Titel: | Verschiedener Grad der Strengflüssigkeit (Feuerfestigkeit) der Quarzarten, resp. der beiden Zustände der Kieselerde, besonders in Verbindung mit Thonerde; von Dr. Carl Bischof. |
Autor: | Carl Bischof [GND] |
Fundstelle: | Band 174, Jahrgang 1864, Nr. XLIII., S. 141 |
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XLIII.
Verschiedener Grad der Strengflüssigkeit
(Feuerfestigkeit) der Quarzarten, resp. der beiden Zustände der Kieselerde, besonders in
Verbindung mit Thonerde; von Dr. Carl
Bischof.
Bischof, über den verschiedenen Grad der Strengflüssigkeit der
Quarzarten besonders in Verbindung mit Thonerde.
Bezugnehmend auf die vortreffliche Untersuchung eines der Wissenschaft unlängst
entrissenen Mannes, dessen hohe Verdienste um die Chemie unvergänglich sind und der so
viele dankbare Schüler hinterläßt, ist es mit wohl gestattet, da ich das Glück hatte
ein ganzes Jahr in seinem Laboratorium zu arbeiten, diesen Schülern mit aller Pietät
mich anzuschließen. Der verstorbene Heinr. Rose legt in
seiner berühmt gewordenen Abhandlung über die verschiedenen Zustände der
KieselsäurePoggendorff's Annalm Bd. CVIII S. 1. unter Anderem dar, daß die amorphe Kieselsäure
von der Dichtigkeit 2,2 bis 2,3 und die krystallisirte
von der Dichtigkeit 2,6, welche letztere nur krystallisirt oder mehr oder weniger
krystallinisch dicht vorkommt, sich in ihren chemischen Eigenschaften wesentlich von einander unterscheiden.
Erstere, sagt Rose, ist in einer kochenden Lösung von Kalihydrat und von kohlensaurem
Alkali in weit höherem Grade löslich als letztere; ferner
wirkt auf die amorphe Kieselsäure rauchende Flußsäure heftig ein, indem sie sich damit äußerst stark erwärmt und aufbraust, während die
krystallisirte Kieselsäure langsam und ruhig von derselben aufgelöst wird.
Beide Arten der Kieselerde finden sich in der Natur, die amorphe als Opal,
Infusorienerde und Hyalith, und die krystallisirte bildet der Bergkrystall, der
Quarz, der Amethyst, der Sandstein so wie auch der Sand, welcher gewöhnlich durch
mechanische Zertrümmerung des Quarzes oder bisweilen auch durch Abscheidung in
deutlich krystallisirtem Zustande entstanden ist. Im krystallinisch dichten Zustande
finden wir die Kieselsäure in Chalcedon, im Chrysopras, im Hornstein, im
Feuerstein.
Die chemische Verschiedenheit zwischen der amorphen und
krystallisirten Kieselerde gibt sich zu erkennen, wie
ich im Folgenden darzulegen versuchen werde, ebenso hinsichtlich der Schmelzbarkeit, wenn auch nicht in so unmittelbarer
Weise.
Die betreffenden Schmelzversuche wurden angestellt mit folgenden natürlichen
Quarzarten:
I. Quarzarten worin die Kieselsäure im
amorphen Zustande ist.
1) Infusorienerde von der Lüneburger Haide. Sie ist staubartig oder besteht aus lose
verbundenen Theilen von gelblichweißer Farbe, färbt ab und haftet an der Zunge;
ferner wurde geprüft solche vom Berg Amiata in Toscana, welche von nahezu völlig
weißer Farbe ist, und nur sehr wenig fremde Beimengungen enthält.
Durch Digeriren mit Salzsäure wird bei beiden Proben merklich Eisen, Thonerde und
Kalkerde ausgezogen.
2) Opal, gemeiner von Steinheim bei Hanau. Er ist von wachsgelber Farbe,
durchscheinend und ohne fremdartige Beimengungen.
