| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 171, Jahrgang 1864, Nr. , S. 395 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Der Universal-Schraubenschlüssel von L. Schwartzkopff in Berlin.
                           Wir haben S. 275 in diesem Bande des polytechn. Journals
                              die Beschreibung des Universal-Schraubenschlüssels mitgetheilt, welcher dem
                              Maschinenfabrikanten L. Schwartzkopff in Berlin am 27.
                              August 1862 für Bayern patentirt wurde. Der S. 177 aus dem London Journal of arts mitgetheilte Schraubenschlüssel, welcher als
                              Mittheilung für W. E. Newton in London am 21. April 1863
                              patentirt wurde, ist ebenfalls die Erfindung des Hrn. Schwartzkopff, für welchen Hr. Newton als Agent
                              das Patent in England zu nehmen beauftragt war. Beide Schraubenschlüssel sind ganz
                              analog, die Führung der Backen ist bei ihnen durchaus die gleiche und sie
                              unterscheiden sich nur dadurch von einander, daß bei dem in Bayern patentirten
                              Schlüssel die Bewegung des Backens durch eine Zahnstange und einen gezahnten Sector
                              geschieht, während bei dem in England patentirten Schlüssel dieselbe Bewegung durch
                              eine kleine Stelze, welche mit dem Griff als Kniehebel wirkt, hervorgebracht
                              wird.
                           Hr. Schwartzkopff stellt für seine Schraubenschlüssel
                              folgende Preise:
                           
                              
                                 Nr. 1
                                 für
                                 Muttern
                                 und
                                 Schrauben
                                 von 3/8
                                 Zoll bis
                                 3/4
                                 Zoll
                                 – 3 Rthlr.
                                 
                              
                                 Nr. 2
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 von 5/8
                                   „    „
                                 1 1/4
                                 „
                                 – 4 Rthlr.
                                 
                              
                                 Nr. 3
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 von 1
                                   „    „
                                 2
                                 „
                                 – 6 Rthlr.
                                 
                              
                           Die Redaction.
                           
                        
                           Heede- oder Werg-Schwing- und
                              Reinigungsmaschine von Friedländer in Breslau.
                           Hr. Friedländer, über dessen schätzbare
                              Flachs-Brech- und Schwingmaschine früher (polytechn. Journal Bd. CLXX S. 173) berichtet wurde, hat nun
                              auch eine äußerst empfehlenswerthe Maschine construirt, deren Zweck ist, Heede oder Werg zu
                              schwingen.
                           Bekanntlich ist es eine höchst wichtige und zeither noch nicht in ganz
                              zufriedenstellender Weise gelöste Aufgabe, Werg oder Heede (für die Vorbereitung zur
                              Maschinenspinnerei) von der Schäbe zu reinigen und dabei zugleich die spinnbaren
                              Fasern theilweise durch Hecheln zu verfeinern und in gewissem Grade parallel zu
                              ordnen. Die neueste Friedländer'sche Maschine scheint
                              diese Aufgabe zu lösen. Dieselbe gleicht einer Getreide-Dreschmaschine mit
                              darunter angebrachtem Strohschüttler. Eine Trommel (mit horizontaler Welle) von 22
                              Zoll Durchmesser und von 42 Zoll Länge ist mit Sieben, festen Schlagleisten, aus
                              zusammengenieteten eckigen Eisenstäben und außerdem mit vierzehn beweglichen
                              Schlägern versehen, die symmetrisch im Umfange vertheilt sind und macht beim
                              Arbeiten durchschnittlich etwas über 600 Umläufe per
                              Minute. Auf 2/3 ihres Umfanges wird diese Trommel (ähnlich wie bei den
                              Dreschmaschinen) von einem Mantel umgeben, der mit unbeweglichen Gegenschlägern und
                              dazwischen angebrachten Hecheln ausgestattet ist. Da der Abstand zwischen der
                              Trommel und den Theilen, womit nach innen der umgebende Mantel besetzt ist, nur sehr
                              gering ist, so entsteht durch das Umlaufen der Trommel und durch das Radialstellen
                              der beweglichen Schläger ein Reiben, Schlagen und Kämmen (Hecheln), wodurch das Werg
                              (Heede) ganz vortrefflich gereinigt wird und seine Fasern zugleich eine parallele
                              Lage annehmen.
                           Das durch die Trommel gegangene Werg fällt nach einander auf zwei schräge unter
                              einander liegende Systeme von Schüttlern (deren Kurbelwellen 225 Umdrehungen per Minute machen), welche ausklopfen, die Brechannen
                              und das kurze Werg fallen, jedoch das lange Werg auf die Siebe gehen lassen, durch
                              deren rüttelnde Bewegung die Brechannen vollends entfernt werden. Letztgedachte
                              Siebe unterscheiden sich von den sonst üblichen Sieben dadurch, daß sie aus der
                              Länge nach gespannten und parallelen Drähten bestehen, die man wie
                              Violin-Saiten durch kleine Wirbel entsprechend straff anspannen kann.
                           
