Titel: Mikroskopische Untersuchung der Maislische und der Maisfaserproducte; von Dr. Julius Wiesner, Docent am k. k.  polytechnischen Institute in Wien.
Autor: Julius Wiesner [GND]
Fundstelle: Band 175, Jahrgang 1865, Nr. LVII., S. 226
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LVII. Mikroskopische Untersuchung der Maislische und der Maisfaserproducte; von Dr. Julius Wiesner, Docent am k. k.  polytechnischen Institute in Wien. Mit Abbildungen auf Tab. III. Wiesner, mikroskopische Untersuchung der Maislische und der Maisfaserproducte. Schon vor langer Zeit versuchte man die Stengel und Blätter der Maispflanze industriell zu verwerthen. Jacob Christian Schäffer führt in seinem bekannten Werke über PapierfabricationNeue Versuche und Muster das Pflanzenreich zum Papiermachen und anderen Sachen wirthschaftsnützlich zu verwerthen. Regensburg, 1766. Bd. II S. 20. an, daß schon im siebzehnten Jahrhundert, nach Mittheilungen des Naturforschers Janus Plancus, in der Gegend von Rimini in Italien eine Papierfabrik existirte, in welcher aus den Fruchthüllen des Mais ein schönes Schreibpapier gemacht wurde. Ueber die näheren Eigenschaften dieser Maispapiere und über die Fabricationsmethode ist nichts bekannt geworden. Aus dem Schäffer'schen Werke ist zu entnehmen, daß die italienische Maispapierfabrik in der Mitte des vorigen Jahrhunderts, zu welcher Zeit Schäffer in ausgedehntester Weise sich mit Versuchen über Papiererzeugung beschäftigte, nicht mehr bestand. Schäffer hat, angeregt durch die ihm von Plancus gemachte Mittheilung, ebenfalls die Maispflanze zur Papiererzeugung zu benutzen versucht. Er führt an,A. a. O. S. 21. daß er zuerst die Stengel dieser Pflanze, dann die Blätter und schließlich die „Samenhüllen“ – hierunter sind zweifelsohne die den Fruchtkolben umhüllenden Blätter zu verstehen – auf Papier verarbeitete; daß aber die aus der Papierstampfe hervorgegangenen Zeuge keinerlei Unterschied erkennen ließen, weßhalb er das ganze Maisstroh zur Papiererzeugung verwendete. Ein Jahrhundert hindurch blieb die treffliche Erfindung ohne allen Erfolg für die Praxis, wenngleich es nicht an Versuchen fehlte, einen solchen herbeizuführen.Die Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern aus dem Jahr 1863, Nr. 531–552, enthalten eine Abhandlung des Hrn. A. Ott: „Die Maispflanze in ihren verschiedenen Benutzungen,“ in der es S. 30 heißt: „Seit Schäffer hat L. Piette (1838) die Aufmerksamkeit auf das Maisstroh gelenkt. 1828 erhielten die Herren Sprague, 1829 Cobett, 1837 Shaw, 1838 d'Harcourt, 1840 Bouchet Patente auf die Verwerthung des in Rede stehenden Gegenstandes; allein es schien, daß die Fabrication des Papieres aus Mais keinen festen Boden gewinnen könne.“ Im Jahre 1856 wurde die Idee der Maispapierfabrication neuerdings, und zwar von Moriz Diamant,Die Verwerthung der Maispflanze von Dr. v. Auer, Wien 1863. – Polytechnisches Journal Bd. CLXVI S. 413. aufgegriffen, welcher mit den großen Mitteln der kaiserl. Papierfabrik zu Schlögelmühle seine Versuche durchführte. Er verarbeitete wie Schäffer das ganze Maisstroh. Es ist bekannt, daß Diamant's Versuche höchst ungenügend ausfielen und der Hoffnung, man werde das Maisstroh jemals mit Vortheil zu Papier verarbeiten können, nur wenig Raum gaben. Bei diesem Stande der Dinge begann Hofrath Dr. R. v. Auer sich mit diesem Gegenstande zu beschäftigen. Er betrat denselben Weg, den beinahe zwei Jahrhunderte früher der bis jetzt unbekannt gebliebene italienische Maispapierfabrikant einschlug, indem er auch bloß die Kolbenblätter oder Lischen der Maispflanze verarbeitete. Das Fabricationsverfahren mußte neu erfunden werden. Eine weitere bedeutungsvolle industrielle Erfindung, welche Hofrath Auer zu danken ist, bildet die Verarbeitung der Maislische auf Spinn- und Webestoffe. Auch darf nicht unerwähnt bleiben, daß jene teigartige Masse, welche bei der Verarbeitung der Maislische auf Papier und Gewebe zurückbleibt, versuchsweise dem Brodteige beigemengt wurde. Maisfasergespinnste und Gewebe wurden bereits in guter Qualität und zwar im großen Maaßstabe erzeugt; Maispapiere der verschiedensten Art befinden sich gegenwärtig schon im Handel: man kann deßhalb bereits mit Fug und Recht von einer Maisfaserindustrie sprechen. Hiermit tritt aber an den Pflanzenanatomen die Aufgabe heran, eine mikroskopische Untersuchung des Maisstrohes – vornehmlich der Maislische – und der Maisfaserproducte durchzuführen; erstens, um die Maisfaser im reinen und gemischten Gewebe, in der reinen und gemischten Papiermasse erkennen zu lernen; zweitens, um zu erfahren, welche histologischen Elemente der Maispflanze und in welchem mechanischen und chemischen Zustande dieselben an der Zusammensetzung der einzelnen Fabricate Antheil nehmen. I. Mikroskopische Untersuchung der Maislische. Die Maislische ist ein nahebei fußlanges, 1 1/2 bis 2 Zoll breites Blatt, welches im getrockneten Zustande eine matt-strohgelbe Farbe besitzt. Nur an der Unterseite des Blattes bemerkt man manchmal einzelne pfirsichblühroth gefärbte Stellen. Es ist beiderseits mit kurzen Haaren bedeckt. Die Gefäßbündel des Blattes treten in dicht nebeneinanderstehenden breiten und dicken Längssträngen und in schmalen zarten Quersträngen auf, von welchen die ersteren an der Basis des Blattes, mit freiem Auge betrachtet, beinahe aneinander stoßen. Die Querstränge laufen von den Längssträngen beinahe in senkrechter Richtung auf die benachbarten Längsstränge der Gefäßbündel zu. Die Gefäßbündel treten vornehmlich an der Rückseite der Lische aus der Ebene des Blattes heraus. In anatomischer Beziehung zeigen die von den verschiedensten Varietäten der Maispflanze herrührenden Kolbenblätter eine große Übereinstimmung. Im Gesammthabitus geben sich aber erhebliche Verschiedenheiten kund. Ich will nur erwähnen, daß die zu Schlögelmühle verarbeiteten zwei Sorten von Lischen, die italienischen und die ungarischen, sich wohl von einander unterscheiden; die ersteren sind dünner, biegsamer, Heller gefärbt und besitzen einen viel feineren Haarüberzug als die letzteren. 