Titel: Die Dampfmaschinen und ihre Concurrenten auf der internationalen Londoner Industrie-Ausstellung im Jahre 1862; von Conrector G. Delabar.
Autor: Gangolf Delabar [GND]
Fundstelle: Band 171, Jahrgang 1864, Nr. XXXVI., S. 161
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XXXVI. Die Dampfmaschinen und ihre Concurrenten auf der internationalen Londoner Industrie-Ausstellung im Jahre 1862; von Conrector G. Delabar. (Fortsetzung von S. 97 des vorhergehenden Heftes.) Delabar, über die Dampfmaschinen und ihre Concurrenten. 2. Die Schiffsmaschinen. Was nun im weiteren die Marine- oder Schiffsmaschinen betrifft, so beschränkte sich die Ausstellung derselben fast nur auf Großbritannien, das sich aber dafür auch in dieser Maschinenabtheilung in seiner ganzen Größe zeigte. Vierzehn Aussteller und darunter gerade die bedeutendsten Etablissements, wie Maudslay, Söhne und Field, Penn und Söhne, Rennie und Söhne, Humphreys und Tennant, Todt und M'Gregor, Ravenhill, Salkeld und Comp., Richardson und Söhne, Napier und Söhne, Randolph, Elder und Comp., J. Scott Russel etc. hatten sich an dieser Ausstellung betheiligt. Das größte und imposanteste Stück dazu lieferte die alte berühmte Firma von Maudslay, Söhne und Field in Lambeth (London) durch die 800pferdige Schraubenmaschine zu der mit eisernen Platten gepanzerten Fregatte „Valiant“. Dieselbe hat zwei horizontale Dampfcylinder von 82 Zoll Durchmesser und 4 Fuß Hub, und ist nach einem Muster gebaut, wie es in der englischen Kriegsmarine sehr häufig in Anwendung kommt. Die Kolben dieser mächtigen Cylinder waren jedoch nicht eingesetzt, indem die Maschine auch sonst nicht vollständig montirt war, so daß sie hätte in Bewegung gesetzt werden können. Das Gewicht dieser colossalen Maschine betrug nicht weniger als 170 Tonnen und mit den Kolben und Gegengewichten sogar 188 Tonnen oder 3760 engl. Centner. Der Werth derselben betrug circa 40,000 Pfd. Sterl. und mit Einschluß des Kessels mindestens 50,000 Pfd. Sterl. oder 1,200,000 Frc. – Beigegeben waren dieser Maschine überdieß einige Maschinentheile einer anderen ähnlich gebauten Maschine von 600 Pferdestärken, sowie eine sehr schöne Auswahl von Modellen verschiedener Schiffsmaschinen. Fünf derselben waren als Schraubenmaschinen und ein sechstes für eine Maschine mit Schaufelrädern angeordnet. Bei diesem hatten die beiden Cylinder eine zur verticalen Richtung symmetrisch geneigte Lage; von jenen versinnlichte ein erstes Modell das System der horizontalen zweicylindrigen directwirkenden Maschinen für größere Schiffe, ein zweites das gleiche System für kleinere Schiffe, ein drittes das System der horizontalen dreicylindrigen directwirkenden Maschinen, ein viertes das System der verticalen directwirkenden Doppelcylindermaschine und das fünfte das System der verticalen directwirkenden Ringcylindermaschine. Alle diese Modelle waren um so instructiver, als sie mittelst Bändern ohne Ende von einer Treibwelle aus – nicht durch Dampf – in Bewegung gesetzt waren. Aus diesem Grunde zogen sie denn auch fortwährend die Aufmerksamkeit des besuchenden Publicums in hohem Grade auf sich. Dasselbe war auch der Fall bei den übrigen in Bewegung gesetzten Modellen dieser Art, unter denen sich namentlich die von Ravenhill, Salkeld und Comp. ausgestellten sehr vortheilhaft auszeichneten. Das eine dieser letzteren Modelle veranschaulichte die mit Schaufelrädern versehenen Schiffsmaschinen der königl. Postschiffe „Leinster“ und „Connaught“ auf der Route zwischen Holyhead und Kingstown, welche sich