Titel: Ueber Concentration der Milch und beschleunigte Rahmerzeugung; von Antonin Prandtl.
Autor: Antonin Prandtl
Fundstelle: Band 174, Jahrgang 1864, Nr. XLV., S. 150
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XLV. Ueber Concentration der Milch und beschleunigte Rahmerzeugung; von Antonin Prandtl. Mit Abbildungen. Prandtl, über Concentration der Milch und beschleunigte Rahmerzeugung. Der Markt der Milch und die möglichst ausgiebige Verwerthung derselben als Nahrungsmittel in ihrer ursprünglichen Form wird namentlich von zwei Umständen beeinflußt und herabgestimmt. Einmal durch die geringe Haltbarkeit derselben beim Aufbewahren und zweitens dadurch, daß man die große Menge Wassers, das einen integrirenden Bestandtheil der frischen Milch bildet, zugleich mit ihr verführen muß, wodurch eine unverhältnißmäßige Erhöhung der Transportkosten erwächst. Die Kuhmilch enthält beispielsweise nach Boussingault's, Way's und Muspratt's Analysen etwa 87 Proc. Wasser und 13 Proc. feste Bestandtheile (3,2 Proc. Castzin, 4,1 Proc. Butter, 5,1 Proc. Milchzucker, 0,2 Proc. Salze und 87,4 Wasser, Boussingault). Man wird also 6,7mal so viel Kuhmilch zu transportiren haben als sich feste Substanz darin findet. Daraus erhellt leicht, wie relativ beträchtlich die Transportkosten, bei dem an sich geringen Preis der Milch, diesen letzteren erhöhen müssen. Ich stellte mit daher die auch anderseitig bereits mehrfach angestrebte Aufgabe: ein Mittel zu finden, der Milch, ohne jede Gefährdung ihrer wesentlichen Eigenschaften, den größten Theil dieses Wassers, das gleichsam nur ein verdünnender Bestandtheil derselben ist, zu entziehen; selbstverständlich auf einem Wege, der an sich eine Kostenersparung, im Vergleich mit dem Transport der nicht concentrirten Milch, als wesentliches Moment einschließen mußte. Eine andere hiervon getrennte Aufgabe wäre dann ferners die Haltbarmachung dieses Productes, wodurch es zugleich zum weiteren Transport und zur Aufbewahrung in Reservemagazinen, auf Schiffen, in Festungen u.s.w. geeignet werden würde und für welchen Zweck es mit einem wesentlichen Vortheil, dem der Raumersparniß beim Aufbewahren, bereits behaftet seyn würde. Concentration der Milch. – Ein Concentriren der Milch durch einfaches Einsieden ist natürlich aus dem bekannten Umstande der Cafëinhautbildung und theilweisen Zerstörung und Agglutination der, wie man annimmt, von einer besonderen Haut umgebenen und darnach wohl richtiger als Säckchen bezeichneten Butterkügelchen, nicht gestattet, indem dasselbe zugleich die Ausscheidung eines Theiles des Fettgehaltes unter Vernichtung des emulsionartigen Zustandes zur Folge hat. Eine vollständige Aufklärung dieses Vorganges ist uns übrigens seitens der Wissenschaft heutzutage noch nicht gegeben. Man gibt an (Scherer), die beim Abdampfen der Milch an deren Oberfläche sich bildende, gewöhnlich einfach als Cafëin angesprochene Haut sey reicher an Kohlenstoff und ärmer an Sauerstoff als gewöhnliches Cafëin. Dieses würde auf eine noch mehr durchgreifende Zersetzung der Milch deuten. Dagegen, obgleich diese Haut sauerstoffärmer als Cafëin ist, gibt Scherer Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. XL S. 36. an: dieselbe entstehe nur bei ungehindertem Sauerstoffzutritt zur Milch während des Abdampfens und nicht in einer Atmosphäre von Kohlensäure. Das Gegentheil wird wieder von Hoppe