Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. , S. 477 |
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Miscellen.
Miscellen.
Giffard's Dampfstrahlpumpe und
deren Verbesserung.
Erfunden wurde dieser merkwürdige Apparat vor 6 oder 7 Jahren durch den Luftschiffer
Giffard zu Paris, indem derselbe nach einem einfachen
Apparat experimentirte, mit dem das Gas in seine Ballons gebracht werden könne. Es
mag demselben hierbei der englische Dampfstrahl-Ventilator vorgeschwebt haben, mit
welchem man schon seit einer Reihe von Jahren in England die Bewegung von Gasen oder
Wettern in Bergwerken ausgeführt hatte. Man ließ nämlich einen Strahl von Dampf aus
einem feinen Rohr in einer etwas größeren Oeffnung irgend einer Wandung ausströmen
und es riß dieser die umgebenden Luftarten mit gutem Erfolge durch diese Oeffnung.
Ganz ähnlich wirkt die Dampfstrahlpumpe auf flüssige Körper und zwar ist der Hergang
in der von dem Ingenieur H. Koch zu Düsseldorf verbesserten Pumpe folgender:
Das zu hebende Wasser communicirt mit einem kleinen Raum, in welchen ein zugespitztes
Dampfrohr mündet und welcher vor diesem Rohr in eine kegelförmige Oeffnung ausläuft;
vor letzterer Oeffnung liegt wieder ein kleiner Hohlraum, der mehrere seitliche
Oeffnungen hat, so daß die freie Luft in ihm spielt und in welchem sich die
gleichfalls kegelförmige Oeffnung des Wassersteigerohrs vorlegt. Indem man nun den
Dampf durch das Dampfrohr in den ersten Raum strömen läßt, reißt er das Wasser aus
demselben durch den zweiten Raum und stößt es in das Steigrohr hinein, welches mit
einem Ventil versehen ist. Das Oeffnen und Stellen des Dampfrohrs geschieht durch
zwei sehr zweckmäßig angebrachte Schrauben und irgend eine andere Manipulation des
Maschinisten ist nicht erforderlich. Der ganze Apparat zum Heben von 5 bis 10
Kubikfuß pro Minute ist nur 1 Meter lang und hat 0,20
bis 0,28 Meter Durchmesser; er ist aus Eisen und Messing angefertigt. Der Preis
beträgt 42 bis 195 Thlr.
Betrachten wir nun die Leistungen des Apparats z.B. auf der Steinkohlengrube Iduna bei Bochum, nachdem er sich schon so vielfach für
die Speisung von Dampfkesseln bewährt hat. In dieser Grube teuft man einen
tonnlägigen Schacht in dem mit 50° nach Süden einfallenden 48 Zoll mächtigen
Kohlenflötze von Tage wieder ab und trifft mit demselben in 33 Met. Tiefe einen
Stollen, welcher die Wasser abführt. Bei 20 Met. Tiefe unter diesem Stollen hatte
man einige Quellen von 3–4 Kubikf. pro Minute
angetroffen und diese behinderten das weitere Fortschreiten sehr, da man keine
Pumpen, sondern nur eine kleine Fördermaschine von circa
15 Pferdekräften besitzt. Man hatte sich entschlossen, ein Vorgelege sowie ein Feld-
und Schachtgestänge an diese kleine Maschine zu legen und damit eine 12zöllige Pumpe
im Schachte zu betreiben, deren Einbau mit großen Kosten, Zeitverlust und Umständen
verbunden war, und welche die Maschine überlastet haben würde. Als schon der Anfang
mit diesem Bau gemacht war, da ließen sich die Eigenthümer der Zeche durch den
Bergassessor v. Dücker am 5. Juli bestimmen, die von Hrn.
Koch gratis offerirte Dampfstrahlpumpe im Schachte
aufzustellen. An die Stelle der vorerwähnten schwerfälligen, complicirten
Einrichtung kam nun nichts als ein Dampfrohr von 0,076 Met. Durchmesser in Form
zierlicher Gasröhren und ein Wasser-Steigerohr von wenig größeren Dimensionen.
Zwischen diesen Röhren wurde bei 54 Meter Schachttiefe die obige Pumpe eingesetzt
und schon am 24. Juli sprudelte das Grubenwasser 20 Met. höher auf der Stollensohle
aus. In 12 Stunden war die Ansammlung von 38 Stunden gehoben und das Abteufen des
Schachtes konnte mit unbelästigter Fördermaschine weiter gehen. Der angewandte Dampf
hatte 2 Atmosphären im Kessel; das gehobene Wasser erhöht seine Temperatur von 10
auf 25° Celsius. (Essener Zeitung.)
Durchbohrung des Mont Cenis.
