Titel: Neues Polarisationsinstrument; von H. Wild in Bern.
Fundstelle: Band 174, Jahrgang 1864, Nr. XLIV., S. 146
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XLIV. Neues Polarisationsinstrument; von H. Wild in Bern. Aus Les Mondes vom 11. August 1864. Mit Abbildungen auf Tab. II. Wild's neues Polarisationsinstrument. Dieses InstrumentEine Notiz des Verfassers über dieses Instrument wurde bereits im polytechn. Journal Bd. CLXXI S. 296 mitgetheilt. kann sowohl für die Bestimmung des Zuckers, wie auch für die jeder anderen die Polarisationsebene drehenden Flüssigkeit angewendet werden. Hr. Optiker Hofmann (Rue de Bucy 3) in Paris verfertigt dasselbe in vorzüglicher Weise nach meinen Angaben. Das Instrument ist in Fig. 12 dargestellt; es besteht aus einem Gestelle B, C, einem nach Art des von mit beschriebenen PhotometersPoggendorff's Annalen Bd. CXVIII S. 210. modificirten Savart'schen Polariskope und einem Zeiger D, welcher mit dem getheilten Ringe E in Verbindung steht, in dessen Mitte die Röhre F mit einem um seine Achse drehbaren Nicol angebracht ist. Den Ring kann man mittelst des Griffchens G um feine Mitte drehen und dann die Stellung des Zeigers an einem Nonius bis auf Zehntelgrade ablesen. Zwischen dem Nicol F und dem Polariskope wird die Röhre H mit der zu prüfenden Flüssigkeit eingelegt und durch zwei Federn festgehalten. Bei I, vor dem Ocular A, ist eine geschwärzte Scheibe zum Schutze des Auges vor fremdem Lichte angebracht. Das ganze Instrument wird von dem Griffe K gehalten oder steht auf einem Fuß. Die Beobachtung geschieht wie folgt: Man richtet das Instrument am Tage nach einer weißen oder grauen Wolke oder nach einer weißen Mauer, am Abend nach einer Lampen- oder Kerzenflamme. Wenn man nun bei A hineinsieht und dem Nicol die richtige Stellung gegeben hat, so bemerkt man ein System horizontaler farbiger Linien (Schwarz zwischen zwei weißen), über welchen das Fadenkreuz des Fernrohrs liegt (s. Figur 13). Wenn man dann bei leerem oder gefülltem Rohre den Nicol mit dem Ringe mittelst des Griffes G dreht, so sieht man diese Linien verblassen, sich trennen und in der Mitte einen farblosen Streifen frei lassen, und endlich an ihrer Stelle rechts und links Linien von complementärer Farbe auftreten (Weiß zwischen zwei schwarzen). Sobald der farblose Streifen die Mitte des Sehfeldes oder die Stelle des Fadenkreuzes eingenommen hat (f. die untere Hälfte der Figur 13), hört man mit dem Drehen auf und liest mittelst des Nonius die Grade auf dem getheilten Kreise ab. Man erhält so den Anfangspunkt der Beobachtungen, der so lange unverändert bleibt, als nicht der Nicol sich in feiner Fassung selbst dreht, oder das Polariskop seine Lage ändert. Dreht man nun aber den Nicol in seiner Fassung, so kann man leicht bewirken, daß der Anfangspunkt mit dem Nullpunkt des Kreises zusammenfällt. Wenn man nun die Röhre H mit der die Polarisationsebene drehenden Flüssigkeit füllt, so sieht man die gefärbten Linien wieder in ihrer früheren Intensität erscheinen, und man muß, um den ungefärbten Streifen wieder in seine mittlere Stellung zu bringen, den Nicol nach der einen oder anderen Seite hin drehen. Die Zahl der Theilstriche, welche den Unterschied zwischen der alten und neuen Stellung ausdrückt, gibt die Drehung der Polarisationsebene durch die Flüssigkeit an. Wenn der Ausgangspunkt mit dem Nullpunkt der Theilung zusammenfiel, so erhält man diese Drehung unmittelbar in Graden oder Zehntelsgraden. Was nun die Richtung der Drehung anbetrifft, so ist zu bemerken, daß man, beim Hineinsehen bei A und bei Anwendung einer rechts drehenden Flüssigkeit, den Nicol F nach links, also in umgekehrter Richtung der Flüssigkeitsdrehung drehen muß, um die farbigen Linien zum Verschwinden zu bringen. Vielfach