Titel: Pyrotechnische Rundschau; von C. Schinz.
Autor: C. Schinz
Fundstelle: Band 176, Jahrgang 1865, Nr. IX., S. 17
Download: XML
IX. Pyrotechnische Rundschau; von C. Schinz. (Fortsetzung von Bd. CLXXIII S. 280.) Schinz, über die Siemens'schen Regenerativ-Oefen. X. Zur Kritik der Siemens'schen Glas-Schmelzöfen mit Gasfeuerung und Regeneratoren. Die im Septemberheft 1863 der „Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure“ von R. Z. angekündigte Widerlegung meiner Kritik der Siemens'schen Regenerativ-Oefen ist endlich im November- und Decemberheft 1864 (Bd. VIII S. 657) jener Zeitschrift erschienen, und der Verfasser nennt sich R. Ziebarth. Beinahe gleichzeitig erschienen zwei neue Belobungsartikel über dieses Feuerungssystem, der eine im Bulletin de la Société de l'industrie minérale de St. Etienne, der andere in der belgischen Revue universelle des mines etc.; beide wurden im Auszuge in der berg- und hüttenmännischen Zeitung, 1865 Nr. 8, mitgetheilt. Daß ich neben vielen lobenden und empfehlenden Besprechungen der Siemens'schen Regenerativ-Oefen als einziger Gegner dastehe, wie Hr. Ziebarth sagt, beweist keineswegs, daß ich, obgleich in der Minderheit, auch im Unrecht sey. Ich glaube im Gegentheil in meinen Aufsätzen über diesen GegenstandIn diesem Journal Bd. CLXVI S. 270 u. Bd. CLXVII S. 439. dargethan zu haben, daß es mir an triftigen Gründen nicht fehlt; auch ist bekannt, daß ich mir seit mehr als einem Viertel-Jahrhundert die Wärme-Meßkunst zur Lebensaufgabe gemacht habe und daß mir daher eine tiefere Einsicht in derartige Feuerungsanlagen zu Gebot steht als den zahlreichen Lobspendern der Siemens'schen Regenerativ-Oefen. Die nun von Hrn. Ziebarth veröffentlichte Widerlegung beruht einfach darauf, daß er behauptet, der Ofen in Dresden, für welchen ich eine Berechnung aufstellte, enthalte nicht, wie Hr. G. Lichtenberger als Empfehlung angab, 30 Centner Glas, sondern 68 Centner, und indem er dann meine Rechnungsweise auf diese Grundlage anwendet, kommt er zu dem Resultate, daß alles von mir Vorgebrachte unrichtig sey. Darnach würde der Dresdener Ofen per 1 Pfd. geschmolzenes Glas (19⅓ × 149)/6800 = 0,423 Pfd. Lignit verbrauchen. Endlich führt Hr. Ziebarth als Beispiel günstiger Betriebsresultate noch den Glasofen in Thalheim in Ungarn an, in welchem 2080 Pfund Glas mit 7000 Pfd. Braunkohlen geschmolzen werden, also per 1 Pfd. Glas = 3,317 Pfd. Braunkohle, d.h. 7 bis 8 mal mehr! Hr. Ziebarth wird es mir daher nicht übel nehmen, wenn ich die Angabe bezüglich des Dresdener Ofens, auf welche er seine Widerlegung stützt, als nicht glaubwürdig betrachte; der in Rede stehende Ofen ist nicht mehr im Betriebe, was er doch wohl noch seyn würde, wenn der Consum per 1 Pfd. Glas nur 0,423 Pfd. Lignit betragen hätte, während der dortige neue Ofen statt 19 3/4 Stunden Schmelzzeit 40 Stunden braucht und per 1 Pfd. Glas nach Hrn. Siemens' eigener Aussage 1,5 Pfd. Lignit (also über 5 1/2 mal mehr) aufgehen. Wollte man aber annehmen, daß das angegebene Betriebsresultat von Thalheim auf einem Irrthum beruht, so kann ich mit Thatsachen die Unwahrscheinlichkeit der Zahl 0,423 für den Dresdener Ofen darthun. In Ravenhead bei St. Helens werden in den Siemens'schen Oefen 1,50 bis 1,69 Kil. Steinkohlen zum Schmelzen und Läutern von 1 