Titel: | J. W. Osborne's Methode der Photolithographie. |
Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. XCVII., S. 386 |
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XCVII.
J. W. Osborne's
Methode der Photolithographie.
Aus dem Scientific
American vom 19. November 1864.
Osborne's Methode der Photolithographie.
Wenn man Gelatine mit zweifach-chromsaurem Kali gemischt dem Licht aussetzt, so wird
sie bekanntlich unlöslich. Unterzieht man nur einen Theil dieser Mischung der
Wirkung des Lichtes, so wird dieser Theil unlöslich, während der im Dunkeln
gehaltene Rest seine Löslichkeit behält. Diese Eigenschaft des chromsauren Salzes
hat Dr. J. W. Osborne, von
Ausstralien, benutzt um Landkarten, Federzeichnungen und Stiche durch die Wirkung
des Lichtes auf lithographische Steine zu copiren. In einer der Royal Society of Victoria vorgelesenen Abhandlung
beschreibt er sein Verfahren folgendermaßen:
„Zuerst wird ein Papierblatt in der gewöhnlichen, den Photographen
bekannten Weise mit Albumin präparirt; nachdem es ganz trocken ist, passirt man
es auf einer polirten Stahl- oder Kupferplatte durch eine Kupferdruck- oder
lithographische Presse, wodurch es eine sehr glatte und regelmäßige Oberfläche
erhält; es wird dann auf derselben Seite mit einer Gelatinelösung überzogen,
welcher zweifach-chromsaures Kali zugesetzt worden ist; alsdann wird es
sorgfältig im Dunkeln getrocknet, und wieder durch die Presse passirt, um eine
ganz glatte Oberfläche herzustellen. Mit dieser Operation ist die Darstellung
des empfindlichen Papiers beendigt. Nachdem ich von dem Original (der Landkarte,
Federzeichnung oder dem Stich) ein Negativ gemacht habe, bringe ich ein
entsprechendes Stück des empfindlichen Papiers in dichte Berührung mit demselben
und exponire das Ganze dem Tageslicht in der Weise, daß die Lichtstrahlen,
welche durch die durchsichtigen Theile des Negativs dringen, direct die
präparirte Fläche treffen; der größere Theil des Papiers bleibt dabei gegen den
Einfluß des Lichtes durch die dunklen Theile des Negativs geschützt, welche den
weißen Stellen des Originals entsprechen. In Gegenwart der organischen Substanz
wird das zweifachchromsaure Kali durch die Einwirkung des Lichtes zersetzt,
wobei höchst wahrscheinlich der frei gewordene nascirende Sauerstoff auf die
Gelatine reagirt und ihre chemischen Eigenschaften in eigenthümlicher Weise
verändert. Nach dem Wegnehmen des Negativs sieht man, daß ein Bild in Braun auf
dem klaren Gelb des Papiers erzeugt worden ist, welches den durchsichtigen
Theilen des Negativs, oder den schwarzen Linien auf der Originalzeichnung
entspricht. Dieser positive photographische Abdruck wird zunächst mit einer
gleichförmigen Schicht lithographischer Ueberdruckschwärze bedeckt, indem man
ihn, mit der Bildseite nach unten, auf einem eingeschwärzten lithographischen
Stein durch die Presse passirt. Die hierbei ausgeübte Pressung veranlaßt, daß
die ganze empfindliche Oberfläche die Schwärze annimmt und eine gleichförmige
Schicht derselben mitnimmt, welche das braune photographische Positiv unsichtbar
macht. Die in Folge der Lichteinwirkung veränderten Theile der Gelatine besitzen
eine gewisse Verwandtschaft zu dem Fett der Schwärze, so daß sie dieselbe mit
beträchtlicher Zähigkeit zurückhalten. Die nächste Operation hat den Zweck, das
unter der präparirten Oberfläche befindliche Albumin gerinnen zu machen; dieß
geschieht dadurch, daß man sie, mit der Papierseite nach unten, auf kochendem
Wasser schwimmen läßt. Ein nachfolgendes, kurze Zeit dauerndes Untertauchen
veranlaßt ein solches Aufschwellen der unveränderten Gelatine, daß. sie die
Schwärze mit sich vom Papier erhebt, und eine geringe Reibung mit dem Schwamm
oder einer sonstigen
weichen Substanz entfernt dann die überflüssige Schwärze von allen Theilen des
geschwärzten Abdruckes, welche den weißen Theilen auf dem Original entsprechen.
Wenn alle Linien klar und gut begrenzt erscheinen, gießt man kochendes Wasser
über das Ganze, um die letzten Spuren von Gelatine zu entfernen; der Abdruck
wird dann getrocknet. Wir besitzen nun eine getreue lithographische
Reproduction, nämlich eine Zeichnung in fetter Tinte, welche auf den Stein in
gewöhnlicher Weise übertragen werden kann, indem man sie auf demselben bloß
umkehrt und durch die Presse zieht; das Albumin, welches allem Waschen
widerstanden hat, verhindert als klebende Substanz unter der Tinte das
Verschieben des Papiers auf dem Stein. – Die sämmtlichen Operationen
erfordern nicht über zwei bis drei Stunden Zeit.“
Dieses Verfahren wurde sowohl in den Vereinigten Staaten als in Europa patentirt und
durch die Regierungen von Australien und PreußenHerr Korn, Eigenthümer der rühmlichst bekannten
photolithographischen Anstalt in Berlin, ist der Einzige in Deutschland, den
Hr. Osborne zur Ausübung seines Processes
autorisirt hat.Hr. Dr. Herm. Vogel
bemerkt in den von ihm herausgegebenen Mittheilungen des photographischen
Vereins zu Berlin, Januar 1865, S. 134 über das Osborne'sche Verfahren: „für Reproductionen von Federzeichnungen und Landkarten ist dieser
Proceß ganz unschätzbar. Das Außerordentlichste, was er in dieser
Hinsicht geleistet, sind die Reproductionen nach den Federzeichnungen
des Prof. Berg, die japanische Expedition
betreffend. Zur Wiedergabe von Halbtönen eignet er sich
weniger.“
„Dieser Proceß ist der sogenannte Uebertragungsproceß und als solcher wesentlich verschieden von
jenem, wo das Bild direct auf den vorher
passend präparirten Stein copirt wird. Vor dem directen Copirproceß auf Stein hat er mehrere wichtige
Vortheile voraus:1) weil es sehr schwierig ist, eine Negativglasplatte in innigen Contact
mit dem Stein zu bringen;2) wird die beim directen Copiren leicht
eintretende Erhitzung des Steins vermieden;3) erlaubt dieser Proceß große Bilder mit
Hülfe eines kleinen Objectivs zu reproduciren, indem man die großen
Originale stückweise aufnimmt, die erhaltenen Negative (in der oben
beschriebenen Weise) abdruckt und die einzelnen Drucke auf den Stein überträgt. Auf diese Weise sind
z.B. die großen Reproductionen von Berg's
Zeichnungen hergestellt, und in welcher Vollendung dieß ausgeführt ist,
beweist der Umstand, daß es nicht möglich ist auf den fertigen Bildern
irgend eine Fuge oder Unterbrechung der Contouren
nachzuweisen.“ A. d. Red. zum Copiren von Landkarten in vergrößertem oder verkleinertem Maaßstabe
angewandt.