Titel: | Sonstadt's Darstellung des Magnesiums. |
Fundstelle: | Band 174, Jahrgang 1864, Nr. CXII., S. 440 |
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CXII.
Sonstadt's Darstellung des Magnesiums.
Aus dem Breslauer Gewerbeblatt, 1864, Nr.
23.
Sonstadt's Darstellung des Magnesiums.
Dieses interessante Erdmetall, welches eines Tages als Beleuchtungsmaterial
vorzugsweise für Photographen eine große Rolle spielen dürfte, wird jetzt von Ed.
Sonstadt in England fabrikmäßig dargestellt. Wir
finden im Mechanics' Magazine vom 12. August 1864 einige
nähere Angaben über diese Fabricationsmethode, die zur Ergänzung eines früheren
Artikels (im polytechn. Journal Bd. CLXIX S.
442) dienen mögen.
Das Grundmaterial zur Darstellung bleibt wasserfreies, Chlormagnesium. Löst man
Magnesia oder kohlensaure Magnesia (Magnesit von Frankenstein) in Salzsäure, selbst
überschüssiger, auf und versucht die Masse durch Eindampfen zu entwässern, so geht
mit den letzten Spuren von Wasser auch ein großer Theil der Salzsäure fort, und es
bleibt ein unschmelzbares Gemenge von Magnesia und Chlormagnesium zurück, das zur Darstellung
des Metalls nicht geeignet ist. Man umgeht diesen Uebelstand, indem man eine
hinreichende Menge Salmiak vor dem Eindampfen zusetzt und nun die Masse so lange
erhitzt, bis keine Salmiakdämpfe mehr entweichen. Es bildet sich wahrscheinlich
zuerst ein Doppelsalz von Chlorammonium-Chlormagnesium, das durch Abdampfen
wasserfrei wird und schließlich seinen Salmiakgehalt großentheils verliert. Leider
ist diese Darstellungsmethode ziemlich kostspielig, indem mit den Salmiakdämpfen ein
großer Theil (6/7 nach Sonstadt) des Chlormagnesiums
entweicht, außerdem hält das Chlormagnesium Spuren von Salmiak hartnäckig zurück.
Diese werden dann bei der Reduction durch Natrium mit reducirt und geben ein
unreines Magnesium, das Stickstoff, nach Sonstadt,
wahrscheinlich aber Ammonium enthält, daher eine gelbliche Farbe zeigt und sich
ungemein rasch oxydirt. Sonstadt's Anstrengungen
richteten sich daher zuerst auf das Aufsuchen einer Methode, um Chlormagnesium im
Zustande genügender Reinheit und im fabriklichen Maaßstabe herzustellen. Er gelangte
hierzu endlich auf einem ziemlich einfachen Wege, indem er eine concentrirte
salzsaure Auflösung von Magnesia mit Kochsalz oder Chlorkalium versetzte, eindampfte
und zur Rothgluth erhitzte. Er erhielt so eine geschmolzene Masse, die in einem
passenden Gefäße direct mit Natrium reducirt werden konnte und so ein fast
vollkommen reines Magnesium lieferte. Die geringen Spuren von Natrium, die sich
damit verbunden hatten, ließen sich leicht entfernen. Die Anwendung von Chlorkalium
statt des Kochsalzes bietet einige Vortheile und wird vorzugsweise benutzt. Sonstadt bezeichnet das so erhaltene Präparat als
„Material.“ Um reines Chlormagnesium zu erhalten, dessen
Verwendung wir weiter unten kennen lernen werden, dampft er die salzsaure
Magnesialösung bis fast zur Trockne ein, und erhitzt die Masse dann in einem Strome
trockenen salzsauren Gases bis zur Rothgluth.
Man kann sich die Erscheinung so vorstellen, daß in den Strom des trockenen
salzsauren Gases wohl Wasser, aber keine Salzsäure aus der Verbindung mit Magnesia
hinein verdampfen kann, oder auch so, daß alle durch das Abdampfen ausgeschiedene
Magnesia von dem trockenen Salzsäuregase wieder gesättigt wird. Man sollte denken,
daß man denselben Zweck erreichen könnte, wenn man gebrannte Magnesia in einem
Strome salzsauren Gases zur Rothgluth erhitzte. Natürlich ist die Darstellung auf
diesem Wege etwas umständlicher als die zuerst erwähnte mit Chlorkalium, und wendet
Sonstadt dieses reine Chlormagnesium daher nur zur
Reinigung des erhaltenen Magnesiums von den beigemischten Spuren von Natrium an.