1. Oberhaut. Die Oberhaut der Maislische besteht aus verschieden großen Zellen, die auch in Bezug auf ihre Gestalt, Verdickung und chemische Beschaffenheit oft sehr von einander abweichen. Man kann ganz gut 9 Formen von Oberhautzellen an der Maislische unterscheiden: 1. Die Zellen des häutigen Blattrandes (Fig. 19). 2. Lange Oberhautzellen der Blattoberseite (Fig. 12.a;     Fig. 15)3. Kurze Oberhautzellen der Blattoberseite (Fig. 12.b) über Parenchym liegend 4. Lange Oberhautzellen der Blattoberseite5. Kurze Oberhautzellen der Blattoberseite über den Längssträngender Leitbündel liegend. 6. Lange Oberhautzellen der Blattunterseite (Fig. 13.a)7. Kurze Oberhautzellen der Blattunterseite (Fig. 13.b) über Parenchym liegend 8. Lange Oberhautzellen der Blattunterseite (Fig. 14.a)9. Kurze Oberhautzellen der Blattunterseite (Fig. 17.a;     Fig. 18.a, b, c, d) über den Längssträngender Leitbündel liegend. Ueber den Quersträngen der Leitbündel liegen sowohl an der oberen als unteren Blattseite Zellen, die sich von den über dem benachbarten Parenchym liegenden so gut wie gar nicht unterscheiden. Die Randzellen (1) sind sowohl am oberen als unteren Blatttheile ganz gleich gebaut; sie sind langstreckig, im Hauptumrisse elliptisch, mehr oder weniger tief ausgebuchtet und schwach verdickt. Nicht selten sind ihre Querwände stark buchtig (Fig. 19). Dicke der Wand im Mittel: 0,0018mm. Die Länge dieser Zellen schwankt zwischen 0,036–0,09mm; die Breite zwischen 0,018 und 0,0288mm. Die Zellen sub 2 (Fig. 12.a; Fig. 15) sind im Hauptumrisse rechteckig; ihre Längswände sind krummflächig, ihre Querwände eben. Die ersteren bilden niemals weit gegen das Zellinnere vorgeschobene Buchten, sondern stellen in der Regel kurz-zickzackige Gebilde dar (Fig. 12.a). Die Längswände überwiegen die Querwände weitaus an Länge. Die Zellen sub 3 (Fig. 12.b) unterscheiden sich von den zuletzt aufgeführten dadurch wesentlich, daß ihre Seitenwände kürzer als ihre Querwände sind. Die Zellen sub 4 und 5 unterscheiden sich von den Zellen sub 3 und 4 durch das Verhältniß ihrer Länge zu ihrer Breite. Sie sind bedeutend langstreckiger als diese und sind überhaupt die längsten von allen der Maislische angehörigen Oberhautzellen; das Maximum der von mir beobachteten Länge dieser Zellen beträgt 0,360mm. Die an der Blatt-Unterseite liegenden Zellen, deren Länge die Breite weitaus überwiegt (sub 6 und sub 8), haben tief ein- und ausgebuchtete Zellgrenzen, sie sind stark verdickt; ihre Verdickungen sind sehr stark excentrisch, manchmal kugel-, manchmal keulenförmig (Fig. 16 und 18). Die Zellen sub 8, die über den Leitbündeln liegen, sind viel mehr in die Länge gestreckt als die über dem Parenchym liegenden (6). Die Länge beider Kategorien von Zellen überschreitet nie die Länge von 0,18mm und die Breite von 0,126mm. Die unter 7 und 9 angeführten Oberhautzellen sind die kleinsten die man an der Maislische beobachten kann. Die letzteren haben manchmal nur eine Länge von 0,014mm. Vergleicht man diese Zahl mit der oben angeführten, welche die Grenze jener Länge ausdrückt, welche die größten Oberhautzellen der Maiskolbenblätter erreichen, so ergibt sich, daß sich die Längen der Oberhautzellen in den extremsten Fällen zu einander verhalten wie 1 : 26. Bei der Betrachtung des chemischen Verhaltens werde ich Gelegenheit haben zu zeigen, daß die chemische Constitution dieser 9 Zellkategorien durchaus nicht die gleiche ist. Soviel ergibt sich aber aus dem vorhin Gesagten, daß die Oberhautzellen der Maislische eine auffallende Polymorphie zeigen, wie sie wohl nur in wenigen Epidermoidalgeweben aufzufinden seyn dürfte. Man ist dadurch in den Stand gesetzt, aus der Gestalt und Größe einzelner Oberhautzellen mit Leichtigkeit anzugeben, aus welcher Region des Blattes dieselben stammen, was für die nachfolgende technische Untersuchung von hoher Wichtigkeit ist. Noch sey erwähnt, daß die über den Längssträngen der Gefäßbündel liegenden Oberhautzellen in ihrer Richtung mit jener des Gefäßbündels ganz oder nahezu übereinstimmen, so zwar, daß die Längenachsen der Oberhautzellen der Achse des Gefäßbündels und mithin auch jener des Blattes parallel laufen. Die über den dünnen Quersträngen liegenden Epidermiszellen werden in ihrer Richtung durch die Richtung der ersteren gar nicht beeinflußt. Der Fall ist gar nicht selten, daß die Oberhautzellen geradezu quer über den genannten Bündeln liegen. Alle Oberhautzellen der Maislische besitzen eine feinstreifige Cuticula, welche an den Zellen der oberen Blattfläche weitaus deutlicher als an jenen der Blattunterseite hervortritt. Sowohl an der Ober- als Unterseite des Blattes treten einzellige Haare auf (Fig. 12. c). Sie sind stets conisch und schwanken in ihren Längen zwischen 0,0288 und 1,5 mm. Außer diesen meist langen, conischen Haaren treten – aber stets nur an der Blattunterseite – cylindrische, mehrzellige Haare auf, die aber nie die Länge von 0,135mm überschreiten (Fig. 13. c). Spaltöffnungen sind an der oberen und unteren Epidermis zu beobachten, an der