                           Nach der Redaction vorliegenden glaubwürdigen Versicherungen soll diese combinirte
                              Werg-, Schwing-, Reinigungs- und Schüttel-Maschine das
                              Werg in einer bisher unerreichten Weise reinigen, ohne die Fasern im mindesten
                              anzugreifen. Für den Umfang des Königreichs Hannover ist Hrn. Friedländer ein Patent auf die Dauer von 5 Jahren (datirt vom 26.
                              September 1863) ertheilt worden. (Monatsblatt des hannoverschen Gewerbevereins, 1863
                              S. 68.)
                           
                        
                           Apparat zum Fällen von Bäumen.
                           Auf der Hamburger landwirthschaftlichen Ausstellung befand sich eine Vorrichtung zum
                              Fällen von Bäumen, die, von Amerikanern ausgestellt, den praktischen Sinn dieser
                              Nation wieder bestätigte. Die Wirkungsweise dieses Instrumentes hat nichts
                              übereinstimmendes mit der gewöhnlichen Manier, wonach die Bäume abgehauen oder
                              abgesägt werden, sondern besteht darin, daß man den Baum von außen nach innen zu
                              rund herum einschneidet, und zwar so tief, daß das Uebergewicht auf einer Seite
                              denselben abzubrechen im Stande ist.
                           Der in Rede stehende Apparat besteht zunächst aus zwei Ringhälften, die mit einem
                              starken Scharnier drehbar verbunden sind, und an dem anderen Ende durch einen
                              durchgesteckten Bolzen geschlossen werden können (ähnlich den Schellhaken bei den
                              Abfallröhren der Dachrinnen), wodurch es möglich wird, den Ring als Ganzes um den
                              Baumstamm zu bringen. In gleichen Abständen gehen durch diesen Ring in radialer
                              Richtung drei starke Schrauben von entsprechender Länge, die, angezogen, sich gegen
                              den Baum stemmen und den Ring in eine feste Lage bringen und halten. Auf diesem
                              ersten Ringe liegt ein ähnlicher zweiter, mit Nuthen und Zapfen so damit verbunden,
                              daß er sich auf demselben wegschieben läßt, ohne den Platz zu verlassen, wie etwa
                              der Deckel auf einer runden Dose. Dieser zweite Ring hat eine Verzahnung zum
                              Eingriff in ein Getriebe, das in dem ersten gelagert ist und durch eine Handkurbel
                              in Umdrehung gesetzt wird, und besitzt einen in radialer Richtung verschiebbaren
                              Meißel, der in den Stamm einschneidet (wie der Geisfuß eines Schraubenschneidzeugs),
                              wenn man durch die Kurbel den Ring um den Baum herum dreht. Zur Verrückung des
                              Meißels ist dieser mit einer Zahnstange versehen, in welche eine Schraube ohne Ende
                              eingreift, die ihre Drehung durch ein Zahnrad erhält, welches durch einen Zahn am
                              festen Ring gedreht und durch einen einfallenden Sperrkegel am Rückdrehen verhindert
                              wird.
                           Die ganze Vorrichtung ist sehr sinnreich und compendiös, ob sie aber den Erwartungen
                              ganz entspricht, welche man auf den ersten Anblick davon hegen möchte, ist
                              einigermaßen zu bezweifeln. Es scheint wenigstens bedenklich, ob man den Baum so
                              tief ringsherum damit einzuschneiden im Stande ist, daß er ohne weitere Mittel
                              abbricht, weil nämlich von dem Augenblicke an, wo er nach einer Seite sich zu neigen
                              anfängt (und eine Neigung nach einer Seite bildet doch die Regel, da ein Baum von so
                              gleich vertheiltem Gewicht, daß der Schwerpunkt in die Mitte des Stammes fällt,
                              vielleicht wohl gar nicht existirt), unbedingt ein solches Klemmen des Meißels
                              eintreten wird, daß man ihn nicht weiter drehen kann, ohne aber bis dahin schon eine
                              Furche von genügender Tiefe eingeschnitten zu haben. Ein Paar Sägeschnitte, die dann
                              freilich in dem klaffenden Einschnitt leicht zu führen sind, werden allerdings den
                              Bruch bald erzeugen und deßhalb mag doch der Apparat als nützlich und zeitsparend
                              sich erweisen können. Hoyer. (Monatsblatt des
                              hannoverschen Gewerbevereins, 1863 S. 70.).
                           
