Titel: | Neue Anordnung der Federn zum Andrücken der Liederungsringe an Dampfkolben, von V. Vilain in Namur. |
Fundstelle: | Band 171, Jahrgang 1864, Nr. XL., S. 174 |
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XL.
Neue Anordnung der Federn zum Andrücken der
Liederungsringe an Dampfkolben, von V.
Vilain in Namur.
Aus Armengaud's Génie industriel, September 1863, S.
125.
Mit einer Abbildung auf Tab. III.
Vilain's neue Anwendung der Federn zum Andrücken der
Liederungsringe an Dampfkolben.
Bei diesem Kolben besteht der innere Liederungsring nicht aus einem einzigen Stücke,
sondern aus mehreren Segmenten a, Fig. 25, welche an ihren
Enden die Ansätze b haben. In letztere werden die Vorsteckstifte c eingesetzt, welche als Spindeln für die Spiralfedern
d dienen, die ihre Kraft anstatt in radialer
Richtung, wie dieß gewöhnlich der Fall ist, in tangentialer ausüben.
Um die Spannkraft einer jeden Feder reguliren zu können, bringt man, wenn es nöthig
ist, an einem der Vorsteckstifte eine Schraubenmutter e
an.
Man kann die Spiralfeder d auch durch eine (nach f) gebogene Feder ersetzen, die in derselben Richtung
drückt und deren Spannkraft man in gleicher Weise durch eine Schraube g mit Gegenmutter regulirt.
Um diese Einrichtung auch auf horizontale Maschinen anwenden und das ziemlich
bedeutende Gewicht des Kolbens auf die inneren Liederungsringe übertragen zu können,
bringt der Erfinder über den Ansätzen b ein Querstück
i an, welches in seiner Mitte eine Oeffnung erhält,
durch die ein Vorsteckstift hindurchgeht, der an den centralen Ring befestigt ist
und eine Spiralfeder k trägt, welche verhindern soll,
daß der Kolben plötzlich vertical verrückt wird, wenn sich die Maschine in Ruhe
befindet.
Der Erfinder bemerkt über seinen Kolben, daß bei Anwendung desselben die Bewegung der
Locomotive viel sanfter sey und keine Furchen an den Cylinderwandungen entständen.
Die Locomotivführer müssen, ehe sie eine lange Fahrt antreten, die bisher im
Gebrauche befindlichen Kolben so anspannen, daß sie die Endstation erreichen können,
ohne vorher genöthigt zu seyn, dieselben von neuem anzuspannen; durch die Reibung,
welche die Kolben hierbei erleiden, geht viel von der Dampfkraft verloren und es
tritt eine rasche Abnutzung sowohl der Liederungsringe als auch der Cylinder ein,
ferner nimmt die Maschine in Folge dessen einen unregelmäßigen Gang an. Der neue
Kolben dagegen bewegt sich sehr leicht und bleibt dabei vollkommen dampfdicht; die
Liederungsringe können sehr lauge benutzt werden, ohne daß sie ihre Elasticität
verlieren, obgleich sie um den dritten Theil niedriger sind als die gewöhnlichen; es
ist daher auch nur selten einmal erforderlich, dieselben herauszunehmen.
Ueber die Anwendung dieses Kolbens theilen wir schließlich noch einige Resultate mit,
die man mit demselben erhalten hat.
Am 12. September 1862 ließ Hr. Dumarteau in Namur einen
solchen Kolben an seiner Maschine anbringen, die hierdurch an Kraft gewann und viel
leichter gieng. Auch wurde gegen früher ungefähr ein Drittel an Brennstoff erspart
und der Besitzer hatte bis jetzt nicht nöthig, den Kolben herausnehmen zu
lassen.
Am 22. September 1862 wurden zwei von diesen Kolben an den Maschinen eines
Dampfschiffes angebracht, welches Hrn. Piérard
gehört und zwischen
Namur und Dinan fährt. Bei den alten Kolben war die Kraft des Dampfschiffes
unzureichend, bei den neuen aber konnte man die Radschaufeln vergrößern und dadurch
allen Erfordernissen des Dienstes Genüge leisten.
Ferner treibt seit dem 15. October 1862 ein derartiger Kolben die Maschine des
Constructeurs Moulin in Namur, welche hierdurch ebenfalls
an Kraft gewonnen hat und um den vierten Theil weniger Brennmaterial verbraucht.