Kil. Glas verwendet; dieß sind Steinkohlen in Stücken, wovon die Tonne 6 Shill. kostet; in den alten Oefen dagegen betrug der Consum für dieselbe Glasmenge 2,85 bis 3 Kil. – aber man verwendete dazu Kohlen welche per Tonne nur 3 Shill. kosteten; somit findet in den neuen Oefen eine Kohlenersparniß von 43 bis 47 Proc. statt, während die Kohlen 100 Proc. theurer sind, und als Endresultat ergibt sich, daß mit den Siemens'schen Oefen mehr Geld ausgegeben wird als mit den alten. Im Widerspruch mit dem Siemens'schen Programm, welches die in vielen Fällen höchst vortheilhafte Verwendbarkeit der schlechtesten Sorten von Brennmaterial, wie Kohlengrus, Kohksabfall, Lignit und Torf in Aussicht stellte, kann man also thatsächlich in den Regenerativ-Oefen nur mit größeren Kohlenstücken Glas schmelzen, während die alten Oefen Kleinkohle zu verwenden gestatten. Der Consum von 1,5 bis 1,69 Kil. per 1 Kil. Glas wird übrigens in besseren Oefen alter Construction nicht überschritten, woraus hervorgeht, daß auch die in Ravenhead resultirende Gewichtsersparniß von 43 bis 47 Procent illusorisch ist, da sie sich auf Oefen bezieht, welche offenbar unter die schlechteren gehören. In Rußland, wo die alten Glasschmelzöfen sehr primitiv sind, braucht man 7 Pfd. Holz um 1 Pfd. Fensterglas zu schmelzen und zu verarbeiten; nun haben die Siemens'schen Oefen diesen Consum auf 4 bis 5 Pfd. reducirt, was 28 bis 43 Proc. Ersparniß ausmacht; vergleichen wir aber diesen Consum mit dem in rationeller construirten gewöhnlichen Glasöfen stattfindenden, so werden auch da die Siemens'schen Oefen im Nachtheile seyn. Auch abgesehen von der Nichtigkeit der Ersparniß, welche bei den Siemens'schen Oefen stattfinden soll, erscheint aber meine Kritik derselben durch die Erfahrung als völlig bestätigt; ich will nicht von der großen Anzahl Siemens'scher Oefen sprechen, welche nie Glas geschmolzen haben und alsbald nach ihrer Erbauung wieder abgetragen wurden; es genügt zu sagen, daß z.B. in Rußland von vielen Siemens'schen Oefen nur noch sehr wenige im Gange sind, ungeachtet der Ersparniß von 28 bis 43 Proc. Holz, welche sie im Vergleich mit den alten dort gebräuchlichen Oefen geben. Was ist die Ursache dieser Erscheinung? – Es ist die Unregelmäßigkeit, womit die Siemens'schen Oefen functioniren, und daß diese Unregelmäßigkeit stattfinden muß, habe ich in meinen früheren Aufsätzen über die Regenerativ-Oefen dargethan. Die Schmelzdauer wechselt bei diesen Oefen zwischen 24 und 50 Stunden, selbst bei Anwendung von Steinkohlen kommt letztere Schmelzzeit vor; und Hr. Ziebarth sowohl als Hr. Siemens übersehen ganz, daß das erste Kriterium eines wirklich heißen Ofens, also eines ökonomischen Ofenbetriebes, eine abgekürzte Schmelzzeit ist, und daß ohne diese auf einen kalten Ofen, also einen nicht ökonomischen Betrieb, unfehlbar geschlossen werden darf. Ich gehe nun zu den Einzelheiten der Widerlegung des Hrn. Ziebarth über. Er führt als Siemens'sche Theorie an, daß durch in den Generator gelangenden Wasserdampf der Gehalt der Gase an Stickstoff kleiner ausfalle, was vortheilhaft sey, da dieser Dampf dann Kohlenwasserstoff- und Kohlenoxydgas erzeuge; daß dieser Dampf zur Regulirung des Feuers diene, da er bei lebhafter Verbrennung in größerer Menge erzeugt werde, wodurch dann das Feuer wieder normal werde, indem der Dampf Wärme binde. „Gegen diese Theorie, sagt Hr. Ziebarth, läßt sich nicht mehr einwenden als gegen jede andere.