                        
                           Preßmaschinen für Braunkohlen.
                           Während auf der Grube „von der Heydt“ bei Halle die nach Exter'schem Princip erbaute Preßmaschine häufige
                              Reparaturen erfordert, ist auf der Grube „Carl“ bei Förderstedt
                              die Fabrication von Kohlensteinen nach derselben Methode völlig befriedigend
                              umgegangen. Die Kohle (Braunkohle) wird auf Eisenplatten bei 60–80°
                              Reaumur getrocknet, durch ein Walzenpaar zu Staub gequetscht, geht dann in einem
                              Schraubengange durch
                              eine Trommel, in welche die gebrauchten Dämpfe der Maschine geleitet werden, und
                              gelangt so vorbereitet in die pyramidal zulaufende, je nach der Beschaffenheit der
                              Kohle enger oder weiter stellbare Preßform, in welcher der von einer 30pferdigen
                              Maschine betriebene Preßstempel horizontal hin und her geht. Mit jedem Stoße erfolgt
                              ein Stein von 6 Zoll Länge, 3 Zoll Breite und 1 1/2–2 Zoll Stärke, deren 1000
                              Stück etwa 4 1/2 Ton. Kohlen enthalten. Das Product findet guten Absatz. (Berggeist,
                              1864, Nr. 13.)
                           
                        
                           Gehämmerte Messingröhren.
                           In Frankreich stellt man sie folgendermaßen dar: Die gegossene, etwa 3 Fuß lange und
                              im Metall 1/2. Zoll oder darüber starke Röhre wird in eine Maschine gebracht, wo sie
                              auf einem kurzen horizontalen Stahldorne steckt. Die Verlängerung des Dornes wird
                              durch eine Eisenstange gebildet, welche länger ist als die fertige Röhre. Diese
                              Stange geht durch die Röhre hindurch und gestattet deren Fortbewegung in der
                              Längenrichtung, während der Dorn unbeweglich ist. An der Stelle, wo sich der Dorn
                              befindet, wird die Röhre äußerlich von unten gut unterstützt. Oberhalb der
                              Unterstützung befindet sich ein Fallhammer, welcher etwa 300 Schläge in der Minute
                              ausübt. Dieser Fallhammer wird zuerst mit einer schmalen, abgerundeten Bahn
                              versehen, um die Streckung der Röhre bis zur erforderlichen Länge, resp. Wandstärke,
                              auszuführen, wobei der Dorn als Amboß dient. Während der Wirkung des Hammers wird
                              die Röhre langsam um ihre Achse gedreht und in der Längenrichtung verschoben, so daß
                              die Hammerschläge in einer engen Schraubenlinie von einem Ende der Röhre zum anderen
                              wirken. Ist die Streckung in gehöriger Weise ausgeführt, so wird an Stelle der
                              schmalen Bahn eine breitere in den Hammerkörper eingesetzt und damit das Rohr
                              geglättet; dasselbe erhält auf diese Weise eine eben so glatte Oberfläche wie ein
                              gezogenes Rohr. (Berggeist, 1864, Nr. 13.)
                           