Virchow's Archiv für pathologische Anatomie, Bd. XVII S. 417. behauptet und nach diesem tritt, wenigstens wenn die Milch einige Stunden an der Luft gestanden hatte, nach dem Einleiten von Kohlensäure beim Kochen Coagulation ein. Die Controverse in dieser Frage seitens beider genannten Autoritäten ließ wenig Hoffnung hegen zu einer praktischen Verwerthung dieses, in dem von Scherer befürworteten Falle eventuell für unsern Zweck auszubeutenden Verhaltens, das außerdem eine Veränderung der Butterbälgchen durch die Wärme nicht wohl verhindern konnte. Ebenso hätte ein einfaches Verdunstenlassen der Milch in flachen Gefäßen bei einer niederen Temperatur – etwa 40° C. – (wie es z.B. jetzt im Großen bei der Darstellung von Albumin aus dem bei der Weißgerberei verfügbar werdenden Eiweiß oder aus dem Blutserum benutzt wird) wohl seine großen Schwierigkeiten in der praktischen Ausführung, da dieses für den vorliegenden Fall nicht wohl expeditiv genug wäre und zumal eine beständige Berührung mit der Luft mit sich bringen würde. Dagegen konnte die Verwendung des Abdampfens im luftleeren Raume, welches ein rascheres Entfernen des Wassers bei bedeutend niedrigerer Temperatur als der Siedepunkt der Milch gestattet, eher einigen Erfolg versprechen. In der That rechtfertigte auch ein erster Versuch in dieser Richtung die gehegten Erwartungen in einer außerordentlich zufriedenstellenden Weise. Textabbildung Bd. 174, S. 151 Der vorstehend abgebildete Apparat, dessen ich mich für diesen Zweck bediente, war folgender: Die Milch befand sich in einem geräumigen Glaskolben, der wiederum in ein metallenes Wasserbad eingesenkt war. Der luftdicht eingefügte Kork dieses Kolbens trug eine doppelte Durchbohrung, die eine ein Thermometer aufnehmend, die andere das Abführungsrohr für die Dämpfe, welches letztere in ein zweites Glasgefäß als Refrigerator einmündete und in demselben bis nahe zum Boden hinabreichte. Dieses zweite Gefäß war vermittelst einer an seinem Boden befestigten Bleibeschwerung in das Wasser des Kühlgefäßes untergesenkt. Auf den Boden des Kühlgefäßes mündete die Zuführungsröhre des Kühlwassers, während dasselbe, in Folge der Erwärmung leichter geworden, durch den seitlichen Tubulus wieder austrat. Das Kühlgefäß trug in seinem Korkverschlusse gleichfalls eine zweite Glasröhre, die in einem langen Schenkel rechtwinkelig nach unten stieg. Letzterer hatte eine Länge von etwa 80 Centimeter und seine untere Mündung tauchte in ein mit Quecksilber beschicktes Gefäß. Zugleich war diesem Schenkelrohre ein seitliches Röhrenstück angeblasen, welches das Innere der ganzen Vorrichtung mit der Luftpumpe in Verbindung setzte. Indem man nun die Luftpumpe in Bewegung setzte, konnte man leicht den gehörig zusammengefügten Apparat evacuiren, während der absteigende Schenkel des genannten Communicationsrohres zur Luftpumpe als Barometerprobe diente und über den im Inneren des Apparates jeweilig obwaltenden Druck unmittelbar Aufschluß gab. Der Stand der Quecksilbersäule in diesem Rohre in Folge der Spannung des Wasserdampfes und anderweitiger Einflüsse betrug immer etwa 3 Centimeter weniger als der zur Zeit gerade herrschende Barometerstand. Wurde nun der die Milch enthaltende Kolben im Wasserbade erwärmt, so begann dieselbe bald zu sieden und in dem Refrigerator sammelte sich das überdestillirende Wasser an, ohne daß, bei gehörigem Zufluß von