Titel: Thermoketten von großer Wirksamkeit; von R. Bunsen.
Fundstelle: Band 175, Jahrgang 1865, Nr. XIII., S. 29
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XIII. Thermoketten von großer Wirksamkeit; von R. Bunsen. Aus Poggendorff's Annalen der Physik, 1864, Bd. CXXIII S. 505. Mit einer Abbildung. Bunsen, über Thermoketten von großer Wirksamkeit. Unter den bisher auf ihre thermo-elektrische Differenz untersuchten Substanzen, welche hinlängliche Leitungsfähigkeit für die Elektricität besitzen, um zu Thermoketten mit Vortheil verwendet werden zu können, nimmt Wismuth in der thermo-elektrischen Spannungsreihe die höchste und eine Legirung von 2 Theilen Antimon mit 1 Theil Zinn die niedrigste Stelle ein. Versuche haben mir gezeigt, daß Pyrolusit in dieser Reihe noch über dem Wismuth steht und natürlicher Kupferkies noch weit über dem Pyrolusit. Combinirt man Kupferkies mit jener Legirung, oder besser, um höhere Temperaturdifferenzen anwenden zu können, mit Kupfer zu einem thermo-elektrischen Paar, so erhält man unter sonst gleichen Verhältnissen bei weitem stärkere Ströme als durch irgend eine der bisher gebräuchlichen Thermoketten. Zur Bestimmung der Constanten einer solchen Kette wurde folgende Anordnung benutzt: Textabbildung Bd. 175, S. 29 Nebenstehende Figur ist eine 40mm breite, 70mm lange und 7mm dicke Kupferkiesplatte, in der 35mm von einander die beiden etwas conischen, auf das Sorgfältigste eingeschliffenen platinplattirten Kupferzapfen von 9mm mittlerem Durchmesser stecken, deren oberer bei b in einen Kupferfortsatz endet. Erhitzt man diesen Fortsatz mit der Flamme einer nicht leuchtenden Lampe, während der untere Theil der Kupferkiesplatte mit dem darin befindlichen Kupferzapfen in Wasser abgekühlt wird, so erhält man in den zu einem Schließungsbogen verbundenen Kupferdrähten c c₁ einen Strom, dessen Intensität nach einiger Zeit vollkommen constant wird, wenn man die den Fortsatz erhitzende Flamme vor Schwankungen schützt. Die Constanten dieser kleinen Kette wurden verglichen mit denen eines Daniell'schen Elementes von gewöhnlicher Einrichtung, dessen in die Flüssigkeit eintauchende dem amalgamirten Zinkcylinder zugekehrte Kupferfläche 1 Quadratdecimeter betrug und dessen Flüssigkeiten aus völlig gesättigter Kupfervitriollösung und einem Gemisch von 6 Gewichtstheilen Wasser mit 1 Gewichtstheil Schwefelsäure bestanden. Nenn man L den wesentlichen Leitungswiderstand einer Kette, E die elektromotorische Kraft derselben, w den Widerstand des Schließungsbogens, und J die Stromstärke, so ist bekanntlich J = E/(L + w). Vermehrt man den Leitungswiderstand um r, so wird die dadurch verminderte Stromstärke: i = E/(L + w + r). Zur Bestimmung von E und L wurde der Strom durch eine auf erforderliche Weise in der Entfernung d von einem Magnetometer aufgestellte Drahtrolle geleitet und die den Widerständen (L + w) und (L + w + r) entsprechenden Ausschläge J und i gemessen. Bei sämmtlichen Versuchen war w = 4,46 und r = 16,00. Bei der Daniell'schen Kette war die Entfernung d der Drahtrolle vom Magnetometer 1m, bei der Kupferkieskette 0m,5 und bei der Pyrolusitkette 0m,250. Man hat daher den wesentlichen Leitungswiderstand der zu vergleichenden Ketten: L = 16i/(Ji) – 4,46 und für die elektromotorische Kraft derselben E = (16i/(Ji) + 16) id³. Die Daniell'sche Kette gab: Frisch gefüllt. 