Nach dem Bericht, welchen eine von der italienischen Regierung eingesetzte Commission
über die Arbeiten angefertigt hat, beträgt auf der italienischen Seite, von
Bardonnêche an, die Durchbohrung bereits 2015 Meter, welche auch schon mit
Mauerwerk versehen sind, während von Modane ausans 1448 Meter durchbohrt worden sind. Vom Juli 1863 bis Juli 1864 hat man 560
Met. zu durchbohren vermocht. In dem Maaße, in welchem die Durchbohrung
vorschreitet, wird das Gestein des Gebirges härter und härter, aber die
fortwährenden Verbesserungen, welche von den Ingenieuren der Wirksamkeit der
Bohrmaschinen hinzugefügt werden, haben bis jetzt noch vollständig alle diese
Schwierigkeiten aufzuwiegen vermocht.
Fabrication von Eisendraht-Spitzen in Nottingham.
Von neuen in Nottingham aus feinstem Eisendraht gewebten
Spitzen sind Muster nach Deutschland gelangt; der
Draht wird auf der Bobbinetmaschine so leicht verarbeitet wie Baumwollgarn. Die
Spitzen sehen vortrefflich aus und sind besonders für Fenster- und Bettvorhänge, für
Häubchen und viele andere Gegenstände verwendbar. Man verspricht dieser neuen
Industrie Erfolg und will nächstens Kleiderstoffe aus Eisen weben.
Ueber die Benutzung der Drahtleitung städtischer
elektromagnetischer Uhren für Heilzwecke.
Vor einigen Jahren theilte Prof. Böttger in einer der
Samstagssitzungen des physikalischen Vereins in Frankfurt a. M. eine sehr
interessante Beobachtung mit, welche wohl geeignet seyn dürfte, in manchen Fällen
eine recht nützliche Anwendung zuzulassen, nämlich da, wo bei einem Patienten der
Gebrauch eines längere Zeit andauernden elektrischen Bades oder Stromes indicirt ist
und man der, bekanntlich immer mit einigen Unannehmlichkeiten verknüpften
Instandsetzung und Unterhaltung dazu erforderlicher Volta'scher Elemente überhoben seyn möchte. Der Genannte wollte nämlich sich
die Ueberzeugung verschaffen, ob es möglich sey, den verhältnißmäßig schwachen Strom
eines einzigen mäßig stark geladenen Volta'schen
Elementes, welches die elektromagnetische Uhr im chemischen Laboratorium des
physikalischen Vereins, sowie das damit in Verbindung stehende Zeigerwerk im
benachbarten Hörsaale im Gang erhält, abzuzweigen und ihn
so noch anderweitig, ohne den regelmäßigen Gang erwähnter Uhr zu beeinträchtigen,
nutzbar zu machen.
Der Versuch ergab, daß durch eine metallische Abzweigung des isolirten Luftdrahtes der elektrische Strom an Stärke nicht nur
nichts einbüßte, sondern daß selbst in dieser Abzweigung bei gleichzeitiger
Einschaltung eines den Strom in außerordentlich schnell aufeinander folgenden
Zeiträumen unterbrechenden Apparates, der Gang genannter Uhr
nicht im mindesten alterirt wurde. Diese von Professor Böttger ermittelte Thatsache wird nicht ermangeln, die
Aufmerksamkeit der Aerzte an den Orten, wo öffentliche elektromagnetische Uhren
eingeführt sind, auf sich zu ziehen, indem diese in vorkommenden. Fällen bei
Anwendung von elektrischen Inductionsströmen für Heilzwecke nur nöthig haben werden,
am den isolirten, längs der Häuser fortgeführten sogenannten Luftdraht einen
Kupferdraht anzulegen, diesen mit dem Stromunterbrecher eines Inductionsapparates zu
verbinden und dann von diesem einen zweiten Draht nach dem ersten besten Gasbrenner
im Zimmer zu führen.Die Gasleitungsröhren in einer Stadt bieten bekanntlich in ihren
umfangreichen Verzweigungen eine sogenannte Erdplatte von colossaler
Oberfläche. Der auf diese Weise durch Abzweigung benutzte, die Uhren in Bewegung
setzende elektrische Strom erzeugt in der elektromagnetischen Spirale des Apparates
einen so starken Inductionsstrom, daß derselbe voraussichtlich in den meisten Fällen
noch durch Einschaltung eines Rheostaten wird geschwächt werden müssen. Der Gang der
Uhren wird dadurch, wie gesagt, nicht im mindesten alterirt, wie schnell auch durch
den Stromunterbrecher des Apparates der den Luftdraht durcheilende elektrische Strom
unterbrochen und geschlossen werden mag. D. (Böttger's
polytechnisches Notizblatt, 1864, Nr. 17.)
