Titel: Ueber das elektrochemische Zuspitzen der Metalldrähte; von H. Cauderay, Eisenbahntelegraphen-Inspector in Lausanne.
Fundstelle: Band 175, Jahrgang 1865, Nr. XXXIII., S. 134
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XXXIII. Ueber das elektrochemische Zuspitzen der Metalldrähte; von H. Cauderay, Eisenbahntelegraphen-Inspector in Lausanne. Aus dem Bulletin de la Société vaudoise des sciences naturelles, No. 52. Cauderay, über das elektrochemische Zuspitzen der Metalldrähte. Im Juni 1864 beobachtete ich eine eigenthümliche Wirkung des elektrischen Stromes; durch denselben werden nämlich unter gewissen Umständen Metalldrähte zugespitzt.Eine Notiz über diese Beobachtung wurde im polytechn. Journal Bd. CLXXIII S. 433 mitgetheilt. A. d. Red. In der Voraussicht, daß diese Eigenschaft des elektrischen Fluidums mit der Zeit aller Wahrscheinlichkeit nach für technische Zwecke oder auf dem Gebiete der Wissenschaft sich verwerthen lassen werde, unterzog ich mich einer Reihe von Versuchen, um die Erscheinung möglichst gründlich zu erforschen. Ich bezeichne dieselbe als das elektrochemische Zuspitzen.“ Bevor ich zu den Resultaten meiner Beobachtungen übergehe, muß ich das von mir angewendete Verfahren und den dazu dienenden Apparat beschreiben. Läßt man einen mit dem negativen Pole eines Bunsen'schen Elementes verbundenen Leitungsdraht durch den Boden einer Glasröhre oder eines Glasgefäßes gehen, worin eine angesäuerte Flüssigkeit enthalten ist, während ein anderer, mit dem positiven Pole verbundener Draht in die obere Oeffnung der Röhre eintritt und so in die Flüssigkeit eintaucht, daß er mit seinem freien Ende der negativen Elektrode möglichst genähert ist, ohne dieselbe zu berühren, so wird die Kette durch die Flüssigkeit geschlossen und am Boden des Gefäßes beginnt sich um die negative Elektrode herum ein Absatz zu bilden, während dagegen das Volum der positiven Elektrode sich vermindert und zwar, wofern der Strom einigermaßen stark ist, in solchem Grade, daß nach einiger Zeit das Ende dieses (oberen) Drahtes eine mehr oder minder spitze kegelförmige Gestalt annimmt, welche den vermittelst der Schleifsteine erhaltenen Spitzen vollkommen gleicht. Demnach besteht der zum elektrochemischen Zuspitzen von Metalldrähten erforderliche Apparat aus einem Bunsen'schen Elemente mit poröser Scheidewand, und aus einem am unteren Ende so geschlossenen Glasrohre oder sonstigen Glasgefäße, daß nur der den Strom leitende Draht in dasselbe eintreten kann. Das Rohr oder Gefäß muß eine gesättigte Lösung von Kupfervitriol in Wasser oder mit Wasser verdünnte Salpetersäure enthalten.Im Allgemeinen erhält man bei Anwendung von Salpetersäure die günstigsten Resultate wenn dieselbe in Verhältnissen verdünnt wird, welche zwischen 1/20 Säure auf 19/20 Wasser und 4/5 Säure auf 1/5 Wasser liegen. Die negative Elektrode taucht am unteren, die positive am oberen Theile in das Bad; die der Operation zu unterwerfenden Gegenstände müssen mit der letzteren Elektrode verbunden werden. Das elektrochemische Zuspitzen läßt sich im Allgemeinen bei allen Metallen ausführen; jedoch gelingt es leichter mit Zink-, Kupfer- und Messingdraht, als mit Eisen und Stahl, welche letztere in Folge der Wirkung des Stromes die als „Passivität“ bekannte Eigenschaft annehmen; wir kommen auf diesen Punkt später zurück. Die Spitzen, welche man nach Belieben schlanker oder kürzer darstellen kann, sind meistens gut geformt und fallen um so regelmäßiger aus, je vollkommener gerade der Draht war. Bei ganz geraden Drähten kommt die Spitze genau in das Centrum der Peripherie des Drahtes, also genau in seine Achse zu liegen; ihr Ende ist zuweilen so fein und spitz, daß es sich kaum ohne eine Loupe wahrnehmen läßt. Der ganze zugespitzte Theil erscheint glatt, wie polirt und verjüngt sich allmählich mit auffallender, fast geometrischer Regelmäßigkeit. Dabei sind die Spitzen