gar keine Drehbewegung, sondern nur eine langsam fortschreitende Bewegung erhalten, vermöge welcher sie den Arbeitsflächen in dem Maaße, als der Bohrer vorschreitet, entgegengeführt werden. Sollen die Bohrer aus den Arbeitsstücken zurückgezogen werden, so öffnet man durch den Hebel R die gespaltene Mutter Q, so daß dieselbe aus dem Gewinde der Schraube P sich auslöst, und zieht den Reitstock N und mit demselben die Bohrer L mit der Hand zurück. Statt der gespaltenen Mutter kann man auch eine gewöhnliche Mutter anwenden und an der Schraubenspindel P ein Handrädchen anbringen, durch welches man den Reitstock mit seinen Bohrern zurückzieht. In diesem Falle muß aber eines der Getriebe T oder W mit einer Ausrückvorrichtung versehen werden, damit das übrige Triebwerk in Ruhe bleibt, wenn man die Schraubenspindel P nach der umgekehrten Richtung dreht. Fig. 4 zeigt die Seitenansicht und theilweise den Durchschnitt einer hydrostatischen Ziehbank, und Fig. 5 den zugehörigen Grundriß und theilweise Horizontaldurchschnitt. Diese Ziehbank ist doppeltwirkend, insofern sie nicht nur beim Vorwärtsgang, sondern auch beim Rückwärtsgang nützliche Arbeit verrichtet; dadurch wird der Zeitverlust umgangen, der bei den gewöhnlichen Ziehbänken durch das Zurückrücken der Zwingen herbeigeführt wird. In den beiden Wassercylindern A, die in einer gemeinschaftlichen Achse liegen, bewegt sich ein Doppelkolben B der Art, daß er mit jedem Ende in je einem Cylinder arbeitet. Die Zwingenstangen C haben an beiden Enden Gewinde, so daß sie mit ihren Enden abwechselnd an den Arbeitsstücken befestigt werden können. Sie sitzen in einer Flantsche D, die in der Mitte des Kolbens B angebracht ist. Die beiden Innenflantschen E der Cylinder A enthalten die Ziehplatten a, während die Außenflantschen F derselben zur Befestigung der Dörner G dienen. H sind Leitstangen, welche die Flantsche D bei der Bewegung des Kolbens B stützen und gerade führen. Bei der Benutzung der Maschine verkleinert man zuerst die Durchmesser der zu ziehenden Röhren b an den Enden insoweit, daß sie durch die Ziehlöcher gesteckt werden können; darauf schiebt man von den entgegengesetzten Enden die Dörner G ein, und dann schraubt man endlich die Enden der Zwingenstangen in die vorspringenden Enden der Röhren ein. Läßt man jetzt Wasser in einen der Cylinder A, so wird der Kolben B fortgeschoben und nimmt dabei die Röhren b durch die Ziehlöcher a mit sich hindurch. Sobald der Kolben am Ende seines Hubes angekommen ist, werden die gezogenen Röhren abgenommen und ein frischer Satz Röhren, die vorher schon auf den zweiten Satz Dörner aufgeschoben und durch die entsprechenden Ziehlöcher hindurch gesteckt worden sind, an den entgegengesetzten Enden der Zwingenstangen befestigt. Dann läßt man das Betriebswasser in den zweiten Cylinder, während zugleich aus dem ersten das verbrauchte Wasser ausfließt. Dadurch wird es möglich, bei jedem Doppelhube des Kolbens zwei Sätze Röhren zu ziehen. Fig. 6 bis 8 zeigen die neue Walzwerksanordnung. Die Walzen bestehen hier nicht aus einem Stücke, sondern sind aus einer Anzahl einzelner Scheiben A aus Hartguß oder gehärtetem Stahl zusammengesetzt, welche auf eine viereckige Welle B aufgeschoben sind und durch seitlich aufgebrachte Muttern oder Keile auf derselben festgehalten werden. Die Querschnitte Fig. 7 und 8 stellen Walzen dar, welche zum Auswalzen von Rohren mit verjüngt zulaufender Wandstärke dienen. In Fig. 7 ist der Theil der Walze, welcher den Boden der Furche darstellt, zwar kreisförmig gedreht, aber excentrisch gegen den Umfang der Walze. Diese Form läßt sich leicht ausführen, weil sie auf der Drehbank dargestellt werden kann. Solche Walzen erzeugen bei einer Umdrehung in jeder Furche zwei in der Wandstärke verjüngte Rohre; ihr Durchmesser muß daher größer seyn, als wenn bei einer Umdrehung in jeder Furche nur ein Rohr ausgewalzt wird, wie dieß bei der in Fig. 8 dargestellten Furchenform der Fall ist. Da aber die letztere Construction schwieriger auszuführen ist, so verdient die erstere den Vorzug. Ständer, Triebwerk und Dornträger werden in bekannter Weise construirt. Die gewalzten oder gezogenen Rohre müssen nun noch, wenn sie zu Gewehrläufen bestimmt sind, gerichtet werden; d.h. es müssen die Krümmungen, die sie beim Walzen oder Ziehen angenommen haben, beseitigt werden. Zu diesem Zweck legt man sie in eine starke gußeiserne Form A, die in Fig. 9 und 10 dargestellt ist. Diese Form ist ihrer Länge nach um die Scharniere B drehbar und wird von Klammern C umfaßt, die durch Bolzen D geschlossen werden können. In jeder Hälfte der Form befindet sich ein schräg zulaufender Einschnitt E, welcher in Gestalt und Größe genau mit dem zu richtenden Rohre übereinstimmt. Das in dem einen der Einschnitte eingelegte Rohr F wird mit seinem dünneren Ende gegen den Ansatz a, der das Ende der Einschnitte bildet, angeschoben, und dieser Ansatz dient ihm als Widerhalt, wenn es der Wirkung des Richtdorns ausgesetzt wird. Nach dem Einlegen des Rohrs wird die Form geschlossen. Darauf wird die Stange G des Dorns in das Rohr eingeführt und in geeigneter Weise an dem Querhaupt einer Ziehbank befestigt, um durch das Rohr hindurch gezogen zu werden. Die Form selbst muß dabei gut an dem einen Ende der Ziehbank befestigt werden, damit sie dem durch das Rohr gezogenen Dorn hinreichend Widerstand leistet.

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Tafel Tab.
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