Titel: Technische Proben auf die Qualität des Gußstahles.
Fundstelle: Band 172, Jahrgang 1864, Nr. XCII., S. 360
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XCII. Technische Proben auf die Qualität des Gußstahles. Technische Proben auf die Qualität des Gußstahles. Ueber diesen Gegenstand theilt Hr. Werkscontrolor Emilian Resch zu Reichenau in derösterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1864 Nr. 7, aus langjähriger Praxis seine Erfahrungen mit. Wir geben nachstehenden Auszug aus der lehrreichen Abhandlung. Prüfung des harten und weichen Gußstahls auf seine Gleichartigkeit, die erste und wichtigste Eigenschaft desselben. a) Man löscht ein gut abgeschmiedetes Stück harten Gußstahls von 5/4 Zoll im Quadrat schweißwarm in Wasser ab, wobei dasselbe unter vollständiger Abwerfung des Sinters mit einer reinen lichten Oberfläche und nach einiger Zeit auch ohne Sprünge erscheinen muß. b) Die Schärfe eines aus hartem Gußstahl hergestellten Drehstahls, Hobeleisens, Stemm-Meißels etc. darf sich beim Gebrauche nicht ungleichmäßig abnutzen. c) Taucht man eine im Querschnitt keilförmige, messerartige Lamelle von weichem Gußstahl von etwa 30 Zoll Länge bei Kirschrothgluth mit dem dickeren Rücken vorweg spiralförmig darin umher, so darf sie nach dem Erkalten nicht verzogen seyn oder muß sich, wenn sie etwas verzogen ist, ohne abzuspringen, leicht richten lassen, und zwar vollständig nach dem Anlassen. d) Der Bruch darf weder bei hartem noch bei weichem Gußstahl eine Texturverschiedenheit zeigen, wenn man einen Gegenstand daraus safrangelb erhitzt, langsam erkalten läßt, einen Einhieb macht und ein Stück mit einem schweren Hammer ausschlägt. Da selbst von ungleichartigem schlechten Gußstahl durch vieles Hämmern das Korn fein wird, so ist bei dieser Probe ein vorheriges Ablassen nöthig. e) Je ein prismatisch und flach geschmiedetes Stück erhitzt man hellroth und härtet beide rasch, so muß die Oberfläche frei von Rissen seyn. f) Es muß eine völlig gleichartige Textur hervortreten, wenn man ein blank polirtes Stück in verdünnte Salzsäure taucht und dann die Oberfläche reinigt. Bei ungleicher Beschaffenheit werden die härteren Stellen früher dunkel als die weichen. 2) Prüfung des Gußstahls auf seine Festigkeit und Zähigkeit. a) Man beobachtet die Textur, indem z.B. eine gewalzte Gußstahlstange hellroth gehärtet, abgetrocknet, an einem Ende kalt mittelst eines Schröters eingehauen und rasch abgebrochen wird, wobei der Bruch ein gleichmäßiges feinkörniges Gefüge zeigen muß. Weder im ursprünglichen ungehärteten Zustande, noch nach dem Anlaufenlassen der gehärteten Stange bis zum Purpurroth und langsamen Erkalten darf sie ein lichtes und sehniges Gefüge haben, sondern dieses muß feinblätterig seyn. Grobe und gar schuppige Körner deuten einen mürben, kurze grobe Sehnen mit eckigen Körnern statt eines feinblätterigen Gefüges einen wenig festen und wenig zähen Stahl an. Kein deutlich grauer, sondern ein bläulich weißschimmernder Bruch spricht für Annäherung an Stabeisen. b) Wird ein safrangelb erhitztes Stück harten Gußstahls bis zum nur dunkeln Glühen gehämmert, so muß es, ohne auseinander zu gehen oder Kantenrisse zu erhalten, ganz bleiben. Läßt sich der harte Stahl in der Gelbhitze noch hämmern, wird aber beim Sinken dieser Temperatur bis Rosenroth unganz (stört er