Oberseite jedoch nur spärlich. Ich habe oft Oberhautstücke dieser Blattseite, die aus mehr als 60 Zellen zusammengesetzt waren, vor mir gehabt, zwischen welchen nicht eine einzige Spaltöffnung zu bemerken war. An der unteren Blattfläche kommen im Durchschnitte 3 Spaltöffnungen auf einen Quadratmillimeter. Die Membranen der Oberhautzellen und die Reste ihres Zellinhaltes zeigen folgende Reactionen. Durch Jodlösung werden die schon an sich grüngelblichen Membranen deutlich gelb gefärbt. Auf Zusatz von Schwefelsäure nehmen sie eine schmutzig grünblaue Farbe an, die an einzelnen Stellen mehr in's Blaue, an anderen mehr in's Grüne geneigt ist. Durch Ammoniak werden die Zellen schwefelgelb gefärbt. Diese Reaction in Verbindung damit, daß Eisenchlorid einen feinkörnigen schmutziggrünen Niederschlag oder eine solche Färbung in den Zellen hervorbringt, läßt schließen, daß ein eisengrünender Gerbstoff in den Zellen sich vorfindet. Der Sitz dieses Gerbstoffes ist vornehmlich der jüngere Theil der Zellmembran und der anhaftende Protoplasmarest, wie man sich durch die Anwendung von Eisenchlorid überzeugen kann.Vgl. botanische Zeitung 1862. Einige Beobachtungen über Gerbstoffe und Farbstoffe in Blumenblättern, von Dr. Jul. Wiesner. Kupferoxydammoniak ruft in Folge der Anwesenheit des eisengrünenden Gerbstoffs eine grüne Farbe hervor. Durch Chromsäure erfolgt eine Isolirung der Oberhautzellen und schließlich eine Auflösung der Membranen, welche von Außen nach Innen fortschreitet, so zwar, daß gegen das Ende der Einwirkung die tertiäre Membran freigelegt wird (Fig. 17. t). Eine auffallende Resistenz, der Chromsäure gegenüber, zeigen die oben genannten kleinen, über Gefäßbündel und Parenchym an der Blattunterseite liegenden Oberhautzellen, welche noch mit scharf umschriebenen Grenzen im Reagens herumschwimmen, während die benachbarten großen Epidermiszellen schon lange in demselben untergegangen sind. Dieß in Verbindung mit der Thatsache, daß bei der Veraschung der Oberhaut diese Zwergzellen mit scharfen Contouren zurückbleiben, während die Nachbarzellen hierbei ganz zerstört wurden, zeigt, daß die ersteren auffallend reich an Kieselsäure sind. Die Zellen, welche den Typen 7 und 9 angehören, sind also weitaus kieselreicher als ihre, in Bezug auf sie riesengroßen Nachbarzellen. Durch Anwendung von Chromsäure habe ich mich überzeugt, daß die Verkieselung der Zwergzellen der Blattunterseite schon in sehr frühen Altersstadien eintritt (Fig. 13 und 14. b), und halte ich es für gar nicht unwahrscheinlich, daß die Verkieselung die Größenzunahme der Zelle sistirt. Auch die Zwergzellen der Blattoberseite (Typus 3 und 5) scheinen mir kieselreicher als ihre Nachbarzellen zu seyn. Mineralisches Chamäleon färbt die Zellmembranen hellbraun. Mußte das Reagens durch die Cuticula hindurch zu den inneren Membrantheilen vordringen, so tritt die Färbung erst sehr spät ein; die Cuticula scheint also in dem von übermangansaurem Kali chemisch noch nicht veränderten Zustande für dieses Reagens nicht durchdringlich zu seyn. Der rothe Farbstoff der Epidermiszellen, welcher einzelne Stellen der Blattunterseite Pfirsichblühroth färbt, tritt in den Zellen nur stellenweise auf. Hier zeigt er sich an der Innenwand der Zelle oder, bei flüchtiger Betrachtung, in Form von schmutzig roth-violetten Körnern. Eine genauere Untersuchung zeigt, daß der Farbstoff im lebenden Zustande der Zelle gelöst gewesen seyn mußte, indem durch Behandlung der Zellen mit Wasser sich der Farbstoff auflöst, und seine carminroth gefärbte Lösung schließlich das ganze Zellinnere erfüllt. Es stellt sich weiter heraus, daß der im getrockneten Zustande in den Oberhautzellen auftretende Farbstoff von den Resten des Protoplasmas und des Zellkernes absorbirt wurde und dieselben intensiv färbte. 2. Parenchym. Das Parenchym spielt in der Maislische, welche in ihren mittleren Partien oft nur einen Querschnitt von 0,18mm, besitzt, nur eine verhältnißmäßig untergeordnete Rolle. Uebrigens gibt es parenchymreiche und parenchymarme Maislischen. Soviel ich gesehen habe, zeichnet sich die in der k. k. Staatsdruckerei verarbeitete ungarische Lische durch Reichthum an Parenchym, der italienischen Lische gegenüber, aus. In den mittleren Blattregionen sieht man auf dem Querschnitte nur 2–4 Zellreihen, von den Oberhautzellen eingeschlossen, hintereinander liegen. An der Basis des Blattes treten die Parenchymzellen noch am reichlichsten, bis 15 hintereinander gestellte Zellreihen bildend, auf. Die Form der Zellen ist meist elliptisch, wohl auch polyedrisch, übrigens sehr variabel, wie die Größe. Ich sah die Durchmesser der Parenchymzellen zwischen 0,018mm und 0,252mm schwanken. Sie sind sämmtlich Porenzellen. Stärke findet sich in den Parenchymzellen nur in unbedeutender Menge vor, und zwar vornehmlich in den der Blattbasis nahe gelegenen parenchymreichen Regionen der Lische. Hier finden sich in vielen Zellen kleine Stärkemengen vor. In der Nähe der Gefäßbündel zeigen sich häufig einzelne Zellen oder kleine Zellgruppen, die mit Stärkekörnchen beinahe erfüllt sind. Die Stärkekörner der Maislische sind einfach und haben eine Größe von 0,0019–0,0068mm. In diesen Zellen findet man nur unbedeutende Reste vom Protoplasma, die dann, mit Ammoniak behandelt, in Folge Besitz von eisengrünendem Gerbstoff gelb werden. Auch die jüngeren Membrantheile nehmen in Ammoniak eine gelbe Farbe an. – Eine wässerige Jodlösung, die bereits längere Zeit gestanden und schon etwas Jodwasserstoff enthält, färbt die Parenchymzellen schwach gelb; auf Zusatz von Schwefelsäure werden sie reinblau gefärbt, ein Zeichen daß ihre Membranen dem chemisch reinen Zellstoff viel näher stehen als die benachbarten Epidermiszellen, welche mit Jod und Schwefelsäure behandelt eine grünblaue, manchmal sogar schmutzig grüne Farbe annehmen. – Weder durch Zuckerlösung und Schwefelsäure, noch durch Salzsäure kann man die Reaction der Eiweißkörper in diesen Zellen hervorrufen. – Durch Chromsäure werden die Parenchymzellen rasch isolirt, durch mineralisches Chamäleon momentan hellbraun gefärbt. 