Kühlwasser, der Quecksilberstand im besagten Schenkelrohre sich wesentlich änderte so daß nur von Zeit zu Zeit durch ein Paar Kolbenzüge an der Luftpumpe eine geringe Veränderung desselben, infolge nicht absoluten Dichthaltens der Verbindungen an dem Apparate, wieder auf den normalen Stand zurückgeführt zu werden brauchte. Ich engte in solcher Weise zunächst die Milch auf ein Fünftel ihres ursprünglichen Volumens ein. Die niedrigste Temperatur, bei welcher ein vollständiges Sieden des Kolbeninhaltes noch statt hatte, ließ das Thermometer zu 31° C. ablesen. Bei dieser Thermometerangabe hörte, wenn man von einer etwas höheren Temperatur herabstieg, die Blasenbildung völlig und plötzlich auf. Sollte alsdann der Rückstand im Kolben wieder von Neuem zum Sieden gebracht werden, so mußte auf fünf bis sechs Grade höher erwärmt werden. Uebrigens schritt die Operation des Abdampfens sehr gleichmäßig fort und war durch entsprechendes Feuern leicht zu reguliren. Die erwähnte niedrigste Siedetemperatur blieb bis an's Ende der Abdampfung (auf 1/5 Volumen) constant. Die Concentration der Milch geschah also bei einer noch unter der Blutwärme oder der Milchbildung in der Kuh liegenden Temperatur, aus welchem Grunde schon a priori eine weitere Veränderung der Milch nicht wahrscheinlich erscheinen mußte. Weiter als auf ein Fünftel die Eindickung zu treiben, war nicht wohl ausführbar, da der Rückstand im Kolben je nach der Güte der Milch ein wenig früher oder später zu spritzen begann, wobei große Tropfen an die Wandung des Kolbens geschleudert wurden, die daselbst nunmehr völlig eintrockneten und damit für unseren Zweck verloren waren, indem die völlig zur Trockne gebrachte Milch sich, wie wir gleich sehen werden, nicht unverändert in Wasser emulgirt. Das solcher Weise durch Concentration der Milch auf ein Fünftel-Volumen erhaltene dickflüssige Product zeigte eine weißliche Farbe, war durchscheinend und im äußeren Ansehen emailartig. Es schmeckte wie gute frische Milch, indeß süßer und viel voller, und hatte das der Milch unmittelbar nach dem Melken eigenthümliche Stallaroma eingebüßt, ohne jedoch im Geringsten den geschmacklosen Charakter der unter gewöhnlichen Verhältnissen gesottenen Milch aufzuweisen. Der Geschmack, abgesehen von der Concentration, glich vollkommen demjenigen, welchen gute Milch etwa vier bis sechs Stunden nach dem Melken besitzt. Die Consistenz war ungefähr die des dünnflüssigen Honigs. Nach dem Verdünnen dieses Rückstandes mit frischem kalten Brunnenwasser auf das anfängliche Volumen der zum Versuche verwandten Milch resultirte ein Product, welches aufs Vollkommenste mit vier bis sechs Stunden alter Milch übereinstimmte. Zahlreiche Sachverständige und in diesem Gegenstande erfahrene Hausfrauen fanden diese künstlich präparirte Milch sogar vollmundiger als die nicht zuvor concentrirte. Die Farbe und der emulsionartige Zustand hatten nicht die geringste Aenderung erlitten. Beim ruhigen Stehen schied sich an der Oberfläche dieser regenerirten Milch dieselbe Rahmmenge aus, wie sie an der frischen Milch, von welcher die Probe abstammte, beobachtet wurde. Ebensowenig ließ sich durch das Mikroskop eine Veränderung der Milchkörperchen oder irgend ein Unterschied von der frischen Milch entdecken. Wie erwähnt, scheiterte ein Versuch einer weiteren Einengung der Milch durch Eindampfen derselben im Vacuum auf beträchtlich