keineswegs spröde und leicht zerbrechlich, wie sich dieses wegen der continuirlichen Einwirkung des elektrischen Stromes vermuthen ließe, sie zeigen sich im Gegentheil sehr biegsam und dehnbar. Einige Personen haben bezüglich der Wirkung des elektrischen Stromes bei diesem Zuspitzen Zweifel gegen mich ausgesprochen und die Resultate einzig der Wirkung der Säuren zugeschrieben; zu dieser irrthümlichen Auffassung konnten jene Personen durch secundäre Ströme veranlaßt werden, welche mitunter beim Zuspitzen ganzer Drahtbündel auftreten, wenn das Metall der Drähte nicht vollkommen homogen ist. Bei meinen zahlreichen Versuchen beobachtete ich stets, daß ohne elektrischen Strom nur ein Aufzehren des Metalls mit Beibehaltung der cylindrischen Form oder dem Concentrationsgrade der Säure entsprechend, ein bloßes Abbeizen stattfindet; sobald man aber einen Strom durch den Draht leitet, entsteht eine vollkommene Spitze. Im Laufe meiner Versuche machte ich unter anderen folgende Beobachtungen: A. Das Gelingen des elektrochemischen Zuspitzens hängt von der Erfüllung gewisser Bedingungen ab. Es steht nämlich: 1) In geradem Verhältnisse zur Stärke des elektrischen Stromes; 2) in geradem Verhältnisse zum Concentrationsgrade des sauren Bades, in welchem das der Operation unterworfene Metall sich befindet. (Bäder von nicht verdünnten Säuren gewähren indeß keinen Vortheil, indem von ihnen die Metalle zu schwach, zuweilen auch gar nicht angegriffen werden). 3) In umgekehrtem Verhältnisse zu dem Widerstande, welchen die, zwischen den die Elektroden der Säule bildenden Metallen eingeschaltete Flüssigkeit dem elektrischen Strome entgegensetzt; daher die Nothwendigkeit, beide Elektroden einander möglichst zu nähern, wobei aber ein Contact der Metalle zu vermeiden ist. 4) In umgekehrtem Verhältnisse zur Dehnbarkeit des Metalles, zu seinem Volum oder zu der Anzahl der der Operation unterworfenen Drähte. 5) Benutzte ich anstatt der directen Ströme die Inductionsströme, so gelang es mir niemals, eine Spitze darzustellen; bei längerer Einwirkung der letzteren beobachtete ich keine andere Wirkung als die der Säure, d.h. eine Beizung oder, je nach der Concentration der Säure, eine theilweise Auflösung des Drahtes mit Beibehaltung seiner cylindrischen Form. 6) Die Dauer der Operation, welche selbstverständlich von den angegebenen vier ersten Bedingungen abhängt, beträgt für die feinsten im Handel vorkommenden Drahtsorten 10 Secunden und steigt bei Drähten von 1 Millimeter Durchmesser auf 15 Minuten, wenn man mit einem einzigen Bunsen'schen Elemente von 7 Centim. Höhe und einem aus 4 Vol. Wasser und 1 Vol. Salpetersäure bestehenden Bade arbeitet. Durch Verstärkung der elektromotorischen Kraft, sowie durch Anwendung einer weniger verdünnten Säure läßt sich die Dauer der Operation abkürzen. B. Wegen des geringen Leitungswiderstandes des Bades muß die Säule aus Elementen mit möglichst großen elektromotorischen Flächen bestehen; bei Anwendung einer größeren Anzahl von Elementen müssen diese reihenweise verbunden werden. Bei den meisten meiner Versuche habe ich die Bunsen'sche Batterie mit poröser Scheidewand angewendet, welche bekanntlich einen sehr starken Strom gibt, wohingegen der mittelst einer Daniell'schen Batterie, mit Elementen von 50 Centimeter Höhe erzeugte Strom der constanteste ist. C. Ein und dasselbe Bad kann nur dann zu mehreren Operationen nach einander benutzt werden, wenn die Menge der Flüssigkeit in richtigem Verhältnisse zum Volum und zur Menge der zu bearbeitenden Drähte steht. D. In einer und derselben Röhre oder demselben Gefäße läßt sich daher eine größere oder geringere Anzahl Drähte auf einmal Zuspitzen; in diesem Falle wächst die Dauer der Operation mit der Menge der Drähte, wenn nicht gleichzeitig für eine angemessene Verstärkung der Elektricitätsquelle und ein verhältnißmäßig größeres Volum des Bades Sorge getragen wird. Beim Zuspitzen von Drahtbündeln oder Packeten müssen zur Erzielung guter Resultate folgende Regeln beobachtet werden: 1. Die Glasröhre oder das Glasgefäß darf nicht zu sehr mit Drähten gefüllt werden, weil sonst die Bildung der Spitzen durch die entwickelten und an die Enden der Drähte in großen Blasen sich ansetzenden Gase verhindert werden würde; es muß demnach immer ein zum ungehinderten Entweichen der Gase hinreichender Raum übrig bleiben. 