3. Gefäßbündel. Das Gefäßbündel der Maislische enthält Leitzellen, Gefäße und Bastzellen. In der Vertheilung dieser histologischen Elemente unterscheiden sich die dicken Längsstränge von den in der Regel nur 0,09mm im Querschnitte messenden Quersträngen. Erstere sind reich an Bastzellen, arm an Gefäßen und Leitzellen. Das Umgekehrte zeigen die Querstränge, welche nur wenige, manchmal sogar nur vereinzelte Bastzellen führen, und hauptsächlich aus schmalen Porenleitzellen und Porengefäßen bestehen und fast durchgängig nur einen Durchmesser von 0,018mm besitzen. Die dicken Längsstränge wenden den größeren Antheil ihrer Körpermasse der Blattunterseite zu, was am deutlichsten der Querschnitt zeigt. Derselbe läßt sich in seinem Umrisse am besten mit einem Hutpilze vergleichen, welcher mit dem Strunke gegen die Blattoberseite, mit dem Hute gegen die Unterseite des Blattes gewendet ist. Im Umkreise der Längsstränge treten Bastzellen auf, welche gegen die obere Blattseite zu auf dünnwandiges Parenchym stoßen, gegen die Blattunterseite hin häufig mit der Oberhaut in Berührung stehen, wohl auch, und dieß besonders in den unteren Blattregionen, mit langstreckigen verholzten Parenchymzellen überdeckt sind. Im Inneren des nach oben gerichteten schmalen Gefäßbündelantheiles findet sich das Cambium vor, umgeben von Porenleitzellen, Porengefäßen, Spiralleitzellen, Spiral-Netzgefäßen und Bastzellen, welche letztere an der Zusammensetzung dieses Gefäßbündeltheiles weniger Antheil nehmen. Porenleitzellen und Porengefäß-Elemente haben hier oft nur eine Länge von 0,036mm und eine Breite von 0,014mm. Von den Gefäßen sind es auf dem Querschnitt 2 oder 3, meist Spiral- oder Ring-, seltener Porengefäße, die an Weite die anderen Leitzellen und Gefäßelemente, ja selbst die breitesten Bastzellen, in auffallender Weise überragen. Die Bastzellen (Fig. 20, a. b) der Maislische haben meist conische, seltener abgerundete oder gabelförmige oder geweihartige Ende und sind entweder nahezu geradlinig contourirt oder mannichfach ein- und ausgebuchtet, sogar manchmal mit conischen Seitenästen versehen. Die den Quersträngen angehörigen Bastzellen sind es vornehmlich, die durch höchst wechselvoll gestaltete Zellgrenzen und oft geweihartig gebildete Enden ausgezeichnet sind. Eine große Anzahl von Messungen über die Länge dieser Bastzellen führte mich zu den Grenzwerthen 0,432mm und 5,616mm. Die Querdurchmesser dieser Zellen sind in der Regel auffallend groß und schwanken zwischen 0,0103mm und 0,0828mm. Die Verdickung der Zellwand ist in der Regel eine für Bastzellen nur mäßige zu nennen, indem die Dicke derselben meist nur 1/10–1/3 des Zelldurchmessers beträgt. Nur selten kommt es an den Bastzellen der Maislische vor, daß in Folge starker Verdickung das Lumen der Zelle sich nur auf eine dunkle Linie reducirt. Die Bastzellen zeigen spaltenförmige, spiralig verlaufende Poren (Fig. 20. t, t'). Die Reactionen der Gefäßbündelelemente bekunden nichts Auffälliges. Die Zellstoffreaction der Wände ist mehr oder weniger verdeckt wegen des Auftretens von Infiltrationsproducten, unter welchen der in allen Zellregionen der Maislische auftretende Gerbstoff eine große Rolle spielt, indem bis auf das Cambium alle Gefäßbündelelemente, besonders aber die Bastzellen, auf Zusatz von Ammoniak eine intensiv gelbe Farbe annehmen und auch durch Eisenchlorid eine schmutzig grüne Färbung der Membran hervorgerufen wird. Durch Chromsäure und Kupferoxydammoniak kann man die tertiäre Membran der Bastzellen freilegen. Läßt man diese nämlich einige Zeit in Chromsäurelösung liegen, bis sie farblos geworden – im unveränderten Zustande zeigen sie eine grünlich-gelbe Farbe – und fügt hierauf Kupferoxydammoniak zu, so kann man sehen, wie durch die Wirkung dieses Reagens die Zellmembran nach Innen zu immer mehr und mehr zerstört wird und schließlich die tertiäre Membran mit allen ihren Aussackungen, welche in die Porencanäle eingelagert waren, bloßgelegt wird. Auf ein näheres Eingehen in die histologischen Verhältnisse der Maislische muß ich hier, so interessant dieselben auch sind, verzichten, um nicht die Grenzen der vorliegenden Arbeit, in welcher es sich vornehmlich um eine technische Untersuchung der Maisfaserproducte handelt, zu überschreiten. II. Mikroskopische Untersuchung der Maisfaserproducte. Die im Nachfolgenden aufgeführten Maisfaserproducte erhielt ich durchgängig von Hrn. Hofrath v. Auer, und kann an dieser Stelle nicht umhin demselben hierfür meinen besten Dank auszusprechen, und erfülle ferner nur meine Pflicht, wenn ich hier der Freundlichkeit und Zuvorkommenheit gedenke, mit welcher Hr. Hofrath v. Auer alle meine auf vorliegende Arbeit bezugnehmenden Wünsche erfüllte. 