Titel: Ueber die Legirungen von Silber und Zink, deren Anwendbarkeit in der Münzkunst etc.; von Eug. Peligot, Director des Probirlaboratoriums der kaiserl. Münze in Paris.
Fundstelle: Band 172, Jahrgang 1864, Nr. CXIII., S. 433
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CXIII. Ueber die Legirungen von Silber und Zink, deren Anwendbarkeit in der Münzkunst etc.; von Eug. Peligot, Director des Probirlaboratoriums der kaiserl. Münze in Paris. Aus den Comptes rendus, t. LVIII p. 645. Peligot, über die Legirungen von Silber und Zink, deren Anwendbarkeit in der Münzkunst etc. Durch die stets zunehmende Seltenheit der Silbermünzen im Verkehre, eine Folge des Mehrwerthes, welchen dieses Metall seit Entdeckung der californischen Goldlagerstätten erlangt hat, ist eine theilweise Umgestaltung unseres Münzsystems nothwendig geworden. Bekanntlich ist davon die Rede, Silberscheidemünze mit einem Feingehalte von 835 Tausendteln herzustellen. Durch diese, etwa 7 Proc. vom Gewicht des edlen Metalles entsprechende Differenz von 65 Tausendteln würde der zwischen dem Nennwerthe und dem inneren, wahren Metallwerthe dieser Münzen mögliche oder zum Theil wirklich existirende Abstand ausgeglichen werden. Die über die Eigenschaften der neuen, aus 835 Theilen Silber und 165 Theilen Kupfer zusammengesetzten Münzlegirung angestellten Untersuchungen haben dargethan, daß die Herstellung derselben durchaus keine Schwierigkeiten darbietet. Sie ist fast in demselben Grade dehnbar, wie die bis jetzt gebrauchte Legirung. Ihre Farbe fällt allerdings etwas mehr ins Gelbe; doch läßt sich diese Differenz nur durch sehr feine Vergleichungsmittel constatiren. Zwar besitzt sie die Eigenschaft zu saigern, d.h. beim Erstarren an verschiedenen Stellen von nicht ganz gleicher Zusammensetzung auszufallen, in noch höherem Grade, als die Legirung von 900 Tausendteln Feingehalt; allein bei Bewilligung eines etwas größeren Remediums, welches indessen nur 3 Tausendtel über oder unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Feingehalte betragen würde, während jetzt 2 Tausendtel für die Münzen von 900 Tausendteln gestattet sind, würde das bei Silbermünzen wegen des Saigerns fast stets nothwendig werdende Umschmelzen doch, wie auch jetzt, nur selten vorgenommen werden müssen. Dessenungeachtet stellte ich mir bei meinen Untersuchungen über die projectirte Legirung die Frage, ob nicht durch den Zusatz eines dritten Metalles, des Zinks, zu den verschiedenen Silberkupferlegirungen, ja ob nicht selbst durch den gänzlichen Ersatz des Kupfers dieser Legirungen durch Zink, dieselben bei vollständiger Beibehaltung der werthvollen Eigenschaften, in Folge deren sie schon so lange angewendet werden, größere Homogenität, größere Gleichartigkeit des Korns oder Feingehalts erhalten würden. Dieß veranlaßte mich zu den im Folgenden mitzutheilenden Versuchen, welche, wie wohl kaum besonders bemerkt zu werden braucht, von rein wissenschaftlichem Charakter sind. Sie sollen den von der Verwaltung vorgeschlagenen Maßregeln in keiner, selbst nicht' in der indirectesten Weise vorgreifen. Im Münzwesen muß jede, auch die kleinste, einzuführende Neuerung auf allgemein anerkannte Thatsachen basirt seyn und die Sanction der öffentlichen Meinung im Voraus für sich haben. Demzufolge lege ich die Resultate meiner Untersuchungen der Akademie vor, damit dieselben zur allgemeinen Kenntniß und dadurch in Hinsicht auf mögliche spätere Anwendungen zur näheren Erörterung und Prüfung kommen. Obschon der Gedanke eines Zusatzes von Zink zu Silberlegirungen, namentlich heutzutage, wo man allgemein weiß, daß sich mit diesem Metalle sehr gleichartige, homogene Producte darstellen lassen, ein sehr nahe liegender ist, so fand ich doch nirgends Andeutungen etwaiger