durch ihre schnellen und sicheren Fahrten ganz besonders auszeichnen. Die Cylinder dieser Maschinen sind in geneigter Lage, mit hohlen, einseitig offenen Kolbenstangen versehen und haben einen Durchmesser von 8' 6'' bei einem Hub von 6' 6'' und einer „nominellen“ Arbeitsleistung von 720 Pferdestärken.Auch der Ausdruck „nominelle“ Pferdestärke ist ein ziemlich vager Begriff, und drückt immer nur eine Pferdestärke aus, die ebenfalls kleiner als eine wirkliche Pferdestärke ist. Die Geschwindigkeit der Maschinen beträgt 25–26 Hübe per Minute und diejenige der Schiffe 20–21 engl. Meilen per Stunde. Die Schaufelräder sind mit verstellbaren Schaufeln versehen, wie sie, um den Widerstand der Schaufeln beim Ein- und Austritt in und aus dem Wasser zu verringern, nun meistens gebaut werden. Zwei andere dieser Modelle hatten horizontale Cylinder nach dem vom genannten Haus zuerst eingeführten, jetzt gewöhnlichen System der directwirkenden Horizontalmaschinen, und das eine davon war zugleich für Oberflächencondensation eingerichtet. Das vierte und letzte derselben stellte eine Maschine mit oscillirenden Cylindern für kleinere Packetschiffe dar, wie sie zuerst von Penn für die Themse-Dampfer eingeführt worden sind. Das zweitgrößte Stück dieser Schiffsmaschinen-Ausstellung war eine prachtvolle Maschine von Humphreys und Tennant in Deptford Pier. Dieselbe war für das königl. Kriegsschiff „North Star“ bestimmt, und ist ebenfalls für eine Schraube und horizontale Cylinder mit directwirkender Kolbenstange angeordnet. Die Cylinder haben einen Durchmesser von 64 1/4, einen Hub von 32'' und liefern zusammen eine Dampfkraft von 400 „nominellen“ Pferdestärken. Diese Maschine, welche unstreitig unter allen Schiffsmaschinen der Ausstellung die einfachste und vielleicht auch empfehlenswertheste Construction zeigte, zeichnete sich namentlich durch eine verhältnißmäßig kurze Treibstange aus. Diese ist nämlich hier nur 3 1/2 mal so lang als die Kurbel, während sie sonst bei Maudslay, Penn und anderen guten Constructeurs 4 und 4 1/2 bis 5mal so lang als die Kurbel ist. Da bei einer kürzeren Treibstange die verschiedenen Reibungswiderstände und namentlich diejenigen bei der Kreuzkopfführung größer sind als bei einer längeren, so glaubte man bisher die Anordnung so treffen zu müssen, daß die Kurbelstange möglichst lang ausfalle. Allein, indem man diese Anforderung zu erfüllen suchte, begieng man in der Anordnung in der Regel andere Fehler, welche meist von nachtheiligerem Einfluß auf das Ganze waren, als der Nachtheil ist, den eine etwas kürzere Kurbelstange mit sich bringt.Siehe über diesen Punkt: Mallet in seinem Record of the great Exhibition 1862“, S. 213. Dieß scheinen nun die Constructeure des genannten Hauses begriffen zu haben, weßhalb sie für ihre deßfallsigen Bestrebungen um so mehr Anerkennung und Aufmunterung verdienen, als dieselben zur Zeit noch der gewöhnlichen Ansicht entgegenstehen. Auch in den Details zeigt die Maschine mancherlei Verbesserungen. So z.B. ist das Handrad zum Anlassen und Abstellen der Maschine an einem möglichst tiefen und sicheren Ort, dicht bei den Luftpumpen und Condensatoren unten im Schiffsraum angebracht, wie es bei Kriegsschiffen auch immer der Fall seyn sollte. Eine interessante und eigenthümliche Schrauben-Schiffsmaschine war ferner von Penn und Söhne in Greenwich ausgestellt. Dieselbe ist auf eine Dampfkraft von 600 Pferdestärken berechnet und für ein Kriegsschiff der spanischen Regierung bestimmt. Sie ist, wie die meisten Schiffsmaschinen, doppelt