2. Sämmtliche zuzuspitzende Drähte müssen gleich tief in das Bad eintauchen, ihre Enden müssen sich also in der Flüssigkeit in demselben Niveau befinden; stehen einzelne Drähte über die anderen hervor, so geht ihre Zuspitzung rascher vor sich, als die der übrigen. 3. Der den positiven Strom zuführende Leitungsdraht muß nicht nur das Packet umgeben, sondern mit der Masse an mehreren Punkten in Contact seyn, um den Strom überallhin möglichst gleichmäßig zu vertheilen; wird der Leitungsdraht nur um das Bündel herumgewickelt, so wird die äußere Schicht der zuzuspitzenden Drähte früher fertig, als die in der Mitte befindlichen. Ich muß hier auf eine merkwürdige Erscheinung aufmerksam machen, welche sich unter gewissen Umständen beim Zuspitzen Zeigt. Werden die zu einem dichten Bündel zusammengepackten Drähte nur sehr wenig in das Bad eingetaucht, so ist die sich bildende Spitze kurz und ihr Zuspitzungswinkel sehr stumpf. Werden die zuzuspitzenden Drähte zwischen zwei Metallstäbchen getrennt neben einander angebracht, so daß sie sich alle an zwei Punkten berühren, so nimmt der in das Bad getauchte Theil die Gestalt einer regelmäßig geformten Lanzenspitze an. Eine vollkommen runde und gleichförmig sich verjüngende Spitze erhält man, wenn man die einzelnen Drähte des Bündels in ähnlicher Weise von einander isolirt, wie dieß beim Schwefeln der Phosphorzündhölzchen geschieht. In diesem Falle wird die Länge der Spitze von der Tiefe, bis zu welcher die Drähte in das Bad eintauchen, bedingt; je tiefer sie eintauchen, desto länger und schlanker fällt auch die Spitze aus. Läßt man, nachdem sich gut geformte Spitzen gebildet haben, den Strom und das Bad noch einige Zeit auf die Drähte einwirken, so entsteht an der Basis des die Spitze bildenden Kegels, also an der Stelle, an welcher der Draht in die Flüssigkeit eintaucht, ein kreisförmiger Wulst. E. Ich habe bereits erwähnt, daß sich mittelst des elektrischen Stromes Drähte aus allen Metallen zuspitzen lassen; zu diesem Zweck muß das anzuwendende Bad selbstverständlich mit derjenigen Säure bereitet werden, von welcher das betreffende Metall am kräftigsten angegriffen wird; ebenso muß die Flüssigkeit den für jedes Metall geeignetsten Concentrationsgrad erhalten. F. Eisen und Stahl, welche bei Anwendung eines Salpetersäure oder Schwefelsäurebades durch das elektrochemische Verfahren nur sehr langsam angegriffen werden, weil sie, sobald der elektrische Strom durch sie dringt, passiv, d.h. von Säuren unangreifbar werden, erfordern manchmal zum Zuspitzen weniger Zeit als Messingdraht, wenn man in dasselbe Bad ein aus gemengten Eisen- und Messingdrähten bestehendes Bündel taucht. Diese Erscheinung muß ihren Grund darin haben, daß die Gegenwart von zwei verschiedenen Metallen in einer sauren Flüssigkeit einen secundären elektrischen Strom erzeugt, welcher vom Eisen zum Messing geht, also in der entgegengesetzten Richtung des ersten, von der Batterie gelieferten Stromes. Durch diesen zweiten Strom wird die Passivität des Eisens aufgehoben und letzteres kann dann durch die Säure des Bades leicht angegriffen werden. G. Ich muß noch einer sehr bemerkenswerthen Erscheinung erwähnen. Als ich nach meinem Verfahren mit einem Bündel von 500 Stück Messingdraht operirte, bemerkte ich, daß von dem Ende eines jeden Drahtes ein durchsichtiger Strahl oder dünner Strom nach dem Boden des Gefäßes hinab sich bewegte, ähnlich wie wenn ein feiner Strahl Schwefelsäure