in dieser Richtung angestellten Versuche. Der Grund dieser Lücke liegt vielleicht in der Gewohnheit, die Silberkupferlegirungen, deren Zusammensetzung gesetzlich bestimmt und abgegrenzt ist, als unveränderlich zu betrachten; überdieß sind die kurzen Andeutungen über diesen Gegenstand, welche man in den chemischen Lehrbüchern findet, keineswegs geeignet, zu weiteren Versuchen anzuregen: so sagt Berzelius in seinem „Lehrbuche der Chemie,“ daß Silber und Zink eine spröde, feinkörnige Legirung bilden; nach dem Dictionnaire des Arts et Manufactures verbindet sich das Silber mit dem Zink leicht zu spröden, bläulichweißen Legirungen von feinkörniger Textur, ohne technische Anwendung. Meine Untersuchungen betrafen: 1) die Silberlegirungen von gesetzlichem Feingehalte, in denen alles Kupfer durch Zink ersetzt ist; 2) die Silberlegirungen von demselben gesetzlichen Feingehalte, in denen das Kupfer nur theilweise durch Zink ersetzt ist; 3) mehrere, nach stöchiometrischen Verhältnissen zusammengesetzte Silberzinklegirungen. Sämmtliche Legirungen wurden in ganz gleicher Weise ein- und ausgeschmolzen, in dieselben Zainformen gegossen und zu Blechen von ganz gleichen Dimensionen verwalzt. Die der näheren Untersuchung unterworfenen Proben endlich wurden systematisch von denselben Stellen der verschiedenen Bleche genommen. Die Darstellung dieser Legirungen bietet keine Schwierigkeit dar. Nachdem das Silber oder die Silberkupferlegirung eingeschmolzen ist, wird der Tiegel aus dem Ofen genommen und das in ein Stück Papier gewickelte Zink dem Schmelzgute zugesetzt. Darauf wird der flüssig gebliebene Inhalt des Tiegels mit einem Eisenstabe gehörig umgerührt und dann in eine vorher angewärmte Zainform gegossen. In dem Augenblicke, wo die Verbindung stattfindet, verflüchtigt sich eine geringe Menge des Zinks und verbrennt an der Luft; deßhalb muß man, wie bei allen Legirungen, von denen dieses Metall einen Bestandtheil ausmacht, etwas mehr vom letzteren zusetzen. Die Erfahrung lehrt sehr bald, in welchem Verhältnisse die Gewichtsmenge desselben vermehrt werden muß. Die Legirung wird in eine eiserne, vertical stehende, zweitheilige Zainform gegossen, welche mittelst eines mit Druckschraube versehenen Bandes zusammengehalten wird. Die erhaltene Platte ist unter denselben Umständen dargestellt, wie die zum Vermünzen bestimmten, nur sind ihre Dimensionen geringer: 13 Centim. Länge auf 14 Cent. Breite und etwa 5 Millim. Dicke. Mit dem Gießkopfe wiegt sie etwa 1 Kilogramm. Die Silberlegirungen von gesetzlichem Feingehalte, in denen das Kupfer gänzlich oder theilweise durch Zink ersetzt ist, zeichnen sich durch große Dehnbarkeit aus. Jede der auf die beschriebene Weise dargestellten Platten wurde der Länge nach in zwei gleiche Theile zerschnitten; die eine dieser neuen Platten wurde dann ausgewalzt und ohne Ausglühen in ein Blech von 58 Centimetern Länge und 1 Millimeter Dicke, bei gleichbleibender Breite (7 Centim.) verwandelt, wobei keine einzige zerriß, ja nicht einmal Sprünge bekam. Die Proben wurden mittelst eines Durchstoßes in Form runder Scheiben von der Größe eines Frankenstücks an denselben Stellen genommen, nämlich: am oberen Theile des Blechs Nr. 1 vom RandeNr. 2 von der Mitte am mittleren Theile des Blechs Nr. 3 vom RandeNr. 4 von der Mitte am unteren Theile des Blechs Nr. 5 vom RandeNr. 