Ausnutzung der Abfälle von dem Galvanisiren des Eisens.
Nach J. Webster kann man diese Abfälle (welche wesentlich
aus Chlorzink, Zinkoxyd, kohlensaurem Zinkoxyd, etwas metallischem Zink und einer
Spur Salmiak bestehen) in folgender Weise besser als bisher ausnutzen: Man laugt die
Masse mit heißem oder kaltem Wasser aus, wobei sich das Chlorzink zum größten Theile
löst, rührt die Lösung um und zieht diese nebst dem leichteren kohlensauren Zinkoxyd
und dem Zinkoxyd in ein zweites Gefäß ab; man laugt den Rückstand dann noch, wenn
erforderlich, mehrfach aus, läßt das in der Lösung Suspendirte sich absetzen und
zieht die Chlorzinklösung in ein drittes Gefäß ab. Der Absatz im zweiten Gefäß wird
ausgewaschen, das Waschmasser in das dritte Gefäß genommen und hier die Flüssigkeit
zunächst mit Aetzammoniak, z.B. mit dem Gaswasser oder dgl. behandelt. Es fällt
Zinkoxyd aus und Salmiak kommt in Lösung. Letztere wird verdampft und das Salz auf
irgend eine Weise benutzt. Der Rückstand im ersten Gefäß kann nun zu einem höheren
Preise als das Rohmaterial zur Zinkgewinnung verkauft werden, der Niederschlag im
zweiten und dritten Gefäße findet geeignete Verwendung zur Farbe. – Patentirt
in England am 24. Sept. 1864. (London Journal of arts,
Juli 1864, S. 6.)
Ueber die Bereitung von sogenanntem Wassergas auf der
Gasanstalt zu Elisabeth in New-Jersey.
Hierüber erschien in New-York ein Bericht von Dr. J. Forey und C. Schulz in einer BroschüreBrochüre, unter dem Titel „History and Value of
Water Gas Processes.“ Wir entnehmen diesem Bericht
Folgendes:
Zwei Oefen der Gasanstalt zu Elisabeth sind in Wassergasöfen umgeändert worden. Jeder
derselben enthält zwei Retorten zur Destillation gewöhnlicher bituminöser
Steinkohlen und eine dritte getheilte Retorte, in welcher Wasserdampf mit Anthracit
zersetzt wird. Das sich ergebende Wassergas geht in die Kohlenretorten, wo es mit
den entgasenden bituminösen Kohlen zusammenkommt, und wo es bei einer sehr geringen
Temperatur eine vollständigere Kohlung erhalten und sämmtlichen Theer in permanente
Gase verwandeln soll. Der Proceß ist ein Patent von W. H. Gwynne aus New-York vom 4. August 1863. Für die in Rede stehenden Versuche
wurden die Kohlen gewogen, die Kohks und der Theer gemessen, und das Gas auf seine
Quantität und Qualität beobachtet. Die Kohlen waren halb Cannelkohlen, halb
Backkohlen, die Ladung betrug 125 Pfund und wurde jede 2 1/2 Stunden erneuert.
Die
erste
Ladung
von
250 Pfd.
Kohlen
(1 Ofen)
lieferten
1,280
Kubikfuß
Gas
„
zweite
„
„
500 „
„
(2 Oefen)
„
1,910
„
„
„
dritte
„
„
500 „
„
„
„
900
„
„
„
vierte
„
„
500 „
„
„
„
920
„
„
„
fünfte
„
„
500 „
„
„
„
1,360
„
„
„
sechste
„
„
500 „
„
„
„
1,700
„
„
Da diese Resultate sehr von einander abweichen, und behauptet wurde, daß der zweite
Ofen nicht so gute Resultate gebe als der erste, so ließ man bloß den letzteren
gehen und
die
siebente
Ladung
von
250 Pfd
Kohlen
lieferte
1,160
Kubikfuß
Gas
„
achte
„
„
250 „
„
„
1,140
„
„
„
neunte
„
„
250 „
„
„
1,150
„
„
„
zehnte
„
„
250 „
„
„
1,240
„
„
–––––––
–––––
1,000 Pfd.
Kohlen
lieferten,
4,690
Kubikfuß
Gas
d. i. 1 Cntr. 469 Kubikfuß Gas.
Die Leuchtkraft des Gases betrug 18 Spermacetikerzen (Londoner Normalkerzen) für 5
Kubikfuß Gasconsum per Stunde.
An Kohks waren vom ersten Ofen allein im Ganzen (also mit 2500 Pfd. Kohlen) 54
Bushels (etwa 1350 Pfd.) producirt und 36 Bushels (etwa 900 Pfd.) d. i. 66 2/3
Procent verbraucht.