sich), so ist er rothbrüchig, dagegen spröde, kaltbrüchig, wenn sich bei weiterer Erniedrigung der Temperatur Kantenrisse zeigen. Weicher Gußstahl, in safrangelber Hitze abgeschmiedet, umgebogen und zusammengeschlagen, muß ganz bleiben. Zum Abschmieden des Gußstahles oder zum sonstigen Ausrecken darf nur hell- oder rosenrothe Hitze angewendet werden; steigt dieselbe höher, so verbrennt der Stahl unter Funkensprühen und wird mürbe; sinkt die Temperatur beim Hämmern oder Schmieden unter Braunroth, vielleicht ohne daß sich überall noch Glühen zeigt oder gar bei Wasseranfeuchtung, so wird er hart und spröde und ungleichmäßig ausgereckt. Die Bearbeitung des Gußstahls erfordert eine langsamere und behutsamere Bearbeitung, als die des Stabeisens; der beste Gußstahl wird durch schlechte Behandlung verdorben und jede Gußstahlsorte hat einen gewissen Hitzegrad, eine bestimmte unabänderliche Plasticität und Dehnbarkeit, die erst zu studieren sind. Um die hellrothe Hitze herum liegen jedoch alle diese Eigenschaften. c) Der weiche Gußstahl ist um so dehnbarer, je breiter er sich im Verhältniß zu seiner Dicke auswalzen läßt, und um so elastischer, je kürzer der Krümmungshalbmesser im Verhältniß zur Lamellenstärke ist, wenn man schwache Lamellen in einen vollständigen Halbkreis zu biegen versucht. 3) Prüfung des Gußstahls auf seine Naturhärte und seine Härtefähigkeit, verbunden mit der erforderlichen Zähigkeit. a) Die natürliche, ins Umschmelzen zu Gußstahl mitgebrachte Härte hängt zunächst von dem Kohlenstoffgehalte ab und steht wieder mit der richtigen Härtung im engen Zusammenhange. Der beste harte Gußstahl erhält seine erforderliche Härte dann, wenn man ihn bloß hell- oder rosenroth abzulöschen braucht, während weicher Stahl seine größte Härte bei Kirschroth erreicht. Harter, ordinärer, unverläßlicher Stahl verlangt von der Hellrothglühhitze aufwärts safrangelbe bis schweißwarme Hitzen zur erforderlichen Härtung. Der beste weiche Gußstahl, von welchem man keine besondere Härte, wohl aber große Zähigkeit und Elasticität verlangt, wird von der kirschrothen Hitze abwärts bei Braun- und Dunkelrothgluth abgelöscht. b) Harter Gußstahl wird zu einem Dreheisen ausgeschmiedet, an einem Ende ganz rechtwinklich durch anhaltendes Naßhämmern abgerichtet, diese Bearbeitung bis zum Verschwinden des Glühens fortgesetzt und dann der Drehstahl abgelöscht. Schleift man alsdann die Endkanten, erhitzt den Stahl hellroth und härtet sie, so muß er eine Hartwalze angreifen, ohne auszuspringen oder bald stumpfe Kanten zu erhalten. Wird das zweite Ende desselben Stahles ohne Naß- und Dichtschmieden schneidig hergerichtet, löscht man es kirschroth ab und schleift es, so darf diese Drehschneide am grauen Guß- oder gewöhnlichen Stabeisen sowie am ungehärteten Stahl sich weder leicht abnutzen, noch abspringen. c) Ein nicht stark gehämmertes, am besten eingewalztes, etwas flaches Stück – durch starkes Hämmern wird auch ein minderer Gußstahl dichter, erhält ein feineres Korn und braucht dann auch eine geringere Hitze zum Härten – soll, im Feuer zu einem schneidigen, spitzwinklichen Meißel geschärft, braunroth erhitzt und gehärtet, an der Schneide nur so viel Härte besitzen, daß dieselbe noch Schmiedeeisen angreift und mit einem Hammer die Schneide sich noch etwas einschlagen läßt, ohne abzuspringen. Beim