Titel: Ueber den Nutzen der Vorwärmer bei Dampfkesselanlagen.
Fundstelle: Band 172, Jahrgang 1864, Nr. XXIII., S. 112
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XXIII. Ueber den Nutzen der Vorwärmer bei Dampfkesselanlagen. Aus dem württembergischen Gewerbeblatt, 1864, Nr. 14. Ueber den Nutzen der Vorwärmer bei Dampfkesselanlagen. Bei den Versuchen, welche die Société industrielle zu Mülhausen im J. 1859 an Dampfkesseln verschiedener Construction anstellen ließ, haben sich die Vortheile der Vorwärmer so überzeugend herausgestellt, daß dieselben seither an älteren und neueren Kesseln sehr häufig angebracht wurden. Um die Leistungsfähigkeit der mit Vorwärmern versehenen Kessel noch genauer festzustellen, wurden im J. 1862 an zwei Kesseln in der Zwirnerei von Dollfuß-Mieg u. Comp. während 76 Tagen umfassende Versuche angestellt, welche in dem Berichte von Emil Burnat (die Fortsetzung der sämmtlichen im J. 1859 angestellten Versuche betreffend) im Juliheft des Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse von 1863 und den folgenden (daraus im Civilingenieur, neue Folge, Bd. IX S. 471) ausführlich mitgetheilt sind. Aus diesem Berichte sollen nun die hauptsächlichsten Ergebnisse in obigem Betreffe mitgetheilt werden. Die beiden Kessel haben cylindrische Form, 6 Meter Länge, 1,14 Meter Durchmesser, sind mit 3 Siederöhren von 6,39 Meter Länge und 0,42 Meter Durchmesser versehen und enthalten jeder einschließlich der Siederöhren 29,5 Quadratmeter Heizfläche. Bei dem Kessel Nr. I besteht der Vorwärmer aus 6 Blechröhren von 0,37 Meter Durchmesser, welche zu je zweien in drei über einander befindlichen Zügen liegen. Die Feuerluft umspült zuerst die Siederöhren, tritt dann an den Hauptkessel, geht hierauf oberhalb der Feuerung in den ersten Zug der Vorwärmer über und entweicht endlich, nachdem sie alle drei Züge der Vorwärmer passirt hat, in den Schornstein. Die Vorwärmeröhren haben gegen 44 Quadratmeter Heizfläche. Der Kessel Nr. II hat einen aus engen gußeisernen Röhren gebildeten Vorwärmer. Der Rost liegt ebenfalls unter den Siederöhren, die Feuerluft hat eine doppelte Circulation um den Hauptkessel, und eine vierfache um die Vorwärmeröhren, welche letztere dieselbe Heizflache haben wie beim Kessel Nr. I. Die Roste haben 1,6 Meter Länge, 1,3 Meter Breite, mithin 2,08 Quadratmeter Fläche und liegen 0,5 Meter unter den Siederöhren. Das normale in 12 Stunden zu verbrennende Kohlenquantum betrug 1200 Kilogr. Die Versuche wurden derart ausgeführt, daß man den Kessel Nr. I zuerst mit allen 6, dann mit 4 und endlich nur mit 2 Vorwärmeröhren, und den Kessel Nr. II sowohl mit als ohne Vorwärmer in Betrieb setzte. Zugleich wurden die aufgegebenen Kohlenquantitäten und die zugeführten Luftmengen verändert. Die Hauptresultate dieser Versuche sind in folgender Tabelle zusammengestellt: Textabbildung Bd. 172, S. 113 Luftmenge per Kilogr. Steinkohle; Temperatur der Feuerluft; Beim Zutritt zu dem Vorwärmer; Beim Abgang v. dem Vorwärmer; Steinkohlenmenge per Stunde und Quadratdecimeter; Verdampfte Wassermenge p. Kilogr. Steinkohle; Nr. des Versuchs; Kessel Nr. I; mit 6 Vorwärmern; mit 4 Vorwärmern; mit 2 Vorwärmern; Kessel Nr. II; ohne