Titel: | Ueber Veränderungen der Eisenbleche in der Glühhitze unter Einwirkung von Stichflammen und Wasser, nebst Bemerkungen über Puddel- und Herdfrischeisen; von Professor Dr. Schafhäutl. |
Fundstelle: | Band 174, Jahrgang 1864, Nr. IX., S. 21 |
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IX.
Ueber Veränderungen der Eisenbleche in der
Glühhitze unter Einwirkung von Stichflammen und Wasser, nebst Bemerkungen über
Puddel- und Herdfrischeisen; von Professor Dr. Schafhäutl.
Schafhäutl. über Veränderungen der Eisenbleche in der Glühhitze
unter Einwirkung von Stichflammen und Wasser etc.
Die von der Stichflamme getroffene Stelle eines Eisenblechkessels von 5 bayer. Linien
Dicke zeigte, weil sie in Folge eines dünnen Kesselsteinansatzes glühend geworden
und in diesem Zustande der Dampfspannung ausgesetzt war, eine sackförmige
Ausbauchung, das Blech hatte sich hier in 6 Blätter getheilt und diese zeigten
sowohl an der Außen-, als Innenseite die Eigenschaften des verbrannten Eisens. Von Außen hatte die Luft, von Innen
das Wasser unter Entwickelung von Wasserstoffgas auf die glühende Stelle eingewirkt,
das Eisen an derselben war spröde, krystallinisch und glänzend weiß geworden.
Während das nicht verbrannte Eisen 0,04 Si, 0,77 C, Spuren Mn und S, und 99,19 Fe
enthielt, so fanden sich in dem verbrannten Blech 0,0399 Si, 0,5708 C, 0,0072 Mn, S
und N, und 99,3821 Fe. In Folge der Zunahme des Verhältnisses von Si zum C, sowie
wegen des krystallinischen Zustandes war das verbrannte Eisen in Salzsäure schwerer
löslich geworden.
Nicht zu verwechseln mit dem durch Glühen in der Luft
entstehenden verbrannten Eisen ist das in Berührung mit glühenden Kohlen
verbrannte Eisen, welches letztere unter Kohlenstoffaufnahme zu weißem
Eisen geworden ist und ebenfalls eine krystallinische Textur hat, aber von einem
geübten Auge sich durch seinen Schimmer recht wohl unterscheidet.
Während unter dem Hammer zu Blech ausgestrecktes gutes Holzkohlenherdeisen sich in
der Glühhitze nicht aufblättert, so thut dieses das
Steinkohleneisenblech in Folge unvollständiger Schweißung der einzelnen Platten, aus
denen der Sturz oder das Paquet zusammengesetzt worden. Dieses hat darin seinen
Grund, daß jede einzelne Eisenlage mit einer Oxydhaut (kieselsaures Eisenoxydul mit
Eisenoxyduloxyd) überzogen ist, welche beim Schweißen flüssig und dann ausgepreßt
werden muß. Vollständiger geschieht dieß durch die Schläge des Hammers, als durch
das Walzen; dazu kommt noch, daß bei mit Steinkohlenflamme erzeugten Blechen sich
immer Schwefeleisen bildet, welches ein vollkommenes Zusammenschweißen der
Eisentheile ebenfalls verhindert. Außerdem ist es bei größeren Massen unmöglich,
denselben eine gleichmäßige Schweißhitze zu geben; während die äußeren Schichten
bereits Schweißhitze erlangt haben, sind die inneren noch nicht erweicht, die Folge
davon ist unvollkommene Schweißung und eine Ungleichmäßigkeit im Bruche, ein
sehniges und krystallinisches Gefüge, welches letztere man nach jetziger Ansicht und
Lehre gewöhnlich dem Krystallinischwerden des faserigen Eisens durch wiederholte
Stöße oder Erschütterungen zuschreibt. Man kann sich häufig überzeugen, daß direct
vom Hammer kommende Stäbe innen krystallinisch, äußerlich faserig sind.