langsam in reines Wasser gegossen wird. Bewegt man die Drähte, so bildet dieser Strahl in der Flüssigkeit eine Reihe gebrochener Linien, ohne daß er aufhört oder ganz verschwindet. Wird die Verbindung mit dem elektrischen Strom unterbrochen, so hört der Strahl nicht augenblicklich auf, sondern hält noch 30 bis 45 Secunden an, indem er allmählich schwächer wird; nach Verlauf dieser Zeit ist nichts mehr wahrnehmbar. Bei erneuerter Verbindung der Drähte mit der Batterie fängt er allmählich wieder an sich zu bilden und erreicht seine größte Stärke erst nach Verlauf einer gleichen Zeit von 30 bis 45 Secunden. Durch diesen Strahl werden beinahe ununterbrochen einige der an den Drahtenden haftenden kleinen Gasblasen mit auf den Boden des Gefäßes hinabgerissen, von wo sie wieder an die Oberfläche steigen; auf gleiche Weise werden auch kleine Theilchen von oxydirtem Metalle mit fortgerissen. An dieser Erscheinung läßt sich die Geschwindigkeit dieses Strahles oder Stromes beurtheilen; ist der elektrische Strom schwach, so ist die Geschwindigkeit des Strahles ziemlich gering; ist jener stärker, so wird sie sehr bedeutend und selbst ruck- oder stoßweise bemerkbar. Wendet man bei dem Versuche einen Messingdraht von 3–5 Milimet. Durchmesser an, so läßt sich ganz deutlich wahrnehmen, daß der Strahl in 2–3 Centim. Entfernung über dem unteren Ende des Drahtes entsteht und langsam herabsteigt, indem er die Peripherie des Drahtes umgibt; sobald er aber das Ende des Drahtes erreicht hat, concentrirt er sich gewissermaßen und nimmt dann unmittelbar unter dem Drahte die Form eines umgekehrten Kegels an, worauf er sich gegen den Boden des Gefäßes richtet. Hier angelangt, breitet er sich nach allen Richtungen aus und die unteren Schichten des Bades färben sich in Folge des entstandenen salpetersauren Kupferoxydes bald dunkelgrün. Bei Anwendung von Eisen- oder Stahldrähten erscheint dieser Strahl oder Strom viel deutlicher, indem er nicht durchsichtig, sondern braun und opak ist. Technische Anwendung des elektrochemischen Zuspitzens. Dieses neue Verfahren läßt sich jedenfalls bei der Fabrication der Näh- und Stecknadeln mit großem Vortheile anwenden. In Verbindung mit dem Besitzer einer kleinen schweizerischen Fabrik gelang es mir, mehrere tausend Stecknadeln, welche theilweise auch in den Handel gekommen sind, bündelweise zuzuspitzen. Bei dem geringen Werthe der Producte dieses Industriezweiges wird sich das Verfahren voraussichtlich nur dann als vortheilhaft erweisen, wenn es in sehr großem Maaßstabe angewendet wird, denn nur in diesem Falle ist es thunlich, eine Anzahl mehr oder weniger bedeutender Nebeneinrichtungen herzustellen, den vorhandenen Hauptapparat entsprechend zu modificiren und vielleicht auch die Rückstände und Abfälle, wie salpetersaures und schwefelsaures Kupfer- und Zinkoxyd etc. zu verwerthen. Um größere Mengen von Stecknadeln auf einmal zuzuspitzen, kann man zweierlei Methoden befolgen, nämlich: 1. Indem man die zuzuspitzenden Drähte in Bündel von je 500 oder 1000 Stück theilt, sie reihenweise mittelst Bindfaden oder Papierstreifen so von einander trennt, daß alle Enden isolirt sind, und dann in das Bad eintaucht. 2. Indem man zuerst die Nadeln mittelst der zu diesem Zwecke gebräuchlichen Maschine mit Köpfen versieht; aus dieser Maschine fallen sie auf kleine metallene, zu einem Rost verbundene Stäbchen, wo sie sich neben einander reihen und durch den Kopf zurückgehalten werden, während ihre Schäfte frei und vollständig von einander getrennt herabhängen. Ist der Rost mit Nadeln gefüllt, so wird er auf den das Bad enthaltenden Trog gesetzt, so daß die Nadeln eintauchen. Die Verbindung mit der Batterie wird erst in dem Augenblicke hergestellt, wo der Rost auf das Bad gelangt; zu diesem Behufe sind die Ränder des Troges mit einem Metallstreifen überzogen, welcher mit dem positiven Pole einer Batterie in Verbindung