weniger als ein Fünftel ihres Volumens, und ebenso erlitt dieselbe durch vollständiges Eintrocknen eine völlige Desintegration ihres Emulsionszustandes beim abermaligen Behandeln mit Wasser. Ganz ähnlich verhielt sich auch der beim spontanen Verdunsten der Milch unter dem Recipienten der Luftpumpe über englischer Schwefelsäure, bei gewöhnlicher Temperatur, hinterbleibende Trockenrückstand. Von einer etwa drei Millimeter hohen Milchschicht resultirte unter diesen Umständen nach zwei Tagen eine stearinartige, leicht zerreibliche weiße Masse von fadem, unschlittähnlichen Geschmack, in Folge ausgeschiedener Milchzuckerkrystalle unter den Zähnen knirschend. Kalkes Wasser vermochte dieselbe nicht wieder zu einer Emulsion aufzunehmen, erhielt dadurch hingegen den eigenthümlichen Talggeschmack. Heißes Wasser bewerkstelligte die Suspension einigermaßen, das dabei entstehende Liquidum war aber gleichfalls mit dem erwähnten widerlichen Geschmack behaftet. Auch ein Abblasen des Wassergehaltes der Milch mittelst eines Luftstromes ohne Anwendung künstlicher Erwärmung, das ich für den gleichen Zweck versuchte, führte zu keinem günstigen Resultat. Als der hinterbleibende, sehr transparente Einengungsrückstand butterartige Consistenz erlangt hatte, zeigte sich bereits der charakteristische Talggeschmack wieder. Die größere Transparenz dieses Productes ist offenbar Folge eines geringeren Lichtbrechungsunterschiedes in den Fettkügelchen und der concentrirteren Lösung des Cafëins, Milchzuckers u.s.w., ganz ähnlich wie dieselbe ja auch bei dem concentrirten Mandelsyrup beobachtet wird. Das Ergebniß aller dieser Proben, welche eine Aufbewahrung der Milch im vollkommen trockenen Zustande anstrebten, war also ein verneinendes; ein vollständiges Austrocknen der Milch ließ sich nicht ohne Geschmacksveränderung und Einbuße der wesentlichsten Eigenschaften der frischen Milch ausführen. Ich schloß absichtlich jeden Versuch, unter Anwendung künstlicher Zusätze (wie Soda, Zucker u.s.w.) den beabsichtigten Zweck zu erreichen, aus, da diese nur noch tiefer eingreifende nachtheilige Einflüsse auf das Product versprechen konnten, und es mit für meine Aufgabe wesentlich erschien, daß meinem Producte der volle Charakter der frischen Milch unverändert erhalten blieb. Haltbarkeit der auf ein Fünftel eingeengten Milch. – Da eine völlige Eintrocknung sich nicht als ausführbar erwies, so wandte ich meine Aufmerksamkeit nun der Haltbarkeit der wie oben auf ein Fünftel eingedickten Milch zu. Ohne jeden Zusatz erhielt sich diese concentrirte Milch unter einer Bedeckung durch eine etwa drei Millimeter hohe Schichte reinen Provenceröls, oder in sonst gut geschlossenen Gefäßen, bis zu vierzehn Tagen so gut wie unverändert. Bei vollkommen ungehindertem Luftzutritt erwies sich dieselbe dagegen nicht in einem für die praktische Verwerthung ausreichenden Grade haltbarer als gewöhnliche Milch. Aber selbst in Glasröhren eingeschmolzene Proben wurden nach längerer Zeit gelatinös, wie sogen, gestockte Milch oder Dickmilch, und zugleich blasig, in geringem Grade ranzig und es schieden an der Oberfläche wieder Milchzuckerkrystalle aus. Auch die in angegebener Weise aufbewahrten Proben lieferten nach dem entsprechenden Verdünnen mit Wasser noch eine allen billigen Anforderungen vollkommen entsprechende Milch, welche bei ruhigem Verweilen, wie im frischen Zustande, einen