Ferner ist Puddeleisen weniger dicht, als Herdeisen, weil es unmöglich ist, bei dem üblichen
Puddelverfahren die Schlacke, in welcher sich das Eisen gleichsam staubförmig
vertheilt findet, weder im Puddelofen selbst, noch unter der Zängevorrichtung völlig
vom Eisen zu entfernen. Deßhalb wird auch die Farbe auf der Bruchfläche des Eisens
desto dunkler mattgrau, je mehr solche Schlackentheilchen zwischen den Eisenkörnchen
zurückgeblieben sind. Eine solche Luppe wird schon nach dem ersten Durchgang durch
die Walzen lamellös und sehnig. Auch bewirkt die feinste Vertheilung des Eisens in
der Schlacke, daß die Eisentheilchen mehr entkohlt werden als beim Herdfrischen. Bei
letzterem hat das vor dem Gebläse niedergeschmolzene Roheisen in Folge seines
Verlustes an Kohlenstoff und Kiesel eine solche zähe Beschaffenheit erhalten, daß
wenig Neigung zur Aufnahme von Schlacke vorhanden ist. Beim Ausbrechen der
Eisenmasse erzeugen sich auch immer nur wenige Brocken, welche mit einer geringeren
Menge von Schlacke in Berührung kommen, und es kann nicht von einem schwammigen
Klumpen, wie beim Puddeln, die Rede seyn, wo er hier bei dem beständigen Umrühren
und Zertheilen des Eisens in der Schlacke entsteht. Das von weniger Schlacke
durchzogene Herdfrischeisen kommt darnach schon dichter unter den Hammer und ist
kohlenstoffreicher, wird später sehnig und lamellös, und läßt sich zu Zwecken
verwenden (feinem Draht und Blech, zum Auftreiben in Halbkugelform), wozu
Puddeleisen wegen minderer Dichte nicht taugt und zerreißt. Letzteres gibt beim
Cementiren weniger guten Stahl, wird von oxydirenden Agentien rascher zerstört und
blättert sich in der Glühhitze leicht auf. Die in technischen Schriften häufig als
Haupteigenschaften des Stabeisens angegebenen, daß es bei hackigem Bruche sehnig
seyn müsse, sind sehr zweideutig; sie zeigen, allein dastehend, nicht mehr als ein
nicht ganz schlechtes, bei mattgrauer Farbe des Bruches ein lockeres, weiches Eisen
an. Auch hält man wohl dasjenige Eisen für das beste, welches sich ohne
Kanten- und Bruchrisse zu erhalten, am stärksten biegen läßt; aber solches
ist auch nicht immer das beste, indem gewöhnliches Puddeleisen dieses Verhalten
besser zeigen kann, als
gutes, dichtes Herdeisen, während letzteres aber einem darauf fallenden Rammbär weit
größeren Widerstand entgegensetzt, ehe es zerreißt, als ersteres. Das dichte Eisen
wird auch wohl hartes genannt, welchen Namen es aber nur unter gewissen Umständen
verdient, indem es in größeren Stücken dem Hammer etwas mehr Widerstand leistet,
dagegen ist es beim Ausschmieden das weichste Eisen, z.B. das wegen seiner
Dichtigkeit sehr berühmte Taberger Eisen.
Aehnlich wie im Puddelofen verliert das Eisen seinen Kohlenstoff im Herde nur durch
die Schlacke, indem sie, auf eine niedrigere Oxydationsstufe zurückgeführt, immer
wieder Sauerstoff aufnimmt. Auch scheinen Gase, etwa Sauerstoff, von der flüssigen
Schlacke absorbirt zu werden; ohne daß Kohleneisen vorhanden, geräth sie im
Puddelofen bei einer bestimmten Temperatur ins Kochen, es steigen unzählige Bläschen
auf, welche Schlackentheilchen mit wegreißen, so daß die Oberfläche wie mit einem
feinen Staubregen bedeckt erscheint.
Zur Erlangung einer besseren Eisenqualität im Puddelofen hat Hr. Professor Schafhäutl das Puddelverfahren nach denjenigen
Grundsätzen modificirt, nach welchen das Herdfrischen geschieht; nämlich eine
übermäßige Vertheilung des Roheisens in der Schlacke vermieden und eine der
jedesmaligen Periode des fortschreitenden Puddlingprocesses angemessene Temperatur
angewandt. Man schmilzt das Roheisen in gewöhnlicher Weise ein und fügt dann als das
beste Mittel zur Verhütung einer zu feinen Vertheilung das Schafhäutl'sche Pulver (Braunstein, Kochsalz und Thon) in bestimmter
Quantität hinzu. Das Eisen erscheint dann nur krümlich in der Schlacke und es
unterstützt sehr häufig ein Strom kalter Luft, der bei halbgeöffnetem Schürloch mit
der Flamme über das kochende Eisen hinwegzieht, den Fortgang des Processes sehr. Hat
sich die kochende Schlacke gesetzt, so vermeidet man auch jetzt die zu feine
Zertheilung mittelst der Brechstange und walzt einfach die Klumpen so lange in der
Schlacke herum, bis man ihnen die richtige Temperatur geben kann, um sie zu einem
Ball zu vereinigen. Ein Zusatz von arseniger Säure befördert die Abscheidung der
Schlacke, bis zu 1/2 Pfund in den Ofen geworfen, von dem niedergegangenen Eisen.
Nach dieser Methode wurden auf den Tividale-Eisenwerken aus gewöhnlichem
grauen, mittelst heißer Luft erblasenen Steinkohlenroheisen sehr dichte feste
Eisenbahnschienen dargestellt, welche größere Steifheit, d.h. Elasticität und
Stärke, besaßen, als irgend welche Schienen von anderen englischen Werken, die bei
10 Tonnen Belastung ihre Elasticität schon völlig verloren, während die
Trividale-Schienen sie noch vollständig bewahrten. (Im Auszuge aus dem Kunst- und
Gewerbeblatt für Bayern, 1863 S. 321.)