6 von der Mitte. Die aus der Mitte ausgestoßenen Proben Nr. 2, 4 und 6 wurden in gleicher Horizontalebene wie die Randproben genommen; sie entsprechen demnach der Mitte der ursprünglichen Platte, bevor diese halbirt und die eine der Hälften ausgewalzt wurde. Da bei den Silberlegirungen symmetrische Theile gleichen Feingehalt haben, so war eine specielle Bestimmung der Zusammensetzung der anderen Hälfte jeder Platte unnöthig. Die Proben wurden auf nassem Wege gemacht, dessen Anwendung bei diesen Legirungen besondere Schwierigkeiten nicht darbietet. Nachstehende Tabelle gibt die erhaltenen Resultate: Textabbildung Bd. 172, S. 436 Silberzinklegirungen, entsprechend; Silberkupferzinklegirungen, entsprechend; dem 1sten Feingehalte: für Silberarbeiter, Medaillenstecher etc.; der Münzlegirung; dem 2ten Feingehalte: für Juweliere etc.; dem Münzfeingehalte; dem 2ten Feingehalte; der Legirung von 900 Tausendteln; Gefundener Feingehalt, in Tausendteln ausgedrückt Eine nähere Betrachtung dieser Tabelle, in welcher die laufenden Nummern den Feingehalt der einzelnen oben näher bezeichneten Theile jedes Viechs angeben, zeigt, daß diese Legirungen einen hohen Grad von Homogenität (Gleichartigkeit in ihrem chemischen Bestände) besitzen und dadurch zu denselben Verwendungen geeignet sind, wie die Silberkupferlegirungen. Die Abweichungen im Feingehalte der verschiedenen Theile eines und desselben Blechs sind unbedeutend, nur in einzelnen Fällen betragen sie mehr als 1 Tausendtel. Der Feingehalt im Ganzen ist bei sämmtlichen Legirungen etwas höher ausgefallen, als ich beabsichtigte. Es ist dieß Folge einer mangelnden Uebung in der genauen Bestimmung der Zinkmenge, welche zur Ausgleichung des durch Verflüchtigung verursachten Verlustes an diesem Metalle zugesetzt werden muß. Diese Differenzen rühren zum Theil auch daher, daß mehrere dieser Legirungen nicht aus neuen ungebrauchten Metallen, sondern aus umgeschmolzenem Material, mit späterem Zusätze von Zink oder Silber, hergestellt waren. Es würde sicherlich ganz leicht gewesen seyn, den Legirungen genau den beabsichtigten Feingehalt zu geben; für meine Zwecke war indeß eine solche Genauigkeit nicht erforderlich. Alle diese Legirungen haben eine schöne weiße Farbe. Mit den Silberkupferlegirungen von gleichem Korne oder Silbergehalte verglichen, ist die ternäre (Silberkupferzink-) Legirung von 835 Tausendteln nach meinem Dafürhalten mindestens ebenso weiß, als die jetzt gebräuchliche Münzlegirung von 900 Tausendteln, somit weißer und schöner, als die für die neuen Münzen in Vorschlag gebrachte Legirung. Die Silberkupferzinklegirung vom zweiten Feingehalte besitzt ebenfalls eine schönere Farbe, als die jetzt gebräuchliche Silberkupferlegirung von 800 Tausendteln. Die Farbe der binären (Silberzink-) Legirungen sticht vielleicht etwas mehr ins Gelbliche als die von reinem Silber, doch ist ein scharfes und geübtes Auge erforderlich, um diese Unterschiede deutlich wahrzunehmen. Die Schmelzbarkeit der neuen Legirungen ist beträchtlich größer als die der Silberkupferlegirungen. Sie besitzen ferner einen starken Klang und einen bedeutenden Grad von Elasticität. Sind sie durch längeres oder wiederholtes Auswalzen spröde geworden, so genügt einfaches Ausglühen zur Herstellung ihrer großen Dehnbarkeit. Die Untersuchung der von mir nach stöchiometrisch bestimmten Verhältnissen dargestellten Legirungen führte nicht zu beachtenswerthen Resultaten. Gleiche Aequivalente Silber und Zink, also 765 Th. Silber und 235 Th. Zink, sowie 2 Aequivalente Silber mit 1 Aeq. Zink verbunden, geben ziemlich dehnbare Legirungen; Legirungen von Ag + 2Zn und 2Ag + 3Zn sind so spröde, daß sie sich nicht auswalzen lassen. Die jetzt projectirte Silberscheidemünze veranlaßte mich die aus Silber 835 Kupfer 93 Zink 72 ––––– 1000 bestehende Legirung darzustellen; man erhält dieselbe leicht durch Versetzen von 1 Kilogrm. der jetzt gebräuchlichen Münzlegirung mit 78 Grm. Zink. Wenn das billigste Verfahren zur Darstellung neuer Münzen in der Benutzung des alten Silbergeldes durch Umschmelzen desselben besteht, entweder um es mit anderem Korn (Feingehalt) oder Schrot (Gewicht) umzuprägen, oder um