Titel: | Pyrotechnische Werthbestimmung des bekannten Klingenberger Thones, Sorte I und II im Vergleiche zu einander; von Dr. Carl Bischof. |
Autor: | Carl Bischof [GND] |
Fundstelle: | Band 174, Jahrgang 1864, Nr. XVI., S. 50 |
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XVI.
Pyrotechnische Werthbestimmung des bekannten KlingenbergerSelingenberger Thones, Sorte I und II im Vergleiche zu einander; von Dr. Carl Bischof.
Bischoff, pyrotechnische Werthbestimmung des KlingenbergerSelingenberger Thones.
Der genannte Thon kommt vor im bunten Sandstein, liegt eine Viertelstunde von der
Stadt Selingenberg und eben so weit vom Main entfernt in einer Schlucht und bildet
eine zusammenhängende ausgedehnte Masse, deren Mächtigkeit circa 100 Fuß beträgt. Er wird bergmännisch schon über 100 Jahre lang
gewonnen und vermag nach gemachten Bohrversuchen mindestens für eben so lange Zeit
pro Jahr 5000 Zollcentner Thon Iter Sorte, die loco à 54 Kreuzer verkauft wird, zu liefern. Die
Thonförderung geschieht mittelst eines Stollens und zwei Schächten, welche letztere
200 Fuß tief sind.
Die IIte Sorte findet sich unter der Iten, und zwar stellenweise gelagert, und wird
à Centner zu 30 Kreuzer verkauft.
Sorte I.
Physikalische Eigenschaften.
Ist von graulich-blauer Farbe. – Zeigt häufig fettigglänzende Eindrücke
und Ablösungen.
– Fühlt sich fettig an. – Schneidet sich glatt, die Schnittfläche ist
glänzend. – Der Bruch ist muschelig; scheint an
den Kanten hornartig durch. – Haftet stark an der
Zunge. – Zerfällt in Wasser unter Entwickelung von Luftbläschen, die mit
singendem Zischen entweichen; gibt damit angefeuchtet eine sehr bindende, anhaftende und bildsame Masse.
Knirscht beim Reiben in dem Achatmörser fast unfühlbar. Durch Schlämmen werden im
Mittel von zwei Bestimmungen 12 Proc. festere Theilchen, vornehmlich von Thonfarbe,
und Sand abgesondert.
Braust mit Säure übergossen nicht. – Enthält Kalk merklich. – Durch
längeres Digeriren mit Salzsäure werden 1,15 Proc. Kalk ausgezogen.
Eisen ist wenig darin. – Durch längeres Kochen mit Salpeter-Salzsäure
wurden 0,6 Proc. Eisenoxyd gefunden und läßt Chlorbaryum alsdann eine sehr geringe
Menge einer Schwefelverbindung (die sich hauptsächlich als Schwefelkies erwies)
erkennen.
Geglüht über der Spirituslampe, wird er dunkler und brennt sich bei fortgesetztem
Glühen zur gelblich-grauen Masse – enthält daher Kohle.
Bestimmung des Grades der
Strengflüssigkeit (Feuerfestigkeit) und des Bindevermögens (Magerkeit oder
Fettigkeit).
Die Bestimmung wurde vorgenommen nach dem in Bd. CLIX S. 54 und Bd. CLXI S. 208
dieses Journals beschriebenen Verfahren, wornach Quarzzusatz das Maaß für die
Strengflüssigkeit im umgekehrten und für das
Bindevermögen im geraden Verhältniß gibt.
Die resp. Cylinderchen, der normirten Gußstahlschmelzhitze ausgesetzt,
beginnt:
Cylinderchen Nr. 0 (d.h. eine Durchschnittsprobe des Thones
für sich) ohne wesentliche Aenderung der Form, sich aufzublähen zur feinblasigen
Masse.
Vorher mit Salzsäure behandelt – brennt der Thon
sich Heller, aber erscheint nicht strengflüssiger.
Geschlämmt – verhält sich im Feuer das
Uebergeschlämmte im Wesentlichen gleich dem Ungeschlämmten.
Geringerer Hitze, in der Gußeisen kaum zum Schmelzen kommt, ausgesetzt –
schwindet der Thon zur krugähnlichen, noch ein wenig anhaftenden Masse, die sich
porig und nicht wenig rissig zeigt. Der vollkommen
lufttrockene Thon schwand dabei von 100 auf circa
94.
Cylinderchen Nr. 1 (d.h. 1 Theil Thon versetzt mit 1 Theil chemisch reinem Quarzpulver u.s.w.)
Gußstahlschmelzhitze ausgesetzt – hat die Form erhalten, ist außen wenig
glasirt, auf dem Bruche dicht und kaum porig.
Cylinderchen Nr. 2 – ist kaum glasirt, beginnt schon körnig zu werden und
ist Garnkirk 1 (d.h. der beste schottische Thon versetzt mit 1 Theil Quarz)
voranzusetzen.
