Titel: | Die Melsens'sche Pulverprobe. |
Fundstelle: | Band 174, Jahrgang 1864, Nr. LVI., S. 191 |
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LVI.
Die Melsens'sche Pulverprobe.
Nach dem Bericht von C. Laboulaye im Bulletin de la Société
d'Encouragement, December 1862 S. 705, vom
Artillerie-Hauptmann Dy.
bearbeitet. – Aus dem Archiv für die Officiere der königl. preuß. Artillerie- und
Ingenieurcorps, 1864, Bd. LVI S. 43.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Die Melsens'sche Pulverprobe.
Die Société d'Encouragement pour l'industrie
nationale hat auf Antrag des Hrn. C. Laboulaye
als Berichterstatter in ihrem Bulletin die Beschreibung
zweier Apparate veröffentlicht, welche von Hrn. Melsens,
Mitglied der kgl. belgischen Akademie, zu
dynamometrischen und zu calorimetrischen
Untersuchungen des Schießpulvers construirt, die
Aufmerksamkeit des artilleristischen Publicums verdienen möchten. – Die
dynamometrische Eprouvette verfolgt den Zweck, von jedem zu untersuchenden Pulver
schon im Voraus bestimmen zu können, welche Kraftwirkungen es bei einer bestimmten
Gebrauchsweise, z.B. in einer genau bezeichneten Schießwaffe etc.
hervorbringen wird, und der calorimetrische Apparat soll es ermöglichen, auch
darüber Untersuchungen anstellen zu können, inwieweit sich das Joule'sche Princip auf Pulver-Explosionen anwenden läßt, nach
welchem die einer bestimmten mechanischen Arbeit entsprechende Wärmemenge durch die
Hervorbringung eben jener Arbeit dann auch wieder verschwinden muß.
Die dynamometrische Pulverprobe des Hrn. Melsens besteht aus zwei wesentlich von einander
verschiedenen Theilen, nämlich aus einem Aräometer,
Taucher oder Schwimmer, und aus einem Mörser.
Der analog dem Regnier'schen PulverprobirsystemeRouvroy, Vorlesungen über die Artillerie, Thl. 1,
S. 114. construirte Taucher bildet einen in starken
Dimensionen angefertigten Aräometer mit graduirtem Stiele, welcher, in dem Wasser
einer ihn umgebenden Kufe schwimmend, sich durch die Explosion des zu probirenden
Pulvers niedersenkt, sobald das Abbrennen desselben in einem auf dem oberen Theil
des Aräometerstieles aufgesetzten Mörser bewirkt wird. Die Größe der jedesmaligen
Eintauchung läßt sich leicht messen, wenn man den graduirten Stiel des
Instrumentes vorher mit einem rothen Pulver etc. überzogen hatte. Fig. 10 stellt einen
solchen Aräometer mit zugehöriger Wasserkufe dar. – Das zum Taucher
verwendete Material besteht größtentheils aus Messingblech von 0,001 Meter Stärke.
– Der aus einem etwas stärkeren Messingblech angefertigte Stiel von 0,0213
Meter Durchmesser ist von unten nach oben in Millimeter eingetheilt und mittelst
einer Schraube auf den oberen Conus des Aräometers aufgeschraubt. Der untere
conische Theil des Instruments besteht massiv aus Messing und ist ebenfalls durch
eine Schraube mit dem Ganzen verbunden. Wird das bis zum Nullpunkte seiner Scale in
Wasser von 15° Celsius Temperatur eingetauchte Instrument mit einem Gewichte
von 100 Grammen belastet, so taucht es dadurch um 278 Millimeter ein; dem Eintauchen
des Aräometers um eine Einheit seiner Scala entspricht also ein Gewicht von 0,360
Grammen. – Um ferner die Beweglichkeit des Instrumentes erforderlichenfalls
auch noch erschweren zu können, besteht der massive untere Theil des Instruments,
durch Fig.
11 im doppelten Maaßstabe von Fig. 10 dargestellt, zum
leichteren Anbringen von Ringen, Flügelchen etc. aus zwei ineinander geschraubten
Theilen. Die Durchbohrungen E dieses unteren massiven
Theiles sind zur Aufnahme eines Stäbchens bestimmt, an welchem der permanente
Ballast des Aräometers angebracht wird. Genügt dieser permanente Ballast in einem
besonderen Falle noch nicht dazu das Instrument bis zum Nullpunkte seiner Scala in
das es umgebende Wasser einzutauchen, so ergänzt man das hierzu fehlende
Ausgleichungsgewicht durch Schrotkörner, welche in das Innere des Tauchers
eingeführt werden. Um endlich einzelne Gegenstände, z.B. Mörser etc., welche während
des Instrumentsgebrauches in dem Wasser der den Taucher umgebenden Kufe niedersinken
sollten, bequem wieder emporheben zu können, befindet sich am Boden der letzteren
ein Sieb F (Fig. 10), welches
mittelst zweier Stiele G, G emporgehoben werden kann.
Die feste Führung der letzteren wird durch einen in den oberen Theil der Kufe
eingesetzten Ring H (Fig. 10) bewirkt, und es
sind diese Stiele G, G hohl, um mittelst ihrer zugleich
auch, z.B. im Winter, warmes Wasser in den unteren Theil der Kufe einführen zu
können.