Eine spätere Beobachtung ergab mit demselben Ofen und der gleichen Ladung in je 3
Stunden 37,230 Kubikf. Gas aus 6,250 Pfd. Kohlen oder 595 Kubikf. per Centner von durchschnittlicher Leuchtkraft gleich
13,15 Spermacetikerzen auf 5 Kubikf. Consum per Stunde.
An Kohks waren producirt 143 Bushels, und 129 Bushels oder 90,2 Proc. waren zur
Feuerung verbraucht. Die Anthracitkohle in der Wassergasretorte wog ursprünglich 728
Pfd., und nach dreitägigem Betriebe waren noch 485 Pfd. übrig, also 243 Pfd.
Kohlenstoff consumirt. Es sind somit auf je 1 Cntr. anderer Kohlen circa 5 Pfd. Anthracit erforderlich. An Theer fanden
sich in der Vorlage 27 Gallons (1 Gallon = 4 1/2 Liter), oder nahezu 1/2 Gallon per Cntr. Kohlen.
Aus diesen Resultaten ergibt sich, daß dieser Wassergasbetrieb, abgesehen von der
größeren Abnutzung des Apparats und den größeren Betriebskosten gegen den
gewöhnlichen Steinkohlenbetrieb, schon deßwegen unvortheilhaft seyn muß, weil er
unverhältnißmäßig viel Heizmaterial erfordert. Dieser Umstand des großen
Heizmaterialverbrauches ist auch wohl hauptsächlich der Grund gewesen, weßhalb sich
keines der vielen Wassergasprojecte, die im Laufe der Zeit aufgetaucht sind, halten
konnte. (Schilling's Journal für Gasbeleuchtung, Juli
1864, S. 227.)
Ueber eine einfache Bereitungsweise einiger
Naphtylaminverbindungen.
Da aus den Salzen des Naphtylamins sich bekanntlich sehr leicht durch Einwirkung
verschiedener oxydirender Stoffe schön gefärbte Pigmente gewinnen lassen, so dürfte
eine einfache Bereitungsweise dieser Salze hier nicht unwillkommen seyn. Löst man in
einem Glaskolben Nitronaphtalin (durch Behandlung von Naphtalin mit Salpetersäure
von 1,48 spec. Gewicht bei gewöhnlicher Temperatur leicht zu gewinnen) in der
Siedhitze in der erforderlichen Menge gewöhnlichen Weingeistes auf, fügt dann circa ein gleiches
Volumen gewöhnlicher Salzsäure hinzu und hierauf so viel Zinkblechstreifen, daß
dadurch augenblicklich eine lebhafte Wasserstoffgasentwickelung eintritt, so erhält
man in wenig Minuten eine völlig klare Auflösung, aus der nach der Filtration beim
Erkalten in einiger Zeit das salzsaure Naphtylamin in schönen warzenförmigen
Krystallen sich ausscheidet; wendet man bei diesem Reductionsverfahren statt der
Salzsäure verdünnte Schwefelsäure unter gleichen Bedingungen an, so erhält man
ebenso leicht das schwefelsaure Naphtylamin. Diese einfache Methode der Gewinnung
von Naphtylaminsalzen wird von den betreffenden Industriellen sicherlich mit Freude
begrüßt werden, wenn man erwägt, wie umständlich und zeitraubend die Gewinnung jener
Salze nach den bisher bekannten, selbst den von Roussin
jüngst empfohlenen Methoden war.
Läßt man eine concentrirte wässerige Lösung so gewonnenen salzsauren Naphtylamins mit
einer Auflösung von salpetrigsaurem Kali oder Natron zusammentreten, so resultirt
bekanntlich ein granatrother Farbstoff, welcher in Wasser absolut unlöslich, dagegen
in Aether und Alkohol leicht löslich ist. Versetzt man andererseits eine Lösung des
salzsauren Naphtylamins mit einer verdünnten Lösung von Eisenchlorid oder
übermangansaurem Kali, so entsteht ein schönes indigblaues, in Wasser gleichfalls
unlösliches, dagegen in Weingeist mit violetter Farbe lösliches Pigment. Die
Anwendung dieser Reactionen auf die praktische Färberei liegt sehr nahe, und dürfte
Manchem Veranlassung zu weiteren Versuchen in dieser Richtung geben. B. (Böttger's polytechnisches Notizblatt, 1864, Nr. 17.)
Anilinschwarz für den Zeugdruck.