festen häutigen Rahm aufwarf, während die unterstehende Flüssigkeit an Transparenz und wässerigem Ansehen gewann. Es kann hiernach wohl keinem Zweifel unterliegen, daß die Erzeugung dieses Productes im Großen auf Gütern von hinlänglicher Milchproduction, oder durch eigens für diesen Zweck arbeitende und die Milch der Umgegend verwerthende Etablissements, ein rentables Geschäft abgeben würde, da die dafür erforderlichen baulichen Einrichtungen und Apparate nur die Aufwendung verhältnißmäßig geringer Mittel erheischen würden. Ich werde gern bereit seyn, über deren Anlage u.s.w. auf an die Redaction dieser Zeitschrift gerichtete Anfragen weiteren Aufschluß zu geben. Beschleunigte Rahmerzeugung. – Eine andere für die Milchwirtschaft nicht weniger interessante Aufgabe ist die beschleunigte Rahmerzeugung. Die Vortheile, welche deren Ermöglichung bieten würde, liegen gleichfalls wieder auf der Hand. Man wird mit einem in demselben Verhältniß geringeren Inventar an Geschirr u.s.w. ausreichen, als man die Nahmerzeugung beschleunigt. Der Zeitgewinn wird sich außerdem der Haltbarkeit des Rahmes hinzuaddiren. Die Butter wird frischer und haltbarer ausfallen, und ebenso wäre die damit gegebene Möglichkeit der gleichzeitigen Erzeugung von süßem Käse ein wesentlicher Vortheil. Unter den Versuchen, die ich in dieser Richtung anstellte, bewährte sich gleichfalls ein Mittel für den beabsichtigten Zweck in überaus zufriedenstellender Weise. Es ist dieses die Verwendung der Centrifugalkraft für die beschleunigte Rahmerzeugung. Die Rahmbildung in gewöhnlicher Weise beruht bekanntlich auf der Verschiedenheit der specifischen Gewichte der Fettkügelchen und der Flüssigkeit worin dieselben suspendirt sind. Diese letztere wird nun auch offenbar, wenn man die in einem passenden Gefäß eingeschlossene Milch mit diesem in die Centrifugalmaschine bringt, stärker nach Außen gedrängt werden als die specifisch leichteren Fettkörperchen. Es wird dadurch gleichsam die Differenz der beiden specifischen Gewichte vergrößert, und in Folge dessen findet ein rascheres Aufsteigen des Rahmes, das heißt Bewegen desselben nach der Achse der Maschine zu, statt. Ohne auf die praktischen Schwierigkeiten, welche der Ausführung dieser Idee anfangs entgegen standen, näher einzugehen, will ich nur die Hauptmomente meinet experimentellen Erfahrungen hervorheben. Nach einigen Vorversuchen im Kleinen verband ich durch eine Klemmvorrichtung mit der Achse der Centrifugalmaschine der hiesigen Mayer'schen Lederfabrik ein in starkem Eisendraht hängendes Weißblechgefäß, in einer Weise wie sie die folgende Skizze versinnlicht und welche gestattete, daß das mit Milch beschickte Gefäß bei der beginnenden Bewegung der Maschine, nach Art der Trichteraufhängung bei den in chemischen Laboratorien vielfach verwendeten Centrifugalmaschinen, in Folge der Fliehkraft sich allmählich in die horizontale Lage begeben konnte. Dieses Geschirr, welches in manchen Versuchen direct mit der Milch beschickt wurde, diente in anderen zur Aufnahme eines gut in dasselbe hineinpassenden Glascylinders, wodurch alsdann in bequemer Weise ein Urtheil über die Menge der entstandenen Rahmschicht gestattet war. Textabbildung Bd. 174, S. 156 Textabbildung Bd. 174, S. 156 Für die eigentliche Darstellung des Rahmes erwies sich mit diese Anbringungsweise an die Centrifugenachse, wenigstens in den