Den wesentlichsten und charakteristischen Theil der Meisens'schen dynamometrischen Pulverprobe aber bildet der auf den Stiel
des Aräometers aufzusetzende Mörser, welcher für
verschiedene Versuchszwecke mit verschieden gestalteten Ausbohrungen versehen ist
und außerdem auch noch durch das Aufschrauben einer Serie von Mundstücken oder
sogenannten Lumièren mit verschiedenartig geformten Ausströmungsöffnungen für das Pulvergas
versehen werden kann. – In den Figuren 1 bis 6 sind die
sechs von Melsens adoptirten Grundformen der Mörser im
Achsendurchschnitt dargestellt. Die cylindrischen Bohrungen A der Figuren 1, 2 und 3 unterscheiden sich
lediglich durch das Verhältniß ihrer Höhe zu ihrer Weite von einander, während die
cylindroconischen Bohrungen B der Fig. 3, 4 und 6 mannichfache Arten von
Cylindern und Kegeln mit einander combiniren. – Die Wandstärken dieser Mörser
stehen im umgekehrten Verhältnisse zum Durchmesser ihrer Ausbohrung oder Kammer,
welche letztere bei größerer Complicirtheit ihrer Form auch wohl aus zwei
zusammengeschraubten Metallstücken gebildet wird. – Jeder Mörser hat eine
Schwanzschraube C, welche, bei cylindroconischen Mörsern
sowohl auf den cylindrischen als auch auf den conischen Theil der Bohrung
aufschraubbar, den unteren Verschluß der Mörserkammer bildet und zugleich zum
bequemen Aufsetzen des Mörsers auf den graduirten Stiel des Aräometers eingerichtet
ist. Die zum Aufschrauben auf den oberen Theil der Mörserbohrung bestimmten
Mundstücke oder Lumièren D sind, wie aus den Fig. 2, 6, 7 und 8 ersichtlich,
bald aus einem bald aus zwei Metallstücken zusammengesetzt und bilden cylindrische
oder cylindroconische Ausströmungsöffnungen für das Pulvergas, welche sich
hauptsächlich durch die Größe ihrer obersten Mundlochtheile wesentlich von einander
unterscheiden. Es haben diese letzteren nämlich bei Lumière:
Nr. 7 (Fig. 8)
0,011
Millim.
Durchmesser
und
95,40
Quadr.
Millim.
Querschnitt,
Nr. 1 (Fig. 6)
0,009
„
„
„
63,30
„
„
„
Nr. 4 (Fig. 2)
0,0045
„
„
„
15,95
„
„
„
Nr. 6 (Fig. 7)
0,0026
„
„
„
5,30
„
„
„
so daß hierdurch annähernd den Größenverhältnissen von
18:12:3:1 der Querschnitte entsprochen wird. – Das Gewicht der Mörser von
einerlei Art ist immer genau dasselbe; die Bezeichnung derselben sowie die der
Mundstücke oder Lumièren, durch die den Zeichnungen beigesetzten Nummern ist
zu Gunsten der Uebereinstimmung mit einer größeren auf diesen Gegenstand bezüglichen
Arbeit beibehalten worden, mit deren Veröffentlichung Hr. Melsens umgeht. Fig. 2 und 6 stellen die mit den
Mundstücken Nr. 4 und Nr. 1 armirten Mörser Nr. 4 und Nr. 78; – Fig. 7 und 8 den
Achsendurchschnitt und die obere Ansicht der Lumièren Nr. 6 und Nr. 7 dar.
Die Gesammtvolumina der inneren Mörser-Ausbohrungen betragen, wenn sämmtliche
Mörser mit Lumièren von der Form Nr. 1 (Fig. 6) armirt sind,
bei
Mörser
Nr. 1 (Fig. 3)
101,5
Kubik-Centimeter,
„
Nr. 4 (Fig. 2)
22,0
„
„
„
Nr. 12 (Fig. 1)
9,0
„
„
„
Nr. 77 (Fig. 4)
9,0
„
„
„
Nr. 65 (Fig. 5)
15,0
„
„
„
Nr. 78 (Fig. 6)
32,0
„
„
Zum Einfüllen des Pulvers in die Mörser dient ein Trichter,
dessen Form der in Fig. 9 dargestellte Verticaldurchschnitt angibt, und welcher zum
Gebrauche auf das Mundstück des Mörsers aufgesetzt wird.
Der Gebrauch des Instrumentes bei Ausführung der
dynamometrischen Pulverprobe geschieht in folgender
Weise: Man setzt den Aräometer in die zugehörige mit Wasser gefüllte Kufe ein,
versieht dann den Mörser mit seiner Lumière, füllt die gewöhnlich 3 Gramme
schwere Pulverladung mit dem Trichter ein, stößt den Mörser mit seiner
Schwanzschraube dreimal auf den Rand der Kufe auf, setzt eine Zündschnur durch das
Mundloch der Lumière ein, wie dieses die einen geladenen Mörser darstellende
Fig. 2
versinnlicht, und steckt dann den so armirten Mörser auf den graduirten Stiel des
Tauchers auf, wornach der Ballast des Instrumentes in der Weise justirt wird, daß
der Nullpunkt seiner Scalen-Eintheilung nahezu mit der Oberfläche des in der
Kufe befindlichen Wassers übereinstimmt. Hierauf bestreicht man den graduirten Stiel
des Tauchers mittelst eines Pinsels mit einer dünnen Lackschicht, welche Ziegelmehl,
gepulverten Blutstein etc. enthält, und notirt sich ganz genau denjenigen Punkt der
Scalen-Eintheilung, an welchem die Wasseroberfläche bei ruhig gewordenem und
in der Mitte der Kufe schwimmendem Instrumente steht. Dann gibt man Feuer und
bemerkt sich endlich, wenn der durch die Gewalt der Pulver-Explosion in das
Wasser niedergetauchte Aräometer wieder emporgestiegen ist, genau die Anzahl
derjenigen Scalentheile des graduirten Stieles, um welche das Instrument durch den
Schuß eingetaucht worden war, was an dem, wie oben erwähnt, vorbereiteten Stiele
leicht abzulesen steht, da es sich hierbei nur um die Differenz der beiden
Eintauchungspunkte vor und nach dem Schusse handelt. – Aus diesem Grunde
genügt es daher auch vollständig, wenn das Instrument vor dem Schusse nur auf einen
in der Nähe des Nullpunktes seiner Scala liegenden Eintauchungspunkt justirt worden
ist, was eine Erleichterung gewährt, da es sehr zeitraubend seyn würde, wenn man das
Instrument bei restirend gebliebenen Pulverzersetzungsproducten etc. vor jedem
Schusse immer genau wieder auf den Nullpunkt seiner Scala als Eintauchungspunkt
einspielen lassen müßte. – Dagegen aber ist es von größter Wichtigkeit, daß
das Wasser, in welches
der Aräometer eintauchen soll, immer genau dieselbe Temperatur hat, welche letztere
Hr. Melsens, wie schon oben erwähnt wurde, auf 15°
C. festsetzt, und daß ferner die Ladung des Mörsers stets auf dieselbe Weise im
Innern desselben aufgeschichtet ist, wozu das oben vorgeschriebene dreimalige
Aufstoßen des geladenen Mörsers auf den Rand der Wasserkufe, in Verbindung mit den
sich stets gleich bleibenden Manipulationen des Ladungsmodus überhaupt dienen soll.