“ Erstens gibt aber Wasserdampf, über glühende Kohlen geleitet, nicht Kohlenwasserstoff und Kohlenoxyd, sondern 2 Volume Wasserstoff und 1 Volum Kohlenoxyd. Zweitens erfordert die Zersetzung von 1 Pfd. Dampf gerade so viel Wärme als bei der nachherigen Verbrennung des Wasserstoffes wieder erzeugt wird; woher soll nun die vortheilhafte Wirkung kommen, wenn der mindere Gehalt an Stickstoff in den Verbrennungsproducten durch ein Volum Wasserdampf ersetzt wird, dessen specifische Wärme fast eben so groß ist? Wenn man annimmt, es werde 1/10 des vorhandenen Kohlenstoffes vom Sauerstoff des Dampfes verbraucht, so ergibt die Berechnung daß die Anfangstemperatur ohne Wasserdampf um 49° höher wird als mit demselben. Eine Regulirung des Feuers bewirkt das Wasser unter dem Rost ebenfalls nicht, weil nur der kleinste Theil des gebildeten Dampfes durch Strahlung des Rostes entsteht, der bei weitem größere Theil aber durch die herabfallenden kleinen Kohlen, Asche etc., die sich im Wasser löschen. Hr. Ziebarth sagt, es habe sich noch keine Uebereinstimmung der Resultate hinsichtlich der pro Stunde und Flächeneinheit der Rostfläche vergasten Mengen von Brennmaterial erzielen lassen. Das glaube ich ihm gern; wenn er aber das Wesen eines Gasgenerators kennen würde, so hätte er auch nach einer solchen Uebereinstimmung nicht gesucht. Denn die Menge des vergasten Brennstoffes hängt von der Luftmenge ab, welche unter den Rost geführt wird und diese Luftmenge von der Kraft, welche durch die Temperatur-Differenz zwischen der in senkrechter Höhe von der Ebene des Rostes bis an die Kaminspitzen gemessene Luftsäule und der äußeren Luft erzeugt wird, ferner von den vielen Widerständen welche diese Kraft zu überwinden hat, diese Widerstände selbst aber werden durch die Temperaturen mit denen Luft, Gase und Verbrennungsproducte den ganzen Apparat durchstreichen, unendlich modificirt. Hr. Ziebarth ergeht sich in langen und breiten Formeln, um ein Maximum der Temperatur festzustellen, welches die Regenerativ-Oefen zu geben vermögen; er geht dabei von einer von Peclet gegebenen Transmissions-Formel für niedrige Temperaturen aus, welche aber für höhere Temperaturen nicht anwendbar ist, wodurch das Ganze völlig werthlos wird. Und darüber vergißt er die Hauptsache, nämlich daß 1 Volum Luft, Gase oder Verbrennungsproducte durch eine Temperatur-Erhöhung von z.B. 100° zu 1,3 Volum wird, daß dann die Geschwindigkeit in demselben Verhältnisse wachsen muß und der Widerstand im quadratischen Verhältnisse wächst; da aber bei gegebenem Kamine diesem vermehrten Widerstand kein Genüge geleistet werden kann, so folgt, daß bei steigender Temperatur im Ofen nothwendig weniger Brennstoff vergast wird, und daß dadurch dem Maximum der Temperatur sehr bald Schranken gesetzt werden, und zwar in bei weitem höherem Maaße als durch alle anderen Ursachen. Freilich, wenn die Erfinder und die Vertheidiger der Regenerativ-Oefen sich klare Begriffe machen würden, wie sich Kraft und Widerstand in denselben verhalten so würden die einen diese Oefen nicht erfunden, die anderen keinen Grund zu deren Vertheidigung haben. Das ist der Schlüssel zu dem