steht, während der negative Pol mit einer bis zum Boden des Bades eintauchenden Kupfer- oder Messingplatte in Verbindung gesetzt wird. Meiner Berechnung nach würde ein einziger Arbeiter bei diesem Verfahren mit hinlänglichem und gehörig vorbereitetem Material in der Stunde ungefähr 5 bis 600,000 Stecknadeln zuzuspitzen im Stande seyn. Die Bestimmung der Gestehungskosten per Tausend Stecknadeln war mir nicht möglich, denn dazu ist die Vergleichung mit den Kosten der großen Fabriken erforderlich; ich habe jedoch die Gewißheit erlangt, daß bei Anwendung zweckmäßig eingerichteter und mit Intelligenz behandelter Apparate diese Kosten niedriger seyn würden, als die des Zuspitzens durch die Arbeiter auf der scheibenförmigen Feile (dem Spitzringe); sie werden etwas höher seyn, als bei den durch die englischen Maschinen angespitzten Stecknadeln, welche solche mit sogen. angestauchtem Kopfe liefern. Uebrigens darf nicht außer Acht gelassen werden, daß dieses erst seit einigen Monaten erfundene Verfahren noch vieler Verbesserungen fähig ist; aller Wahrscheinlichkeit nach wird sich eine zum Angreifen des Metalls geeignete Flüssigkeit finden, welche billiger ist, als Salpetersäure, wie z.B. die in verschiedenen Industriezweigen abfallenden, salz- oder säurehaltigen Wässer, welche sehr leicht als Beize dienen könnten und nur etwas langsamer wirken würden als Salpetersäure. Der Preis der galvanischen Batterien wird alljährlich geringer; diese Apparate werden fortwährend verbessert und in ihren Einrichtungen modificirt, um sie den verschiedenartigsten Bedürfnissen der Technik in möglichst ökonomischer Weise dienstbar zu machen. Es läßt sich demnach hoffen, daß die Gestehungskosten des elektrochemischen Zuspitzens schon in der nächsten Zukunft außerordentlich gering seyn werden. Jedenfalls hat das neue Verfahren mehrere unbestreitbare Vorzüge, nämlich: 1) der für die Arbeiter lebensgefährliche Metallstaub ist gänzlich vermieden; 2) die mittelst dieses Verfahrens dargestellten Spitzen sind weit besser, als die durch Schleif- und Spitzmaschinen erhaltenen; 3) bei Anwendung des neuen Verfahrens lassen sich alle möglichen Arten von Spitzen nach Belieben herstellen; 4) da dieses Zuspitzverfahren weder eine complicirte Maschinerie noch Triebkraft erfordert, so wird das Anlagecapital der Fabrik bedeutend vermindert. Das elektrochemische Zuspitzen der Nähnadeln bietet noch einige Schwierigkeiten dar; doch können die von mir nach dieser Methode behandelten Stahldrähte bezüglich der Feinheit der Spitze bereits mit den englischen Nähnadeln concurriren, und sogar hinsichtlich der Politur, wenn sie mit Smirgel behandelt werden.Wegen specieller Anweisungen, Zeichnungen etc. mögen die für die Erfindung sich Interessirenden, welche dieß Verfahren etwa fabrikmäßig anwenden wollen, direct an den in Lausanne wohnenden Erfinder, oder an dessen Agenten, den Civilingenieur E. Barrault in Paris (No. 33, Boulevard St. Martin) sich wenden. Wahrscheinlich werden auch die Uhrmacher dieses Mittel zum Abschwächen und Zuspitzen sehr feiner Metalldrähte, welche sich mittelst der Feile oder des Schleifsteins nicht bearbeiten lassen würden, anwenden können. Bei geeigneter Abänderung der Form des Gefäßes lassen sich auch Kupfer-, Eisen- und Stahlbleche vollkommen zuschärfen. Endlich bin ich durch zahlreiche Versuche zur Gewißheit gelangt, daß dasselbe Princip auch in der Kupferstecherkunst, bei der sogenannten Aetzmanier gute Dienste zu leisten vermag. Mit Hülfe des galvanischen Stromes läßt sich nämlich die reine Salpetersäure (das Scheidewasser) durch Salpetersäure ersetzen, welche so stark verdünnt ist, daß sie das Metall nicht angreift, sondern erst von dem Augenblicke an, in welchem der Strom durch sie hindurchgeht, das Kupfer anätzt, und zwar an den Punkten, wo ihre Wirkung sich äußern soll. Man erhält auf diese Weise eine sehr reine und zarte Gravirung.