Das rohe Material kann man leicht als Mutterlauge der Seesalz- oder
Kochsalzgewinnung erhalten. Bis auf geringe Mengen schwefelsaurer Salze bestehen
diese Mutterlaugen größtentheils aus Chlormagnesium, Chlornatrium, Chlorkalium
u.s.w. Man braucht daher nur durch Chlorbaryum die Schwefelsäure zu fällen, einen
Ueberschuß des letzteren durch eine kleine Menge von Soda zu beseitigen, und die
Masse dann nöthigenfalls unter Zusatz von Chlorkalium einzudampfen und zur Rothgluth
zu erhitzen. (In ähnlicher Art dürfte sich der Staßfurter Carnallit hierzu eignen.)
Sonst kann man auch reine kohlensaure Magnesia, z.B. Magnesit in Salzsäure lösen und
mit den Chloralkalien versetzen. Schwefelsaure Salze als Beimengung sind streng zu
vermeiden. Sie reduciren sich bei der ersten Einwirkung des Natriums nicht sofort,
sondern es bilden sich erst später aus ihnen Schwefelmetalle, während der Sauerstoff
an das Magnesium geht, so daß sich die gebildeten Metallkügelchen mit einer Kruste
unschmelzbarer Magnesia überziehen. Hierdurch wird das Zusammenfließen derselben zu
einem größeren Regulus verhindert. Das angebliche neue Metall X, welches Sonstadt als Verunreinigung des
Magnesiums entdeckt haben wollte, dürfte wohl illusorisch seyn, und sich vielleicht
als Eisen herausstellen, mit dem es die meisten Eigenschaften theilt.
Fällt man zur Bereitung der salzsauren Magnesia Bittersalz mit Soda, so muß die
gefällte kohlensaure Magnesia mit besonderer Sorgfalt ausgewaschen und ausgepreßt
werden, um die beigemischten schwefelsauren Salze und das hypothetische X zu beseitigen. Als Fundorte eines besonders reinen
Magnesits werden einige Inseln des griechischen Archipels angeführt. Unser
schlesisches Vorkommen scheint in England nicht bekannt zu seyn. Man löst den
Magnesit in reiner Salzsäure und setzt auf 1 Aeq. angewandter kohlensauren Magnesia
(42 Gewichts-Theile) ein Aeq. reines Chlorkalium (74,6 Gewth.) zu, dampft
dann die Lösung in Porzellanschalen zur Trockne ein und erhitzt den Rückstand zur
Austreibung des Wassers in einem lose bedeckten Platintiegel. Sobald eine helle
Rothgluth erreicht ist, schmilzt die Masse und ist nach vollendeter Schmelzung
vollkommen wasserfrei. Man gießt sie auf eine reinliche kalte Eisenplatte aus,
bricht sie noch ziemlich heiß in Stücke und bringt sie entweder unmittelbar in den
Reductionstiegel oder wenigstens in ein luftdicht zu verschließendes, ganz trockenes
Glasgefäß, da die Anziehung von Feuchtigkeit ungemein rasch vor sich geht, und
später die Ausbeute dadurch sehr verringert werden würde. Zur Reduction bedient man
sich eines eisernen, geschlossenen Tiegels. Magnesium wirkt nach Sonstadt nur dann merklich auf Eisen ein, wenn die Luft
Zutritt hat und eine
ausnehmend hohe Temperatur angewendet wird. Die Anwendung von Thontiegeln ist
gänzlich unzulässig, indem durch das Magnesium aus dem Thon Silicium reducirt wird
und sich mit dem übrigen Magnesium verbindet. Auch Platintiegel sind unanwendbar,
indem das Platin durch das Magnesium wie durch Blei durchlöchert wird. Ein guter
Eisentiegel wird mehr als 100 Schmelzoperationen aushalten und kann in ziemlich
bedeutender Größe angewendet werden. Auf dieser von Sonstadt entdeckten Verwendbarkeit der eisernen Gefäße zur
Magnesium-Darstellung beruht hauptsächlich die Möglichkeit, dieses Metall
fabriklich zu erzeugen und zu mäßigen Preisen in den Handel zu bringen. Das
angewendete Doppelsalz besteht aus 12 Theilen Magnesium, 39 Thl. Kalium und 11 Thl.