Räthsel, warum in manchen Oefen dieser Construction gar kein Glas geschmolzen werden kann, in manchen mehr Brennstoff verzehrt wird als in Oefen ohne Gasfeuerung, in wenigen ein leidliches Resultat erzielt wird, bei allen aber so häufig Unregelmäßigkeit des Betriebes vorkommt, daß sie zu Verlust führen. Hr. Ziebarth protestirt gegen meine Berechnung, daß der Verlust durch die undichten Steuerungsklappen – selbst bei der Annahme daß die Temperatur der evacuirten Verbrennungsproducte bloß 200° sey – sich auf 25 Proc. belaufen könne, weil erstens bei dieser Temperatur ein Werfen dieser Klappen nicht zu fürchten sey und zweitens allenfallsige Undichtheiten durch Theer und Ruß schnell verstopft würden. Wenn ich auf die Angabe von Hrn. Boetius diese Temperatur zu 200° statt 1000° angenommen habe, um zu zeigen daß auch dann der Verlust noch 25 Proc. statt 33 Proc. bei 1000° sey, so habe ich mich deßwegen keineswegs dem Glauben ergeben, daß diese Temperatur wirklich nur 200° sey, denn sie kann der Natur der Sache nach unmöglich eine constante seyn, und es ist Thatsache, daß sie in manchen Fällen sehr hoch ist, jedenfalls kann beim Betriebe diese Temperatur zufällig eine sehr hohe werden und es braucht dieß nur ein Mal stattzufinden, um die Klappen zu werfen, so daß sie nicht mehr dicht sind. Die Praxis hat übrigens zur Genüge gezeigt, daß diese Klappen öfter völlig undicht werden. Annehmbarer ist, obgleich unter Vorbehalt, daß Ablagerungen von Theer und Ruß eine Dichtung dieser Klappen bewirken können; warum erklärt dann aber Hr. Ziebarth meine Angabe, daß die Canäle öfter gereinigt werden müssen, als eine Mythe? – Es sind mir sogar Regenerativ-Oefen bekannt, bei denen eine solche Reinigung nach jeder Schmelze vorgenommen werden muß. Dieß hängt natürlich von der Natur des Brennstoffes ab; es sind aber nicht gerade Theerdämpfe erforderlich, um in kurzer Zeit die Canäle mit Ruß zu bekleiden, da bekanntlich das schwere Kohlenwasserstoffgas, wenn es durch glühende Röhren getrieben wird, sich unter Abscheidung von Kohlenstoff in leichtes Kohlenwasserstoffgas umsetzt. Noch gefährlicher sind allerdings Theerdämpfe, und darum müssen auch bei Regenerativ-Oefen die brennbaren Gase auf 250° bis 300° abgekühlt werden, ehe sie in den Regenerator gelangen, weil sie sonst in kurzer Zeit diesen mit Ruß verlegen würden; ist aber ein Luft-Erhitzungsapparat, der uns nöthigt die in dem gasförmigen Brennstoffe enthaltene Wärme verloren zu geben, um sie nachher zu restituiren, als praktisch zu betrachten? Wenn in einzelnen Fällen ein Verlegen der Regeneratoren selbst bei bituminösen Brennstoffen nicht stattfindet, so rührt dieß einfach daher, daß ein Luftüberschuß in den Ofen gelangt, welcher dann auf seinem Rückwege durch die Regeneratoren den abgesetzten Kohlenstoff wieder aufnimmt; ein solcher Luftüberschuh wird aber sicher die Temperatur des Ofens schwächen. Das Einhalten des Eisenstabes in den Ofen wurde keineswegs bloß bei Stahlöfen angewandt, sondern wird wenigstens in der Glasfabrik in Hubatte bei Namur als das Mittel betrachtet den Ofen zu untersuchen, ob die Verbrennung gut sey.In dieser Glasfabrik wird übrigens der Siemens'sche Ofen schon lange nicht mehr zum eigentlichen Glasmachen gebraucht, sondern zum Vorschmelzen eines mit Soda übersetzten