Vorwärmer; mit Vorwärmer Zu bemerken ist dabei, daß die angewandte Kohle von der Grube Ronchamp 10 Procent Rückstand hinterläßt. Um eine bessere Uebersicht über die in den verschiedenen Zuständen auftretenden Güteverhältnisse, d.h. über die mit 1 Kilogrm. Kohle verdampften Wassermengen zu erhalten, nehmen wir zunächst auf die Unterschiede in der Luftzuführung und Beschickung des Rostes keine Rücksicht, sondern stellen nur die durchschnittlichen Resultate zusammen. Es ergibt sich dadurch die per Kilogrm. Kohle verdampfte Wassermenge bei Kessel Nr. I mit 6 Vorwärmern zu 8,36 Kilogrm., deßgleichen   „  4          „  „  7,90 deßgleichen   „  2          „  „  7,44 Kessel Nr. II mit Vorwärmer  „  8,31 deßgleichen ohne Vorwärmer  „  7,27 Diese Zusammenstellung läßt den Vortheil, den die Vorwärmer bezüglich der Ausnutzung des Brennstoffes bieten, zur Genüge erkennen, lehrt aber auch zugleich, daß der Vorwärmer nur dann einen wesentlichen Nutzen gewährt, wenn er in angemessenen Dimensionen ausgeführt wird. In den vorliegenden Fällen verhält sich die Heizfläche des Hauptkessels zur Heizfläche des Vorwärmers wie 29,5 : 49, das ist ungefähr wie 2 : 3. In der Regel werden die Vorwärmer zu klein ausgeführt, und bieten dann nur geringen Vortheil. Von Beginn des Jahres 1859 bis Mitte des Jahres 1862 sind im Departement Oberrhein 88 Kessel mit Vorwärmern versehen worden; dieselben haben zusammen, bei 3026 Quadratmeter Heizfläche, nur 2097 Quadratmeter Vorwärmfläche, so daß im Durchschnitt auf jeden Kessel 34,4 Quadratmeter Heizfläche und 23,8 Quadratmeter Vorwärmfläche kommen. Die Versuche zeigen ganz deutlich, daß diese letztere Fläche zu klein ist, und daß nothwendig das erzielte Resultat ein ungenügendes seyn muß.Zu Wesserling hat man es in einigen Fällen sogar für geeignet erachtet, diese Verhältnisse noch zu überschreiten, indem man einem Kessel mit 26 Quadratmeter Heizfläche einen Röhrenwärmer mit 66 Quadratmeter Vorwärmfläche gab, und gelangte aus diese Weise ohne Anwendung eines Ventilators dahin, den Rauch bis auf eine Temperatur unter 100° C. abzukühlen. Die Construction der Vorwärmer scheint ohne Einfluß auf ihre Wirkung zu seyn; es können daher nur ökonomische Rücksichten entscheiden, ob man den Vorwärmer aus Blech oder aus Gußeisen herstellen will. Der aus Blech angefertigte Vorwärmer des Kessels Nr. I kostete gegen 5000 Frcs., der gußeiserne des Kessels Nr. II gegen 3000 Frcs. Prüfen wir ferner den Einfluß, den die Veränderung der zugeführten Luftmengen, d.h. die Veränderung der Zugwirkung auf die verdampfte Wassermenge geäußert hat, so finden wir, daß bei Anwendung des Vorwärmers (Versuche 1–3 und 14–16), die per Kilogrm. Steinkohle verdampfte Wassermenge sich nur sehr wenig mit der Menge der zugeführten Luft ändert, daß es sogar scheint, als ob die größte Leistung dann stattfände, wenn die Luftzuführung am reichlichsten erfolgt. Bei Nichtanwendung der Vorwärmer (Versuch 11–13, 6–10) vermindert sich hingegen der Nutzeffect, sobald die zugeführte Luftmenge gesteigert wird. Dieses Resultat ist für die Praxis von ganz besonderer Wichtigkeit. Die Heizer sind nämlich aus mehreren Gründen schwer dahin zu bringen, daß sie mit