angeordnet und im Speciellen nach dem Trunk-System Darunter versteht man, wie bereits schon oben berührt worden ist, Maschinen mit dicken, aber cylinderförmig ausgehöhlten Kolbenstangen, die am Kolben, der dadurch ringförmig abgeschlossen ist, befestigt sind und zugleich seine Bewegung mitmachen. Diese Maschinen haben ebenfalls den Zweck der Raumersparniß und zugleich den der Vereinfachung, indem, da die Treibstange unmittelbar an dem Kolben befestigt werden kann, die eigentliche Kolbenstange wegfällt. – Bei diesen Trunk- oder Rumpfmaschinen ist der Cylinder entweder nur einerseits oder beiderseits für das Spiel der hohlen Kolbenstange offen. Von letzterer Art ist nun die obige Maschine von Penn. gebaut, wobei die hohlen Kolbenstangen mit den in ihrer Mitte befestigten ringförmigen Kolben, an welchen die Treibstangen gelenkartig angebracht sind, sich zu beiden Seiten durch die Cylinder hindurch arbeiten. Die beiden Cylinder befinden sich auf der einen und die Luft- und Speisepumpen, sammt den Oberflächen-Condensatoren auf der anderen Seite der Treibachse. Nebenbei hatte dasselbe Etablissement einen Cylinder, eine Kolbenstange und die Kurbelwelle der für das neue Kriegsschiff „Achills“ gebauten Maschine gleichen Systems ausgestellt, deren Cylinderdurchmesser 112'' bei einem Durchmesser der Rumpfkolben von 41'' und einem Hub von 4' beträgt. Die erwähnte Kurbelachse hatte einen Durchmesser von 18 1/2'' und ein Gewicht von 18 bis 19 Tonnen. Ein prachtvolles Arbeitsstück hatten im weiteren Todt und M'Gregor in Glasgow geliefert. Es war eine Maschine von 60 Pferdestärken nach dem System der sogenannten verkehrten Aufstellung. Die Dampfcylinder sind nämlich hierbei in verkehrter Lage vertical über der Kurbelwelle in der Höhe angebracht, während diese die möglichst tiefe Lage unten im Schiffsraum einnimmt. Diese Anordnung hat etwas für sich bei Kriegsschiffen, indem es bei diesen immer von Vortheil ist, wenn die beweglichen Maschinentheile möglichst tief unter die Wasserlinie zu liegen kommen und dadurch der Gefahr, von den feindlichen Geschützen getroffen werden zu können, entzogen werden. Bei Handelsschiffen ist diese Anordnung schon aus dem Grunde weniger zu empfehlen, weil dadurch der Schwerpunkt des ganzen Schiffes unnütz höher gelegt wird, was für die Stabilität desselben natürlich ungünstig ist. Diese Maschine war ebenfalls mit Oberflächen-Condensatoren und zwar mit horizontalem Röhrensystem versehen. Eine ähnliche Maschine hatten auch Richardson und Söhne in Hartlepool ausgestellt. Zur gleichen Kategorie gehörte ferner die Maschine von R. Morrisson und Comp. in Newcastle-on-Tyne, welche sich indessen noch durch mehrere andere Eigenthümlichkeiten auszeichnete. Die Cylinder, welche wieder in umgekehrter Stellung mit abwärtsgerichteten Kolben- und Kurbelstangen sich befinden, hatten einen Durchmesser von 18'' bei einem Hub von ebenfalls 18''. Der Dampf arbeitet bei Hochdruck (60 Pfd. per 1 Quadratzoll) und Expansion, und zwar geschieht die Absperrung schon bei 1/6 des Hubes und die Arbeitsleistung beträgt 30 Pferdestärken. Die Luft- und Kaltwasserpumpen für die Condensatoren sind ebenfalls, wie diese, vertical angeordnet und werden direct von den Dampfkolben betrieben. Von Rennie und Söhne in London war eine horizontale, directwirkende Schiffsmaschine von 200 Pferdestärken für das königl. Kriegsschiff „Reindeer“ vorhanden, welche wieder nach einem modificirten Rumpf-System gebaut war, wobei sowohl die Luftpumpenkolben als die Dampfcylinderkolben mit einseitig hohlen