Titel: | Ueber deutschen Portland-Cement; von Dr. G. Feichtinger. |
Autor: | Georg Feichtinger |
Fundstelle: | Band 174, Jahrgang 1864, Nr. CX., S. 433 |
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CX.
Ueber deutschen Portland-Cement; von Dr.
G. Feichtinger.
Feichtinger, über deutschen Portland-Cement.
Unter den verschiedenen im Handel vorkommenden Cementen ist der englische
Portland-Cement bekanntlich einer der vorzüglichsten und daher findet
derselbe in Deutschland immer noch vielfache Verwendung. Mit der Darstellung von
Portland-Cement sind in England mehrere Fabriken beschäftigt, und die
Fabrication desselben besteht in allen darin, daß man Thon und Kreide in einem
richtigen Verhältnis innig mischt, die Masse dann zu Ziegeln etc. formt und in
eigenen Oefen brennt.
Schon seit längerer Zeit wurden auch in Deutschland zahlreiche Versuche angestellt,
um ein dem englischen Portland-Cement gleiches Material herzustellen, weil
mit Recht vermuthet werden konnte, daß in Deutschland gewiß auch Rohstoffe zu finden
seyen, welche, richtig behandelt, einen Cement liefern, der dem englischen
Portland-Cemente an Güte nicht nachsteht. Die Versuche hatten lange keinen
Erfolg; erst Herrn Dr. Hermann Bleibtreu gelang es im Jahre 1852 einen Cement herzustellen, welcher den
englischen Portland-Cement in jeder Beziehung ersetzen konnte. Dr. Bleibtreu errichtete auch
mit dem Consul P. Gutike die erste deutsche Fabrik für
Portland-Cement in Stettin, welche später an eine Actiengesellschaft
überging. Der Stettiner Portland-Cement hat sich bereits in Nord- und
Ostdeutschland wegen seiner vorzüglichen Eigenschaften einen guten Ruf gegründet und
hat den englischen Portland-Cement aus diesem Theile Deutschlands beinahe
vollständig verdrängt. Später errichtete Hr. Dr. Bleibtreu eine Portland-Cement-Fabrik in
Bonn, deren Product im Westen und Süden Deutschlands vielfache und von Jahr zu Jahr
sich steigernde Abnahme findet.
Auch an anderen Orten Deutschlands wird jetzt Portland-Cement bereitet, so
z.B. von Angelo Saulich in Perlmoos bei Kufstein etc.,
und es ist daher
erfreulich berichten zu können, daß die Verwendung des englischen
Portland-Cementes in Deutschland von Jahr zu Jahr im Abnehmen begriffen ist,
und daß wir auf dem besten Wege sind, uns in dieser Beziehung von England unabhängig
zu stellen. Daß Letzteres zur Zeit noch nicht ganz der Fall ist, liegt wohl nur in
einem Vorurtheile, denn zahlreiche Verwendungen haben auf's Entschiedenste den
Beweis geliefert, daß die deutschen Portland-Cemente den englischen in Nichts
nachstehen. Dieses mußten selbst die Engländer zugeben, denn es wurden von der Jury
der Londoner allgemeinen Industrie-Ausstellung vom Jahre 1862 deutsche
Fabriken von Portland-Cement, wie die von Bonn und Perlmoos bei Kufstein, mit
der Preismedaille ausgezeichnet, welches um so bemerkenswerther ist, als die
Engländer ihre Cement-Industrie für unerreichbar hielten.Im Jahre 1859 kostete in München der englische Portland-Cement die
Tonne zu 400 Zoll-Pfund noch 14 fl. und der Zoll-Centner 5 fl.
30 kr.; jetzt kauft man die Tonne à 400
Zoll-Pfund zu 11 fl. 30 kr. Ein weiterer Beweis, wie sehr die
Engländer die deutsche Concurrenz zu fürchten haben. Auch meine Versuche, die ich mit zwei deutschen Portland-Cementen
anstellte, ergaben das Resultat, daß zwischen deutschen und englischen
Portland-Cementen sowohl hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung als
auch ihrer übrigen Eigenschaften eine große Uebereinstimmung besteht, und daß die
deutschen Portland-Cemente an Güte den englischen gleich sind.
Folgendes ist die chemische Zusammensetzung von:
a) Portland-Cement aus derFabrik des Bonner Bergwerks-und Hüttenvereines.
b) Portland-Cement aus derFabrik von
Angelo Saulichin Perlmoos bei
Kufstein.
Kalk
57,18
55,78
Bittererde
1,32
1,62
Thonerde
9,20
8,90
Eisenoxyd
5,12
6,05
Kali
0,58
0,75
Natron
0,70
1,06
Kieselsäure
23,36
22,53
Kohlensäure
1,90
1,46
Schwefelsäure
0,64
1,85
–––––––
––––––––
100,00
100,00
Vergleicht man damit die procentische Zusammensetzung von englischen
Portland-Cementen, wie dieselbe von Hopfgartner
Polytechn. Journal Bd. CXIII S.
355. und mitPolytechn. Journal Bd. CLII S. 40 und
108.
gefunden wurde, so
ergeben sich nur ganz geringe Differenzen, welche jedenfalls von keinem Einfluß seyn
können.
Beide deutsche Portland-Cemente besitzen dieselbe Farbe wie der englische
Portland-Cement, erhärten unter Wasser auch bald und die Härte die sie
erlangen, steht der des erhärteten englischen Portland-Cementes nicht nach.