Salzsäure zieht merklich Eisen und Kalk aus.
3) Hyalith von Büdigheim bei Hanau. Ist durchsichtig, wasserhell und
glasglänzend.
Durch längeres Digeriren mit Salzsäure zeigt sich in der Lösung ein wenig Eisen und
sehr wenig Kalk.
II. Quarzarten worin die Kieselsäure im
krystallisirten oder krystallinisch dichten Zustande ist.
4) Amethyst, weißer aus Brasilien, ohne fremde Beimengungen. Salzsäure zieht merklich
Eisen und wenig Kalk aus.
5) Bergkrystall von Pfitsch in Tyrol, durchsichtiger und wasserheller ohne sichtbare
Einschlüsse oder fremdartige Beimengungen.
Durch Salzsäure wird nichts ausgezogen.
6) Quarz, Milchquarz aus dem Gneiß von Volpersdorf in Schlesien. Ist durchscheinend
mit einem Stich in's Graue, zeigt nur stellenweise eine gelbliche Rinde.
Salzsäure zieht aus der inneren Masse kein Eisen, aber wenig Kalk aus.
7) Quarz, krystallisirter von Ratingen. Die Krystalle sind durchsichtig, fast
wasserhell, theilweise zerfressen und mit Eisenrinde überzogen.
Salzsäure zieht wenig Eisen und wenig Kalk aus.
8) Chalcedon von Kosemütz in Schlesien, wachsgelb und durchscheinend.
Salzsäure zieht merklich Eisen und wenig Kalk aus.
9) Chrysopras von ebendaher. Grünlichweiß.
Salzsäure zieht etwas Eisen, theilweise auch Nickel, und sehr wenig Kalk aus.
10) Feuerstein aus der Kreide Mährens. Sphäroidische Massen von asch- und
rauchgrauer Farbe mit weißer Kalkrinde.
Bei reinen Stücken aus der Mitte herausgeschlagen, zieht Salzsäure Spuren von Eisen,
aber sehr merklich Kalk (am meisten unter allen) aus.
11) Hornstein von Muffendorf bei Bonn. Weiß, an den Kanten durchscheinend. Enthält
Versteinerungen, zeigt Löcher und Aushöhlungen, deren Wände eisengelb gefärbt
sind.
Salzsäure zieht wenig Eisen und wenig Thonerde, aber merklich Kalk aus.
Jede der genannten 11 Quarzarten wurde im Stahlmörser zerschlagen und in der
Achatschale fein zerrieben, das Pulver mittelst kochender Salzsäure gereinigt und
hierauf mit Wasser angefeuchtet. Aus diesem Pulver wurden dann kleine Cylinder oder
Prismen geformt. Dieselben, sämmtlich auf eine Thonscheibe nach der Reihe gelegt und
in ein Thontiegelchen aus der allerstrengflüssigsten
feuerfesten Thonmasse eingeschlossen, wurden einer sehr hohen Temperatur ausgesetzt,
welche Gußstahlschmelzhitze wesentlich überschreitet, wobei sich ergab:
Am strengflüssigsten erscheinen der Feuerstein und Bergkrystall, die äußerlich glasig, auf dem Bruche aber
körnig sind.
Hierauf folgt der Opal, der auf dem Bruche schon glasige
Stellen zeigt.
Alsdann kommen die übrigen:
der Amethyst, Chalcedon, Hornstein, Hyalith, krystallisirte
Quarz und Milchquarz mit einem mehr glasigen als
körnigen Bruche.
Augenscheinlich am wenigsten strengflüssig verhalten sich die beiden Proben der Infusorienerde, welche unter Volumenverminderung zusammengegangen sind zu einem äußerlich völlig
glasigen und auf dem Bruche sinterig-blasigen Email.
Wesentlich weniger strengflüssig dagegen und entschieden mehr verschiedenartig
verhalten sich die Quarzarten, wenn sie in Verbindung mit Thonerde geglüht werden,
sey es mit chemisch reiner oder auch mit natürlichem feuerfesten Thone.