Das Anilinschwarz macht unbestreitbare Fortschritte. Mit der Sicherheit der
Handhabung und der Verminderung der Gefahr für die Faser, nimmt die Verbreitung
desselben zu. Das anfänglich allein als Oxydationsmittel gebrauchte chlorsaure Kali
wirkte sehr schädlich, man hat es später theilweise durch Ferridcyanammonium ersetzt
und die Erfolge waren schon viel besser. Wir haben bereits eine Vorschrift darüber
gegebenS. 77 in diesem Bande des polytechn. Journals., welche seither eine Modification erfuhr. Noch weitere Fortschritte sind
aber gemacht worden. Man wandte sich zu einer Substanz, die nicht ein directes
Oxydationsmittel ist, die im Gegentheil zu den oxydirbaren Substanzen gehört,
nämlich Schwefelkupfer. Das aus Kupferoxydsalzen frisch gefällte Schwefelkupfer hat
bekanntlich die Eigenschaft, unter Bildung von schwefelsaurem Kupferoxyd Sauerstoff
begierig aufzunehmen. Es muß angenommen werden, daß von diesem Sauerstoff auch ein
Theil auf das Anilin übergetragen wird. Wir wollen nicht sagen, daß die Erscheinung
ihr Seitenstück finde in der längst bekannten, daß z.B. Terpenthinöl, ein der
Oxydation fähiger Körper, mit Sauerstoff geschüttelt unter gewissen Bedingungen den
Sauerstoff aufnimmt, aber an andere oxydable Substanzen sofort überträgt; allein
eine Erscheinung ähnlicher Art ist die hier vor uns liegende. An ihr ist das die
hoch anzuschlagende vortheilhafte Seite, daß die Faser von dieser Sauerstoffaufnahme
nicht leidet. Es ist diese Methode in vielen Zeugdruckereien jetzt im Gebrauch; die
Mischungsverhältnisse sind etwas verwickelt und nicht für alle Fälle gleich. Die
Anilinfarbenfabrik von Müller und Comp. zu Basel liefert die Details der Vorschrift und die Materialien. Dr. Bolley. (Schweizerische
polytechnische Zeitschrift, Bd. IX S. 106.)
Die Wollproduction der Erde.
Einer unserer geachtetsten Schafzüchter in Schlesien, Hr. M. Elsner von Gronow, hat kürzlich in dem Jahrbuch deutscher Viehzucht für
1864 einen sehr interessanten Versuch gemacht, auf möglichst sicheren Grundlagen
eine Schätzung der gesammten Wollproduction der Erde vorzunehmen. Es dürfte nicht
ohne Interesse seyn, auf einige Ergebnisse dieser Schätzung aufmerksam zu
machen.
Die beiden Erdgürtel, in denen wolltragende Thiere gedeihen, sind gegen den Aequator
hin im Allgemeinen von den Wendekreisen begrenzt; von den Wendekreisen aus breiten
sie sich, wo es irgend die Localität erlaubt, weit nach Norden und Süden hin aus, in
der nördlichen Erdhälfte bis über 60 Grad nördlicher Breite; die südliche Erdhälfte
von den Wendekreisen ab scheint für sie klimatisch geeignet, so weit sie überhaupt
bewohnbar ist.
Die Wollproduction der südlichen Erdhälfte läßt sich
statistisch ziemlich genau bestimmen. Es kommen hier nur Australien, das Cap und
Südamerika in Betracht. Da diese Länder keine Wollmanufakturen besitzen, so führen
sie ihre Wollen nach der nördlichen Erdhälfte aus, und aus den Einfuhrlisten
Englands und anderer Länder läßt sich annähernd angeben, wie bedeutend die
Production der südlichen Erdhälfte ist.
Die beiden englischen Colonien, Australien und Südafrika, erzeugen gegenwärtig
ungefähr 117 Mill. Zollpfund; die jährliche Production von Südamerika (Uruguay,
Chili, Peru, Brasilien) ermittelt der Verfasser auf circa 40 Mill. Pfd. jährlich. Mit Recht nimmt der Verfasser an, daß
mehrere dieser südamerikanischen Länder, namentlich Uruguay, die argentinische
Republik und der südliche Theil von Entre Rios bei ihrem für die Schafhaltung sehr
günstigen Klima, ihren ausgedehnten Grasebenen, ihrem Wasserreichthum, ihrer
Zugänglichkeit vom Meere aus, ein sehr wichtiges Terrain für die Wollproduction in
Zukunft abgeben werden.