15' gebraucht. Im Mittel. J   154,0   141,7 i     71,0     69,2 L       9,2     10,8     10,0 E 2108,0 2164,0 2136,0 Bei den folgenden Versuchen mit der beschriebenen Kupferkieskette wurden vier constante Erhitzungen angewandt, welche in aufsteigender Reihe gaben: 1. Erhitz. 2. Erhitz. 3. Erhitz. 4. Erhitz. J   98,9 116,0 134,5 150,5 i   41,8   50,7   56,7   63,5 L     7,4     7,9     7,2     7,2 E 145,4 180,2 196,0 218,8 E Thermok./E Daniell 1/14,7 1/11,9 1/10,9 1/9,7 L Thermok./L Daniell  0,74   0,79   0,72   0,72 Während der Versuche stieg die Erwärmung des Kühlwassers etwas über 60°C. und erhielt sich bei dieser Temperatur constant. Obgleich die Erhitzung über die Temperatur des schmelzenden Zinns gesteigert wurde, zeigte der Kupferkies doch weder auf der Schlifffläche der Löcher, noch im Innern eine bemerkbare Veränderung. Da sich derselbe beim Erwärmen weniger als Kupfer ausdehnt, was man aus der Lockerung des Zapfens während des Erkaltens schließen konnte, so habe ich aus Besorgniß den Apparat zu zersprengen, die Erhitzung nicht höher treiben mögen. Wenn man sich indessen vor den Folgen der ungleichen Ausdehnung dadurch schützt, daß man den Kupferzapfen mittelst eines, längs durch seine Achse gehenden Sägenschnitts federnd macht, so dürfte man leicht durch weiter gesteigerte Temperaturen eine noch größere elektromotorische Kraft erreichen können. Aber schon bei der angewandten Erhitzung zeigt diese kleine Kette eine zehnmal größere Wirkung als ein Wismuth-Antimonelement von gleichem wesentlichen Leitungswiderstand bei einer Erwärmung von 0°C. auf 100°C. Zehn der beschriebenen Paare zu einer Kette verbunden, geben schon alle Wirkungen eines Daniell'schen Bechers von 14 Quadratcentimeter wirksamer Kupferoberfläche. Natürlicher Kupferkies läßt sich in der starken Glühhitze ohne bemerkbare Zersetzung leicht schmelzen und in beliebige Formen gießen. Derselbe erleidet aber dabei merkwürdiger Weise eine Veränderung, durch welche er in der thermo-elektrischen Spannungsreihe weit unter das Wismuth herabgedrückt wird. Man kann daher nur das natürlich vorkommende Fossil, welches übrigens leicht zu bearbeiten ist, zu solchen thermo-elektrischen Ketten benutzen. Pyrolusit mit Platin combinirt gibt ebenfalls eine Kette, deren elektromotorische Kraft leicht bis auf 1/10 eines Daniell'schen Elements gesteigert werden kann, ohne daß durch die erforderliche Erhitzung eine Zersetzung des Fossils zu befürchten ist. Ein kleiner 6mm im Durchmesser haltender, 50mm langer Cylinder einer leicht zu bearbeitenden verworrenfaserigen Pyrolusitvarietät wurde oben und unten mit Platindraht fest umwickelt und die obere Umwickelung in einer Hülle von Glimmer direct in der Flamme einer nicht leuchtenden Lampe erhitzt, während die untere in Wasser stand. Der Versuch, bei dem, wie bereits erwähnt, d = 0m,25 war, gab J = 74,0 und i = 68,2; woraus folgt: L = 183,6 und E = 217,5. Die elektromotorische Kraft betrug daher ebenfalls nicht weniger als 1/9,8 von derjenigen eines Daniell'schen Bechers, der Leitungswiderstand aber war 18,4mal größer als bei dem oben beschriebenen Daniell'schen Element.