möglichst geringem Zuge arbeiten. So lange man mit mäßigem Feuer arbeitet, vielleicht nicht über 1000 Kilogrm. Kohle in 12 Stunden verbrennt, und die Dampfentwickelung langsam von statten geht, so kann man es vom Heizer noch erreichen, daß er das Register geschlossen hält. Sobald aber die Feuerung einigermaßen angestrengt arbeitet, so kämpft man vergeblich gegen die Neigung der Arbeiter, einen Ueberschuß von Luft einzuführen. Ein nachlässiger Heizer findet es bequem, daß er bei völlig geöffnetem Register nichts zu thun hat, wenn die Schlacken anfangen den Rost zu verstopfen oder wenn plötzlich eine vermehrte Dampfentwickelung gefordert wird. Wie die Versuche zeigen, ist aber der starke Zug nur nachtheilig bei den nicht mit Vorwärmern versehenen Kesseln, und es tritt daher bei diesen sehr häufig ein geringer Nutzeffect auf. Bei Kesseln mit Vorwärmern dagegen erreichen selbst mittelmäßige Heizer leicht die günstigen Zahlen, die bei den vorliegenden Versuchen erhalten wurden, und die im Durchschnitt bis auf 8,33 Kilogr. verdampfte Wassermenge sich erheben. Zwischen diesem Mittelwerth aus den 6 Versuchen Nr. 1–3 und 14–16 und dem größten Zahlenwerth, welcher mit einem Kessel ohne Vorwärmer erzielt wurde, nämlich 7,58 (Versuch 13), besteht eine Differenz von ungefähr 10 Procent; in der Praxis aber, wo man nicht wie bei den vorliegenden Versuchen mit einem ausgesuchten Heizerpersonal arbeiten kann, dürfte der Unterschied mindestens 15–20 Procent betragen, eine Ersparniß die lediglich den Vorwärmern mit Rücksicht auf den beliebten Ueberschuß an Luft zuzuschreiben ist. Um über die Wirkungen, welche durch Veränderung der Beschickung herbeigeführt werden, zu einem in Zahlen ausdrückbaren Resultate zu gelangen, sind die Versuche Nr. 2 und 12 angestellt worden. Die Versuche dauerten an jedem Kessel 3 Tage; ihre Ergebnisse dürften daher als maßgebend zu betrachten seyn. Sie weisen deutlich nach, daß durch Erhöhung des Kohlenverbrauchs von 50 auf 80 Kilogrm. per Stunde und Quadratmeter Rostfläche das Güteverhältniß des Kessels mit Vorwärmer keineswegs sich vermindert, vielmehr alle übrigen überschritten hat. Bei dem gewöhnlichen Kessel ohne Vorwärmer dagegen hatte sich durch diese angestrengte Feuerung das Güteverhältniß von 7,58 auf 7,19 Kilogrm. vermindert. Wenn man daher bei Anwendung von Kesseln mit Vorwärmern in den Fall kommt, das als normal angenommene Kohlenquantum von 1200 Kilogrm. in 12 Stunden zu überschreiten, so hat man durchaus nicht eine Abnahme des Güteverhältnisses, sondern nur eine stärkere Abnützung der Bleche zu befürchten. Welche auffallenden Fortschritte während weniger Jahre im Elsaß bezüglich der Kesselconstruction gemacht worden sind, mag man daraus entnehmen, daß bei der Concurrenz im Jahr 1859 der erste Preis, bestehend in einer goldenen Medaille und 7500 Frcs., demjenigen zugesichert ward, welcher mit 1 Kilogrm. Ronchampkohle 7 1/2 Kilogrm. Wasser verdampfen würde. Nach kaum 3 Jahren ist man bis fast 8 3/4 Kilogrm. gestiegen, und ist dabei viel weniger von der Geschicklichkeit des Heizers abhängig, wie früher. Für alle Länder, welche mit theuren Kohlen arbeiten müssen, dürften diese Vorgänge sehr zu beachten seyn.