– Der Taucher, welchen Hr. Melsens zu seinen
Pulveruntersuchungen anwendet, wiegt 4,950 Kilogramme und behält auch bei
aufgesetzten Mörsern von 1,4 bis 1,5 Kilogrammen Gewicht noch immer ein stabiles
Gleichgewicht. – Sehr zur Erleichterung der anzustellenden Versuche dient es,
wenn alle anzuwendenden Mörser dasselbe Gewicht haben; – sind die zu einer
vorliegenden Pulveruntersuchung nothwendigen Mörser aber nun einmal verschieden
schwer, so justirt man das Instrument zunächst nur für denjenigen Mörser, welcher
das größte Gewicht hat, setzt dann in den unteren Theil der graduirten Röhre des
Tauchers einen Pfropf ein und legt auf denselben bei zum Versuche kommenden
leichteren Mörsern dann immer so viele Schrotkörner auf, als erforderlich sind, um
den auf diese Weise armirten Taucher oder Schwimmer die Oberfläche des in der Kufe
befindlichen Wassers mit einem in der Gegend des Nullpunktes seiner Scala liegenden
Theilstrich berühren zu lassen. Für ein Einspielen des Instrumentes mit dem
Nullpunkte seiner Theilung an der Oberfläche von Regenwasser, welches eine
Temperatur von 15° C. hat, finden in dieser Beziehung bei Armirung des
Tauchers mit den in Fig. 1–9 dargestellten Mörsern
etc. folgende Gewichtsverhältnisse statt:
Taucher
4,950 Kilogr.
4,950 Kilogr.
Cylindrischer Mörser
Nr. 1, 12 oder 4
0,650 „
– „
cylindroconischer
„ Nr. 65, 77
„ 78
– „
1,150 „
Ballast in der graduirten Röhre
0,500 „
–
„
„ im Instrument
4,550 „
4,550 „
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Totalgewicht
10,650 Kilogr.
10,650 Kilogr.
Die eisernen und kupfernen Instrumente, welche zum Reinigen des Innern der Mörser und
Lumièren dienen, sowie der Schlüssel zum Auf- und Abschrauben der
Mundstücke und die kegelförmige Kaliberleere zum Nachmessen der Bohrungsdurchmesser
von Mörser und Mundstück bedürfen hier keiner besonderen Beschreibung.
Der calorimetrische Apparat zur Untersuchung des
Schießpulvers ferner besteht höchst einfacher Weise aus einem mit
Quecksilber gefüllten hölzernen Gefäße d, Fig. 11½, in
welches ein mit Schwanzschraube, Lumière und Pulverladung versehener Mörser eingeführt
wird. Vier durch die Wände dieses den Mörser umgebenden Holzgefäßes gehende
Schrauben e sichern die centrale Lage des ersteren in
letzterem, so daß dadurch die Achse des Mörsers mit dem Mittepunkte der
Gefäß-Oeffnung c, welche in der oberen Wand des
Holzgefäßes d angebracht ist, zusammenfällt. Zur Messung
der vor und nach dem Schusse bestehenden Temperaturen des den Mörser umgebenden
Quecksilbers dienen zwei in das Quecksilbergefäß eingetauchte Thermometer, welche so
empfindlich construirt sind, daß sie noch Zehntel-Theile der hunderttheiligen
Scala ablesen lassen.
Beim Gebrauche dieses calorimetrischen
Pulveruntersuchungs-Instrumentes mißt man zunächst die Temperatur
des den geladenen Mörser umgebenden Quecksilbers, entfernt dann die Thermometer,
gibt Feuer und verstopft hierauf die Gefäßöffnung c,
damit endlich auch die Quecksilber-Temperatur nach
dem Schusse mittelst der wieder eingeführt werdenden Thermometer möglichst genau
bestimmt werden könne. – Die Differenz beider Temperatur-Beobachtungen
dient hierauf als Anhaltspunkt für die Schlußfolgerungen zur Bestimmung der beim
Schießen mit dem zu untersuchenden Pulver frei gewordenen Wärmemenge.
Zur Versinnlichung der Resultate, welche bei der Untersuchung
verschiedener Pulversorten mit dem dynamometrischen Apparate erhalten
werden, wählt Hr. Melsens die graphische Darstellung,
indem er sich hierzu eines carrirten Papieres bedient, dessen Seiten der auf ihm
verzeichneten kleinen Quadrate die Größe von irgend einer sich gleichbleibenden
Anzahl von Einheiten der Scalen-Eintheilung des Aräometers haben. –
Von irgend einem, als Nullpunkt eines aufzutragenden orthogonalen Coordinatensystems
anzunehmenden Eckpunkte dieser kleinen Quadrate aus theilt man dann die horizontale
Abscissenlinie in so viele gleiche Theile von angemessen erachtet werdender Länge
ein, als Mörser- und Lumièren-Combinationen zur Prüfung des zu
untersuchenden Pulvers angewendet werden sollen, und markirt die diesen Theilpunkten
entsprechenden senkrechten Ordinaten durch starke Linien, welche an ihrem oberen
Ende die Bezeichnung derjenigen Mörser- und Mundstück-Combination
erhalten, deren Schießresultate man auf ihnen aufzutragen beabsichtigt. Diese
Bezeichnung geschieht einfach in der Form eines Bruches, dessen Zähler die Nummer
des Mörsers und dessen Nenner die Nummer desjenigen Mundstückes angibt, durch dessen
Verbindung mit ersterem diejenigen bei einem anzustellenden Schießversuche von der
Aräometerscala abzulesenden Rücklaufszahlen erzielt werden, welche dann auf dieser Ordinate, von der
horizontalen Abscissenlinie als Nullpunkt an, in Theilen der Aräometerscala
aufgetragen werden sollen. Ist dieses hierauf bei einem zu prüfenden Pulver für
mehrere Mörser- und Lumièren-Combinationen geschehen, so werden
die dadurch markirten Punkte der verschiedenen verticalen Ordinaten durch gerade
Linien mit einander verbunden und so zur Construction einer gebrochenen Linie
benutzt, deren Gestaltung dem Auge des Beobachters sofort die Art und Weise
versinnlicht, in welcher das zu prüfende Pulver in jeder der angewendeten
Zusammenstellungen von Mörser und Mundstück gewirkt hat. Verfährt man auf dieselbe
Weise dann auch mit mehreren Pulversorten, so erhält man hierdurch Zeichnungen,
welche die Vergleichung von deren Wirkungen mit einander sehr erleichtern. Die
Schießversuche, welche den so entstandenen Diagrammen, deren Darstellung in den Figuren 12,
13, 14 und 15 enthalten
ist, zu Grunde liegen, sind zwar mit einem Apparate angestellt worden, welcher nicht
ganz genau mit dem oben beschriebenen übereinstimmt; Hr. Melsens glaubt aber, gestützt auf seine Versuchserfahrungen, versichern zu
dürfen, daß diese Zeichnungen sich reproduciren werden, sobald die in denselben
angegebenen Combinationen von Mörsern und Lumièren der in Rede stehenden
dynamometrischen Pulverprobe zur Anwendung kommen.