Kolbenstangen (trunk piston rods) versehen sind, und welche außerdem die Eigenthümlichkeit zeigte, daß die Dampfcylinder und Luftpumpen sammt Condensatoren verschränkt, d.h. so angeordnet sind, daß jedem Dampfcylinder gegenüber eine Luftpumpe sich befindet, die beiden Dampfcylinder, wie die beiden Luftpumpen also diagonal zur mittleren Schraubenwelle angebracht sind. Eine ganz neue Anordnung des Rumpf-Systems zeigte die Maschine von Burgh und Cowan. Das gewöhnliche Rumpf-System, wie es in den vorhergehenden Maschinen vertreten war, führt den Uebelstand mit sich, daß die weiten, hohlen Kolbenstangen bei jedem Kolbenhub sich in der Atmosphäre bedeutend abkühlen und zur Dichtung überdieß verhältnißmäßig sehr große Stopfbüchsen nöthig machen, welche viel Oel consumiren. Die genannten Constructeure haben nun diesem Uebelstande dadurch abgeholfen, daß sie die Rumpf-Kolbenstangen außen und innen mit einem größeren und kleineren hohlen Cylinder (trunk) einhüllen und die Bewegung durch zwei Kolbenstangen und ein Tförmiges Stück auf die Treibstange, welche im inneren kleinen festen trunk beweglich ist, übertragen. Diese Neuerung verdient jedenfalls Beachtung. Von besonderem Interesse war endlich auch noch die dreicylindrige Schraubenmaschine, welche Scott Russel ausgestellt hatte. Bei derselben ist, wie bei der früher erwähnten Maschine von Knowelden, ein Cylinder vertical und die beiden anderen sind symmetrisch zu demselben unter Winkeln von 120° geneigt. Alle drei haben einen Durchmesser von 30°, einen Hub von 36° und sind oscillirend mit directer Wirkung. Die Maschine ist überdieß mit Oberflächencondensation versehen und arbeitet mit überhitztem Dampf und veränderlicher Expansion. Die Anordnung derselben führt aber, so sinnreich sie sonst auch ausgedacht zu seyn scheint, wie schon früher bei Besprechung der Knowelden'schen Maschine bemerkt worden ist, den Uebelstand mit sich, daß die Schraube und Schraubenwelle, wenigstens für Kriegsschiffe, ziemlich hoch zu liegen kommt. Napier und Söhne, sowie Randolph und Elder, zwei berühmte Etablissements in Glasgow, beschränkten sich darauf, die Ausstellung mit Zeichnungen ihrer erprobten Schiffsmaschinensysteme zu beschicken. Schließlich verdient hier auch noch Aston's Patent Disc propeller, eine interessante neue Erfindung, erwähnt zu werden, von der ein einfaches hölzernes und darum unansehnliches Modell in der Ausstellung, ein wirklich in Bewegung befindliches Arbeitsmodell aber in der Office der hierfür gegründeten Patentgesellschaft, in Nr. 12 Bucklersbury, in Thätigkeit zu sehen war. Dieses letztere habe ich selbst gesehen, und ich muß gestehen, daß ich von der schnellen, sicheren und ruhigen Bewegung desselben (in einem größeren künstlichen Wassercanal) sehr überrascht worden bin. Die Erfindung besteht darin, daß, statt der Schaufelräder oder Schraube, große, aber ganz dünne Scheiben, wie erstere auf Querachsen sitzen, zum Theil in das Wasser eintauchen, bei der Bewegung messerförmig in dasselbe einschneiden und dabei durch die Reibung an den Seitenflächen den nöthigen Stützpunkt finden um das Fahrzeug vorwärts zu treiben. Die Gesellschaft beabsichtigt zunächst die Erfindung für die Schifffahrt auf der Themse auszubeuten. Ob es aber, wie die Patentträger meinen, gelingen wird, durch diesen neuen Propeller die bisherigen Bewegungsmittel, das Schaufelrad und die Schraube, zu verdrängen, ist noch zu bezweifeln. Vom Ausland war, wie bereits früher bemerkt worden ist, an Schiffsmaschinen nur sehr wenig zu sehen. Aus Frankreich