Titel: Ueber die Gewinnung des Lithions aus Lepidolith etc.; von Prof. E. Reichardt.
Autor: Eduard Reichardt [GND]
Fundstelle: Band 172, Jahrgang 1864, Nr. CXVI., S. 448
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CXVI. Ueber die Gewinnung des Lithions aus Lepidolith etc.; von Prof. E. Reichardt. Reichardt, über die Gewinnung des Lithions. Anschließend an die vor Kurzem (in diesem Journal Bd. CLXXI S. 293) erschienene Notiz von Lunglmayr, will ich mir erlauben, eine kurze Mittheilung über die Ausscheidung des Lithions zu veröffentlichen, wie mir dieselbe auch bei größeren Mengen am einfachsten gelungen ist. Die verschiedenen Methoden der Aufschließung der lithionhaltigen Mineralien lassen sich füglich darauf zurückführen, daß man das fein zertheilte Material entweder 1) mit Baryt, kohlensaurem Baryt oder salpetersaurem Baryt glüht, oder 2) mit Bleiglätte, oder 3) mit Kalk in sehr verschiedenen Verhältnissen, oder 4) mit Schwefelsäure behandelt, oder 5) mit Salzsäure; letztere Methode ist besonders für den Triphylin vorgeschlagen. Die Anwendung von Baryt und Bleioxyd geschieht sowohl wegen des Preises, wie aus sonst leicht ersichtlichen Gründen seltener, allgemein besonders die Aufschließung mit Kalk. Der Baryt, das Bleioxyd, wie der Kalk werden gewöhnlich durch Schwefelsäure wieder entfernt, wobei natürlich die Entfernung des letzteren weniger vollständig unmittelbar erreicht werden kann. Die hierbei eintretende Anwendung der Schwefelsäure läßt mit Recht die Frage aufkommen, ob der alleinige Gebrauch derselben überhaupt nicht genüge, wie es ja gleichfalls schon oft in Vorschlag und Ausführung gekommen ist. Meistens ist das Hinderniß für das Kochen des Lepidolithes mit Schwefelsäure das dazu nothwendige Gefäß; Porzellanschalen gehen dabei leicht zu Grunde, Bleigefäße sind weder überall vorhanden, noch als sehr handlich zu bezeichnen. Jedenfalls kann durch Schwefelsäure direct eine eben so vollständige Zersetzung erreicht und so eine vorhergehende Behandlung mit Basen umgangen werden, wenn nicht der Vortheil durch nachträgliche Neutralisation der Säure mittelst Kalk oder Baryt, wie auch vorgeschlagen, wieder verloren geht. Als einfache Methode dürfte wohl nachstehende zu empfehlen seyn: Das möglichst fein gepulverte Mineral wird nach Lehmann mit concentrirter Schwefelsäure zu einer so dicken Masse angerührt, daß man backsteinähnliche Stücke daraus formen kann; dieselben werden entweder zwischen Kohlen direct, oder im Tiegel, oder locker aufgebaut und mit Kohlen umschichtet, geglüht, längere Zeit und nicht zu stark. Sodann wirft man dieselben in Wasser ein, wenn nöthig vorher noch zerkleinert, und laugt damit wiederholt aus, während die erhaltenen Laugen gleichzeitig zur Trockne eingedunstet werden. Der Trockenrückstand wird hierauf mit 1/5–1/2 Gewichtstheil Kohlenpulver vermengt und wiederum geglüht, um die schwefelsauren Salze in Sulfide zu verwandeln. Die gewöhnlich geschmolzene, noch stark kohlehaltige Masse wird nach dem Erkalten mit Wasser ausgekocht, worin sich die Sulfide der Alkalien eventuell auch der alkalischen Erden, leicht lösen; das Filtrat wird sehr stark mit Wasser verdünnt und nun ein lebhafter Strom Kohlensäure anhaltend durchgeleitet, bis jedenfalls ein Uebermaaß erzielt worden und keine merkbare Schwefelwasserstoff-Entwickelung mehr stattfindet. Sollte sich hierbei oder bei dem ersten folgenden Erhitzen der Flüssigkeit Schwefel und kohlensaurer Kalk u.s.w. abscheiden, so filtrirt man und verdunstet alsdann bis zum Entstehen einer gewöhnlich bald sich zeigenden Krystallhaut. Nach dem Erkalten sondert sich, gewöhnlich fest an den Wandungen anhaftend, direct kohlensaures Lithion ab. Man erhält mehrere Krystallisationen; sollte die erste Einwirkung der Kohlensäure die Sulfide nicht vollständig zerlegt haben, so verdünnt man am zweckmäßigsten von Neuem und leitet nochmals Kohlensäure ein u.s.w. Natürlich kann das so erhaltene LiO, CO² durch wiederholte Krystallisation weiter gereinigt werden. Die Angaben des Formens des Schwefelsäurebreies und des nachträglichen Glühens mit Kohle rühren von dem verstorbenen Prof. Lehmann her, die weitere Bearbeitung geschah nach seinem Tode in meinem Laboratorium; die Ausbeute an Lithion war eine sehr angemessene. Die Vortheile dieser Darstellungsweise sollen darin bestehen, daß einmal die Anwendung der Schwefelsäure erleichtert wird; durch die Reduction mit Kohle zu Sulfiden werden dann möglichst vollständig Eisen, Mangan u.s.w., auch die etwa überschüssige Säure entfernt und endlich verschafft die directe Bildung des schwerlöslichsten kohlensauren Lithions eben dieses Salz zugleich möglichst getrennt von den anderen noch vorhandenen Alkalien und alkalischen Erden. Der Rückstand nach der Abscheidung des kohlensauren Lithions wurde zur Controle in Chloride verwandelt und mit Alkohol behandelt, jedoch konnten nur äußerst geringe Mengen von Chlorlithium erhalten werden.