solches Geld zu ersetzen, dessen Gepräge mit der Zeit verwischt ist, so würde die Anwendung der vorstehenden Silberkupferzink-Legirungen mehrere bedeutende Vortheile darbieten. Zunächst würde der Staat dabei bedeutend sparen, insofern der Preis des Zinks kaum den fünften Theil von dem des Kupfers beträgt, welches es ersetzen würde, ohne daß dadurch der Werth einer zum Cursiren durch zahlreiche Hände bestimmten Scheidemünze in irgend fühlbarer Weise verändert wird; dann würde ebenso schönes, ebenso weißes Geld in den Handel und Wandel kommen, als bisher, und dieses würde sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht stärker abnutzen und bezüglich der Gleichartigkeit im Feingehalte nichts zu wünschen übrig lassen. Doch sind dieß nur Vermuthungen; zahlreiche Versuche allein können schließlich darüber entscheiden, ob dieselben gegründet sind, oder nicht. Etwas entschiedener kann ich mich hingegen in Bezug auf die Dauerhaftigkeit der anderen binären (Silberzink-) und ternären (Silberkupferzink-) Legirungen, im Vergleich mit den gegenwärtig von den Silberarbeitern und Juwelieren angewendeten Legirungen von gleichem Feingehalte aussprechen. Die zinkhaltigen Silberlegirungen laufen in Folge der Einwirkung von Schwefelwasserstoff und anderen in der Luft zufällig enthaltenen Schwefelverbindungen weit weniger leicht an. Das Kupfer scheint einen bedeutenden Antheil an der Veränderung der gewöhnlichen Silberlegirungen zu haben, welche wesentlich durch die Bildung von Schwefelkupfer und Schwefelsilber bedingt wird. Deßhalb laufen auch die aus der Legirung vom zweiten Feingehalte angefertigten Gegenstände (die silbernen Schmuckarbeiten) stärker an und werden leichter schwarz, als Silberarbeiten, zu denen die Legirung vom ersten Feingehalte angewendet wird. Da die Verwandtschaft des Schwefels zum Zink sehr gering, das Schwefelzink überdieß ungefärbt ist, so behält die aus 800 Silber und 200 Zink bestehende Legirung ihre weiße Farbe und ihren Glanz selbst in Lösungen von Mehrfach-Schwefelalkalien bei, durch welche letztere die gesetzlich vorgeschriebenen Silberkupferlegirungen, ja selbst reines Silber, rasch anlaufen und braunschwarz werden. Dieß ist aber eine in Bezug auf technische Verwendungen höchst wichtige Eigenschaft, denn es ist bekannt, wie sehr die Fabrication von Gegenständen aus Silber dadurch beschränkt ist, daß das Silber durch Aufnahme von Schwefel aus der Luft zwei seiner schätzbarsten Eigenschaften, seine herrliche weiße Farbe und seinen Glanz, einbüßt. Ein Silberzinkblech hingegen erleidet selbst durch Aufnahme von Schwefel aus der Atmosphäre eine um so geringere Veränderung, je niedriger der Feingehalt der Legirung ist. Von gewissem Werthe dürfte auch die Eigenschaft der Silberzinklegirungen seyn, daß bei ihnen, wenn sie mit sauren Flüssigkeiten in Berührung sind, eine Bildung von Kupfersalzen (Grünspan) nicht stattfindet. Die aus 800 Silber und 200 Kupfer bestehende Legirung gibt in Berührung mit Essig bekanntlich bald eine Lösung von essigsaurem Kupferoxyd. Mit der entsprechend zusammengesetzten Silberzinklegirung erhält man bei gleicher Behandlung allerdings eine von Zink nicht freie Flüssigkeit, doch gelten die Salze dieses letzteren Metalles, wenn sie in nur geringer Menge vorhanden sind, für weit weniger giftig, als Kupfersalze. Schließlich muß ich bemerken, daß die Verwendung des Zinks zu Münzen nicht ganz neu ist. Die französischen Kupfermünzen enthalten 1 Proc. Zink und haben in Folge dieses geringen Zusatzes Eigenschaften, welche weder die aus reinem Kupfer, noch die bloß aus Kupfer und Zinn bestehenden Münzen besitzen. Ebenso enthält die vor mehreren Jahren in Paris geprägte Schweizer kleine Münze Zink, und zwar in Verbindung mit Kupfer, Nickel und Silber.