bemerkte man eine Schraubenmaschine von 400 Pferdestärken mit horizontalen Cylindern und directer Wirkung. Dieselbe war von der neuen Société des forges et chantiers de la Mediterranée ausgestellt, und zeigte trotz ihrer verschiedenen Eigenthümlichkeiten, eine auffallende Aehnlichkeit mit den Maudslay'schen Maschinen des gleichen Systems. Sie ließ indessen sowohl in der Ausführung der Construction als in der Wahl des Materials manches zu wünschen übrig und konnte deßhalb auch nicht als ein würdiges und besonders zu empfehlendes Beispiel der französischen Marine angesehen werden. Schon der Umstand, daß mehrere wichtige Maschinentheile, wie selbst die Schraube, aus Gußeisen gefertigt sind, mußte den Sachkenner gegen sie stimmen, noch mehr aber einige Neuerungen, wie z.B. jene, wornach die Excentrics nicht an der Hauptwelle, sondern an einer Nebenachse oberhalb derselben angebracht sind. Sodann zeigte auch die Schraube mit 4 großen Flügeln, die während der Ausstellung zweckmäßig durch eine kleine Hülfsmaschine in Bewegung gesetzt war, nicht gerade die beste Form dieses wichtigen Bewegungsmittels. Besser gefielen dagegen die schönen Zeichnungen, welche Armengaud in Paris nach einer im Ganzen gut angeordneten 500pferdigen Schiffsmaschine mit oscillirenden Cylindern und Schaufelrädern mit verstellbaren Schaufeln von Mazeline u. Comp. in Havre gefertigt und ausgestellt hatte, die indessen ebenfalls ihre englische Abkunft nicht ganz verläugnen konnte.Die nähere Beschreibung dieser hübschen Maschine findet sich in Armengaud's Traité théorique et pratique des Moteurs à vapeur. Einen originellen und nicht unwichtigen Beitrag zu dieser Ausstellung der Schiffsmaschinen hat die Schweiz durch die 60pferdige ebenfalls doppelt angeordnete Schiffsmaschine von Escher, Wyß und Comp. in Zürich geliefert. Dieselbe ist eine Erfindung des die Dampfmaschinen-Abtheilung dieses Etablissements dirigirenden Ingenieurs Jackson, der sich dieselbe auch patentiren ließ. Es ist dieß eine in jeder Beziehung vorzügliche Maschine mit zwei verbundenen geneigten Cylindern für ein Schaufelrad-Dampfboot mit verstellbaren Schaufeln. Der Dampf arbeitet darin mit Hochdruck von 4–5 Atmosph. und mit Expansion bei 1/4 bis 1/5 Absperrung. Zuerst tritt er in den kleinen Cylinder, der einen Durchmesser von 15'' und einen Hub von 24'' besitzt, nachher mittelst eines gemeinschaftlichen Schiebers in den großen Cylinder von 21 1/2'' Durchmesser und 39'' Hub. Beide Cylinder, sammt der Steuerungskammer, sind aus einem Stück gegossen und durch ihre geneigte Lage so angeordnet, daß die Treibwelle selbst bei einem verhältnißmäßig langen Hub und einer langen Treibstange ziemlich tief gelegt werden kann. Dieser Umstand ist natürlich für ein Dampfboot, wie das vorliegende, welches für die Flußschifffahrt mit seichtem Wasserstande bestimmt ist,Die in Rede stehenden Maschinen sind nämlich für Dampfschiffe von 165' Länge, 16 1/2' Breite und nur 3 1/2' eingetauchter Tiefe und einem vom Schiffskörper verdrängten Wasservolumen (Deplacement) von nur 110 Tonnen bestimmt, bei einer Geschwindigkeit von 15 engl. Meilen per Stunde. von ganz besonderem Werth. Eine andere originelle, unseres Wissens sonst ebenfalls noch nirgends angewendete Einrichtung betrifft die Art wie die Luft- und Speisepumpen in Thätigkeit gesetzt werden. Dieß geschieht durch eine kleine Hülfsmaschine mit verkehrten Dampfcylindern (inverted steam cylinders), deren ausströmender, bereits verbrauchter Dampf zugleich sehr zweckmäßig dazu verwendet wird, mittelst eines