Silicates, welches bei geringer Temperatur schmilzt; in Belgien sind nämlich die Glasbläser gewöhnt schichtweise Tag und Nacht fortzuarbeiten, was mit Oefen, welche bald 20 bald 40 Stunden Schmelzzeit brauchen, nicht thunlich ist. Da ich in meinem früheren Aufsatze über die Regenerativ-Oefen dargethan habe, daß die durch die Regeneratoren restituirten Wärmemengen nicht mehr betragen als die Mengen welche dem Gase durch vorhergehendes Abkühlen entzogen werden, so ist nun der Streit müßig, ob ein Uebermaaß von Temperatur welches man dem Gase und der Luft zu ertheilen behauptete, dem Verbrennungsprocesse förderlich oder nachtheilig sey. Aber so viel ist gewiß, daß selbst ohne diese, die gewöhnlichen Grenzen übersteigende Temperatur der Verbrennungsproceß in den Siemens'schen Oefen schlechter seyn muß, als in den früheren Vorrichtungen von Bischoff, Thoma etc., weil die Verbrennung erst im Ofen selbst stattfindet, wo einerseits wegen des größeren Querschnittes die Geschwindigkeit kleiner wird, so daß die Molecüle von Luft und Gas weniger leicht mit einander in Berührung kommen, und andererseits bereits Wärmeentziehung durch den zu erwärmenden Körper stattfindet, was ebenfalls gegen die Bedingungen einer guten und raschen Verbrennung verstößt. Hr. Ziebarth bestreitet auch meine Behauptung, daß die Einführung der stöchiometrisch richtigen Gas- und Luftvolume bei den Regenerativ-Oefen unmöglich sey, ohne zu beanstanden daß gerade dieses richtige Verhältniß das einzige Mittel ist, die höchsten Temperaturen und damit den größten Nutzeffect zu erreichen. Er sagt: wer längere Zeit mit Gasflamme gearbeitet hat, kann sehr wohl an dem Aussehen derselben erkennen, ob sie neutral oder ob eines der Gemengtheile im Ueberschuß vorhanden ist; übrigens sey ich bis jetzt noch die Mittheilung des Mittels schuldig geblieben, durch welches ich auf wissenschaftliche Weise bei meinen rationellen Gasfeuerungen die Mengung von Luft und Gas nach stöchiometrischen Verhältnissen erkenne. – Niemand wird aber das von Hrn. Ziebarth angegebene Erkennungsmittel als eine genaue Methode anerkennen, worauf es doch in diesem Falle ankommt; und was mein Kriterium betrifft, so wird es mir erlaubt seyn die Mittheilung desselben noch länger schuldig zu bleiben, da es nicht in meinem Interesse liegt, Alles zu veröffentlichen was Studien und Versuche mich gelehrt haben. „Wenn der Gegner der Regenerativ-Oefen, sagt Hr. Ziebarth ferner, annimmt daß von der erhitzten Luft eine geringere Menge angesogen wird als von kalter Luft, so daß auch weniger Kohlenstoff verbrannt werden kann, so ist dieß wenigstens bei constanter Schornsteintemperatur nicht richtig, denn dieser Temperatur entspricht am unteren Ende des Schornsteines eine constante Geschwindigkeit, welche man nach den bekannten Formeln erhält, und diese bedingt natürlich wiederum eine constante Geschwindigkeit der Luft am Eintritte, welcher dann bei der atmosphärischen Temperatur erfolgt. Die Luftmengen sind also in diesem Falle nicht geringer. Wenn dagegen in Folge der höheren Vorwärmungstemperatur auch die Verbrennungstemperatur und somit der Temperaturüberschuß des Schornsteins über die atmosphärische Luft wächst, so wird auch die Zuggeschwindigkeit zunehmen und mehr Luft und Gas angesogen werden, also gerade das Gegentheil von dem was Hr. Schinz als Nachtheil der Zuführung von erwärmter Luft aufgestellt hat.