Es ist aber keineswegs zu befürchten, daß durch die allerdings rasche Zunahme der
Wollproduction auf der südlichen Erdhälfte etwa die der nördlichen Erdhälfte
entwerthet werden könne. So bedeutend auch die Wollerzeugung Englands, Frankreichs,
Deutschlands ist, so muß doch England jährlich noch 75 Mill. Pfd., Frankreich 45
Mill., Deutschland und
Belgien 50 Mill. Pfd. vom Ausland kaufen, selbst wenn sie ihre im eigenen Lande
erzeugten Wollen vollständig consumirten. Dazu kommt, daß die Wollconsumtion
fortwährend steigt, und daß sich neue Märkte für europäische Wollenstoffe in China,
Japan u.s.w. eröffnet haben. Die südliche Hemisphäre könnte also ihre gegenwärtige
Production von zusammen 157 Mill. Zollpfund noch viel weiter ausdehnen, ohne daß der
Fall einer Entwerthung unserer Production einträte.
Die Wollerzeugung der südlichen Hemisphäre, so bedeutende Fortschritte sie gerade in
der neueren Zeit gemacht hat, kommt doch nicht in Vergleich gegen die enorme Wollerzeugung Europa's.
Letztere läßt sich zwar statistisch nicht genau feststellen, man kann sie nur durch
ungefähre Schätzung aus dem statistisch genauer festgestellten Schafbestand
erschließen. Nach den Ermittelungen des Verfassers, gegründet auf die
glaubwürdigsten Zahlenangaben, erzeugt Großbritannien jährlich 260 Mill. Zollpfund,
Frankreich 123 Mill., Deutschland nebst Oesterreich, Belgien und Holland 200 Mill.,
Spanien 62 Mill., Italien 40 Mill., Portugal 17 Mill., die europäische Türkei 43
Mill., das europäische Rußland 125 Mill. Pfd. u.s.w. Ueberhaupt rechnet der
Verfasser als die geringste Summe der jährlichen Production Europa's 803 Mill. 270,000 Pfd. Wolle heraus, und dieß ist das Sechsfache
der bisherigen Production der südlichen Hemisphäre.
Die Vereinigten Staaten Nordamerika's besaßen im Jahre 1861 30,264,674 Schafe; der
Verf. schließt daraus auf eine Wollproduction von 95 Mill. Pfd.; die britischen
Besitzungen Nordamerika's liefern etwa 12 Mill. Pfd.
In Nordafrika kommen Algier mit 18 Mill. Pfd., Tripolis mit 9 Mill., Marokko mit 12
Mill., außerdem Tunis und Aegypten in Betracht. Die Gesammtproduction Nordafrika's
würde sich auf 49,300,000 Pfd. belaufen. Der größte Theil des Stoffes bleibt in
Nordafrika; die arabische Bevölkerung hat einen starken Verbrauch von Wollstoffen
(wollene Mützen, Burnus u. dgl.). Nur ein Drittel der Wolle von Algier (Kammwolle)
geht nach Frankreich.
Auch Asien besitzt eine bedeutende Wollproduction von Schafen, Kameelen, Ziegen
u.s.w., und viele Länder Asiens zugleich eine bedeutende Wollenfabrication; Angora
und Umgegend verfertigt Kamelotte und Shawls, Klein-Asien unzählige Teppiche,
deßgleichen Persien, die Länder um Herat; in der Mongolei, im tibetanischen Hochland
werden wegen des kalten Klima's wollene Stoffe getragen. Der Verfasser kann hier nur
sehr allgemein schätzen, nimmt die Wollproduction der asiatischen Türkei auf 100
Mill. Pfd., Persiens auf 50 Mill., des asiatischen Rußlands auf 60 Mill., der
kleineren asiatischen Reiche auf 60 Mill., Tibets und der Mongolei auf 200 Mill.
Pfd., überhaupt also die Wollerzeugung Asiens auf 470 Mill. Pfd. an.
Hiernach glaubt Hr. Elsner von Gronow die jährliche
Gesammtproduction der Erde an Wolle auf 1,676 Mill. 770,000 Pfd. angeben zu können.
Das Pfund Wolle nur zu 10 Sgr. gerechnet, würde dieß einen Werth von 558,923,000
Thlr., oder die Zinsen à 5 Proc. eines Capitals
von 11,178 Mill. 460,000 Thlrn. ergeben.
Die jährlich producirten Wollenwaaren haben aber, da der Werth durch die Verarbeitung
sich ungefähr um das Drei- bis Fünffache steigert, einen Werth von 1,676 Mill.
769,000 bis 2,794 Mill. 615,000 Thlr., durch welchen in 2–3 Jahren die
gesammte englische Staatsschuld getilgt werden könnte. (Deutsche illustrirte
Gewerbezeitung, 1864 S. 231.)
Ueber die zur Fruchtbildung des Weizens nothwendigen
anorganischen Stoffe; vom Fürsten zu Salm-Horstmar.