ähnlich wie bei Locomotiven in den Kamin einmündenden Blasrohres den Zug des Feuers zu vermehren und damit auch die Verdampfungsfähigkeit des Kessels zu steigern. Der aus dieser Einrichtung entspringende Vortheil ist sehr bedeutend. Nach den hierüber angestellten Versuchen an nach diesem System wirklich ausgeführten Maschinen soll die Ersparniß nicht weniger als 1/3 des sonst bei den besten Condensationsmaschinen verbrauchten Brennmaterials betragen. Damit verbindet die Maschine überdieß die Vortheile der Leichtigkeit und Einfachheit der Construction, die bei Schiffen der angegebenen Bestimmung natürlich ebenfalls von großem Werthe sind. Eine andere bloß einfach angeordnete Marinemaschine, welche der schwedischen Abtheilung zur besonderen Ehre gereichte, war von A. W. Frestadius in Bergsund bei Stockholm eingeschickt worden. Dieselbe zeigte mehrere Eigenthümlichkeiten, unter welchen namentlich diejenige hervorgehoben zu werden verdient, wornach der Dampf in zwei horizontalen concentrischen Cylindern – in einem inneren mit Hochdruck und in einem äußeren den inneren ringförmig umgebenden, mit Niederdruck – sehr ökonomisch ausgenützt wird. Der Dampf arbeitet zugleich mit Expansion und kommt zur fünffachen Ausdehnung seines Volumens, bevor er in den Condensator gelangt. Dabei ist die Anordnung so getroffen, daß der Druck auf den ringförmigen Kolben des äußeren Cylinders, von welchem die Arbeit auf zwei parallele Kolbenstangen übertragen wird, am Anfang des Hubes am größten ist, während derselbe auf den inneren kleineren Kolben, der nur mit einer Kolbenstange versehen ist, am Ende desselben das Maximum erreicht, so daß aus der Verbindung beider Pressungen mittelst der drei Kolbenstangen auf die gemeinschaftliche Kurbelwelle während des ganzen Hubes nahezu eine gleichförmige Arbeit producirt und ausgeübt wird. Dieses System soll sich seit einigen Jahren, während welchen es in der schwedischen Marine auf die Maschinen verschiedener Kanonenboote angewendet worden ist, bewährt und im Vergleich mit den gewöhnlichen Maschinen ebenfalls eine Ersparniß von circa 1/3 des Brennmaterials ausgewiesen haben. Zugleich gewahre es eine sehr sanfte, ruhige Bewegung, so daß der Lauf (Hub) der Maschine selbst bei einer Geschwindigkeit von 120 Umdrehungen per Minute auf dem Verdeck gar nicht wahrnehmbar sey. Endlich hatte auch Oesterreich ein ebenso schön ausgeführtes, als gut angeordnetes Schiffsmodell ausgestellt. Dasselbe versinnlichte einen Dampfer mit Schaufelrädern, die ebenfalls mit verstellbaren Schaufeln versehen waren, damit diese, um beim Ein- und Austritt kein Wasser mitzunehmen, sich in senkrechter Lage einsenken und ausheben können. Dieß ist auch hier wie gewöhnlich durch einen excentrischen Armkranz erreicht. Damit glaube ich nun das Wichtigste auch dieser Maschinenabtheilung der letzten allgemeinen Ausstellung berührt zu haben. Fassen wir die Hauptresultate derselben nochmals kurz zusammen, so sind es folgende: 1) Die Thatsache, daß die Schiffsschraube (screw propeller) den endlichen Sieg über das Schaufelrad (paddle wheel) erlangt hat, und daß dieses in Gefahr steht, wenigstens bei den größeren Marinemaschinen, namentlich der Kriegsschiffe, von jener nach und nach ganz verdrängt zu werden – ein Resultat, das um so merkwürdiger ist, als die Schraube zwar wohl sehr frühe erfunden und statt der Schaufelräder zur Einführung empfohlen worden ist, nichts destoweniger aber doch erst sehr spät zur Anerkennung und allgemeineren Aufnahme kam. Daß diese Erscheinung, wie sie sich in