                        
                           Vorrichtung zum Kühlen des Bieres beim Verschenken.
                           Unter den vielen interessanten und nützlichen Geräthen, welche zur Hamburger
                              landwirthschaftlichen Ausstellung gelangt waren, befand sich unter anderen ein
                              Apparat zum Kühlen und Kühlhalten des Bieres beim Verschenken, der durch große
                              Einfachheit und Zweckmäßigkeit viele Anerkennung fand. Da derselbe sich
                              hauptsächlich für kleinere Bierschenken eignet und hier das Abziehen des Bieres auf
                              Flaschen bei nicht gar zu kleinem Verbrauch unnöthig macht, außerdem mit geringen
                              Kosten anzuschaffen ist, so kann sein Bekanntwerden manchem willkommen seyn.
                              – Der Hauptsache nach, und in der einfachsten Gestalt, besteht die
                              Vorrichtung in einem viereckigen flachen Kasten aus Zinkblech von circa 8 Zoll Tiefe, 2 Fuß Breite und 2 1/2 Fuß Länge. An
                              der Vorderseite dieses Kastens ist ein Hahn angelöthet, der nach außen das
                              Abflußrohr, nach innen zu aber eine Verlängerung hat. Diese Verlängerung hat einen
                              äußeren Durchmesser von 2 bis 2 1/2 Zoll, und dient zur Aufnahme eines Schlauches
                              von vulcanisirtem Kautschuk, der darüber gezogen wird und sich vermöge seiner
                              Elasticität fest darum legt. Genannter Schlauch liegt in Windungen in dem
                              beschriebenen Kasten und steht mit dem zweiten Ende direct mit dem Fasse in
                              Verbindung, worin das Bier sich befindet, so daß letzteres beim Abzapfen dieß
                              Kautschukrohr durchläuft. Wenn man nun den Zinkkasten mit Eis füllt, oder
                              continuirlich kaltes Wasser durchfließen läßt, mit einem Worte den Schlauch mit
                              einem kältenden Medium umgibt, so wird die Kälte auf das Bier übertragen und
                              letzteres nicht allein gekühlt, sondern auch kalt gehalten. Je länger man den
                              Schlauch nimmt, desto mehr Bier wird darin seyn und desto besser wird es sich
                              abkühlen.
                           Diese einfachste Construction gibt namentlich bei heißen Tagen Veranlassung zu vielem
                              Eisverbrauch, weßhalb (wie es bei dem Apparate auch der Fall war) man noch die
                              Vorsichtsmaßregeln anwenden kann, um den Eisconsum zu vermindern, die bekanntlich in
                              Umhüllung mit schlechten Wärmeleitern bestehen. Zu dem Ende macht man den Zinktasten doppelwandig und
                              füllt den hohlen Raum mit Sägespänen, Wollabfällen oder, wie hier der Fall seyn
                              sollte, mit Torfasche, und legt dann noch das Bierfaß selbst auf einen Rost über
                              demselben. Umgibt man dann noch den ganzen Apparat mit einem gefälligen Holzkasten,
                              in Form eines Schrankes, so kann man das Ganze beliebig placiren und vermeidet auch
                              noch den warmen Lufzug um das Faß. Daß der Zweck der Abkühlung vollständig bei wenig
                              Verbrauch an Eis erreicht wurde, bewies die Jedem bereitwilligst gereichte Probe.
                              Hoyer. (Monatsblatt des hannoverschen Gewerbevereins,
                              1863 S. 69.)
                           
                        
                           Unterscheidung des echten Cognac's vom sogenannten
                              Façon-Cognac; von Dr. Wiederhold.
                           Um ein dem echten Cognac oder Franzbranntwein ähnliches Getränk zu bereiten, werden
                              in gleicher Weise, wie wir es beim Rum beschrieben haben,S. 159 in diesem Bande des polytechn.
                                    Journals. gehörig verdünntem Weingeist verschiedene auf chemischem Wege bereitete
                              Essenzen, Tincturen u.s.w. zugesetzt; zur Erzielung einer feineren Sorte wird auch
                              wohl ein geringer Zusatz von echter Waare gemacht. Die Hauptrolle unter diesen
                              Zusätzen spielt die sogenannte Cognac-Essenz, eine Auflösung von (1 Theil)
                              Oenanthäther in (6 Theilen) Spiritus von 90 Procent. Eine feine Sorte
                              „Façon-Cognac“ soll man z.B. nach folgender
                              Vorschrift erhalten: 1 1/2, Loth Cognac-Essenz, 50 Gran
                              Veilchenblüthen-Essenz werden in 6 Pfund 90procentigem Spiritus aufgelöst und
                              dieser Auflösung 6 Pfund echten Cognac's zugesetzt; zu diesem Gemisch fügt man eine
                              filtrirte Abkochung von 1 Loth Johannisbrod, 3/4 Loth Rosinen mit 2 1/2 Pfund
                              Wasser. Das Ganze wird alsdann mit Zuckerfarbe dem echten Cognac entsprechend
                              gefärbt. Die ordinären Sorten von Façon-Cognac sind nichts als
                              verdünnter Weingeist, welcher mit Cognac-Essenz, oft auch noch mit
                              Veilchenblüthen-Essenz, parfümirt ist. Die von mir zur Unterscheidung des
                              echten Colonial-Rums vom sogenannten Façon-Rum angegebene Probe
                              findet auf den Cognac keine Anwendung. Dagegen fand ich bei der Untersuchung der
                              verschiedensten Sorten von echtem und Façon-Cognac folgende
                              Unterschiede:
                           1) Aller echter Cognac reagirt, wie überhaupt das Destillat des Weines, sauer. Bei
                              den von mir untersuchten Sorten von Façon Cognac konnte ich keine saure
                              Reaction wahrnehmen.
                           2) In echtem Cognac entsteht auf Zusatz einiger Tropfen einer verdünnten
                              Eisenchloridlösung (wie sie als Reagens gebraucht wird) sofort eine
                              tief-schwarze Färbung. Bei Façon-Cognac trat diese Erscheinung
                              nicht ein, höchstens bildete sich nach einiger Zeit ein mißfarbiger
                              Niederschlag.
                           Ausgedehnteren Untersuchungen bleibt es vorbehalten, zu bestimmen, ob diese
                              Unterschiede durchgreifend und von welchen ursachlichen Momenten sie bedingt sind.
                              (Neue Gewerbeblätter für Kurhessen, 1864 S. 318.)
                           