1. J. Ch. Schäffer's Maispapiere aus dem 18. Jahrhundert. Die Schäffer'schen Maispapiere sind rauh, von mattbrauner Farbe und lassen sich in Bezug auf Qualität mit den besseren Sorten unserer dünnen Packpapiere vergleichen. Die mir vorliegenden Proben sind ungebleicht und ungeleimt, trotzdem kann man auf denselben, wenngleich wegen der bedeutenden Rauhigkeit nur schwer, schreiben. Diese Papiere enthalten Parenchym, Oberhautstücke, Bastzellen und Gefäße der Maispflanze. Die Isolirung der Zellen ist eine höchst unvollkommene. Das Parenchym führt zum großen Theile Chlorophyll. Die Oberhaut besteht aus schwach wellenförmig begrenzten, rechteckigen Zellen von meist 0,108mm Länge, 0,036mm Breite und 0,0027mm Dicke der Seitenzellwände. Fast jedes Oberhautstück führt Spaltöffnungen. Die Bastzellen sind in der Regel schmäler als die in der Maislische vorkommenden, ihr Querdurchmesser beträgt 0,0108mm–0,0288mm; sie stammen aus den Gefäßbündeln der Stengel und gewöhnlichen Blätter. Sie sind verhältnißmäßig stärker verdickt als die Bastzellen der Lische, von denen sie sich auch noch dadurch unterscheiden, daß sie nie wie diese eine scharfe spiralige Zeichnung besitzen. Auch Lischen-Bastzellen finden sich, wenn auch selten, in den Schäffer'schen Maispapieren vor. Zwischen den schmalen Bastzellen liegen Fragmente von enorm großen Poren-, Ring- und Spiralgefäßen. Durch die schmalen, stark verdickten Bastzellen, durch die Reste jener großen Gefäße, durch die Form und Ausdehnung der Epidermiszellen, endlich durch den Besitz von Chlorophyll führendem Parenchym unterscheiden sich diese aus dem ganzen Maisstroh gemachten Producte gleich auf den ersten Anblick von den aus der Maislische hervorgegangenen. Außer Maisfaser enthalten Schäffer's Papiere noch Schafwoll- und Leinenfasern. Die letzteren haben, besonders wegen der Größe des Querschnittes und der Längsstreifung mit den Bastzellen des Maishalmes und seiner Blätter eine große Aehnlichkeit, so daß manchmal die Entscheidung, ob Leinen oder Mais vorliegt, mit Schwierigkeit verbunden ist. Die Leinenfasern der mir vorliegenden Schäffer'schen Papiere sind aber durchwegs gezwirnt gewesene Leinen-Bastzellen, welche, wie ich an einem anderen Ort mittheilte,Österreichische botanische Zeitung, 1864, Nr. 3. so charakteristische Zerstörungserscheinungen aufweisen, daß sie dem Beobachter nicht entgehen können; überdieß rühren auch viele dieser Leinenzellen von gefärbten Hadern her, und unterscheiden sich so schon durch die Farbe vom Maisbaste. So wurde ich in den Stand gesetzt, die Menge der fremden Bestandtheile dieser Maispapiere (Leinen und Schafwolle) abzuschätzen. In den mir vorliegenden Schäffer'schen Papieren beträgt die Menge derselben etwa 1/6 des gesammten Volums. Die ältesten der bis jetzt bekannt gewordenen Maispapiere sind deßhalb entschieden gemischte Papiere. 2. M. Diamant's ungebleichtes Halbzeug und Papier. Die mir vorliegenden Diamant'schen Halbzeuge haben eine schmutzig braune Farbe und enthalten, wie schon mit freiem Auge kenntlich ist, noch große Gewebs- und Faserstücke. Die mikroskopische Untersuchung zeigt wie wenig durch die Bereitung des Halbzeuges noch für die Isolirung der Zellen gethan wurde, indem mit Ausnahme der in nicht unbedeutenden Mengen auseinander gelösten Bastzellen alle anderen Gewebselemente noch in Gruppen vereinigt sind. Alle Zellgattungen, welche wir bei Betrachtung der Schäffer'schen Papiere kennen gelernt haben, die kleinen dünnen Oberhautzellen, die weiten Gefäße, die schmalen aber stark verdickten Bastzellen, das chlorophyllführende Parenchym sind auch hier wieder zu finden und beweisen, daß dieses Halbzeug aus dem ganzen Maisstroh bereitet wurde. Die Elemente der Lische nehmen nur wenig Antheil an der Zusammensetzung dieses Halbzeuges. Zwischen den Zellen und Zellgruppen treten sehr häufig Pilzsporen, meist braune opake Zellen, ferner kleine nicht weiter unterscheidbare Körnchen auf, die bei Befeuchtung mit Wasser in heftige Molecularbewegung gerathen. Die Bast- und Oberhautzellen sind nicht selten mit sehr kleinen Pilzsporen ganz und gar erfüllt. Durch Jod und Schwefelsäure werden die Zellmembranen dieses Halbzeuges blaugrün, grün oder braun gefärbt, woraus ersichtlich ist, wie wenig durch die Herstellung dieses Productes noch für die Reinigung der Zellen geschehen ist, und welche große Aufgabe dem Proceß des Bleichens vorbehalten ist. Die mir von Hrn. Hofrath v. Auer zur Untersuchung überlassenen Diamant'schen Papiere sind ordinäre Schreibpapiere von sehr ungleichartigem Gefüge, indem über die ganze Oberfläche kleine Gewebsstückchen in Form von Schüppchen, welche beim Bleichen nicht weiß wie die umgebenden Fasern geworden sind, ausgestreut erscheinen. Das Papier ist in Folge einer bis aufs Aeußerste getriebenen Bleichung, welche durch die höchst unvollkommenen Eigenschaften des Halbzeuges nothwendig wurde, so brüchig geworden, daß es geradezu als unbrauchbar zu bezeichnen ist. Eine mikroskopische Prüfung der mir vorliegenden Proben belehrte mich, daß die Zellen bloß aus den histologischen Elementen der Maispflanze zusammengesetzt sind: das Diamant'sche Papier ist deßhalb das älteste von den bis jetzt bekannten Papieren, welches aus reiner Maisfaser, ohne Hinzugabe anderer Pflanzenfasern, angefertigt wurde. Bei sorgsamer Untersuchung findet man alle histologischen Elemente des Maisstrohes im Papier wieder: aber alle befinden sich in dem Zustande einer sehr vorgeschrittenen Zerstörung. Die Parenchymzellen sind nur mit Mühe herauszufinden. Wenn man bedenkt, wie reich das Halbzeug an Parenchym war, und nun findet, daß im Papiere hiervon nur Spuren vorkommen, so erklärt sich hieraus die überaus zerstörende Wirkung, welche die Bleiche auf die Papiermasse ausübte. Von den histologischen Elementen sind die Bast- und Oberhautzellen noch am wenigsten ruinirt. Die weitere mikroskopische