Chlor. Zur Reduction sind 23 Thl. Natrium nothwendig. Man bringt dieses letztere
entweder in einer Masse auf den Boden des Tiegels, oder schneidet es in Scheiben,
die mit dem gröblich gepulverten Doppelsalz in abwechselnden Lagen in den Tiegel
eingeschichtet werden. Ist der Tiegel so bis oben hin beschickt, so wird er mit
einem passenden eisernen Deckel möglichst dicht verschlossen und in den angeheizten
Ofen eingesetzt. Für größere Tiegel eignet sich vortrefflich ein Windofen, wie er
zum Messingschmelzen benutzt wird. Sobald der Tiegel sammt seinem Inhalte eine
dunkle Rothglühhitze angenommen hat, beginnt die Reaction und die Temperatur steigt
dadurch rasch zur hellen Rothgluth. Die Reduction ist dann sehr bald vollendet und
man muß den Tiegel rasch aus dem Ofen entfernen, damit man durch die Verflüchtigung
des Magnesiums keinen Verlust erleidet. Nach den Aequivalentverhältnissen erhält man
aus der angegebenen Beschickungsmenge 12 Theile Magnesium und 133 Theile Schlacke,
die aus gleichen Aequivalenten Chlorkalium und Chlornatrium besteht und sehr
leichtflüssig ist. Waren die Materialien rein und der Proceß gut gelungen, so findet
man das Magnesium in groben Körnern, sonst als feinen Metallstaub, der schwierig von
der Schlacke zu trennen ist und beim Umschmelzen zu bedeutenden Verlusten
Veranlassung gibt. Man trennt die Schlacke durch Abschlagen und durch Ausziehen mit
Wasser, und trocknet das erhaltene Magnesium bei gelinder Wärme.
Um das mit dem Magnesium noch verbundene Natrium und andere Unreinigkeiten zu
entfernen, schmolz Sonstadt das rohe Metall unter einer
Decke von reinem Chlormagnesium um, ein Proceß, der indessen in der neuesten Zeit
verlassen worden ist, da sich das Natrium auch bei der doch noch nothwendigen
Destillation entfernen läßt.
Das Magnesium schmilzt bei Heller Rothgluth und verwandelt sich dann in Dampf, gleich
dem Zink. (Der Apparat, welchen Sonstadt
behufs der Destillation
anwendet, ist in der Mittheilung seines Patents im polytechn. Journal Bd. CLXX S. 115 beschrieben und abgebildet.)
Die Darstellung von Calcium aus geschmolzenem
Chlorcalcium durch Natrium, analog der Magnesium-Darstellung, gelingt nicht.
Nur Jodcalcium läßt sich so reduciren. Dieß läßt sich aus Jodwasserstoff und Kalk
nur schwierig wasserfrei erhalten, am besten vielleicht noch aus jod, Kalk und
Phosphor. Um einfachsten aber ist es nach Sonstadt
Chlorcalcium und Jodkalium zusammenzuschmelzen und dieses Gemisch durch Natrium zu
reduciren. Calcium oxydirt sich indessen so leicht an der Luft, daß es zu
praktischen Verwendungen kaum geeignet ist. Bei allen diesen Processen hängt die
Billigkeit des Products von dem niedrigen Preise des Reductionsmittels ab. Das
Natrium kostet heut- zu Tage 3 Thlr. 10 Sgr. per
Pfund, wenigstens wird es zu diesem Preise von Gebrüder Bell in Newcastle in den Handel gebracht. Man rechnet die Selbstkosten
desselben immer noch auf circa 2 Thlr. 15 Sgr. per Pfd.; 23 Theile Natrium können aber, theoretisch
genommen, nicht mehr als 12 Thl. Magnesium oder 9 Thl. Aluminium reduciren. In der
Praxis wird vielleicht nur 2/3 oder 1/2 der angegebenen Menge gewonnen. Man sieht
daher ein, daß der Preis dieser neuen Metalle vor der Hand kein billiger seyn, daß
er sich nur durch eine sehr bedeutend billigere Darstellungsmethode des Natriums
ermäßigen kann. Das Rohmaterial zu Natrium, nämlich Soda und Kohle, ist freilich
billig genug, aber Heizung, Arbeit und Apparate machen die Kosten so groß, daß wenig
Hoffnung vorhanden ist diese interessanten Erdmetalle wohlfeiler zu erhalten.Der französische Chemiker Basset ersetzt jetzt bei
der Aluminium-Fabrication zur Zersetzung des Chloraluminiums das
Natrium durch Zink; m. s. die Beschreibung seines Verfahrens im Polytechn.
Journal Bd. CLXXIII S. 359.A. d. Red.