Unter dem Mikroskop betrachtet, zeigen die Theilchen der deutschen
Portland-Cemente dieselbe blätterige und schieferige Form, wie sie von Herrn
Prof. Dr. Pettenkofer zuerst
bei dem englischen Portland-Cemente gefunden wurde. Dadurch, daß beide, wie
der englische Portland-Cement, bis zur Sinterung des Thones gebrannt wurden,
besitzen ihre Theile eine eben so große Dichtigkeit, wie die des englischen.
Was die Fabricationsweise (resp. die Rohstoffe, aus welchen die deutschen
Portland-Cemente bereitet werden) betrifft, so ist mit dieselbe nur für den
Kufsteiner Portland-Cement bekannt. In der Nähe von Kufstein findet sich ein
Mergel, welcher von solcher Zusammensetzung ist, daß er sich ohne weiteren Zusatz
zur Fabrication von Portland-Cement eignet. (Nach einem Gutachten des
Bezirksbauamtes Kufstein ist das Mergellager von einer solchen Ausdehnung, daß bei
einer jährlichen Erzeugung von 80,000 bis 100,000 Centnern dasselbe auf Jahrhunderte
ausreichen dürfte.) Der Kufsteiner Portland-Cement ist demnach ein
natürlicher hydraulischer Kalk zum Unterschiede von den englischen
Portland-Cementen, welche durchwegs künstliche hydraulische Kalke sind. Es
ist dieß der erste Fall, daß in den großen Mergellagern in unseren Alpen ein Mergel
gefunden wurde, der einfach durch Brennen ein so vorzügliches Product liefert wie
der englische Portland-Cement ist, und mit Gewißheit läßt sich daher auch
annehmen, daß noch an mehreren Orten Mergel zu finden seyn würden, welche sich
ebenso zur Portland-Cement-Fabrication eignen. Es dürfte daher von
Interesse seyn, die procentische Zusammensetzung des Mergels, aus welchem der
Kufsteiner Portland-Cement bereitet wird, kennen zu lernen. Derselbe besteht
aus:
In
SalzsäurelöslicheBestandtheile
kohlensaurem Kalkkohlensaurer
BittererdeEisenoxydThonerdeGypsWasser und organ.
Substanz
70,641,022,582,860,340,79
Gesammtmenge der in
Salzsäurelöslichen Bestandtheile
–––––
78,23
–––––
In
SalzsäureunlöslicheBestandtheile
KieselerdeThonerdeEisenoxydKaliNatron
15,923,081,400,550,82
Gesammtmenge der in
Salzsäureunlöslichen Bestandtheile
–––––
21,77.
Vor Allem mache ich aufmerksam auf die Menge des in Salzsäure unlöslichen Theiles,
welcher als sogenannter Thon bezeichnet wird; dieser beträgt nur 21,77 Procent,
während die meisten Mergel eine viel größere Menge Thon enthalten und auch in der
Praxis die Annahme herrscht, daß diejenigen Mergel, bei welchen der Thon 25 bis 30
Proc. beträgt, die besten sind. Weiters unterscheidet sich dieser Mergel vor anderen
auch noch durch die chemische Zusammensetzung seines Thones, und bekanntlich ist
letztere von einem wesentlichen Einflusse für die Güte eines Cementes. Vergleichen
wir die chemische Zusammensetzung vom Thone des Kufsteiner Mergels mit der des
Thones vom Medway-Flusse, welcher in England zur Fabrication von
Portland-Cement verwendet wird, so finden wir darin auf 100 Kieselerde:
Thonvom Kufsteiner
Mergel.
Thonvom
Medway-Flusse.
Thonerde
19,34
17,0
Eisenoxyd
8,79
21,6
Kali
3,45
2,8
Natron
5,15
3,0
–––––––
–––––––
36,73
44,4
Man sieht hieraus, daß im Thon vom Kufsteiner Mergel die Kieselerde schon mit einer
bedeutenden Menge von Basen verbunden ist; letztere betragen der Quantität nach nur
um einige Procent weniger wie im Thone des Medway-Flusses, aber immerhin mehr
als in den Mergeln sonst gefunden wird. Dadurch hat der Thon im Kufsteiner Mergel
auch die Eigenschaft in: Feuer leicht zu schmelzen, er kann leicht aufgeschlossen
werden.
Von Einfluß auf die Güte des Kufsteiner Portland-Cementes ist auch dessen
geringer Bittererde-Gehalt und die von Vielen schon ausgesprochene Ansicht,
daß ein größerer Gehalt an Bittererde nur nachtheilig wirke, findet hier wieder ihre
Bestätigung. Alle vorzüglichen hydraulischen Kalke enthalten nur wenig
Bittererde.
Wenn man ferner die procentische Zusammensetzung des Kufsteiner
Portland-Cementes mit derjenigen des Mergels aus welcher er bereitet wird,
vergleicht, so wird man finden, daß die Menge der Schwefelsäure, resp. Gyps, im gebrannten Steine
bedeutend zugenommen hat. Dieses rührt offenbar nur vom Brennmaterial her; zum
Brennen des Kufsteiner Portland-Cementes wird Braunkohle verwendet, welche,
wie dieß sehr häufig ist, Schwefelkies enthält. Höchst wahrscheinlich liegt auch
hierin der Grund, warum der englische Portland-Cement über 1 Proc. Gyps
enthält. Diese geringe Menge von Gyps kann indeß von keinem nachtheiligen Einflusse
seyn.