Titel: | Beschreibung eines Tensionsapparates neuer Construction; von Prof. Dr. August Vogel. |
Autor: | Prof. Dr. August Vogel [GND] |
Fundstelle: | Band 174, Jahrgang 1864, Nr. LXXXVII., S. 352 |
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LXXXVII.
Beschreibung eines Tensionsapparates neuer
Construction; von Prof. Dr. August
Vogel.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Vogel's Beschreibung eines Tensionsapparates neuer
Construction.
Es ist häufig von Interesse, die Festigkeit mancher in der Technik und dem täglichen
Verkehre gebräuchlichen Stoffe, wie Papier, Zeuge, Gespinnste, Drähte u.s.w.
Vergleichungsweise zu prüfen. Eine solche Tenacitätsprüfung ist namentlich von
Wichtigkeit bei der Untersuchung verschiedener Papiersorten, welche zur Herstellung
von Werthpapieren benutzt werden sollen. Seit der Entdeckung des Pergamentpapieres,
welches bekanntlich sehr schnell und mit vollem Rechte eine ausgedehnte praktische
Anwendung gefunden hat, ist man schon wiederholt bemüht gewesen, den Vorrang
desselben in seiner Festigkeit vor anderen Papiersorten durch directe Versuchszahlen
nachzuweisen, so wie auch das Verhältniß des Pergamentpapieres zum gewöhnlichen
wirklichen Pergamente festzustellen.Polytechnische Centralhalle, 1862 S. 158. Zu diesem Zwecke nahm man Streifen von Pergamentpapier und von Pergament,
und brachte jeden dieser Streifen auf einem horizontalen Cylinder in der Art an, daß die beiden Enden
des Streifens an der oberen Seite des Cylinders über einander gelegt und durch
Preßschrauben befestigt wurden, so daß der Streifen nach Art eines Ringes
herabhieng. In den ringförmigen Streifen legte man sodann einen kleinen hölzernen
Cylinder, welcher über beiden Rändern des Streifens hervorstand und an seinen Enden
durch Schnüre eine Schale trug, auf welche man Gewichte legte, die nach und nach so
lange vermehrt wurden, bis der Streifen zerriß.
Man erkennt wohl, daß diese Vorrichtung nur für vergleichende Versuche mit
verschiedenen Papiersorten anwendbar ist und überhaupt manches zu wünschen übrig
läßt. Der in der Wiener Staatsdruckerei für diesen Zweck eingeführte Apparat, so wie
der in Frankreich für die Festigkeitsbestimmung der Zeuge in Anwendung stehende,
– dieß sind Constructionen, welche ihres Umfanges sowohl als ihrer
Kostspieligkeit wegen schwerlich in chemischen Laboratorien angetroffen werden
dürften. Ich habe deßhalb einen von Hrn. Ingenieur E. Große entworfenen Apparat anfertigen lassen, welcher den Anforderungen der
Genauigkeit und Sicherheit der Ausführung in entsprechender Weise Genüge
leistet.
Das Wesentliche der Construction ergibt sich aus der zugehörigen Zeichnung ohne
weiter eingehende Beschreibung.
Die Vorderansicht, Fig. 9, zeigt eine obere und untere Klammer a
und b, bestehend aus je zwei Metallplatten, zwischen
welchen durch Anziehen der Schrauben c, c, c, c der auf
seine Festigkeit zu untersuchende Stoff, also z.B. der Papierstreifen d, befestigt wird. An der oberen Klammer, Fig. 10
a, befindet sich ein in Grade eingetheilter Hebelarm m, m, auf welchem die Gewichtsschale o verschiebbar ist. Der untere Hebelarm n, n dient zur Führung der verschiebbaren
Gewichtsschale, welche durch die Schrauben x, x auf den
Hebelarmen fixirt werden kann.
Es ist klar, daß mittelst dieses Apparates unter vorsichtigem Verschieben der Schale
bei entsprechender Belastung mit Gewichten, der Zerreißungspunkt des zwischen den
Klammern eingespannten Gegenstandes mit Genauigkeit bestimmt werden kann. Die vor
der Zerreißung stattfindende lineare Ausdehnung wird an dem mit einer
Gradeintheilung versehenen Bogen p, Fig. 10 abgelesen.
Wir haben somit hier eine höchst einfache und wenig kostspielige Vorrichtung, welche
die lineare Ausdehnung und die Festigkeit irgend eines Stoffes, sey es nun Papier,
Draht, Gewebe u.s.w., durch directe Gewichtsbestimmung zu messen gestattet.
Da über die mannichfachen praktischen Anwendungen des hier vorläufig beschriebenen
Apparates in der Folge eine ausführlichere Mittheilung beabsichtigt wird, so mag hier
nur noch erwähnt werden, daß eine Belastung von ungefähr 3/4 Zollcentnern möglich
ist und Stoffe von 25 Millimeter Breite zwischen den Klammern eingespannt werden
können.
Durch die bisher ausgeführten Gebrauchsanwendungen hat sich als Regel herausgestellt,
stets zwei Versuche mit dem zu prüfenden Materiale vorzunehmen, nämlich einen
Vorversuch, welcher die Zerreißungsbelastung ungefähr bezeichnet und dann einen
weiteren Versuch, durch welchen, gestützt auf den vorhergehenden, dieser Punkt auf's
Genaueste bestimmt wird.
Als Beispiel der großen Verschiedenheit, welche im Handel vorkommende Papiersorten in
Beziehung auf ihren Festigkeitsgrad und ihre Dehnbarkeit zeigen, folgen hier noch
die mit 5 Papiersorten erhaltenen Versuchszahlen. Die Papiermuster waren in Streifen
von 2 Centimeter Breite geschnitten.
I.
Pergamentpapier, feinstes:
Zerreißung
bei
6,222 Kil.
Belastung.
0,085 Lin.
Ausdehn.
II.
Schreibpapier
„
„
4,188 „
„
0,035 „
„
III.
Conceptpapier
„
„
3,461 „
„
0,024 „
„
IV.
Briefpapier
„
„
2,255 „
„
0,016 „
„
V.
Filtrirpapier (weißes)
„
„
1,788 „
„
0,028 „
„
Man ersieht hieraus, daß die Dehnbarkeit einer Papiersorte nicht immer mit der
Festigkeit im Verhältniß steht; so zeigte z.B. IV. eine größere Festigkeit als V,
dagegen eine geringere Dehnbarkeit.