der Ausstellung kund gegeben, wo, wie wir gesehen haben, die meisten Marinemaschinen für die Schraube angeordnet waren, eine wirkliche Thatsache ist, habe ich allenthalben auf meiner letztjährigen Reise, wie namentlich auch in den Dockyards in Woolwich, wo ich an den fertigen wie an den im Bau begriffenen Seeschiffen fast ausschließlich nur die Schraube in Anwendung fand, bestätigt gefunden. Freilich sind die jetzigen Schrauben nicht mehr von der früheren Form, sondern meistens nur aus zwei Flügeln bestehend, welche von einem Kugelmittel, der Form des kleinsten Widerstandes, ausgehen. 2) Die weitere Thatsache, daß die Schaufelräder, wo sie noch angewendet werden, fast immer mit der Verbesserung der verstellbaren Schaufeln versehen sind, um den nachtheiligen Widerstand, welchen die Schaufeln sonst beim Eintritt in das Wasser und beim Austritt aus demselben erleiden, zu beseitigen. 3) Der bedeutende Fortschritt, welcher sich in der häufigen Anwendung des überhitzten Dampfes, des Hochdrucks und der Expansion in einem oder mehreren Cylindern ausspricht, wodurch sich nicht unwichtige Ersparnisse in der Brennmaterialverwendung erzielen lassen. 4) Die allgemeine Einführung der Röhren- oder Oberflächen-Condensation, welche, wie wir gesehen haben, bei den Marinemaschinen den wesentlichen Vortheil bietet, daß das salzige Meerwasser, welches hierbei als Kühlungswasser benutzt wird, mit dem Condensationswasser des Dampfes nicht in Berührung kommt, welches sonst, als Speisewasser verwendet, den Kessel bald angreifen und beschädigen würde. 5) Die häufigere gegen früher theilweise sehr modificirte Anwendung der Trunk- oder Rumpfmaschine mit weiten hohlen Kolbenstangen. 6) Die Erscheinung, daß auch bei den Marinemaschinen die Anordnung mit horizontalen, directwirkenden Cylindern am meistenangetroffen wird und darum am beliebtesten zu seyn scheint, und daß nebenbei aber doch immer noch Maschinen mit geneigten, oscillirenden, stehenden und umgekehrt aufgehängten Cylindern vorkommen, je nach dem Zweck, ob sie für ein Handels- oder Kriegsschiff, für die See- oder Flußschifffahrt bestimmt sind. 7) Die Bestrebungen welche von verschiedenen Seiten und in verschiedenen Richtungen gemacht worden sind, die Verdampfungsfähigkeit des Kessels und damit auch die Oekonomie im Brennmaterialverbrauch zu vergrößern. 8) Die von einzelnen Constructeurs gemachten ernstlichen Versuche, die Construction der Schiffsmaschine zu vereinfachen und damit ihre Größe und ihr Gewicht bei gleicher Arbeitsleistung zu verringern.Der Engineer bemerkte in seiner Nummer vom 2. Mai 1862 daher auch nicht ohne Grund, die Schiffsmaschinen in dieser Beziehung kritisirend, sarkastisch: „daß sie einer Eisenmine bedürfen zur Anfertigung der colossalen Dampfmaschinen und einer Kohlengrube um sie zu betreiben.“ 9) Die Wahrnehmung, daß zwar England in dieser Abtheilung, in Uebereinstimmung mit der Wirklichkeit, auch auf der letzten Ausstellung bei weitem dominirte, daß aber die wenigen Beiträge, welche von den anderen Ländern hierzu geliefert worden sind, doch den Beweis liefern, wie sehr es sich auch diese angelegen seyn lassen, das Möglichste zur Vervollkommnung der Schiffsmaschinen beizutragen. 10) Die durch die Ausstellung wie durch die übrigen Erfahrungen der Dampfschifffahrt bestätigte Thatsache, daß die Praxis in der Wahl und Construction der Schiffsmaschinen zur Zeit noch nicht zu dem Abschluß gekommen sey, wie dieß bei den stationären Dampfmaschinen der Fall ist. (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)