“ Dagegen muß ich bemerken, daß bei einer Construction wie die Regenerativ-Oefen, welche periodischen Wechsel des Luft- und Gas-Heizapparates erfordert, eine constante Schornsteintemperatur nicht denkbar ist. Aber selbst angenommen diese finde statt, so ist die Geschwindigkeit dennoch nicht constant, wenn die Temperatur der angesogenen Luft wechselt, denn 100 Kubikfuß Luft von 0° z.B. sind bei 10° = 103,36 Kubikfuß. Werden nun diese beiden Volume durch denselben Querschnitt geführt, so wird die Geschwindigkeit nothwendig wechseln; ist sie im ersteren Falle 100/5 = 20 Fuß, so wird sie im zweiten Falle 103,36/5 = 20,67 Fuß seyn, und da die Widerstände im Ofen und Kamin mit der Geschwindigkeit sehr schnell wachsen, so muß jede Volum-Vermehrung der Luft eine Verminderung des durchgeführten Gewichtes derselben zur Folge haben. Eben so wird eine vermehrte Temperatur im Kamine nicht bloß die Geschwindigkeit, sondern auch die bedeutenden, in der Reibung, Contraction und Richtungsänderung bestehenden Widerstände vermehren, so daß die effectiv angesogenen Gas- und Luftmengen keineswegs der vermehrten Kraft proportional sind. Auch scheint Hr. Ziebarth nicht zu wissen, daß für die Kamin-Temperaturen 200°       300°       400°       500° ohne Berücksichtigung der Reibung bei 50 Fuß Höhe die Geschwindigkeiten = 37,18';       41,36';       44,08';       45,98' sind, so daß auch deßhalb die Wirkungen nicht der Temperatur proportional sind, denn die Differenzen sind 4,18,       2,72       und       1,90'. Gehen wir von diesen elementaren Erörterungen zu dem wirklichen Vorgange in den Regenerativ-Oefen über, so handelt es sich dabei keineswegs bloß um ein plus oder ein minus von eingeführter Luft, sondern um das richtige und constante Verhältniß zwischen Luft und Gas, und darin finden wir die Ursache des so kleinen Nutzeffectes der Regenerativ-Oefen. Angenommen Luft und Gas treten frei und mit gleicher Temperatur unter die zwei gleich vorgewärmten Regeneratoren ein und erwärmen sich an den heißen Gittern, so werden sie vom höchsten Punkte der Regeneratoren bis unter das Gewölbe des Ofens mit einer gewissen Kraft (Geschwindigkeit) aufwärts strömen; es wird eine Arbeit verrichtet durch die empfangene Wärme, und weil die Regeneratoren gleich vorgewärmt sind, wird in beiden die gleiche Arbeit erzeugt, es werden gleiche Gewichte von Gas und von Luft unter den Regeneratoren angesogen und oben angekommen emporströmen; da aber die verschiedenen Brennstoffe verschiedene Verhältnisse von Luft und Gas erfordern, nämlich in trockenem Zustande: Holz per 1 Pfd. Gas = 0,9220 Pfd. Luft Torf 1   „ = 1,1596   „ Lignit 1   „ = 1,3135   „ Steinkohle 1   „ = 1,6252   „ Anthracit 1   „ = 1,2430   „ so wird bei Holz zu viel, bei allen anderen Brennstoffen zu wenig Luft in den Ofen gelangen. Es muß also im ersteren Falle die Zuströmung des Gases gehemmt, in allen übrigen Fällen gefördert werden, d.h. es muß das Gas eine zweite Quantität Arbeit hinzubringen, damit das richtige Verhältniß gewahrt wird. Es ist nun gar nicht schwierig, diese vermehrte Arbeit zu leisten, aber es ist unmöglich deren Quantität genau zu bestimmen, und selbst wenn dieses gelingen würde, besteht dann