So ein Theil reiner Thonerde mit der ein-, zwei-, drei- und
vierfachen Kieselmenge versetzt, schmelzen die Proben, wenn die Temperatur
Gußstahlschmelzhitze erreicht oder gar zu überschreiten beginnt, zusammen, und in
etwas niederer Temperatur läßt sich unterscheiden:
Am leichtflüssigsten sind die Infusorienerde, dann der Hyalith und Opal, d.h. also die Gemenge der amorphen Kieselsäure mit Thonerde.
Am leichtesten schmelzbar ist darunter die auch selbst sorgfältigst mittelst
Salzsäure gereinigte Infusorienerde, wovon die resp. Proben bei gleichen Theilen
reiner Thonerde und Infusorienerde in annähernder Gußstahlschmelzhitze –
außen glasirt und innen glasig sind; bei zweifachem Zusatze von Infusorienerde
erscheinen die Proben-blasig auf dem Bruche, und bei dem vierfachen –
blasig-sinterig.
Merklich strengflüssiger zeigen sich die verschiedenen Gemenge der krystallisirten Kieselsäure mit Thonerde.
Unter ihnen erscheint am wenigsten strengflüssig der Amethyst, hierauf folgt der Hornstein und Chalcedon, dann der Milchquarz und am strengflüssigsten
verhalten sich der krystallisirte Quarz, Bergkrystall und
Feuerstein.
Bei dem Bergkrystall z.B. sind die Proben mit dem einfachen Zusatze kaum glänzend
außen und ist der Bruch körnig; bei dem zweifachen und noch mehr bei dem vierfachen
ist der Bruch lose körnig.
Entschieden leichtflüssiger zeigt sich der Chrysopras, dessen Nickelgehalt, der durch
Digeriren mit Salzsäure nicht völlig ausgezogen wird, als Flußmittel wirkt, indem
ein undurchsichtiges Glas von rauchgrauer Farbe erhalten wird.
Wenn im Allgemeinen in annähernder Gußstahlschmelzhitze bei den einzelnen Quarzarten
mit der Menge des Kieselerdezusatzes die Strengflüssigkeit zunimmt, so kehrt sich,
wie ich schon früher dargethan, das Verhältniß in höherem Hitzegrade um, und zwar
nach Vorstehendem bei der amorphen Kieselsäure zuerst und
merklich später d.h. in mehr gesteigerter Temperatur,
bei der krystallisirten. Selbst bei den ungereinigten Quarzarten, sofern
die Beimengungen nur gering und namentlich nicht in einem größeren Eisengehalte
bestehen, macht sich diese wesentliche Verschiedenartigkeit
der Schmelzbarkeit geltend.
Der chemisch reinen Thonerde verhalten sich annähernd gleich die im Ganzen, abgesehen von dem Kieselerdegehalt reinen
natürlichen feuerfesten Thone, wie z.B. verschiedene Versuche mit dem Halle'schen
Thone, dem Chinaclay, dem hessischen etc. erwiesen.
Zur Constatirung vorstehender Resultate wurden obige Versuche noch mehrmals
wiederholt mit Opal einerseits und mit krystallisirtem Quarz andererseits, beide in gleicher
Weise in verschiedenen Verhältnissen versetzt mit einem Theil chemisch reiner
Thonerde.
Dieselben der Gußstahlschmelzhitze ausgesetzt, waren stets die Opalproben mehr
geschmolzen als die Quarzproben, und zwar erstere zur blasigen und letztere mehr zu einer dichten Masse ohne Blasen. Je feiner dabei das
angewendete Opalpulver, um so mehr tritt die Blasigkeit hervor, und je grobkörniger
der krystallisirte Quarz, um so mehr zeigt sich das Gemenge körnig im Feuer. Die
Bestimmung eines Alkaligehaltes mittelst Flußsäure ließ in dem Opal wie in dem
Quarze keine Alkalien oder höchstens nur Spuren davon nachweisen.