Das in Fig. 12
dargestellte Diagramm versinnlicht die Resultate von Schießversuchen, welche mit vier verschiedenen französischen Pulvern angestellt worden sind, und es haben dieselben hiernach für sechs verschiedene Combinationen von Mörsern und Mundstücken der oben bezeichneten Art in runden Zahlen
folgende Resultate ergeben:
Combinationvon
In Millimetern gemessener Rücklauf bei
Pulverfür
Mörser und Mundstück
Minen.
Kanonen
Musketen.
Jagd.
12/1
15
200
260
360
4/1
100
320
350
400
12/4
230
380
400
420
4/4
280
370
390
390
12/6
350
390
400
400
1/6
300
300
320
310
Die Rückstöße, welche bei Anwendung des Mörsers Nr. 12 mit Lumière Nr. 1 für
diese vier Pulversorten so sehr verschieden von einander ausfallen, sind also für den mit
Mundstück Nr. 6 armirten Mörser Nr. 1 fast ganz dieselben; – Jagd- und
Musketenpulver schlagen am kräftigsten in Mörser Nr. 12 mit Lumière Nr. 4 und
haben gleiche Wirkung in den Mörser- und Mundstück – Combinationen 4/4
und 12/6; – Minen – und Kanonenpulver endlich erhalten das Maximum
ihrer Wirkung in dem Mörser Nr. 12 mit dem Mundstück Nr. 4.
Dieselben vier Pulversorten mit einem Regnier'schen Mörser
probirt, bezüglich dessen Construction auf den Bulletin
vom Jahr 1807, Bd. IV Seite 93 hingewiesen wird, ergeben für Pulver zu:
Minen die Rücklaufszahl
20
Millimeter,
Kanonen
die „
170
„
Musketen die „
230
„
Jagd
die
„
380
„
und es läßt sich durch eine einfache Vergleichung dieser
Versuchszahlen mit denen des Diagramms schon hiernach ermessen, wie wenig das Sichbegnügen mit einer einzigen Versuchszahl zur
Erlangung einer richtigen Vorstellung von den
Wirkungsäußerungen eines zu untersuchenden Pulvers geeignet ist, da es nach Ausweis des Diagramms
Umstände geben kann, unter denen selbst die gewöhnlichsten Pulversorten ganz
denselben Effect hervorzubringen vermögen, wie die noch so sorgfältig
zubereiteten.
Einen noch weiteren Beleg für das Ungenügende einer einzigen Pulverprobe liefert
das in Fig.
13 dargestellte Diagramm, in welchem die Resultate zusammengestellt sind,
welche mit fünf verschiedenen durch die Buchstaben A, B, C,
D und E bezeichneten Sorten von Geschützpulver
erhalten wurden, als man sie mit einem Mörser Regnier'scher Construction und den drei Combinationen 12/1, 12/4 und 4/4 der
in Fig.
1–9 dargestellten Mörser und Mundstücke einer dynamometrischen Probe
unterwarf. Der in Millimetern gemessene Rücklauf betrug hierbei:
Für die Mörser und
Bei den Pulversorten
beziehungsweise Mundstücke
A
B
C
D
E
nach Regnier
35
45
20
15
12/1
135
150
50
40
200
12/4
325
325
34
280
380
4/4
370
355
370
350
370
Es rangiren diese fünf Pulversorten also nach den beiden ersten Proben, welche mit
dem Regnier'schen Mörser und mit dem Mörser Nr. 12 nebst
der Lumière Nr. 1 angestellt wurden, ihrer hervorgebrachten Wirkung nach in
der absteigenden Ordnung:
E > B >
A > C > D.
Die Schießversuche mit Mörser Nr. 12 und Lumière Nr. 4
ergeben das abnehmende Kraftverhältniß:
E > C >
A > B > D
und der Mörser Nr. 4 mit der Lumière Nr. 4 gibt, durch
die Resultate der mit ihm angestellten Schießversuche, den auf die Wirkungsgrößen
dieser fünf Pulversorten bezüglichen Aufschluß:
E = A =
C > B > D.
Während demnach alle diese Proben in mit einander übereinstimmenden Resultaten E als das stärkste und D als
das schwächste der probirten Pulver ergeben, äußert die Pulversorte C in dem engen Mörser Nr. 12 mit der weiten Mundöffnung
von Lumière Nr. 1 eine weit geringere Wirkung, als in demselben Mörser mit
der engeren Mundöffnung von Lumière Nr. 4, und es schlägt diese Pulversorte
C endlich in dem weiteren Mörser Nr. 4 mit
Beibehaltung der Lumière Nr. 4 sogar gerade so stark als die beste
Pulversorte E. –
In den dienstlich bestehenden Pulverproben Belgiens wirken nach Melsens die vier ersten der genannten Pulversorten bei Anwendung des Probirmörsers mit erleichterter
Bombe in den Stärke-Verhältnissen:
B > A >
C > D
und bei dem Schießen mit dem gegossenen
langen 24-Pfünder durch Hervorbringung der Anfangsgeschwindigkeiten
von
C > A >
B > D.