Prüfung zeigt ferner, daß die Diamant'schen Papiere mit allen durch eine schlechtgeleitete Fabrication hervorgerufenen Fehlern behaftet sind. Die Bastzellen treten fast nur in Bruchstücken auf, welche außerdem stark zerklüftet sind und meist nur eine Länge von 0,2–0,4mm besitzen: die in Rede stehenden Producte sind deßhalb die kurzfaserigsten aller bekannten Papiersorten. Die schlechte Behandlung der Halbzeuge, durch welche es bedingt wird, daß eine reichliche Pilzvegetation in derselben auftritt, macht sich auch noch im Papier bemerkbar, indem hierin zahlreiche Bastzellen auftreten, deren Inneres ganz mit Pilzen erfüllt ist. 3. Auer's Maisfaserproducte. Die erste Verarbeitung der Maislische besteht in einer Behandlung derselben mit einer verdünnten, erwärmten Sodalösung, wodurch eine partielle Auflockerung der Gewebspartien des Blattes hervorgebracht wird, und hierauf eine Trennung in drei Producte ausgeführt werden kann. Man erhält hierbei: 1) verspinnbare Längenfasern (Spinnfaser); 2) ein kurzfaseriges Product (Papierhalbzeug); 3) eine klebrige, plastische Masse (Nahrungsstoff, Mehlteig). In der k. k. Staatsdruckerei, woselbst ich den Proceß der Abscheidung dieser drei Producte im Kleinen zu beobachten Gelegenheit hatte, wurde der von den Längsfasern durch Handarbeit abgeschiedene Rest auf Siebe gebracht und daselbst mit Wasser gewaschen. Diejenige Zellenmasse welche das dritte Product constituirt, geht durch das Sieb durch, das Papierhalbzeug bleibt auf demselben zurück. Die quantitative Zusammensetzung dieser beiden Producte hängt von der Dauer der Waschung ab. Man kann auf mikroskopischem Wege leicht nachweisen, ob ein Maispapier aus einem sorgfältig oder nur flüchtig gewaschenen Papierhalbzeuge angefertigt wurde. a. Spinnfaser. Was vorerst das von Auer mit dem Namen Längenfasern belegte, zu Gespinnsten verwendbare Product betrifft, so besteht dasselbe aus Resten der Längsstränge der Gefäßbündel; zwischen und über denselben liegen noch Parenchym- und Oberhautreste, von welchen aber die ersteren bei der Verspinnung großentheils abfallen. Untersucht man Längs- und Querschnitte dieser Gespinnstfasern, so erkennt man, daß sie vornehmlich aus dem bastreichen gegen die Blattunterseite gerichteten Gefäßbündelantheil bestehen und daß bei ihrer Abscheidung eine durch das Cambium gehende, parallel der Blattfläche gelegene Spaltung des Gefäßbündels eingetreten ist, wobei der gefäßreiche, gegen die Blattoberseite gekehrte Gefäßbündelantheil mit dem größten Theil des Parenchyms, der Oberhaut und der feinen Querstränge sich abgetrennt hat. Je sorgsamer die Abscheidung der Gespinnstfaser vorgenommen wurde, desto besser gelingt die Abtrennung des bastreichen Gefäßbündelantheiles. Es versteht sich aber von selbst, daß eine vollständige Spaltung der Gefäßbündel bei der Fabrication im Großen nicht erreicht werden kann. Auch ist zu erwähnen, daß es ebenso wenig gelingt die Oberhaut völlig von dem Gefäßbündelrest abzutrennen. Nie trennt sie sich als solche vom Gefäßbündel ab; entweder bleibt sie fest an demselben haften und ist dann in den Gespinnsten nachweisbar, oder sie trennt sich mit den unter ihr liegenden Gefäßbündelelementen gleichzeitig ab und geht in das Papierhalbzeug über. In je geringerer Menge die spröden Gefäße und Oberhautzellen in den Maisfasergeweben vorkommen, desto besser sind letztere. Die chemischen Reactionen, welche die histologischen Elemente der Spinnfaser im ungebleichten Zustande zeigen, sind dieselben welche wir unten bei der Betrachtung des Papierhalbzeuges kennen lernen werden, eines Stoffes, der alle Bestandtheile der Spinnfaser, nur in anderen Mengen wie diese, enthält. b. Papierhalbzeug. Dieses stellt im ungebleichten Zustande eine gelblich gefärbte zusammenhängende Masse dar, die hauptsächlich aus kleinen Fäserchen besteht, zwischen welchen auch lange, dünne oder dicke Gefäßbündelreste eingestreut sind. Das gebleichte Halbzeug ist feinfaseriger als das ungebleichte und zeigt eine reinweiße Farbe. Das Halbzeug enthält alle histologischen Elemente der Maislische. Es ist reich an Bastzellen, Leitzellen und Gefäßfragmenten, reich an Oberhautzellen der Blattunterseite, arm an Oberhautzellen der Blattoberseite und enthält nur Spuren von Parenchym und Haaren. Aus dieser Zusammensetzung ergibt sich, daß der Papierstoff hauptsächlich aus Gefäßbündelresten und aus der unteren Epidermis besteht. Die Anwesenheit der Epidermiszellen der Blattunterseite wird erstens bedingt durch die große Innigkeit, mit welcher die zahnradartig ineinander greifenden Zellen aneinander haften und Stücke bilden, welche nur schwer durch die Sieblöcher durchgehen; zweitens durch den Umstand, daß die, über den Längssträngen gelegenen Epidermiszellen sich, wie wir oben gesehen, mit langstreckigen Gefäßbündelelementen ablösen, und mithin ebenfalls auf dem Siebe zurückbleiben müssen. Die obere Epidermis geht in desto reichlicherem Maaße in den „Nahrungsstoff“ über, je sorgsamer die Waschung des Halbzeuges vorgenommen wird. Der Reichthum des Halbzeugs an Bastzellen thut dar, daß die Vorstellung, welche man sich von der Antheilnahme der die Maislische zusammensetzenden Gewebe an den Maisfaserproducten machte, eine irige war. Man dachte nämlich, daß die kurzen, quer durch das Blatt laufenden Stränge, die, wie ich oben zeigte, nur sehr arm an Bast sind, die Papiermasse bilden.Man vergl.: Die Vollendung der Maisfaserfabrication, von Hofrath v. Auer. Wien 1864. Einen viel größeren Antheil an der Bildung des Halbzeuges nehmen die keineswegs bastarmen