In einer Temperatur, die annähernd nur Gußstahlschmelzhitze erreicht, nimmt bei den
Opalproben mit der Vermehrung des Opalzusatzes die Strengflüssigkeit ab; dagegen
findet in der bezeichneten Temperatur bei den krystallisirten Quarzproben das
Umgekehrte statt, indem der vermehrte Kieselzusatz auch die Strengflüssigkeit des
Gemenges erhöht.
Erst bei Steigerung der Temperatur bis zur völligen Gußstahlschmelzhitze ist durch
vermehrten Zusatz von krystallisirtem Quarz der Grad der Strengflüssigkeit des
Gemenges nicht mehr zu erhöhen.
Je nach der Qualität des feuerfesten Thones tritt indeß dieser Zeitpunkt früher oder
später ein.
Das Ergebniß vorstehender Versuche, im Allgemeinen zusammengefaßt, ist somit:
1) Die verschiedenen Quarzarten, wenn sie auch vorher alle in
derselben Weise gereinigt und präparirt, sind hinsichtlich der Strengflüssigkeit
von einander verschieden.
Ein Unterschied zwischen der unversetzten amorphen und krystallisirten Kieselsäure gibt sich nicht oder nicht
durchgängig zu erkennen; wenigstens erscheint der Opal
strengflüssiger als die meisten krystallisirten
Quarzarten.
2) Gemengt dagegen mit Thonerde (oder natürlichem Thon)
verhält sich die amorphe Kieselerde wesentlich
leichtflüssiger als die krystallisirte, ja in einer bestimmten Temperatur, in
der die amorphe Kieselerde geradezu als Flußmittel auftritt, vermag die
krystallisirte im Gegentheil die Strengflüssigkeit zu erhöhen.
Für die Praxis resp. Darstellung feuerfester Fabricate mittelst Kieselerdezusatzes
ergibt sich demnach, daß es keineswegs gleichgültig ist,
welche Quarzart man dazu verwendet und in welchem
Zustande sie sich überhaupt befindet.
Je nachdem hierbei ohne eine rationelle Auswahl und Beachtung der chemischen wie der
nicht unwichtigen physikalischen Verhältnisse verfahren wird, stellt sich sogar
leicht statt des beabsichtigten Zweckes, statt einer mindestens relativen Erhöhung der Strengflüssigkeit das Gegentheil ein. Statt
des Aufbesserungsmittels erwischt die blinde Wahl das Flußmittel.
So ist keineswegs mittelst der amorphen Kieselerde,
namentlich der Infusorienerde, derselbe Erfolg in
feuerfester Hinsicht zu erzielen wie bei der krystallisirten, abgesehen davon, daß
erstere überhaupt unreiner vorkommt und sich hinsichtlich des chemisch gebundenen
Wassers, das sie am energischsten zurückhält, ungünstiger verhält. Es möchte sich
z.B. daraus erklären, weßhalb die großen Erwartungen für feuerfeste Zwecke bei
Auffindung des mächtigen Lagers der Infusorienerde auf der Lüneburger Haide nicht in
Erfüllung gegangen sind, wenn auch gerade in entgegengesetzter Hinsicht zur Darstellung von
Wasserglas dasselbe um so günstiger auszubeuten ist.
Eine wissenschaftliche Verfolgung der so wichtigen, auf die feuerfesten Thone und
deren Versatzmittel begründeten Industrie anstrebend, nehme ich Erfahrungen Anderer
und bezügliche Bemerkungen mit dem größten Danke entgegen. Industriellen, welche ein
Interesse an derartigen Untersuchungen haben, stelle ich anheim, mit betreffende
Proben zukommen zu lassen unter der frankirten Adresse: Dr. C. Bischof bei Ehrenbreitstein am
Rhein.