Die Ergebnisse der belgischen Mörser-Eprouvette
stimmen also im Allgemeinen mit denen von Mörser
Nr. 12 nebst Lumiére Nr. 4, und die des langen 24-Pfünders mit denen
von Mörser Nr. 4 nebst Lumière Nr. 4
überein, und es erscheint somit der Schluß gerechtfertigt, daß, wenn hierbei auch
von einem genauen Uebereinstimmen der bezüglichen Zahlenverhältnisse abzusehen seyn
dürfte, diese oben beschriebene Pulverprobe denn doch
ganz dazu geeignet ist, die dynamischen Werthzahlen
verschiedener zur Untersuchung vorliegender Pulversorten mit Regelmäßigkeit und Sicherheit für verschiedene Gebrauchsweisen derselben feststellen zu lassen.
Weiter entspricht das mit E bezeichnete Pulver mit seiner
in dem Diagramm der Fig. 13
enthaltenen Wirkungslinie, nach Melsens, den
durchschnittlichen Wirkungen verschiedener Sorten französischen Geschützpulvers;
– Proben von englischen und holländischen Pulversorten haben sich in ihren
Schießresultaten denjenigen angenähert, welche in demselben Diagramme für die Sorten
A und C verzeichnet
sind, und endlich haben verschiedene Sorten deutschen Pulvers, deren quantitative
Zusammensetzungsverhältnisse von der Dosirung von Sechs (6 : 1 : 1) mehr oder
weniger abwichen, und welche bei einem specifischen Gewichte von mehr als 0,900
geglättete Körner vom Durchmesser des Musketenpulvers hatten, deren 900 bis 1000
Stück auf einen Gramm gingen, unter den im Diagramme der Fig. 13 angegebenen
Bedingungen Schießresultate ergeben, die im Allgemeinen immer mit denen des
Tracé's der Geschützpulversorte E
übereinstimmten, woraus ersichtlich ist, daß auch
Pulversorten mit physikalisch und chemisch von einander verschiedenen
Eigenschaften unter bestimmten Umständen ihres
Gebrauches ganz dieselbe
Wirkung äußern können, und wodurch also abermals die Richtigkeit der
Behauptung erwiesen wird, daß man über die ballistischen
Eigenheiten eines Pulvers, welches nur unter einem einzigen Modus seines Abbrennens probirt wurde, hierdurch allein noch kein richtiges und umfassendes
Urtheil haben könne.
Vermittelst des in Fig. 14 dargestellten Diagramms, welches die mit einem Minenpulver A, neun Qualitäten von Geschützpulver B, C, D, E, F, G, H, I, J, K und einem Jagdpulver L unter den angemerkten Umständen erhaltenen
Schießresultate graphisch wiedergibt, soll anschaulich gemacht werden, daß mittelst
der Melsen'schen Pulverprobe auch die Bedingungen aufgefunden werden können, unter welchen Pulversorten die, in lange Streifen gelegt
oder zu Mehlpulver zerrieben, nur
langsam abbrennen, ebenfalls bedeutende
Kraftwirkungen hervorzubringen im Stande sind, und daß also auch in dieser Beziehung eine einseitige Pulverprobe unter Umständen zu ganz falschen Schlußfolgerungen führen kann.
Das Minenpulver A ist französisches mit sphärischen
Körnern. – Die acht Kanonenpulver B, C, D, F, H,
I, J und K haben
zwar sämmtlich die reglementsmäßige Körnung von 0,0014 bis 0,0025 Meter Durchmesser
der einzelnen Körner; sie sind aber dennoch sowohl in physikalischer als auch in
chemischer Hinsicht von einander abweichend. Das Kanonenpulver D hat sehr starke Körner von 0,004 bis 0,005 Meter
Durchmesser und ist genau nach den Verhältnissen von 6 : 1 : 1 dosirt. Das Jagdpulver L endlich ist mit rother Kohle angefertigt, und
entspricht den feinsten Sorten welche Frankreich von dieser Pulvergattung
hervorbringt.
Classificirt man diese 11 Pulversorten in Bezug auf die Raschheit des
Zusammenbrennens ihres Mehlpulvers, so erhält man in abnehmender Reihenfolge:
1)
H als das am raschesten verbrennende,
2)
F und D als weniger
rasch verbrennende,
3)4)
L
E, I, J,
K
als immer langsammer verbrennende,
5)
A, B, C als die am langsamsten
verbrennenden.
Untersucht man dieselben 11 Pulversorten aber mittelst der Regnier'schen und den nachverzeichneten vier Combinationen der Melsens'schen Pulverprobe, so erhält man in
dynamometrischer Hinsicht bei den Mörsern:
Textabbildung Bd. 174, S. 201
Nach Regnier; Zwischen Nr. 12 u.
Nr. 4, Mundstück Nr. 1; immer kleiner werdende Rücklaufszahlen in der
Pulversorten-Reihenfolge; L; J; K; I; H; F; E; C; D; B; A
wobei die Einklammerungen gleiche Rückläufe andeuten. Das Pulver
L von mittlerer Raschheit des
Zusammenbrennens seines Mehlpulvers schlägt also in allen
diesen Proben am stärksten:
– der langsam abbrennende Pulversaß von C liefert ein Pulver, welches
in den Mörser- und Lumièren-Combinationen 12/4 und 4/4 der Melsens'schen Pulverprobe mehr Kraft entwickelt, als die Pulversorte
H mit dem am raschesten
abbrennenden Mehlpulver, und es hat sich endlich diese dem raschesten Satze angehörende Pulversorte
H auch bei sämmtlichen der
hier gemachten Proben
weniger kräftig
erwiesen, als dieses bei den aus relativ langsamem Satze bestehenden Pulversorten
I, J, K der Fall war.