Cylinderchen Nr. 4 und noch mehr Nr. 5 – ist körnig u.s.w.
Die Strengflüssigkeit ist demnach Garnkirk Nr. 1 als Einheit gesetzt, = weniger
als 2 zu setzen.
Das Bindevermögen, in der beschriebenen Weise geprüft, ist = 9 – 10.
Zusammenfassung.
Der KlingenbergerSelingenberger Thon, d.h. dessen erste Qualität, gehört
demnach zu den hervorragend strengflüssigen und zu
den bindendsten, die es überhaupt gibt; wenn er auch
in Folge der letzten Eigenschaft nicht wenig schwindet und dabei rissig
wird.
Er zeichnet sich aus durch große Homogenität und Zartheit der Masse. Der
Sandgehalt ist sehr gering, der Gehalt an Eisen unbedeutend und der an Kalk von
nicht nachtheiligem Einflusse.
Dieser Thon verdient demnach mit Recht seinen Ruf. Er ist zu den besten festländischen feuerfesten Thonen zu rechnen
und kann den vorzüglichsten belgischen Thonen
unmittelbar an die Seite gesetzt werden.
Sorte II.
Physikalische Eigenschaften.
Ist von bläulich-grauer Farbe. – Zeigt seltener glänzende Eindrücke; fühlt sich weniger fettig an. – Schneidet sich glatt mit wenig glänzender
Schnittfläche. – Zerspringt unter dem Hammer zu kantigen Stücken, die
stellenweise einen unvollkommen muscheligen Bruch zeigen.
– Verhält sich übrigens gleich der Sorte I.
Knirscht beim Reiben in dem Achatmörser etwas mehr. Durch
Schlämmen werden im Mittel von zwei Bestimmungen 19 Proc. Sand und körnige feste
Theilchen von grauer Farbe abgeschieden. – Braust nicht. – An Kalk
werden ausgezogen 1,02 Proc. und an Eisenoxyd 1,04 Proc.
Die Menge der vornehmlich als Schwefelkies vorhandenen Schwefelverbindung ist viel beträchtlicher. Der Thon, mit rauchender
Salpetersäure digerirt,
berechnet sich die Menge des Schwefelkieses auf 1,63 Proc.
Ist gleichfalls kohlehaltig.
Bestimmung des Grades der
Strengflüssigkeit und des Bindevermögens.
Die geformten resp. Cylinderchen wie oben Gußstahlschmelzhitze ausgesetzt,
ist:
Nr. 0 (wie oben) mehr aufgebläht zur blasigen Masse mit
schwarzgefärbtem Kern. Im Ganzen ist die Form jedoch erhalten.
Mit Salzsäure behandelt und ebenso geglüht – ist er
innen fest sinterig-blasig mit glasirtem Aeußern; er ist also dadurch nicht zu verbessern.
Geschlämmt und geglüht – ist er ein wenig
verbessert, indem er weniger aufgebläht erscheint mit einem mehr feinblasigen
Bruche. Geringerer Hitze wie oben ausgesetzt – schwindet der Thon zur
dichten krugartigen, nicht mehr anhaftenden Masse mit
häufigen Rissen und Sprüngen. Der lufttrockene Thon schwand dabei von 100 auf
circa 93.
Cylinderchen Nr. 1 (wie oben) – hat die Form
erhalten, ist außen stark glasirt, der Bruch ist ziemlich blasig.
Nr. 2 – ist stark glasirt, innen blasig.
Nr. 4 und 5 beginnt körnig zu werden.
Nr. 6 ist körnig u.s.w.
Die Strengflüssigkeit dieser Thonsorte ist demnach
=
3 zu setzen,
das Bindevermögen ist
=
6.
Zusammenfassung:
Die zweite Sorte des KlingenbergerSelingenberger Thones steht somit fast in jeder Beziehung der ersten nach. Er ist
weniger strengflüssig und weniger bindend, wenn er auch hinsichtlich dieser
Eigenschaften überhaupt keine niedrige Stufe einnimmt.
Vornehmlich dürfte der geringere Grad der Strengflüssigkeit begründet seyn in dem
schon nicht unbeträchtlichen Schwefelkiesgehalte von 1,63 Proc., und erklärt
sich das geringe Bindevermögen theils aus dem größeren Sandgehalte, und gibt
sich zu erkennen in den verschiedenartigen mehr ungünstigen physikalischen
Eigenschaften. Damit in Uebereinstimmung steht die, wenn auch nicht große,
Verbesserung der Strengflüssigkeit durch Schlämmen des Thones, sowie auf der
anderen Seite die mehr hervortretende Rissigkeit beim Brennen.
Die Preisdifferenz zwischen der Sorte I und II des KlingenbergerSelingenberger Thones ist somit eine qualitativ und pyrotechnisch auch wirklich
bestimmbare und ist hauptsächlich begründet in der größeren Unreinheit und dem
deßhalb geringeren Grade der Strengflüssigkeit.
Kelterhaus bei Ehrenbreitstein, den 27. Juli 1864.