dünnen Obertheile der Längsstränge und wohl auch der unterste Theil derselben, welcher, mit langstreckigen, buchtigen Oberhautzellen überdeckt, in das zweite Product eintritt. Die Oberhautzellen liegen im Halbzeuge theils vereinzelt, theils in Gruppen, welche eine Größe bis zu vier Quadratmillimeter besitzen; im letzteren Falle schließen diese Oberhautstücke noch wohl erhaltene Spaltöffnungen ein. Diese Zellen haben im ungebleichten Halbzeug eine deutliche gelbliche Färbung. Durch Jod und Schwefelsäure werden sie grünlich blau, durch Ammoniak schwach gelb, durch übermangensaures Kali lichtbraun gefärbt. Die Bastzellen sind sehr gut erhalten und zum großen Theile isolirt. Hier und dort sind sie noch mit Oberhautzellen überdeckt. Auch sind sie manchmal an langstreckige Parenchymzellen geheftet, die dann mit Oberhautzellen überkleidet sind. Die Bastzellen besitzen ebenfalls noch eine erkennbare gelbliche Färbung, und zeigen noch nicht die Reactionen des reinen Zellstoffes. Die vornehmlich aus den Quersträngen stammenden Porenleitzellen sind im gut erhaltenen Zustande anzutreffen. Die Gefäße hingegen finden sich nur in Bruchstücken vor. Von den Gefäßwänden abgetrennte Ringe und Spiralen sind im Halbzeuge keineswegs selten. Durch Jod und Schwefelsäure werden die Wände der Leitzellen und Gefäße des ungebleichten Halbzeuges noch grünblau gefärbt. – Noch bleibt zu erwähnen übrig, daß zwischen den Zellen und Zellgruppen des Halbzeuges sich noch eine körnige, aus dem Zellinneren herstammende Masse vorfindet, die durch Jod hellbraun wird und keine oder nur eine schwache Molecularbewegung zeigt. Spurenweise treten im ungebleichten Halbzeuge auch braune Pilzsporen auf, die etwa im Durchmesser 0,0047mm messen und deutliche Zellkerne führen. Das gebleichte Halbzeug enthält alle Theile, die im ungebleichten vorkommen, nur ist die Isolirung der Zellen eine viel vollkommenere, indem durch den Bleichproceß ein großer Theil der noch wirksamen Intercellularsubstanz entfernt wurde. Die Zellen dieses gebleichten Zeuges haben durch den Bleichproceß so gut wie gar keine mechanische Aenderung erfahren. Sie besitzen sämmtlich eine rein weiße, nur hier und da in's Gelbliche geneigte Farbe, und werden durch Jod und Schwefelsäure rein blau. Ammoniak ruft in ihnen keine gelbe Farbe mehr hervor. In übermangansaurem Kali nehmen die Zellmembranen die Farbe dieses Reagens an und erst nach langer Einwirkung neigt sich ihre Farbe in's Lichtbraune; ein Zeichen, daß hier alle Zellen in reine oder nahebei reine Cellulose bereits umgewandelt sind. Die feinkörnige Masse, welche im ungebleichten Halbzeug auftritt, kommt auch hier noch vor und wird durch Jodlösung sogleich gebräunt. Ueber die aus dem Halbzeug angefertigten Papiere werde ich nur einige allgemeine Bemerkungen hier anführen, indem ein Eingehen in alle Details der technischen Prüfung dem Zwecke dieser Abhandlung nicht entspräche. Uebrigens dürften die vorstehenden Resultate der histologischen Untersuchung Alles in sich einschließen, worauf es bei der Prüfung der Maispapiere auf ihre Faser ankommt. 1) Unter den von der Aerarialfabrik erzeugten Papieren findet man solche, welche bloß aus Maisfaser bestehen, andere, welche noch Leinen-, Baumwollen- und Hanffaser enthalten. Die Pergament- und viele Pauspapiere enthalten bloß Maisfaser, die Druckpapiere vorwiegend Maisfaser, außerdem aber gewöhnlich noch ein Gemenge von viel Leinen und wenig Baumwolle. Auch in einigen Pauspapieren fand ich eine geringe Menge von Leinenfasern. Die Cigarettenpapiere bestehen aus Mais- und Hanffaser. 2) Aus der Menge der Prosenchymzellen, gegenüber den Oberhaut- und Parenchymzellen, und aus der relativen Menge der Bastzellen, gegenüber den Leitzellen und Gefäßen, kann man durch das Mikroskop entscheiden, ob das Halbzeug oder die Spinnfaser allein, oder ob beide gleichzeitig zur Erzeugung einer vorliegenden Papiersorte genommen wurden. Bei einer aus dem zweiten Producte angefertigten Waare läßt sich der Grad der Sorgfalt, mit welcher die Auswaschung besorgt wurde, auf mikroskopischem Wege leicht erkennen. Mangel an Parenchymzellen und Haaren, Armuth an Oberhautzellen der oberen Blattfläche und an Gefäßfragmenten zeigen die Güte einer aus dem kurzfaserigen zweiten Producte hergestellten Papiersorte an. 3) Die Oberhaut- und Bastzellen sind im gut erhaltenen Zustande im Papiere anzutreffen, viele von ihnen sind weder der Länge noch der Quere nach beschädigt. Durch den Besitz solcher unveränderter Zellen unterscheiden sich die Maispapiere in vortheilhaftester Weise von allen Lumpenpapieren. 4) Für alle Maispapiere ist es höchst charakteristisch, daß glänzende, bei der gebleichten Waare rein weiße Schüppchen über ihre Oberfläche ausgestreut sind. Diese rühren von kleinen Zellgruppen, meist von Oberhaut- und Gefäßbündelstücken her. 5) An allen Maispapieren zeigen sich schwarze Pünktchen von verschiedener Ausdehnung. Die größten derselben messen 0,5mm. An den ungebleichten Maispapieren treten die Pünktchen oft in großer Menge auf. Betrachtet man diese Körper im querdurchschnittenen Papiere, so findet man, daß dieselben selten auf der Oberfläche, sondern meist im Inneren des Papieres liegen und eine linsenförmige Begrenzung haben. Diese mit freiem Auge schwarz aussehenden Körper sind Pilzcolonien, welche aus braunen opaken Sporen und ebensolchen Hyphen und Mycelien bestehen. Diese Pilzgruppen liegen entweder frei in der Papiermasse oder sie sind von Resten der Gefäße und der Oberhautzellen umschlossen. Sporen und Mycelien erscheinen in manchen