Titel: | Ueber Winkler's Theorie der Erhärtung der Portland-Cemente; von Dr. G. Feichtinger. |
Autor: | Georg Feichtinger |
Fundstelle: | Band 174, Jahrgang 1864, Nr. CXI., S. 437 |
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CXI.
Ueber Winkler's Theorie der Erhärtung der
Portland-Cemente; von Dr. G.
Feichtinger.
Feichtinger, über die Theorie der Erhärtung der
Portland-Cemente.
Bekanntlich war v. Fuchs der erste, der uns eine
wissenschaftliche Kenntniß über den Vorgang beim Erhärten der hydraulischen Mörtel
verschaffte. Gestützt auf seine zahlreichen Versuche, stellte er fest, daß die
Erhärtung der hydraulischen Mörtel wesentlich auf einer chemischen Verbindung
zwischen aufgeschlossener Kieselerde und Kalkhydrat beruhe, welche unter dem
Einflusse des Wassers allmählich erfolgt. Meine im Jahre 1858 veröffentlichten
VersuchePolytechn. Journal Bd. CLII S.
40. haben im Wesentlichsten die von Fuchs
ausgesprochene Theorie der Erhärtung bestätigt. Beinahe zu gleicher Zeit machte Aug.
Winkler
Polytechn. Journal Bd. CXLII S. 106.
Winkler's Arbeit wurde mit erst bekannt, als
meine Untersuchungen bereits im Drucke erschienen waren, denn sonst hätte
ich jedenfalls darauf Rücksicht genommen. seine Untersuchungen über die Erhärtung der hydraulischen Mörtel bekannt,
und stellte dabei eine Theorie auf, die in etwas von der von Fuchs aufgestellten
abweicht.
Winkler theilt die hydraulischen Mörtel je nach den
chemischen Vorgängen, welche das Erhärten unter Wasser bewirken, und je nach den
verschiedenen chemischen Verbindungen, die in den noch nicht erhärteten Mörteln
vorhanden sind, in zwei Classen: die I. Classe, als Roman-Cemente bezeichnet, umfaßt die Gemenge von Puzzolane, Traß,
Ziegelmehl oder anderen Zuschlägen mit caustischem Kalk, und solche hydraulische
Mörtel, die durch gelindes Brennen von Mergeln erhalten werden. Alle diese Roman-Cemente enthalten im frischen Zustande
caustischen Kalk. Zur II. Classe rechnet Winkler die Portland-Cemente;
diese enthalten im frischen Zustande keinen caustischen
Kalk.
Für die Erhärtung der Roman-Cemente nimmt Winkler die Theorie von Fuchs
an; für die Erhärtung der Portland-Cemente stellt er aber eine andere, ganz
neue Theorie auf. Nach Winkler besteht der chemische
Vorgang, welcher unter Mitwirkung des Wassers das Erhärten eines Portland-Cementes bewirkt, in dem Zerfallen eines Silicates, welches auf 1 Aeq. Säure 3 bis 4 Aeq.
Basis enthält, in freien caustischen Kalk und solche Verbindungen zwischen
Kieselerde und Kalk, Thonerde und Kalk, welche auf nassem Wege zwischen genannte
Körpern hergestellt werden können. Die Roman- und die Portland-Cemente
enthalten nach dem Erhärten dieselben Verbindungen; diese Verbindungen bilden sich
aber unter Nasser auf entgegengesetzte Art, und zwar bei den Roman-Cementen
durch Vereinigung von vorhandenem caustischen Kalk mit einem sauren Silicate oder
Kieselerde, und bei den Portland-Cementen durch theilweises Austreten von
Kalk aus seiner Verbindung mit Kieselerde, Thonerde und Eisenoxyd.
Die Ansicht von Winkler über die Erhärtung der
Portland-Cemente muß ich als eine irrige bezeichnen; meine früheren und auch
die in neuerer Zeit fortgesetzten Untersuchungen haben mich auf das Entschiedenste
überzeugt, daß in allen hydraulischen Mörteln, wie v. Fuchs gezeigt hat, die Erhärtung auf einer chemischen Vereinigung zwischen
Kalk und Kieselerde oder zwischen Kalk und vorhandenen Silicaten beruhe. In allen
hydraulischen Kalken ist freier Kalk enthalten. Dafür spricht ein Versuch, den ich
1858 ausführlich beschrieben habePolytechn. Journal Bd. CLII S.
116. und den ich hier nur in Kürze anführen will. Wenn man Portland-Cement
mit einer höchst concentrirten Lösung von kohlensaurem Ammoniak zu einem Brei
anrührt und längere Zeit unter öfterem Umrühren stehen läßt, so tritt keine
Erhärtung ein, und es wird ein großer Theil des Kalkes in kohlensauren Kalk
umgewandelt. Wäscht man dann das überschüssige kohlensaure Ammoniak weg, trocknet
den so behandelten Portland-Cement und macht ihn dann mit reinem Wasser zu
Mörtel an, so erhärtet er nicht; setzt man ihm aber etwas Kalkhydrat hinzu, so
erhärtet er wie frischer Mörtel.
Dasselbe Resultat erhält man, wenn man Portland-Cement statt mit kohlensaurem
Ammoniak mit Kohlensäuregas in Berührung bringt. Hierzu habe ich
Portland-Cement mit sehr viel Wasser angerührt, in ein hohes Cylindergefäß gebracht,
und dann unter häufigem Umrühren der Masse 1 bis 2 Stunden lang einen Strom
Kohlensäuregas eingeleitet; dadurch wurde ein großer Theil des Kalkes in
kohlensauren Kalk umgewandelt (die Menge des kohlensauren Kalkes betrug dabei oft
bis 27 Procent). So behandelter Portland-Cement, getrocknet und mit Wasser zu
Mörtel angemacht, erhärtete niemals; sobald man aber Kalkhydrat hinzusetzte,
erhärtete er ebenso wie frischer Mörtel.
Selbstverständlich ist es daher: wäre die Ansicht von Winkler richtig, so dürfte bei so behandelten Portland-Cementen
nach Zusatz von Kalkhydrat keine Erhärtung mehr eintreten. So aber zeigen diese
Versuche, daß in den Portland-Cementen auch Silicate oder freie Kieselerde
enthalten sind; daß ferner in den Portland-Cementen auch freier Kalk
vorhanden ist und seyn muß, und daß die Erhärtung der Portland-Cemente auf
demselben chemischen Processe beruht wie die der anderen von Winkler als Roman-Cemente bezeichneten.
Die Portland-Cemente sind nicht bis zur Verglasung, d.h. bis zur vollständigen
Verbindung aller Vasen, also auch des Kalkes mit Kieselerde, gebrannt. Ein so weit
erhitzter Portland-Cement wäre ein ganz unbrauchbares Material. Die
Portland-Cemente sind nur bis zur Sinterung des in ihnen enthaltenen Thones
gebrannt.