Der Verfasser glaubt in dem Lepidolith von Rozena das Specificum gefunden zu haben,
welches die zur Fruchtbildung des Weizens, wenigstens des Sommerweizens,
erforderlichen Stoffe enthält. Das Bodenmedium bestand bei den Versuchen des
Verfassers aus reinem Bergkrystall, der so fein zerschlagen war, daß die größten
Splitter 1,5 Millim. Durchmesser hatten; die feinsten Theile wurden durch Schlämmen
entfernt, der Rest getrocknet, mit Salzsäure gekocht, vollständig ausgewaschen, in
Platin geglüht und nochmals gewaschen. Alle Pflanzen wurden Anfangs mit destillirtem
Wasser begossen, wenn sie aber das dritte Blatt hatten, mit einer Lösung von 0,01
Grm. salpetersaurem Kali
und je 0,002 Grm. Chlornatrium und Chlorkalium in 100 Grm. destillirtem Wasser.
A. Versuch mit Lepidolith. 65 Grm. Bergkrystall, 0,07
Lepidolith, fein gerieben, 0,04 drittel-phosphorsaurer Kalk, nicht geglüht, 0,01
Kieselsäurehydrat, 0,02 kohlensaure Magnesia, 0,05 kohlensaurer Kalk, 0,02
schwefelsaurer Kalk, 0,002 drittel-phosphorsaure Magnesia, 0,001 kohlensaures
Manganoxydul, 0,02 basisch-phosphorsaures Eisenoxyd, geglüht, 0,02 salpetersaures
Kali, 0,003 salpetersaures Natron, 0,001 Chlornatrium, 0,0003 Chlorkalium, die
letzten vier Salze in 15 Grm. destillirtem Wasser gelöst. Die Pflanze wuchs normal;
der Halm wurde 17 Zoll lang; die Aehre hatte 4 Blüthen und trug drei vollständig
ausgebildete reife Körner.
B. Die gleiche Bodenmischung, aber unter Zusatz von je
0,001 Grm. schwefelsaurem Baryt und Strontian. Halm schwächer und etwas
niederliegend, 12 Zoll lang; Blüthen mit Staubbeuteln, aber ohne Frucht. Der
Verfasser vermuthet, daß Baryt oder Strontian, oder beide nachtheilig gewirkt
haben.
C. Bodenmischung wie bei B,
aber statt des Lepidoliths 0,12 Grm. grüner Glimmer. Normaler Wuchs des Halms, der
12 Zoll lang war, aber eine Aehre ohne Frucht.
D. Mischung wie bei B, aber
ohne Lepidolith und Glimmer, dafür 0,00002 Grm. salpetersaures Lithion, von Rubidium
gereinigt, 0,00001 Grm. Chlorrubidium, 0,00002 Grm. Fluorkalium. Abnorme Vegetation,
Verkümmerung der Halmbildung, die Basis des zweiten Blattes in gleicher Höhe mit der
des ersten, beide Blätter sehr kurz, das dritte fadenförmig und noch kürzer; die
Pflanze starb ab.
E. Es wurde in D, ohne die
todte Pflanze zu entfernen, ein neues Weizenkorn eingelegt, welches eine sehr
schmächtige Pflanze, aber mit normal gebildetem, 5 Zoll langem Halm gab, der eine
verkrüppelte Aehre ohne Frucht trug. Der Verfasser vermuthet, daß ein giftig
wirkender Zusatz durch die Wurzeln der ersten Pflanze so weit entfernt worden sey,
daß der Rest die Halmbildung von E nicht mehr habe
hindern können, und gibt dem Chlorrubidium die Schuld.
F. Mischung wie bei D, aber
ohne Chlorrubidium und Fluorkalium; völlig unterdrückte Halmbildung; beim vierten
Blatte starben alle Blätter an der Spitze ab; im fünften Blatte starb die
Pflanze.
G. Mischung wie bei D, nur
ohne Rubidium. Normale Halmbildung, 9 Zoll lang, mit kleiner Aehre, aber ohne
Frucht.
H. Mischung von D, aber mit
je 0,00001 Grm. salpetersaurem Lithion und Fluorkalium, 0,000001 Grm. Chlorrubidium
und 0,0005 Grm. schwefelsaurem Strontian. Normal gebildeter Halm, 13 Zoll lang, ganz
entwickelte Aehre, aber ohne Frucht.
I. Mischung von D, aber ohne
Strontian und mit je 0,00001 Grm. salpetersaurem Lithion, Fluorkalium, Fluornatrium
und Kupfervitriol, 0,000001 Grm. Chlorrubidium und 0,001 Grm. Fluorcalcium. Halm 10
Zoll lang, eine Aehre aber ohne Frucht.
K. Mischung von D ohne
Lithion, Rubidium und Strontian, aber mit 0,00001 Grm. Fluorkalium. Halm 7 Zoll
lang, Aehre verkrüppelt, ohne Frucht.