Das in Fig. 15
dargestellte Diagramm endlich, welches die Versuchsergebnisse von sechs Geschützpulversorten
A, B, C, D, E und F enthält,
mit denen auch auf dem Polygone der belgischen Artillerie
vergleichende Schießversuche im Großen angestellt worden sind, hat den
Zweck, Nachricht darüber zu geben, welcher Combinationen von Mörsern und Lumièren des Melsens'schen Apparates man sich zu bedienen hat, um ein für bestimmte artilleristische Zwecke dienen sollendes
Pulver sachgemäß auswählen zu können. Man erhielt nämlich bei Prüfung
dieser Pulversorten durch Anwendung der Melsens'schen
Pulverprobe:
Textabbildung Bd. 174, S. 202
Mit Mörser und Lumière:; die
Größenverhältnisse der Rücklaufszahlen:; A; B; C; D; E; F
und es ergab sich dann bei Vergleichung dieser Resultate mit
denjenigen der auf dem Polygone der belgischen Artillerie mit deren Waffen
angestellten Parallel-Versuche, daß einmal die Reihenfolge der Wirkungs-Intensitäten, welche durch Pulverprüfungen
mit Mörser Nr. 12 und Lumière Nr. 1 erhalten wird,
ganz mit derjenigen übereinstimmt, welche bei Anwendung
der belgischen Mörser-Eprouvette zum Vorschein
kommt; – daß ferner durch Anwendung von Mörser Nr.
12 und Lumière Nr. 4 dieselbe dynamometrische Classification der zu prüfenden Pulversorten
erreicht wird, wie durch Anwendung der belgischen
Kanonen-Eprouvette, und daß endlich die relativen Schießresultate, welche mit Mörser
Nr. 4 und Lumière Nr. 4 erhalten werden, durchaus
denjenigen analog ausfallen, welche bei Anwendung der
belgischen Feld- und Belagerungs-Geschütze sich herausstellen.
Die Anzahl der zur Ermöglichung eines sicheren Signalements
des zu prüfenden Pulvers nöthigen Mörser und Lumiéren anlangend, so
läßt sich dieselbe nach vielfachen hierüber angestellten Versuchen auf drei Mörser von den Formen Nr. 1, 4 und 12, mit
cylindrischer Bohrung von verschiedener Weite, und auf
vier Lumièren von den mit Nr. 7, 1, 4 und 6
bezeichneten Formen beschränken, indem die hierdurch ermöglichten zwölf
Combinationen von Mörsern und Mundstücken allen Forderungen der Praxis entsprechen
lassen dürften. – In den meisten Fällen wird man, selbst bei einer constanten
Ladung von 3 Grammen Pulver, zur Bildung des die Pulverwirkung versinnlichenden
Diagramms sogar nicht alle die hierdurch ermöglichten zwölf, sondern etwa nur drei
bis vier Ordinaten nöthig haben, wofür dann eben so viele passende Mörser-
und Mundstück-Combinationen auszuwählen sind, um das zu prüfende Pulver so
genau charakterisiren zu können, daß man es dadurch von jeder anderen Pulversorte zu
unterscheiden vermag und beziehungsweise auch seine Identität mit anderen bereits
bekannten Pulversorten in genügender Weise zur Evidenz bringen kann.
Sollten aber in einzelnen Fällen noch weitere
Anhaltspunkte für die Beurtheilung eines zu
prüfenden Pulvers wünschenswerth erscheinen, so lassen
sich dieselben mit Beibehaltung derselben Anzahl von Mörsern
und Lumièren schon ganz einfach dadurch
gewinnen, daß man die bisher als constant angenommene Ladung variabel macht, was innerhalb der Gewichts-Grenzen von 0,5
und 6 Grammen ohne Anstand geschehen kann. Die Rückläufe
der angewendeten Mörser- und Mundstück-Combinationen werden dann bei
den zu prüfenden Pulversorten entweder den angewendeten
Ladungen proportional seyn, oder aber sie werden rascher, beziehungsweise langsamer als
dieselben wachsen, wodurch sich noch neue Beobachtungen ergeben, welche den bereits
bestehenden zwölf Bestimmungselementen hinzugefügt werden können.
Zu einer noch feineren Unterscheidung der Eigenthümlichkeiten
verschiedener zu einer Untersuchung vorliegender Pulversorten endlich dient die Anwendung der
cylindroconisch ausgebohrten Mörser, wie sie durch die Figuren 4, 5 und 6 dargestellt werden. Denn
einmal ist es durch Versuche klar geworden, daß bei dergleichen, mit derselben
Ladung, derselben Lumière und demselben Volumen der Mörserausbohrung
angestellt werdenden Schießversuchen die durch das Abbrennen der Ladung entstehenden
Rückläufe mit dem Durchmesser der letzteren variiren, und dann gibt der Gebrauch
dieser cylindroconischen Formen weiter auch noch die Möglichkeit, die Pulverladungen
bald in einer mehr verlängerten und bald in einer mehr in die Breite ausgedehnten
Form zur Anwendung bringen zu können, wodurch der Entzündungsmodus derselben
geändert wird. Da ferner bei dieser Mörserart die Lumiéren sowohl an den
cylindrischen, als auch an den conischen Theil der Mörser-Bohrung angeschraubt
werden können, so hat man durch Anwendung von drei cylindroconischen Mörserformen,
z.B. der von Nr. 77, 65 und 78, sowie von vier Lumiéren, z.B. nach den Formen
Nr. 1, 4, 6 und 7, erforderlichen Falles 24 Combinationen von Mörsern und
Lumiéren zur Disposition, welche zur Bestimmung des Tracé's für die
Wirkungslinie eines zu untersuchenden Pulvers durch eben so viele Ordinaten des
zugehörigen Diagramms beitragen, und wenn man bei sehr schwierigen und wichtigen
Untersuchungen dann auch noch die für gewöhnlich constanten Pulverladungen wechseln
läßt, jedenfalls ein vollkommen ausreichendes Material zur Beurtheilung der
dynamischen Eigenschaften irgend eines zur Untersuchung vorliegenden Pulvers abgeben
werden. setzt man z.B. die Lumiéren 1, 4 und 6 abwechselnd einmal auf den
cylindrischen Gipfel und dann auch auf die conische Basis der Ausbohrung des
cylindroconischen Mörsers Nr. 77 auf, so erhält man bei constanten Ladungen von 3
Grammen Gewicht und Anwendung zweier Kanonenpulversorten, von denen das eine ein
sogenanntes. rasches, und das andere ein sogenanntes langsames ist, als
Versuchsresultate von:
Mörser
undLumière:
Aufgeschraubtauf
In Millimetern gemessene Rückläufe bei
raschemKanonenpulver.
langsamemKanonenpulver.