noch die absolute Unmöglichkeit, diese beiden Arbeitsquantitäten in constantem Verhältnisse zu erhalten, da die Widerstände, der Consum dieser Quantitäten, im ersten sowohl als im zweiten Theile stets wechseln, und zwar nicht in beiden gleich; denn das erste Arbeitsquantum wird durch die Function des Kammes bestimmt, das zweite aber neben dieser durch den Zustand des Brennstoffes, die Schichthöhe und die Größe der Stücke desselben, dann durch die Temperatur der abströmenden Gase, welche durch Abkühlung von der äußeren Luft modificirt wird. Alle diese Zustände und Wirkungen sind nun dem beständigen Wechsel unterworfen, woraus hervorgeht daß von constanten Verhältnissen gar keine Rede seyn kann. Der Arbeitsbetrag, welcher bei Torf und fossilen Brennstoffen dem Gase zukommt, ehe dasselbe unter den Regenerator tritt, wird entweder durch die Steighöhe der Heberröhre worin das Gas abgekühlt wird, oder durch Tieferlegung des Gasgenerators geleistet; es wäre insofern noch möglich durch diese Mittel a priori die erforderliche Wirkung zu bestimmen, aber eine solche Bestimmung wird bei den Regenerativ-Oefen nicht einmal versucht, denn die Gasgeneratoren werden einfach so angeordnet, wie es gerade die Localität am bequemsten gestattet; es fehlt auch an allen Anhaltspunkten, um diese Bestimmung mit einiger Zuverlässigkeit und Genauigkeit zu machen, da die Widerstände der Brennstoffschichten gegen den Zugang der Luft und den Durchgang des Gases bisher ganz unbekannte Werthe sind, welche mit jedem Brennstoffe sowie mit der wandelbaren Schichthöhe desselben wechseln müssen. Aus Allem diesem geht mit Bestimmtheit hervor, daß eine stöchiometrisch richtige Zuführung von gasförmigem Brennstoff und von Luft zur Verbrennung desselben nur dann möglich ist, wenn ein Kriterium die Erzielung dieses richtigen Verhältnisses zu erkennen gestattet und wenn hinreichend genaue Mittel vorhanden sind, um dieses Verhältniß augenblicklich und bequem herzustellen; diese beiden Bedingungen sind aber bei den Regenerativ-Oefen nicht erfüllt, dagegen durch die unnützen Regeneratoren die Schwierigkeiten zur Erlangung dieses Zieles außerordentlich erhöht. Was die idealen, vollkommen wasser-, aschen- und schlackenfreien Brennstoffe betrifft, so habe ich in allen meinen Mittheilungen über Brennstoffe nie ideale Werthe angenommen, sondern stets deren mittleren Gehalt an diesem Ballaste in Rechnung gezogen, z.B. für Lignit 9,3 Proc. Asche- oder Schlacken- und 9,73 Proc. Wassergehalt. Neben diesen Mängeln der Gasfeuerung mit Regeneratoren hat der Siemens'sche Glasofen noch den großen Fehler, daß die Verbrennungsproducte, welche die Träger der Wärme sind, entweder gar nicht oder nur zum kleinsten Theile zwischen den Häfen durchgezogen werden, so daß letztere fast nur von oben Wärme empfangen, wodurch natürlich die Schmelzdauer verlängert wird. –––––––––– Schließlich habe ich noch die in der berg- und hüttenmännischen Zeitung im Auszuge mitgetheilten Belobungsartikel über das Siemens'sche Feuerungssystem – der eine von Hrn. Chadeffaud, Hütteningenieur zu Denain-Anzin, der andere von Hrn. Marin – zu besprechen. Nach Hrn. Chadeffaud sind für die Siemens'schen Oefen das geeignete Brennmaterial entweder Kohks von mittlerer Größe oder nicht zu kleine magere und harte Kohlen; nicht geeignet sind hingegen kleine und magere, sowie fette und sich aufblasende Kohlen. Wie reimt sich das mit der Thatsache, daß in Hubatte bei Namur fette Kohlen verwendet werden, während die Localität magere Kohlen bietet, welche nur halb so viel kosten würden? Hr. Chadeffaud beurkundet dann seine Urtheilsfähigkeit hinreichend, indem er sagt: „Im Uebrigen gestattet der Siemens'sche Ofen eine rauchlose Verbrennung in Folge zweckmäßiger Rosteinrichtung.