Titel: Ueber den Vorgang beim Gelbbrennen des Messings; von Otto Haug.
Autor: Otto Haug
Fundstelle: Band 176, Jahrgang 1865, Nr. LXX., S. 227
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LXX. Ueber den Vorgang beim Gelbbrennen des Messings; von Otto Haug. Haug, über den Vorgang beim Gelbbrennen des Messings. Unter den zur Verschönerung von Messing- und Tombakwaaren gebrauchten Mitteln ist das sogenannte Gelbbrennen, durch welches denselben äußerlich eine höhere und mehr goldähnliche Färbung ertheilt wird, eines der gewöhnlichsten. Dasselbe findet, wie bekannt, namentlich bei Gegenständen aus Blech und Draht, seltener Gußwaaren, die keiner weiteren Bearbeitung durch Feilen, Schaben, Poliren u.s.w. unterzogen werden, ausgedehnte Anwendung, um ihnen die unansehnliche Oberfläche, welche sie vom Löthen, Ausglühen (für die Erweichung), oder im rohen Zustande vom Guß her besitzen, zu benehmen und durch eine reinere und für das Auge gefälligere zu ersetzen. Man beseitigt zuvörderst die eben angedeutete, wenigstens unschöne, die Arbeitsstücke (je nach den Operationen denen dieselben unterlagen) mehr oder weniger bedeckende, unregelmäßige Oxydhaut durch eine Vorbeize (1 Theil englische Schwefelsäure auf etwa 10 Theile Wasser), in welcher man sie nach Erforderniß kürzere oder längere Zeit verweilen läßt, bis eben dieser Oxydüberzug vollständig entfernt ist und die reine Oberfläche der Metalllegirung zum Vorschein kommt. Von diesem Vorbeizen, bei dem also die natürliche Farbe der Legirung aus der die Waaren gefertigt sind nicht alterirt wird, ist das eigentliche Gelbbrennen oder Abbrennen wesentlich verschieden, indem durch Letzteres mittelst der sogenannten Schnellbeize den dieser Operation unterzogenen Gegenständen an der Oberfläche ein von deren innerer Metallmasse verschiedener höher gelber und wie gesagt goldähnlicher Farbeton ertheilt wird. Man bewerkstelligt dieses durch Eintauchen der vorgebeizten Gegenstände in starke Salpetersäure oder eine Mischung dieser mit Schwefelsäure und nachfolgendes rasches Abspülen in viel Wasser. Wesentlich ist hierbei, daß man das Entfernen des Arbeitsstückes aus der Schnellbeize und das Einbringen in das Waschwasser möglichst eilfertig vollführe, da sonst die Oberfläche des Gegenstandes die erlangte hochgelbe Farbe wieder vollends einbüßt und eine schmutzige gänzlich unansehnliche dunkle Färbung annimmt. Die Versuche, welche dieser Mittheilung zu Grunde liegen, bezweckten die Natur der bei dieser Operation des Gelbbrennens an der Oberfläche des Metalls statthabenden stofflichen Veränderung auf directem Wege zu controliren. Es mußte sofort die Frage entstehen, ob der dabei sich herstellende höhere Farbeton an der Oberfläche des Metalls mit einer Aenderung des Verhältnisses zwischen den die Legirung constituirenden Metallen verknüpft sey oder nicht, mit anderen Worten, ob die äußerste Schicht des gelbgebrannten Gegenstandes eine andere Zusammensetzung habe als die innere Masse desselben oder die Legirung vor dem Abbrennen. Der Versuch bejahte dieses. Es wurde hierfür dünnes Messingblech von einer Sorte, die sich gelegentlich früherer Versuche durch ihren besonders geringen Gehalt an fremden Metallen (nur Spuren von Blei und Eisen) charakterisirt hatte, unter Beobachtung der erwähnten Vorsichtsmaßregeln durch Eintauchen in eine Salpetersäure von 1,36 spec. Gew. gelb gebrannt und nun in der resultirenden Lösung der Metalle in der Säure sowohl als in einer nicht abgebrannten Probe der zu dem Versuch verwendeten Messingsorte das quantitative Verhältniß zwischen Kupfer und Zink ermittelt. Die salpetersaure Auflösung des Metalls in der von dem Abbrennen resultirenden Flüssigkeit wurde – nach Entfernung des Ueberschusses an Salpetersäure durch Eindampfen – wiederholt in der Wärme mit Salzsäure