77/4
die Basis den Gipfel
190116
150 45
77/4
die Basis den Gipfel
300275
330280
77/6
die Basis den Gipfel
350320
370340
woraus, ohne in weitere Details eingehen zu wollen, wenigstens
schon so viel auf den ersten Blick ersichtlich ist, daß die Rücklaufsdifferenzen, welche durch das Aufschrauben der Lumiéren auf
Basis oder Gipfel der Mörserbohrung entstehen, um so beträchtlicher ausfallen,
je weiter die Gasausströmungsöffnungen der Lumiéren sind und je mehr
das zu untersuchende Pulver ein sogenanntes langsames
ist.
Dieser bisher üblich gewesenen Unterscheidung der Pulver
durch die Bezeichnungen rasch und langsam glaubt aber Hr. Melsens nicht das Wort reden zu
dürfen. Er hält dieselbe vielmehr, gestützt auf umfassende Versuche, welche mit
Kriegspulver der verschiedensten Art, Jagdpulvern wechselnder Qualitäten und
verschiedenen Minenpulvern angestellt wurden, für ganz dazu geeignet, grundsätzlich zu dem Einschleichen jener Vorurtheile in die
Praxis der Artillerie beigetragen zu haben, welche durch die Menge der
daraus resultirenden Täuschungen Proust zu dem Ausspruche
veranlaßt haben, daß man, um das Pulver richtig studiren zu
können, sich zunächst der Hypothese hingeben müsse, der Mensch habe das Pulver
noch gar nicht erfunden, – Worte, welche das Auseinandergehen der
Meinungen von verschiedenen Nationen und Personen noch heutigen Tages zu bestätigen
scheinen. Seiner Ansicht nach würden sich, – bei aller Vorsicht, welche
dieser wichtige Gegenstand erfordere, und mit möglichster Beibehaltung der in den
Artillerien bisher üblichen Ausdrücke, welche letzteren freilich nicht so scharf
bezeichnend seyen, als die der exacten Wissenschaften, – vielmehr folgende
Classificationen von, unter gleichen Umständen geprüften Pulversorten empfehlen
lassen:
Textabbildung Bd. 174, S. 205
A. Schwache; Pulver; langsame oder
schwache; rasche oder starke; mit lebhafter oder rascher Verbrennung; mit
langsamer Verbrennung; B. Starke
wobei selbstverständlich dann auch noch der physikalischen
Eigenschaften des zu untersuchenden Pulvers, als: äußeres Ansehen, Form und Größe
der Körner, specifisches und absolutes Gewicht derselben, sowie ferner der
chemischen Zusammensetzung oder Dosirung des Pulvers, der Natur der zu seiner
Anfertigung verwendeten Kohle, der Entzündlichkeit und der größeren oder geringeren
Raschheit seines Zusammenbrennens als Ladung und der Verbrennungszeitdauer seines
Satzes oder Mehlpulvers in gebührender Weise Rechnung zu tragen sey, und wodurch
weiter auch der Wahl noch besser bezeichnender Worte durchaus nicht vorgegriffen
werden solle, da diese Bemerkung nur den Zweck habe, die Wichtigkeit des
Gegenstandes zu betonen und die Aufmerksamkeit der mit Pulveruntersuchungen
beauftragten Officiere auf die Nothwendigkeit einer Classificationsmethode hinzulenken, welche das
Studium der Pulvereigenthümlichkeiten erleichtere und die Dunkelheiten ausschließe,
in welche besonders Anfänger, wie er, durch mangelnde Bezeichnungsschärfe und
Mehrdeutigkeit der technischen Ausdrücke gerathen müßten.
Für den Gang der vorzunehmenden Pulveruntersuchungen
schlägt Hr. Melsens folgende allgemeine Betrachtung als
maßgebend vor: Ist irgend ein Pulvertypus gegeben, welcher für
die eine oder für die andere Art der dienstlichen Verwendung sich als gut und
brauchbar erwiesen hat, so sucht man die Bedingungen auf, unter denen seine
Wirkungen, also bei dem oben beschriebenen Apparate die Rückläufe des mit
Mörser und Lumiéren armirten Aräometers erst zu-
und dann auch wieder abnehmen und benutzt die auf solche Weise gewonnenen
Resultate dann als Vergleichungsmaaßstab für die Beurtheilung der zu untersuchenden Pulversorten. So ergaben z.B. verschiedene Arten von
Musketenpulver englischen, bayerischen, belgischen, französischen und holländischen
Ursprungs, bei Anwendung eines und desselben Aräometers und constantem
Ladungsgewichte für
Mörser und Lumièren
12/1
12/4
4/4
1/6
die Rücklaufszahlen von
190–350
410–430
400–420
330–350
Millim.
Ferner erhielt man bei der Anwendung verschiedener Sorten von Kanonenpulver, unter
sonst gleichen Umständen, ebenfalls für dieselben
Mörser und Lumiéren
12/1
12/4
4/4
1/6
die Rücklaufszahlen von
30–250
300–420
350–420
330–350
Millim.
Diese vier Combinationen von Mörsern und Lumiéren werden also zur
Charakterisirung eines zur Untersuchung vorliegenden Pulvers schon vollständig
genügend seyn, wenn es sich darum handelt, sein dynamisches Verhalten als Musketen
– oder als Kanonenpulver festzustellen. Ebenso findet man, daß
Jagdpulversorten, von welchen eine besondere Lebhaftigkeit verlangt wird, sich durch
Anwendung des cylindrischen Mörsers von der Form Nr. 12 mit geringem Bohrungsvolumen
sowie der Lumiéren Nr. 7, 1 und 4 mit genügender Schärfe beurtheilen lassen.
Derselben Anforderung entspricht auch der cylindroconische Mörser Nr. 77 mit
geringem Bohrungsvolumen, wenn man zu feiner Armirung nach und nach dieselben drei
Lumiéren Nr. 7, 1 und 4 benutzt. – Minenpulver, welche, wie die
belgischen und englischen Pulversorten dieser Art., dem Geschützpulver an Qualität
sehr nahe kommen, probirt man zur Feststellung von deren Signalement unter denselben
Bedingungen wie letzteres, also ebenfalls mittelst der Mörser- und
Mundstück-Combinationen 12/1, 12/4' 4/4 und 1/6', während über solche
Pulversorten, welche, speciell zum Gebrauche des Mineurs bestimmt, aus Natronsalpeter und Sägespänen
mit oder ohne Zusatz von Schwefel bereitet wurden, sowie über die mit salpetersaurem
Baryt zubereiteten Pulverarten noch keine Versuchsergebnisse vorliegen, und
derartige Pulversorten endlich überhaupt auch wohl ein ganz neues Studium erfordern
dürften, da sie wegen der ungemeinen Langsamkeit ihres Satzes, in mit weiten
Mundöffnungen versehenen Mörsern zuweilen zerfließen, anstatt zu detoniren und in
Mörsern mit enger Mundöffnung bei starker Ladung gewöhnlich erst zerfließen und dann
mit großer Heftigkeit explodiren.