L. Mischung D ohne Lithion,
Rubidium und Fluorkalium, mit Zusatz von 0,001 Grm. Fluorcalcium und 0,00001 Grm.
Kupfervitriol. Halm 3 Zoll, ohne Aehre; nach Entwickelung des dritten Blattes
starben die drei ersten Blätter ab, dann erschien ein kurzes, abnormes viertes und
zuletzt ein fadenförmiges fünftes, und als diese auch abgestorben waren, ein
zolllanger Nebentrieb an der Wurzel, worauf die Pflanze starb. (Journal für
praktische Chemie, März 1864, Bd. XC S. 75.)
Neue Petroleum-Quellen.
An der Londoner Börse war der Prospectus einer neuen Actiengesellschaft mit einem
Grundcapital von 150,000 Pfd. St. aufgelegt, zur Ausbeutung der Petroleumquellen in
Trinidad. Es sollen sich dort wahre Oelseen
vorfinden, die unerschöpflich sind. Das gewonnene Oel kann an Ort und Stelle
destillirt werden. Die Productionsorte liegen nächst dem Meere, so daß die
Verfrachtung und der Export keiner Schwierigkeit und keinen besonderen Kosten
unterliegen. Bei dem täglich sich steigernden Consum dieses Beleuchtungsmittels fand
der ausgegebene Prospect großen Anklang. (Berggeist, 1864, Nr. 61.)
Getränk für Arbeiter.
Als gesundes, wohlfeiles und erfrischendes Getränk für Arbeiter im freien Felde wie
in Fabriken wird folgende Mischung empfohlen: 1/2 Kilogr. Kaffee-Extract (essence de café), 1 Liter Languedoc-Weingeist von
86°, 125 Liter Wasser und 2 1/4 Kilogr. Zucker. Dieses Gemisch soll den Durst
besser als alle gegohrenen oder sauren Flüssigkeiten stillen, die meist getrunken
werden. Eine Probe, während großer Hitze in den Werkstätten von Christofle in Paris angestellt, fiel zu voller
Befriedigung aus. Das halbe Kilogr. Kaffee-Extract kann durch 1 Kilogr. guten Kaffee
ersetzt und dieser durch einen Theil des Wassers ausgesogen werden. (Journal d'agriculture pratique vom 20. Juli 1864, S.
66.)
Maaße und Gewichte in China, Japan und Ostindien.
In China ist der Fuß die Längeneinheit; er wird decimal
getheilt; der Kaufmannsfuß beträgt 0,33837 Meter. Das Straßenmaaß heißt Li und beträgt 575,5 Meter. Die Gewichtseinheit ist das
Pikot = 100 Kätti's von je
16 Täl's; das Pikot = 133 1/3 Pfd. engl. Avdp.S. auch über chinesische Maaße und Gewichte: Wach,
gemeinnütziger Baurathgeber, Prag 1863, S. 339.
In Japan heißt die Längeneinheit Sasi = 0,303 Meter, decimal getheilt. Auch die Elle oder Kupera-Sasi = 0,379 Meter wird gebraucht. Ein Gewicht Moume = 1 3/4 Gramm ist in 10 Pun und 16 Rin getheilt. Das Flächenmaaß heißt
Tsubo = beiläufig 6 Fuß engl. im Quadrat (genau =
einem Quadrat von 5' 11 3/4'' Seite). Als Ländereienmaaß dient das Iltham = 300 Tsubo. Ein Iltham gutes Reisland wird zu
einer Ernte von 1600 Its-go oder 532 Pfd. Reis gerechnet. Das Landespfund ist in 160
Theile getheilt, deren 120 auf 1 Pfd. Avdps. gehen. Das kleinste japanische Kornmaaß
ist das Its-go, entsprechend dem Volum von 5 1/3 Pfd.
Avdp. reinem Reis. Die Gewichte sind folgende:
1 Its-go =
1/3 Pfd. Avdp.
10 Its-go = 1 Ischo
3 1/3
„ „
10 Ischo = 1 Itho =
33 1/3
„ „
10 Itho = 1 Its'ko-ku =
33 1/3
„ „
Die ostindischen Maaße und Gewichte sind erst verschieden. In Bombay ist die
Längeneinheit das Haht = 0,45719 Meter; in Calcutta der
Faden (engl. Klafter) oder vier Hahts. Das Straßenmaaß heißt Coß = 1828,767 Meter; das Feldmaaß heißt Biggah
= 20 Cottahs = 6400 Quadrat-Hahts = 13,37755 franz. Ares.
Das neue Bazargewicht heißt Tola = 10,66375 Grammen. Das
Mahnd hat 40 Sihrs = 320
Tolas. (Mechanics'
Magazine, Juni 1864, S. 394.)