Abhärten in der Kirschrothgluth darf der Meißel durch Bearbeiten von hartem Gußeisen ebenfalls nicht ausspringen. d) Beim Härten, welches zum Treffen der meist bei Rosenroth und Kirschroth liegenden Härtehitze ein praktisches Auge erfordert, ist Nachstehendes genau zu beobachten: man darf nur kleine und gleichgroße Kohlen ins Feuer bringen, damit kein hohles, die Einwirkung des Windes auf den Stahl begünstigendes Feuer entsteht, auch müssen die Kohlen in voller Gluth seyn, damit sich das Stück rasch und gleichmäßig erhitzt; bei ungleich starken Stücken erwärmt man die dickeren Theile zuerst und bei großen und langen muß man sehr gleichmäßig und vorsichtig im Feuer hin- und herfahren; die erforderliche Härtehitze mit ihrer Charakterfarbe muß der Gußstahl noch im Feuer bei einer halben Dunkelheit des Orts zeigen; die Menge des nicht unter 0° kalten Härtewassers muß im Verhältniß zur Stahlmenge stehen, damit dasselbe nicht warm wird und sich durch eigenen Druck gut an das zu härtende Stück anlegt, indem kleine Wassermengen durch Dampfbildung leicht zurückgeworfen werden; beim Einwerfen des Härtestückes darf dasselbe den Boden nicht berühren, weil sonst an den Berührungsstellen keine vollständige Härtung stattfindet. e) Beim Anlassen des gehärteten Stahls beobachtet man mit steigenden Temperaturgraden die bekannten 5 Anlauffarben: hell-, stroh- oder hafergelb, dunkelgelb oder braun, purpurroth, hellblau und dunkelblau. Beim harten Gußstahl darf man zur Erreichung des zweckmäßigsten Härtegrades und der damit verbundenen Festigkeit nur die erste oder zweite Anlauffarbe anwenden, weil, je höher hinauf gegen Dunkelblau das Anlaufenlassen geschehen muß, das Härten um so fehlerhafter und schädlicher war und der Artikel desto unverlässiger wird. Beim weichen Gußstahl können höhere Anlauffarben zur Anwendung kommen. Beim Anlassen muß zur richtigen Beurtheilung der dem Zwecke und der Stahlgattung entsprechenden Anlauffarbe die Waare blank polirt seyn, diese in einem mit gleichmäßigen Kohlen genährten, reinen Feuer gleichförmig erhitzt und die Anlauffarbe noch im Feuer selbst beobachtet werden. Im allgemeinen muß der beste Gußstahl mit der dem Zwecke entsprechenden ursprünglichen Härte und dem Sichhärtenlassen auch die gehörige Festigkeit, Zähigkeit und Elasticität verbinden. Schließlich theilt der Hr. Verfasser noch die zu Hirschwang bei Reichenau erprobt gefundene Gußstahlscale mit, welche in der unten gewählten Reihenfolge annähernd die vom Absatze selbst dem auf dem Werke erzeugten Gußstahl beigelegten Qualitätsnummern, die Verhältnißzahlen des erzielten Preises und das Verhältniß der Nachfrage angibt. Einwaage für 1 Tiegel: Stahl Nr. 1. 35 Pfd. harter oder weicher, besonders gleichartiger Cementstahl.    „    Nr. 2. 35 Pfd. bester, ausgesuchter, harter Puddelstahl.    „    Nr. 3. 33–30 Pfd. vorzüglicher Cementstahl mit 2–5 Pfd. Stahlabfällen.    „    Nr. 4. 35 Pfd. bester, sorgfältig ausgesuchter, möglichst gleichartiger Schmelzstahl.    „    Nr. 5. 35 Pfd. gewöhnlicher Schmelz- oder Puddelstahl.    „    Nr. 6. 30–25 Pfund gewöhnlich verwendeter Schmelz- oder Puddelstahl mit 5–10Pfund Stahlabfällen. 35 Pfd. Hammereisen.    „    Nr. 7. 35 Pfund Beschickungscombinationen von Roheisen, Stabeisen undverschiedenen Stahlabfällen. (Berg- und hüttenmännische Zeitung, 1864, Nr. 20.)