Papieren im gut erhaltenen Zustande; ob man sie noch zur Weiterentwickelung bringen kann, konnte ich bis jetzt nicht feststellen. Gewiß ist es, daß diese Pilzcolonien sehr häufig in so ausgetrocknetem Zustande im Papiere liegen, daß sich die Masse durch Druck mittelst des Deckgläschens in ein Pulver zerreiben läßt, welches, mit freiem Auge gesehen, eine braune oder ziegelrothe Farbe besitzt. Durch diese an Maispapieren gemachte Beobachtung angeregt, habe ich auch die an vielen anderen Papieren sich vorfindenden schwarzen Pünktchen mikroskopisch geprüft und mich überzeugt, daß auch diese aus Pilzen bestehen. c. Nahrungsstoff. Dieses bei der Maisfasergewinnung sich abscheidende Product besitzt im frischen Zustande eine matt graubraune Farbe, ist plastisch und stark klebrig. Es besteht der Hauptmasse nach aus dem Parenchym, der oberen Epidermis und den Haaren der Maislische, enthält aber außerdem noch Zellen der unteren Epidermis, Leitzellen, Gefäßfragmente und Bastzellen. Durch Jodtinctur kann man in diesem Körper nur Spuren von Stärke entdecken. Einzelne kleine Partien im Inneren der Parenchymzellen färben sich durch Jod braun. Weder durch Salzsäure noch durch Zuckerlösung und Schwefelsäure gelingt es die Reaction der Proteinkörper hervorzurufen. Durch Jod und Schwefelsäure färben sich alle Zellen intensiv blau: es ist deßhalb gar keinem Zweifel unterworfen, daß die Hauptmasse dieses sogenannten Nahrungsstoffes aus Cellulose besteht und mithin der Werth dieses Körpers als Nahrungsmittel ein höchst untergeordneter ist. –––––––––– Die angeführten Beobachtungen werden wohl genügen, um den Antheil kennen zu lernen, den die verschiedenen Gewebe der Maislische an der Zusammensetzung der einzelnen Producte nehmen, es dürfte aber ferner aus denselben erhellen, worin der Werth der Maislische liegt. Der Werth der Maislische besteht erstens darin, daß sie sehr reich an Prosenchym, besonders an Bastzellen ist, und zweitens, daß dieselbe einen Bau besitzt, welcher eine Abscheidung der Fasern von dem umgebenden Gewebe im Großen ermöglicht. Der Bau des Gefäßbündels selbst ist so beschaffen, daß eine Trennung in ein langfaseriges Product (breite Unterseite der Längsstränge) und in ein kurzfaseriges (die schmalen Oberseiten der Längsstränge und sämmtliche Querstränge enthaltend) mit Leichtigkeit durchführbar ist. Die Bastzellen der Maislische haben wegen ihrer großen Weite und der verhältnißmäßig schwachen Verdickung lange nicht jene Festigkeit, durch welche die Bastzellen des Leines, des Hanfes u.s.w. so ausgezeichnet sind; die Maisfasergewebe werden deßhalb stets nur einen untergeordneten Platz einnehmen. Dafür liefert die Maisfaser treffliches Papier, weil sie in beinahe noch unverletztem Zustande an der Zusammensetzung dieses Productes Antheil nimmt, während die von Hadern stammenden Gewebefasern schon stark angegriffen und benachtheiligt sind. Der Bau der Bastzelle des gewöhnlichen Maisstrohes lehrt, daß dieselbe eine weitaus größere Festigkeit besitzt als jene der Maislische. Erstere würde entschieden bessere Gewebe liefern als der Lischen-Bast. Hier ist es aber wieder die mit großen Hindernissen verbundene Abtrennung der Bastzellen von den übrigen Gewebetheilen, welche die Verwerthung des Maisstrohes zu Papier und Geweben bisher unmöglich gemacht hat. Vornehmlich an diesem Hinderniß scheiterten Diamant's Versuche. Erklärung der Abbildungen. Fig. 12. Junge Oberhautzellen der oberen Blattfläche vom Kolbenblatte der Maispflanze. – a lange, b kurze Zellen; z, z Zellkerne. – c kegelförmiges Haar; es zeigt in diesem Entwickelungsstadium ausgezeichnete Protoplasmaströmung. Fig. 13. Oberhautfragment von der unteren Blattfläche der Maislische, über Parenchym gelegen. – a lange Zellen; b kurze, verkieselte Zellen. – c mehrzelliges cylindrisches Haar. – d Spaltöffnung. – z, z Zellkerne. Fig. 14. Jugendliche Oberhautzellen von der Unterseite der Maislische, über dem Gefäßbündel gelegen. – a lange Zellen, b verkieselte Zwergzellen. – 2,2 Kerne der Zellen a: z', z' Kerne der Zellen b. Fig. 15. Oberhautfragment der oberen Blattfläche des Maiskolbenblattes. – c Basis des kegelförmigen Haares. – t Spaltenförmige Poren in der oberen Zellwand. Fig. 16. Vollständig ausgebildete Oberhautzelle von der Unterseite der Maislische, über Parenchym gelegen, durch Chromsäure isolirt. a Poren in der oberen Zellwand; b excentrische Verdickungen mit stellenweise deutlichen Schichten. Fig. 17. Oberhautfragment von der Unterseite der Maislische nach mehrstündigem Liegen in Chromsäure, t die in Auflösung begriffenen tertiären Membranen der langen Zellen; a verkieselte Zwergzellen, die durch die Chromsäure nicht angegriffen werden und erst in Flußsäure sich lösen. An der Zwergzelle t' zeigt die obere Wand eine Pore. Fig. 18. Oberhautzelle der unteren Blattseite, über dem Gefäßbündel gelegen. – a und b wie Fig. 16. Fig. 19. Oberhautfragment vom häutigen Rande der Maislische. Die Seitenzellwände sind eben oder schwach wellenförmig, die Querwände häufig gebuchtet (m, n). Fig. 20. a Fragment einer stark-, b einer schwachverdickten Bastzelle aus dem Gefäßbündel der Maislische; m, m, n, n, Ansicht der Zellwand; t, t'' spaltenförmige Tüpfel. A verkieselte Zwergzellen aus der Oberhaut der unteren Blattfläche, die fest an den Bastzellen haften. Fig. 21. Verkieselte Oberhautzellen der Blattunterseite, welche nach der Veraschung des Gewebes zurückbleiben. – a stärker durchgeglüht als b. – Die Innenwände beider Zellen sind bloß verkohlt.

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