Dimensionen wie ich sie hatte ausführen lassen, als zu schwach. Um daher in noch größerem Maaßstabe arbeiten zu können und für die wirkliche Gewinnung des Rahmes nach diesem Verfahren, ließ ich unten verschlossene Weißblechcylinder von 5 Zoll Durchmesser und gleicher Höhe anfertigen, deren obere Oeffnungen zu etwa drei Fünfteln mit einem Deckel überlöthet waren, während ein der freibleibenden Oeffnung entsprechendes Stück der Seitenwandung des Cylinders schräg abgeschnitten war, so daß sie eine Form, wie die Skizze zeigt, erhielten. Zwei seitlich angelöthete Blechlappen dienten der Vorrichtung gleichsam als Füße und verhinderten das Rollen derselben. Dieses zur Hälfte mit Milch gefüllte Gefäß setzte ich nun, die volle Bodenseite nach Außen gekehrt, in den Siebmantel der genannten Trockencentrifuge. Eine entsprechend geformte hölzerne Unterlage hatte den Zweck, den Siebmantel möglichst zu schonen. Wurde nun die Maschine in Drehung versetzt, so mußte sich selbstverständlich die Oberfläche der Milch aus ihrer Lage begeben und eine verticale Stellung parallel zur Achse der Maschine annehmen. Nach kurzer Zeit sondert sich hierbei die ganze Rahmmenge der Milch aus und legte sich nun, wenn man die Maschine allmählich zur Ruhe kommen ließ, indem die Flüssigkeit wieder ihre normale Lage einnahm, als sehr consistente Haut an die Wandungen des Gefäßes an. Die mittlere Entfernung des Milchcylinders von der Achse der Centrifugalmaschine betrug etwa 30 Centimeter (12,3 Zoll). Die Umdrehungsgeschwindigkeit war circa. 400 Umgänge in der Minute. Die Milchschicht hatte eine Höhe von 2,5–3 Zoll (6–7,2 Centimeter). Wenn ich unter diesen Verhältnissen die Milch fünfzehn bis achtzehn Minuten lang der Rotation ausgesetzt hatte, so fanden sich bereits 70–75 Proc. der sonst auf gewöhnlichem Wege erst nach mehreren Tagen erhaltenen Rahmmenge ausgeschieden. Ich erhielt auf solche Weise von guter Milch einen Rahm von weit beträchtlicher Consistenz als gewöhnlicher, etwa derjenigen von dicker Oelfarbe entsprechend. Er ließ sich in zwei bis drei Quadratzoll großen Stücken von der Milch mit den Fingern abnehmen, und ebenso blieben mit einem Löffel gefaßt zolllange Stücke herabhängen ohne zu zerreißen. Der so erhaltene Rahm hat bei niederer Temperatur, etwa drei bis vier Grad Reaumur, die Festigkeit weicher Butter, so daß ein Löffel darin vertical stehen bleibt. Ein zum Theil damit angefülltes, zwei bis drei Zoll weites Gefäß konnte ohne Gefahr des Ausfließens umgewendet werden. Von schlechter Milch, resp. verfälschter, wurde nur ein dünnes, leichtbewegliches Rahmhäutchen erhalten, welches keine größere Consistenz als gewöhnlicher Rahm hatte. Der consistente Rahm von guter Milch vermischte sich beim einfachen Uebergießen mit kaltem Wasser nur sehr wenig mit demselben, bei Anwendung von heißem Wasser, resp. Kaffee, und Umrühren, erfolgte dagegen die Suspension leicht auf's Vollständigste. In den Städten sucht man vielfach die Erzeugung des Rahms durch vorsichtiges Abdampfen der Milch zu beschleunigen und dessen Ausbeute zu vergrößern. Der so erhaltene Rahm zeigt auch eine größere Festigkeit als der durch einfaches Aufsteigen erzeugte; von dem mittelst Anwendung der Centrifugalkraft erhaltenen unterscheidet sich derselbe indeß in dem eben berührten Verhalten beim Mischen mit Wasser, indem bei ersterem keine derartig vollständige Suspension