                        
                           Die Bestimmung der Farbenintensität der Anilinfarben; von Hugo
                              Schiff.
                           Die in der Technik übliche Methode, den Werth von Farbstoffen dadurch zu vergleichen,
                              daß man verschiedene mit gleichen Mengen und unter sonst gleichen Umständen mit den
                              gleichen Flüssigkeiten bereitete Farbstoffe mit den gleichen Mengen desselben
                              Gewebes ausfärbt, ist wegen ihrer leichten Ausführbarkeit für die Praxis recht
                              brauchbar. Auf große Genauigkeit kann aber diese Methode keinen Anspruch machen, am
                              allerwenigsten bei so intensiv färbenden Stoffen, wie die Anilinfarben, und es
                              verdient daher für genauere Untersuchungen eine Methode Beachtung, welche H. Schiff in seinen werthvollen „Untersuchungen über metallhaltige Anilinderivate
                                  (Berlin 1864, Jul. Springer) mittheilt und die sich
                              auf die Spectralanalyse gründet. Bringt man nämlich gefärbte Substanzen vor den Eintrittsspalt eines
                              Spectralapparates, so wird je nach der Natur des Farbstoffes, der Dicke der Schicht
                              und der Concentration entweder gar keine Veränderung erfolgen, oder es wird das
                              Spectrum theilweise oder vollständig beschattet oder absorbirt werden. Man hatte
                              bereits früher gefunden, daß verschieden gefärbte Flüssigkeiten einzelne Stellen des
                              Spectrums absorbiren und je nach ihrer Concentration mehr oder weniger scharf
                              abgegrenzte Absorptionsbänder hervorbringen. Darauf beruht nun Schiff's Methode. Um die Farbenintensität zu bestimmen, wird beobachtet,
                              bei welcher Verdünnung unter sonst gleichen Umständen eine oder mehrere dunkle Zonen
                              (Absorptionsbänder) zuerst deutlich hervortreten und bei welcher Verdünnung noch die
                              letzten Spuren eines solchen Bandes übrig sind. Die Methode hat den Vortheil, daß
                              man mit sehr geringen Mengen der Farbstoffe arbeiten kann, erfordert aber durchaus,
                              daß man die Abwägungen für kleinere Mengen (unter 0,2 Grm.) mit aller Sorgfalt wie
                              bei genauen chemischen Untersuchungen vornimmt. Diese kleinen Mengen löst man
                              sogleich in so viel Flüssigkeit auf, daß man Lösungen von 1/500 oder 1/1000 Gehalt
                              erhält und verdünnt diese dann systematisch weiter. Zu beachten ist auch, daß die
                              Temperatur von Einfluß auf die Intensität der Färbung seyn kann, was aber bei den
                              gewöhnlichen Temperaturschwankungen noch nicht zu befürchten ist; auch dürfen nicht
                              Beobachtungen verglichen werden, die bei sehr verschiedenen Stärken der Beleuchtung
                              gemacht sind. Die Schichtendicke beträgt bei allen Versuchen 1 Centimeter; am besten
                              eignet sich ein sehr lichtstarkes Spectroskop mit einem Schwefelkohlenstoffprisma,
                              wie es in G. Valentins: „Der Gebrauch des
                                 Spectroskops zu physiologischen etc. Zwecken“ (Leipzig, Winter 1862) in Fig. 4 und 5 auf Taf. 22 und 23
                              abgebildet ist. Für Anilinroth war die Reaction noch bei einem Gehalte der
                              Flüssigkeit von 1/2000000 deutlich sichtbar, aber selbst dann,
                                 wenn keine Spectralreaction mehr sichtbar ist, erscheint die Lösung noch
                              schwach aber sehr deutlich rosa gefärbt. Diese Methode
                              der Intensitätsbestimmung ist allerdings keiner allgemeinen Anwendbarkeit fähig, da
                              nicht alle löslichen Farbstoffe derartige Spectralreactionen geben, so z.B. nicht
                              Naphtylaminroth und Pikrinsäure. (Deutsche Industriezeitung, 1864, Nr. 7.)
                           