wiederholte Versuche haben gezeigt, daß die Beobachtung mit den farblosen Streifen in der Mitte des Gesichtsfeldes eine Genauigkeit bei der Messung des Drehungswinkels ergibt, welche bis auf einen Zehntelsgrad geht. Man erzielt diese Genauigkeit bei dem gewöhnlichen weißen Licht, so lange die von der Flüssigkeit bewirkte Drehung nicht 5° übersteigt. Darüber hinaus trennen sich die farbigen Strahlen, welche das weihe Licht bilden, in Folge der verschiedenen Drehungen ihrer Polarisationsebenen und die gefärbten Linien verschwinden bei keiner Stellung des Nicols. Man erhält nur ein Intensitäts-Minimum, welches um so schwerer zu bestimmen ist, als die Drehung eine größere ist. Es gibt zwei Mittel, diese Schwierigkeit zu umgehen. Man kann nämlich dem Princip des Soleil'schen Compensators folgen und der Drehung der Flüssigkeit die umgekehrte der Quarzplatten von bekannter Dicke entgegenstellen, um sie so bis unter 5° zu vermindern; zu diesem Zwecke wären dann Combinationen von rechts und links drehenden Platten anzuwenden, damit die Dicke der schließlich die Drehung unter 5° bringenden Platte nicht zu beträchtlich wird. Es ist klar, daß man durch Anwendung von vier rechts und vier links drehenden Platten von 1, 1 1/4, 1 1/2 und 1 3/4 Millimeter Dicke in ihrer Verbindung jedenfalls die Drehungen von ursprünglich 40° auf nur 5° in der Beobachtung zurückführen könnte, wobei dann die ursprüngliche Drehung aus der zuletzt abgelesenen und aus der Zahl und Dicke der eingeschalteten Hülfsplatten folgen würde. Da aber in der Praxis diese Compensation durch Quarzplatten etwas complicirt ist, und man sie nur dann anwenden kann, wenn, wie beim Quarz, die Dispersion der Flüssigkeit genau proportional derjenigen des Bergkrystalls ist, so schien es mit in allen den Fällen, wo die Drehung gewisse Grenzen überschreitet, am besten, entweder durch eine gleichmäßig rothe Glasplatte zu beobachten, oder den Apparat mittelst der homogenen Flamme einer mit Kochsalz imprägnirten Weingeistflamme zu beleuchten. Es ist hierbei, wie überhaupt auch sonst, nicht nöthig, in einem dunkeln Zimmer zu beobachten; ein schwarzer, hinreichend breiter und dicker Schirm hinter der Weingeistlampe ist vollkommen ausreichend. Das rothe Glas ist auf dem Ocular so befestigt, daß es leicht beseitigt werden kann. Ein Irrthum von 1/10 in der Bestimmung des Drehungswinkels entspricht je nach der Länge der Flüssigkeitssäule einer größeren oder kleineren Annäherung in der Bestimmung des Zuckergehaltes der untersuchten Lösung. Dem Instrumente werden zwei Röhren, eine von 50 und eine von 25 Millimeter, beigegeben. Für eine Genauigkeit bis auf 1/10 oder sogar 1/20 reicht bei der langen Röhre ein Zuckergehalt von 2 1/2 Grammen per Liter hin. Die kurze Röhre ist für weniger durchsichtige Flüssigkeiten oder für solche bestimmt, von denen man nur geringere Mengen hat. Die Vorzüge des neuen Instrumentes sind also folgende: 1) Es gewährt eine Genauigkeit, welche 10 mal so groß ist als sie bisher mit den besten Instrumenten erreicht werden konnte. 2) Das Instrument kann leicht in der Hand gehalten werden; es bedarf weder eines dunkeln Zimmers, noch einer besonderen Beleuchtung; seine Angaben sind von der Farbe der untersuchten Lösung unabhängig. 3) Die Construction ist eine sehr einfache; der Preis ist niedriger als derjenige anderer Instrumente von gleicher Genauigkeit. Auf Verlangen wird der Apparat eine Weingeistlampe mit Glascylinder (zum Stetigen der Flamme) und die erwähnte Reihe von 8 Quarzplatten beigegeben. Für wissenschaftliche Untersuchungen von noch größerer Schärfe construirt Hr. Hofmann nach demselben Princip und nach meinen Angaben ein Instrument, welches ich später beschreiben werde.

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