“ (!) Endlich empfiehlt Hr. Chadeffaud „den Gasgenerator nur 1 1/2 bis 2 Meter unter die Regeneratoren zu legen, wo dann das Gas gewiß mit 900 bis 1000° C. in letztere eintreten würde“ – ein ganz geeignetes Mittel um recht viel Gas und recht wenig Luft in den Ofen zu bekommen! Hr. Marin behauptet in seinem Artikel, im Widerspruch mit Hrn. Chadeffaud, daß das Siemens'sche Ofensystem den Gebrauch jeglichen Brennmaterials gestattet. Er unterschreibt auch das Programm der Herren Siemens darin, daß die hervorzubringende Temperatur so zu sagen unbegrenzt sey. Welcher Widerspruch mit Hrn. Ziebarth, der durch ein Haufwerk von Formeln ohne ein einziges numerisches Resultat durch viele Seiten hindurch die Grenze zu bestimmen sucht, über welche hinaus eine Steigerung der Ofentemperatur nicht mehr möglich ist! Die Verstopfung der Züge durch Ruß und Theer wird hingegen von Hrn. Marin als Hauptübelstand bezeichnet; sie sey aber kaum nennenswerth bei Gasen aus Holz (?) und sehr mageren Steinkohlen. Hr. Marin macht dann Mittheilungen über die Anwendung der Siemens'schen Feuerung an einem Schweißofen und an Puddelöfen auf dem Eisenwerke von Sougland (in England); die Ersparniß an Brennmaterial wird für den Schweißofen zu 40, für die Puddelöfen zu 30 Procent angegeben. Er bemerkt, daß der freie Raum für die Flamme im Inneren des Schweißofens bis zum Minimum reducirt worden sey; diese Reduction ist sicher lobenswerth, würde aber an einem Ofen mit gewöhnlicher Feuerung ebenfalls Ersparniß bewirken. Das pyrometrische Aequivalent von einem Pfunde Steinkohle bei gewöhnlicher Feuerung, wo in der Regel die Hälfte des Kohlenstoffs als Kohlenoxydgas entweicht, ist bei einer Evacuationstemperatur von 1600° = 5228 – 1600 . 2,29734 = 1553 W. E.; bei der rationellen Gasfeuerung hingegen 7580 – 1600 . 2,82138 = 3066 W. E.; somit ist die theoretische Brennmaterial-Ersparniß für Gasfeuerung 50 Proc., während der Regenerativ-Ofen trotz der Reduction des freien Raumes für die Flamme im Ofen nur 30 bis 40 Proc. Ersparniß gibt. Da aber die Regenerativ-Oefen eine weitere Benutzung der evacuirten Wärme nicht zulassen, so muß der Wasserdampf für metallurgische Werke durch einen besonderen Brennstoffconsum erzeugt werden, und da selbst bei intensiver Feuerung ohne Gas die im Ofen benutzte Wärme (das pyrometrische Aequivalent) sich gegen die evacuirte Wärmemenge wie 1553 zu 3675 verhält, so folgt, daß von 1000 Pfd. Steinkohlen 297 Pfd. auf den Ofen kommen und 703 Pfd. zur Dampferzeugung verwandt werden; wenn daher bei den Regenerativ-Oefen statt 1000 Pfd. nur   600 Pfd. consumirt werden, so sind dagegen noch   703 Pfund zur Dampfbildung aufzuwenden und der Gesammtconsum wird ––––––––––––––– 1303 Pfund, so daß also statt einer Ersparniß von 40 Procent ein Mehraufwand von 30,3 Procent stattfindet. Straßburg, im März 1865.