                        
                           Ueber die angebliche Gefährlichkeit der mit Anilinfarben
                              gefärbten Stoffe; von Dr. Sauerwein.
                           Ich habe bereits Gelegenheit genommen, in einer Abendversammlung des Gewerbevereins
                              (in Hannover) auf Veranlassung mehrfach an mich gerichteter Anfragen mich über diese
                              Frage auszusprechen und die Befürchtungen, daß das Tragen solcher Stoffe
                              gesundheitsschädlich seyn möchte, widerlegt, wobei ich zu meiner Freude von einer
                              hochstehenden hiesigen ärztlichen Autorität unterstützt wurde. Ich habe selbst
                              Gelegenheit gehabt, mit Fuchsin gefärbte Stoffe zu untersuchen, wobei es mir nicht
                              gelang, mittelst des doch so empfindlichen Marsh'schen
                              Apparats Arsen nachzuweisen.
                           Der Nr. 26 der deutschen Industrie-Zeitung von 1863 entnehme ich in dieser
                              Beziehung einen Aufsatz ähnlichen Inhalts, dessen Wiedergabe deßhalb vielleicht ganz
                              angebracht ist.
                           
                              „Leipzig, 7. Juni. (Furcht vor den Anilinfarben.) Die Anilinfarben, deren Schönheit und
                                 Lebhaftigkeit von allen Seiten die größte Bewunderung erregt, sind in jüngster
                                 Zeit schon mehrmals in Anklagezustand versetzt worden. Man klagt dieselben ihrer
                                 Giftigkeit wegen an, geht sogar soweit, anzunehmen, daß das Tragen
                                 anilingefärbter Stoffe gesundheitliche Störungen hervorrufen könne. Ist dieses
                                 begründet? Suchen wir diese Frage durch Nachstehendes etwas näher zu beleuchten.
                                 Zunächst sey erwähnt, daß die Gefährlichkeit der Anilinfarben sich doch nur auf
                                 das Anilinroth, das sogenannte Fuchsin, beschränken kann, da Violett und Blau erst aus dem reinen,
                                 krystallisirten Fuchsin und Rosanilin bereitet werden. Anfänglich wurde das
                                 Fuchsin mittelst wasserfreiem Zinnchlorid bereitet, später verwendete man dazu
                                 salpetersaure Quecksilbersalze, Doppelt-Chlorkohlenstoff etc.; in neuerer
                                 Zeit aber bildet die Arsensäure die oxydirende Substanz, welche das Anilin in
                                 Roth umwandelt. Beim Erhitzen des Anilins mit Arsensäure wird letztere durch
                                 Abgabe ihres Sauerstoffes in arsenige Säure, eine allerdings sehr giftige
                                 Substanz, verwandelt. Die fertige rohe Farbemasse zeigt im festen Zustande einen
                                 goldgrünen Reflex, enthält neben dem rothen Farbstoff arsenige Säure, etwas
                                 unzersetzte Arsensäure und harzige Substanz. In diesem Zustande wird sie aber
                                 nicht von den Fabrikanten verkauft, es wird vielmehr der reine Farbstoff, durch
                                 eine Reihe von Operationen, die wir hier nicht erwähnen, in krystallisirtem
                                 Zustande abgeschieden. Bei dieser Abscheidung wird aber alles Arsen, mag
                                 dasselbe als arsenige Säure oder als Arsensäure vorhanden seyn, entfernt,
                                 vorausgesetzt, daß die Fabrication auf rationell wissenschaftliche Weise
                                 gehandhabt wird. Daß wohl auch unreine Producte im Handel vorkommen, wagen wir
                                 nicht zu bestreiten, ja, können es sogar bestätigen. Für den Färber und Drucker
                                 werden stets die theueren aber auch besseren Sorten die vortheilhaftesten seyn,
                                 da sie nicht nur einen schöneren Farbenton, sondern auch einen größeren
                                 Farbreichthum besitzen. Wenn man nun die außerordentliche Färbekraft des
                                 Fuchsins in Erwägung zieht, so würde, wenn z.B. das Fuchsin etwas Arsen
                                 enthielte, eine so außerordentlich geringe Menge davon auf den gefärbten Zeugen
                                 sich befinden, daß dasselbe bei einer chemischen Untersuchung nur dann in
                                 wägbarer Menge zu ermitteln wäre, wenn große Mengen gefärbter Stoffe dazu
                                 verwendet würden. Aber glücklicher Weise nehmen die Zeuge aus einer
                                 arsenikhaltigen Farbflotte kein Arsen auf. Wie ist es nun möglich, daß, wie
                                 neulich berichtet wurde, ein mit Anilinroth gefärbter Stoff 22 Procent Arsenik
                                 enthalten konnte, und daß eine Dame beim Liegen auf diesem Stoffe krankhafte
                                 Zufälle erhielt? Wie übel wären da die Färber und die Arbeiter in den
                                 Anilinfarben-Fabriken daran, die täglich mit den Farben in unmittelbare
                                 Berührung kommen. Wir haben aber noch nicht von einem einzigen Vergiftungsfalle
                                 in den Färbereien oder in den Fabriken gehört. Von einer Besorgniß für die
                                 Gesundheit beim Tragen anilinroth gefärbter Stoffe kann daher durchaus keine
                                 Rede seyn.
                              
