Titel: Wallachisches Petroleum; von Dr. Otto Buchner.
Autor: Otto Buchner
Fundstelle: Band 172, Jahrgang 1864, Nr. CI., S. 392
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CI. Wallachisches Petroleum; von Dr. Otto Buchner. Buchner, über wallachisches Petroleum. Bei dem riesigen Aufschwung, welchen die Darstellung von Leuchtölen aus den mineralischen Kohlen und den natürlichen Kohlenwasserstoffen in den letzten Jahren genommen hat, mußte den Fabrikanten besonders der Gedanke nahe liegen, auch für den Fall, daß die reichen Quellen Pennsylvaniens und Canadas nachlassen oder gar erschöpft werden sollten, andere Quellen zu öffnen, die im Handelswege liegen, so daß der Transport keine bedeutendere Vermehrung der Kosten veranlasse. Es ist aber schon mehrfach darauf aufmerksam gemacht worden, daß wirklich in den nordamerikanischen Oeldistricten die meisten Brunnen nicht nur weniger ergiebig wurden, und zwar selbst nach der kurzen Zeit ihres Bestehens, sondern daß auch schon eine nicht geringe Anzahl selbst mit Hülfe von Pumpen kein Rohöl mehr liefert. Es ist dieß durch die Art der Bewirtschaftung bedingt, denn es wird die reiche Mutter Erde an so vielen Stellen angezapft und angebohrt, daß das Gas, welches das Petroleum empordrückt, leicht entweichen kann, oder es dringt Wasser in den Boden und überschwemmt manchen Brunnen oder verstopft ihn. Aber schon hat anderes Erdöl seinen Weg zum Weltmarkte gefunden. Ganz abgesehen von dem Theer von Rangoon in Birma, Hinterindien, welcher schon längere Zeit als Ballast nach England gebracht und auch in manchen deutschen Raffinerien verarbeitet wird, ist im Januar dieses Jahres die erste Sendung wallachischen Rohöls nach London gekommen. Es waren 280 Tonnen, und die Gesellschaft die es erhielt, hat für das laufende Jahr 1864 einen Contract auf etwa 20,000 Tonnen abgeschlossen. Außerdem hat sich eine zweite „wallachische Petroleumgesellschaft“ gebildet. Durch die Güte der Herren Beutenmüller und Comp. in Bretten habe ich zwei Proben wallachischen Rohöls erhalten und dieselben einer einfachen Prüfung unterworfen, indem ich sie zugleich mit einer Sorte pennsylvanischen Petroleums verglich, das in Farbe, Flüssigkeitsgrad, Geruch etc. als Mittelsorte betrachtet werden kann. Ich stelle die wichtigsten physikalischen Eigenschaften der drei Rohölsorten übersichtlich zusammen: PhysikalischeEigenschaften. PennsylvanischesPetroleum. Wallachisches Petroleum. I. II. Farbe grünlichbraun braun schwarzbraun Flüssigkeitsgrad (Wasser = 1) 0,73 0,68 0,09 specifisches Gewicht   0,813   0,840   0,894 Geruch ziemlich stark stark u. unangenehm nicht besonders stark Was den Flüssigkeitsgrad anlangt, so wurde dieser mit einer Bürette bestimmt, die in 80 Kubikcentim. getheilt war und die Anzahl der Secunden gezählt, welche verstrichen bis die Bürette ausgeflossen war. Die drei Rohöle entzünden sich bei gewöhnlicher Temperatur leicht. Es gibt eine große Menge von Versuchen im Kleinen, um die Ausbeute von Nutzölen aus Rohölen zu bestimmen und habe ich deren viele an einem anderen Orte zusammengestellt.Buchner: die Mineralöle und Mineralöl-Lampen. Weimar, bei Voigt, 1864. Doch haben alle diese Untersuchungen für die fabrikmäßige Ausbeute nur einen sehr untergeordneten Werth. Meist werden mit zu kleinen Mengen die Destillationsproben angestellt (und im vorliegenden Falle war ich auch dazu genöthigt, weil mir nicht mehr zur Verfügung stand), dann aber sind auch beim fabrikmäßigen Betriebe die Verhältnisse weit günstiger, die Heiz- und Abkühlungsflächen größer, und durch die größere Menge übergehenden Oels kann man mit dem Volumeter das spec. Gewicht in jedem Augenblick ablesen und nach Belieben verschieden schwere Oele getrennt auffangen. Das ist bei Versuchen im Kleinen geradezu unmöglich. Es läßt sich ein Wechseln der Vorlage da nur nach der Temperatur in der Retorte vornehmen, was keinen Zweck hat, und der zweite Theil des Destillats geht erst bei einer Temperatur über, die wir mit unseren Instrumenten nicht messen können. Ich beschränke mich deßhalb bei der Angabe meiner Destillationsversuche auf ganz einfache Thatsachen. Zuerst wurden die Rohöle ohne weitere Reinigung destillirt; pennsylvanisches gab am meisten farbloses oder schwach gelbliches Destillat, wallachisches II am wenigsten; das zuletzt Uebergegangene war bei pennsylvanischem braungelb, bei wallachischem I braun, bei II dunkel grünlichbraun, ganz ähnlich wie bei pennsylvanischem Rohöl. Die Destillate desselben rochen stark, die wallachischen stärker. Bei einer zweiten Versuchsreihe wurden die Rohöle zuerst mit Natronlauge und dann mit concentrirter Schwefelsäure behandelt. Dabei schied sich bei wallachischem Oel II eine auffallend große Menge eines schwarzen, ganz zähen Theeres ab. – Nach sorgfältigem Waschen wurde wieder destillirt. Es ist von amerikanischen Analytikern angeführt worden, daß die leichteren pennsylvanischen Oele von etwa 0,80 spec. Gewicht 90 Proc. Leuchtöl geben sollen. Dieß kann nicht richtig seyn. Nach meinen zahlreichen Versuchen, die wohl auch mit den Ergebnissen des fabrikmäßigen Betriebes übereinstimmen, beträgt die Ausbeute höchstens 70 Proc. und davon gehen noch 15–20 Proc. Benzin ab. Eine noch geringere Ausbeute erhielt ich aus den beiden wallachischen Proben, am wenigsten aus II; dieses lieferte eine beträchtliche Menge (fast 50 Proc.) dunklen und zum Theil theerartigen Destillats; doch war ich durch besondere Umstände verhindert, den Paraffingehalt darin zu bestimmen. Jedenfalls zeigen die Versuche, daß die wallachischen Oele ein schätzbares Material für die Leuchtöldarstellung abgeben, obgleich sie, wenigstens in den von mir untersuchten Proben, nicht mit dem pennsylvanischen Petroleum wetteifern können. Immerhin ist jenen Gegenden Glück zu wünschen, daß ein leicht und reichlich zu gewinnendes Product seinen Weg in den Welthandel und in die Industrie gefunden hat.