Die Gleichförmigkeit der unter gleichen Umständen erlangt
werdenden Versuchsresultate anbelangend, so wird versichert, daß die oben beschriebenen Apparate in dieser Beziehung –
und das zwar im directen Gegensatze zu anderen Eprouvetten welche oft so wenig als
Vergleichsmaaßstab tauglich seyen, daß Instrumente desselben Modelles unter sonst
gleichen Umständen ganz verschiedene Wirkungen anzeigten, – nichts zu wünschen übrig lassen, und als Beweis dafür
folgendes Factum angeführt: Zur Zeit der Feststellung des Melsens'schen Apparates wurden in den Musterwerkstätten des
Artillerie-Museums zu Paris zwei Serien von Modellen desselben hergestellt,
und es stimmten diese in ihren Versuchsresultaten so genau mit einander überein, daß
zahlreiche zu wiederholten Malen abgegebene Schüsse mit zwanzig verschiedenen
Pulversorten und allen nur möglichen Mörser- und
Mundstück-Combinationen von sechs Mörsern und vier Lumiéren immer ganz
genau dieselben Rückläufe ergaben. Die Identität beider Apparate war so groß, daß
man versucht ward, sie als ein Spiel des Zufalls anzusehen.
Als Schlußbetrachtung wird endlich darauf hingewiesen, daß,
wenn Pulversorten, deren Wirkung in den Waffen bereits bekannt ist, durch
den Melsens'schen Probir-Apparat mit einer solchen
Sicherheit gekennzeichnet werden können, dann umgekehrt auch wohl anzunehmen stehe, daß von den Resultaten dieser Pulverprobe auf das Verhalten
eines zu untersuchenden Pulvers in den Waffen sich ein
Rückschluß erlaubt werden dürfe, welcher natürlich immer um so
zuverlässiger ausfallen werde, je mehr dabei dann auch noch die zugleich mit
beobachteten physikalischen und chemischen Eigenschaften des Pulvers berücksichtigt
worden seyen. Nach dieser Richtung hin angestellte Versuche haben dann auch, wie
weiter mitgetheilt wird, bereits nachgewiesen, daß man, geleitet durch aufmerksames
Experimentiren mit der Melsens'schen Eprouvette, im
Stande ist, Pulver von ganz genau im Voraus bestimmten Eigenschaften der Verbrennlichkeit und der zu
äußernden Wirkungen bereiten zu können. Das Instrument bestätigt oder kritisirt die
hierbei gemachten Voraussetzungen mit einer solchen Schärfe, daß der
Experimentirende dadurch zur Aussprechung eines bestimmten Urtheils darüber befähigt
wird, ob ein in irgend einer Weise zubereitetes Pulver zu den als sogenannte
langsame, oder zu den als rasch und zertrümmernd (brisant) bekannten Pulversorten zu
zählen sey. So hat man z.B., als vier ganz besonders zubereitete Pulver verschiedener Qualität mit
den in Rede stehenden Apparaten geprüft worden waren,
dadurch dann auch schon a priori bestimmen können, in
welcher Reihenfolge die Effecte dieser Pulver bei Anwendung des gezogenen Vierpfünders stehen würden, wozu
als Vergleichungsmaaßstab lediglich die Beobachtung von
vier Schüssen aus dem genannten Geschütze mit einem
französischen Kanonenpulver nothwendig gewesen war,
dessen Verhalten in der Melsens'schen Eprouvette man bereits kannte.
Hiernach dürfte der oben gethane Ausspruch, daß der Melsens'sche Apparat die Aufmerksamkeit des artilleristischen Publicums
verdienen möchte, also wohl gerechtfertigt erscheinen. Die Ausbildungsfähigkeit des
dynamometrischen Theiles dieses Systems das Pulver zu Probiren, läßt auf die
endliche Ausfüllung einer wissenschaftlichen Lücke hoffen, welche noch immer nicht
ganz wegzuläugnen ist, wenn auch die in mittelst mehr ausgebildete praktische
Routine heutigen Tages vor Irrthümern schützen wird, wie sie nach Scharnhorst
Handbuch für Officiere in den angewandten Theilen der Kriegswissenschaften.
Erster Theil, Seite 199. selbst dem berühmten Gelehrten der Artilleriewissenschaft, Prof. Lombard, bei Berechnung der 1787 herausgegebenen Tables du Tir des Canons und in dem Traité du mouvement des Projectiles (1797) seiner Zeit noch
mitunterliefen; und ebenso wird auch wohl der oben beschriebene calorimetrische
Apparat als für die Wissenschaft der Pulveruntersuchungen interessant bezeichnet
werden müssen, da er vielleicht ganz geeignet ist, Mittel dazu an die Hand zu geben,
wie sich der, nach Laboulaye in den Annales du conservatoire mitgetheilten Erfahrung Rumford's eine rationelle
Basis liefern läßt: daß bei seinen, mit einem Flintenpendel angestellten Schießversuchen das Rohr
nach dem Schusse, unter sonst gleichen Umständen, immer eine höhere Temperatur angenommen hatte, wenn dasselbe nur mit einem Pfropfen geladen
worden war, als wenn man eine Kugel auf die Pulverladung des Rohres
aufgesetzt hatte, ein Umstand, welchen Rumford
sich nicht zu erklären vermochte, während er bei dem jetzigen Standpunkt der
Wissenschaft allerdings zur Bestätigung des oben
angegebenen Princips dienen dürfte, wornach die größere zum Forttreiben einer Kugel
erforderliche mechanische Arbeit auch mehr von der Pulververbrennungswärme in
Anspruch nehmen muß, als deren durch das Schießen mit einem leichteren
Pfropfen absorbirt werden kann.