behandelt, um die salpetersauren Salze in Chloride überzuführen, da bekanntlich die Bestimmung des Zinks aus der salpetersauren Lösung bei der Trennung von anderen Metallen durch Schwefelwasserstoff einem leicht sehr beträchtlichen Fehler unterliegt, indem mit den aus der salpetersauren Lösung durch Schwefelwasserstoff gefällten Schwefelmetallen eine namhafte Menge Schwefelzink niedergeschlagen wird, und also in unserem Falle der Kupfergehalt, auf Kosten des Zinkgehaltes, zu hoch und letzterer zu niedrig gefunden würde. Aus der stark salzsauren Flüssigkeit wurde das Kupfer mittelst Schwefelwasserstoff als Kupfersulfid gefällt, und dieses, nach dem vollständigen Auswaschen mit schwefelwasserstoffhaltigem Wasser im bedeckten Doppeltrichter, und Trocknen durch Glühen in einem Strome reinen getrockneten Wasserstoffgases bis zur Constanz im Gewicht, in Kupfersulfür übergeführt, in welcher Form dasselbe alsdann zur Wägung kam. Aus dem Filtrat von der Fällung mit Schwefelwasserstoffgas wurde das Zink nach Entfernung des Ueberschusses an ersterem in der Siedhitze mit kohlensaurem Natron gefällt, das abfiltrirte basisch-kohlensaure Zinkoxyd dann durch Glühen im Gasgebläse in Zinkoxyd übergeführt und als solches gewogen. Es ergaben sich auf diese Weise folgende Zahlenwerthe: A. Messingblech, nicht gelb gebrannt: Substanz 1,207 Grm. Kupfersulfür 1,037 Grm. Zinkoxyd 0,470 Grm. oder hundert Theile der Legirung bestanden aus Kupfer 68,6 Zink 31,3 ––––– 99,9 B. Von derselben Messingsorte resultirende Schnellbeize: Kupfersulfür 0,520 Grm. Zinkoxyd 0,274 Grm. oder hundert Theile des von der Salpetersäure aufgenommenen Metallgemisches enthielten Kupfer 65,34 Zink 34,66 Aus dem Vergleiche des Ergebnisses dieser beiden Analysen erhellt nun offenbar, daß von der Beize Kupfer und Zink nicht in demselben Verhältnisse aufgenommen wurden wie sie sich im Messing fanden, sondern daß verhältnißmäßig mehr Zink als Kupfer in die Lösung übergeht. Denn stellen wir die gefundenen Zahlenwerthe neben einander, so erhalten wir folgenden Ueberblick. In dem Messing vordem Abbrennen: In der davon resultirendenSchnellbeize: Kupfer 68,6   65,34 Zink 31,3   34,66 ––––––– –––––––– 99,9 100,00 Das Messingblech enthielt also über drei Procent Kupfer mehr und dagegen weniger Zink als der von der Beize aufgenommene Antheil desselben. Es findet daher offenbar an der gelbgebrannten Oberfläche eine beträchtliche Anreicherung durch Kupfer statt und diese Thatsache erklärt den höher gelben Farbeton derselben. Der Unterschied in der Zusammensetzung der inneren Masse der gelbgebrannten Legirung und ihrer äußersten Oberflächenschicht ist indeß natürlich ein weit größerer als das mitgetheilte Verhältniß veranschaulicht, indem die beim Abbrennen vollendende Anreicherung an Kupfer sich nur auf eine Schicht von sehr geringer Dicke vertheilt. Die Natur der Sache gestattet aber nicht die Dicke dieser äußersten Schicht, deren Kupfergehalt sich außerdem nach dem Innern zu wohl ganz allmählich abschwächt, maaßlich zu bestimmen, und läßt sich demnach die quantitative Zusammensetzung der Legirung, welcher der durch das Abbrennen erzielte Farbeton entspricht, nicht füglich genauer angeben. Wie beträchtlich übrigens der Zuwachs der gelbgebrannten Oberfläche an Kupfer in der That ist, erhellt leicht, wenn man beachtet, daß auf 34,66 Theile (neben 65,34 Theilen Kupfer) in die Beize übergegangenen Zinks in dem von der Salpetersäure angegriffenen Messing 75,97 Theile Kupfer kommen, also im Ganzen 110,63 Theile Messing zerlegt wurden, von denen 10,63 Theile Kupfer sich in der gelbgebrannten Oberfläche anhäuften, oder was dasselbe ist: aus 100 Theilen von der Salpetersäure alterirten Messings wurden 9,68 Theile Kupfer zur Anreicherung der gelbgebrannten Oberfläche mit diesem Metall verfügbar.