eintritt, sondern derselbe immer vielmehr in conglutinirten Flöckchen in der Flüssigkeit herumschwimmt. Es hängt dieses offenbar mit einer Cafëinausscheidung an der Milchoberfläche in Folge der Verdunstung und Erhitzung zusammen, durch welche eine Art Verkleisterung der Rahmkörperchen stattfindet. Wie gesagt, suspendirt sich dagegen der nach unserem Verfahren erzeugte Rahm zum Unterschiede hiervon auf's Vollkommenste. Unter der eigentlichen sehr cohärenten Rahmhaut fand sich immer noch eine zweite sahneähnliche Schicht vor, welche sich mit der dichteren Haut nicht vereinigt hatte und eigens abgenommen wurde. Die größere Dichte des nach unserem Verfahren gewonnenen Rahmes hat natürlich bei gleichem Gewicht ein geringeres Volumen desselben im Vergleich mit gewöhnlichem zur Folge. In mehreren Versuchen fand ich denselben, für gleiche Volumina, noch einmal so schwer als auf dem gewöhnlichen Wege aus derselben Milch dargestellten Rahm. Dünnere Milch lieferte das feine Rahmhäutchen erst nach längerer Zeit, als gute Milch die dickere zähe Rahmhaut. Es ist dieses vielleicht in dem relativen Vorwalten größerer Milchkörperchen in der gut qualificirten Milch begründet. Die an die Wandung des Gefäßes angelegte dichte Rahmschicht adhärirte hier an dem fast trocknen Bleche ziemlich fest, so daß darüber fließende Milch nichts davon hinwegzuführen vermochte. Beim Entfernen mit dem Spatel schmierte dieser Rahm sich ähnlich wie welche Butter oder Oelfarbe, und es konnte das Gefäß nur mit heißem Wasser bequem vollständig gereinigt werden. Die Farbe unseres Rahmes ist rein weiß, mit einem Stich in's Gelbe, nach längerem Aufbewahren gelber werdend. Natürlich hängt der Ton dieser Färbung in bekannter Weise zum Theil von der Fütterung des Thieres, von dem die Milch stammt, ab. Ein Aehnliches ist mit dem Geruche und Geschmacke der Fall. Frisch gemolkene Milch, sofort in die Centrifugalmaschine gebracht, theilt natürlich ihren eigenthümlichen Geruch auch dem Rahme mit, wie man ja auch vor dem Buttern die Milch erst 4 bis 6 Stunden offen stehen läßt, behufs der Entfernung dieser nicht gewünschten flüchtigen Riechstoffe durch Abdunstung. Unter Benutzung dieser Vorsicht liefert nun das neue Verfahren ein Product von bislang unbekannter Feinheit im Geschmack und Aroma, indem es ein Aufsaugen von Stall- und Kellergeruch u.s.w., welches beim gewöhnlichen Verfahren die Schmackhaftigkeit des Rahmes so sehr gefährdet, völlig ausschließt. Selbst von den nachtheiligen Einflüssen, welche sogar die reinste und frischeste Luft, zumal bei starker elektrischer Spannung und dadurch vergrößertem Ozongehalt, auf die Milch ausübt, befreit uns die neue Behandlungsweise nahezu vollständig. Der durch Centrifugalkraft erzeugte Rahm erwies sich haltbarer als gewöhnlicher. Nach drei Tagen begann derselbe erst einen bemerkbaren Stich in's Säuerliche zu bekommen. Aus diesen wenigen Daten ergeben sich die Vortheile, welche dieses Verfahren zu gewähren im Stande ist, von selbst. Die säuernde Einwirkung der Luft u.s.w. kann sich in der kurzen Zeit, welche zur Erzeugung des Rahmes nach diesem Verfahren erforderlich ist, durchaus in keinem mit der Gefahr bei dem gewöhnlichen Verfahren (durch einfaches Aufstellen der Milch) vergleichbaren Grade geltend machen. Das Product wird also einer ungleich geringeren Gefährdung ausgesetzt seyn oder letztere nahezu verschwinden. Die Waare