                           Wohl aber ist Vorsicht nöthig da, wo man Anilinroth zum Färben von Liqueuren oder
                                 Conditoreiwaaren verwendet, und zwar deßhalb, weil auch Anilinroth in Auflösung
                                 verkauft wird, von dem man nicht wissen kann, ob zur Auflösung krystallisirtes
                                 oder die rohe ungereinigte Masse verwendet worden ist. Im letzteren Falle würde
                                 es viel Arsenik enthalten. In jedem Falle ist es nöthig, derartiges Fuchsin
                                 nicht eher zu obigem Zwecke zu verwenden, als bis eine chemische Untersuchung
                                 die Abwesenheit des Arseniks festgestellt hat.“ (Monatsblatt des
                              hannoverschen Gewerbevereins, 1863 S. 71.)
                           
                        
                           Entstehung des Mutterkorns.
                           Hierüber ist schon viel vermuthet und behauptet worden, die meisten Angaben haben
                              sich aber als unzulässig erwiesen. So glaubt man noch ziemlich allgemein, das
                              Mutterkorn erscheine nur in nassen Sommern, während es doch in trockenen Sommern
                              ebenfalls und oft weit reichlicher angetroffen wird.
                           Nach den Beobachtungen Schlenzig's, welche durch
                              anderwärts, namentlich in Schlesien und Oesterreich gemachte Erfahrungen bestätigt
                              werden, entsteht diese Krankheit des Roggens durch den Biß eines 1/3 Zoll langen,
                              hellbraunen Käfers, Rhagonycha melanura, welcher jedes
                              Jahr im Juni zahlreich erscheint. Nach dem Verblühen des Roggens, wenn die Körner
                              sich bilden und noch zart und weich sind, setzt er sich an den Aehren fest und saugt
                              den milchigen Inhalt der Körner aus. An der verwundeten Stelle des Korns tritt dann
                              eine etwas klebrige Flüssigkeit hervor, welche widrig riecht, später eintrocknet,
                              verhärtet und als ein Deckelchen abfällt. Bald darauf schwellen die verwundeten
                              Körner auf, sehen anfangs blaß aus, nehmen dann eine gelbliche Farbe an, die immer
                              dunkler wird, strecken sich auch in die Länge und bilden allmählich so das
                              Mutterkorn. (Wittstein's Vierteljahresschrift für
                              praktische Pharmacie, Bd. XII S. 567.)