selbst wird von nahezu absoluter Reinheit seyn; Staub, Insecten, Algensporen u.s.w. werden kaum Zugang zu derselben finden können. Die Möglichkeit der Beeinflussung durch Gerüche wird fast völlig herabgestimmt seyn. Die größere Haltbarkeit ist eine weitere vortheilhafte Eigenschaft des Products. Dieselbe wird namentlich den von größeren Städten entfernten Milchwirthschaften günstig seyn, indem sie, statt jetzt mit Molken- und Butterschmalzerzeugung ihr Product nur verhältnißmäßig niedrig zu verwerthen, den haltbareren und nur den halben Raum einnehmenden Rahm solchen größeren Consumplätzen zuzuführen im Stande seyn werden. Die Raumersparniß beim Transport dürfte indeß kaum nennenswerth seyn gegenüber derjenigen in den Erzeugungslocalen. Die Milchkeller mit allem davon unzertrennlichen Zubehör, wie Bassin, laufendem Wasser, Geschirr, Stellagen u.s.w. werden, wenn nicht ganz überflüssig, so doch in sehr namhaftem Grade reducirt. Ebenso kann die weitere Aufarbeitung oder Verfütterung der abgerahmten Milch sofort geschehen, wobei die unveränderte Frische derselben ein nicht hoch genug anzuschlagender Vortheil ist. Die durch dieses Verfahren gewonnene Zeitersparniß reducirt die Möglichkeit einer Veruntreuung durch Dienstboten u.s.w. in gleichem Verhältnisse. Ebenso ist die Ersparniß an Zeit für die Reinigung der Gefäße ein wesentlicher Vortheil unserer Methode. Zur Butterbereitung eignet sich der concentrirte Rahm ganz vorzüglich, und bei guter Vorrichtung ist die Butterung binnen fünf bis zehn Minuten ausführbar. Die davon resultirende Butter zeichnet sich durch besondere Feinheit im Geschmack aus. Man erhält nur ein Minimum der geringwerthigen Buttermilch. Vergleicht man genau den Kostenpunkt bei der gewöhnlichen Art der Rahmerzeugung mit ihrem Milchkeller, Bassin, Wasser und großem Inventar an kupfernen, blechernen, thönernen und hölzernen Gefäßen, mit demjenigen der neuen Betriebsart, so wird man bei Milchwirthschaften von nur einigermaßen größerem Umfange, etwa dreihundert Maaß Milch täglich, zu einem für das neue Verfahren sehr günstig sprechenden Resultat gelangen. Eine für unseren Zweck in jeder Weise ausreichende Centrifugalmaschine kann, ohne Motor, auf etwa 120 fl. veranschlagt werden, und da auf irgend namhaften Gütern sich bereits für Dreschmaschinen u.s.w. ein Göpelwerk, Locomobile oder dergleichen vorfindet, oder im gegentheiligen Falle doch deren Anschaffung ohnehin für diese Zwecke wünschenswerth seyn wird, so kann die Beschaffung des erforderlichen Motors nicht schwer in die Rechnung fallen, zumal man selbst für einen umfangreicheren Betrieb nach dem neuen Verfahren mit einem Kraftaufwand von etwa einer Viertel-Pferdekraft vollkommen ausreichen wird. Ich werde gern bereit seyn, wie über die erste Aufgabe der Milchconcentration, so auch über diese der beschleunigten Rahmerzeugung auf an die Redaction dieser Zeitschrift gerichtete Anfragen weitern Aufschluß bezüglich der für die öffentliche Mittheilung zu weit führenden Details zu geben. Schließlich fühle ich mich noch verpflichtet Hrn. Dr. Reischauer, welcher mit, zumal für die erste Aufgabe, sein Laboratorium bereitwilligst zur Verfügung stellte, wie Hrn. Franz Kester, welcher mit als Chef der Lederfabrik Ignaz Mayer daherdahier (München), die Benutzung der Centrifugalmaschine dieses Etablissements gestattete, meinen Dank öffentlich abzustatten.