Titel: Untersuchungen über das Wollhaar; von M. Elsner von Gronow.
Fundstelle: Band 176, Jahrgang 1865, Nr. XCV., S. 311
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XCV. Untersuchungen über das Wollhaar; von M. Elsner von Gronow.Aus dem Wochenblatt zu den preußischen Annalen der Landwirthschaft, 1864 Nr. 37 und 1865 Nr. 16. Mit Abbildungen. Elsner, Untersuchungen über das Wollhaar. Diesen Untersuchungen wurden theils Wollen meiner eigenen Heerde, theils Negretti-Wollen aus Schlesien und Pommern, Rambouillets, Mouchamps, Kreuzungen zwischen Rambouillets und Negrettis, sowie zwischen Mouchamps und Negrettis, Merino-Wollen vom Cap der guten Hoffnung, dergleichen aus Nordamerika, Südamerika, Australien, Rußland, Volhynien, Polen und Ungarn, Cordovawolle aus Südamerika, Leicester und Lincolnshire aus Canada und England, ostindische, afrikanische, Zackel-, Zigaja und deutsche Landwollen unterworfen. Mit der Entfettung durch Schwefelkohlenstoff giengen mikroskopische Beobachtungen und directe Messungen der Stärke des Wollhaares Hand in Hand; noch sind diese Untersuchungen nicht vollendet, da ein reiches Material vorliegt, welches geprüft seyn will, und jede einzelne der Operationen, namentlich aber die Messungen bedeutende Zeit in Anspruch nehmen, die dem Landwirth nicht immer zur Verfügung steht; dennoch aber sind einige so interessante Thatsachen zum Vorschein gekommen, daß es sich wohl lohnt, schon jetzt darauf aufmerksam zu machen. I. Mikroskopische Untersuchung des Wollhaars. Was hierbei zuerst die mikroskopischen Untersuchungen anlangt, so zeigen die Schafracen dreierlei verschiedene Haare: 1) Das gewöhnliche Haar; es präsentirt sich unter dem Mikroskope, auch bei rein weißer Färbung, als ein undurchsichtiger höchstens an den Rändern durchscheinender Cylinder, und bildet die natürliche Bedeckung des Schafes der tropischen Zone des Demman, Zunu, Coquo Afrika's, des Ovis guineensis. Bei den übrigen Schafracen tritt es nur am Kopf und den Füßen auf, oder als fehlerhaftes Stichelhaar im Vließe. 2) Das gemeine Wollhaar; es ist durchscheinend und liegt bei gefärbten schwarzen, grauen oder braunen Haaren die Farbe oft in einem sonst farblosen Hauptkörper wolkig in der Mitte des Cylinders. Das gemeine Wollhaar ist mit unregelmäßigen Schuppen bedeckt, welche oft deutlich hervortreten, oft auf dem dunkleren Hauptkörper sich nur als helle Linien abzeichnen, manchmal auch das Haar becherförmig umgeben. 3) Der Flaum; er unterscheidet sich von dem gewöhnlichen Wollhaar dadurch, daß die Schuppen in ziemlich regelmäßigen Entfernungen das Haar stets becherförmig umschließen, wobei sich die Schuppen manchmal spiralförmig um das Haar legen wie beim Hasenflaum; je edler der Flaum, desto regelmäßiger ist die becherförmige Bildung und desto geringer die Entfernung der einzelnen Schuppen von einander. Das gemeine Wollhaar tritt als Oberhaar bei verschiedenen Schafracen auf, z.B. den ostindischen Schafen, den Wollen von Cordova aus Südamerika, den Donskoi, Krimmer und Zigaier Wollen, als reine Bedeckung des Thieres beim Landschaf und Leicester. Der Flaum zeigt sich gleichzeitig mit dem gemeinen Wollhaar bei den ersten der obengenannten Racen und bildet beim edlen Merino dessen ausschließliche Bedeckung; das Merinoschaf ist also ein flaumtragendes Schaf, auf welches sich die englische Bezeichnung Down-Sheep im vollsten Umfange anwenden ließe, da Down Flaum heißt. Bei Kreuzungen zwischen Merinos und gemeinen Landschafen wird das gemeine Wollhaar successive in den Merinocharakter übergeführt oder umgekehrt von demselben entfernt. Der Flaum ist immer bedeutend feiner wie das eigentliche Wollhaar, in 1/1000 Linien angegeben, finden wir nachstehende Differenzen. Es zeigt: das Oberhaar von Cordova-Wolle 28,89 Differenz 10,74 das Unterhaar derselben 18,15 das Oberhaar von ostindischer Wolle 30,68 15,81 das Unterhaar derselben 14,87 das Oberhaar von Donskoi-Wolle 25,8 11,62 das Unterhaar derselben 14,18 das Oberhaar von Donskoi-Winterwolle 29,00 15,34 das Unterhaar derselben 13,66 das Oberhaar von Donskoi-Sommerwolle 21,00 12,30 das Unterhaar derselben   8,7 das Oberhaar von Krimmer Sommerwolle 24,6 15,10 das Unterhaar derselben   9,5 das Oberhaar von Chersoneser Hutwolle 33,2 18,90 das Unterhaar derselben 14,3 das Oberhaar v. bessarabischer schwarzgrauer Wolle 35,3 18,20 das Unterhaar derselben 17,1 das Oberhaar von Zigaier Wolle 17,71 Differenz 4,81 das Unterhaar derselben 12,90 das Oberhaar von Lincolnshires 18,90 6,40 das Unterhaar derselben 12,50 Bei denjenigen Schafen, welche ein starkes Oberhaar und einen feinen Flaum tragen, Schafen, die in der Regel zweischürig behandelt werden, wechselt übrigens die Qualität des feinen Flaums mit der Jahreszeit. Donskoi Winterzackel gibt circa 60 Proc. Flaum und 40 Proc. Oberhaar, Sommerzackel „ 52 Proc. 48 Proc. Doch mag dieß Verhältniß sehr vielen Variationen unterworfen seyn, die schwierig zu ermitteln sind, da Flaum und Oberhaar sich nur durch Auslesen der einzelnen Haare absolut genau trennen lassen, immer aber bedingt das größere oder geringere Vorkommen des Flaums, seine größere oder geringere Differenz vom Oberhaar auch verhältnißmäßige Unterschiede im Preise. Das Merinoschaf ist ein rein flaumtragendes Schaf, und wird hierdurch sein hoher Wollwerth bedingt; bei seiner Züchtung muß daher Alles vermieden werden, wodurch der Charakter des gemeinen Wollhaares wieder hervorgerufen wird. Daher sind auch haarig geborene Lämmer wahrscheinlich zu Züchtungszwecken von Merinowolle nicht so werthvoll, wie ohne Haare geborene. In der Haarbildung beim Lamm zeigt die Natur meiner Ansicht nach schon eine Neigung, von der edlen Wollbildung abzugehen. Da aller Flaum weniger tief in der Haut wurzelt als das Oberhaar, was man beim Spalten der Felle der Pelzthiere anwendet, um die Oberhaare zu entfernen, so kann ein dünnes Fell immer noch reichlich Merinohaar produciren, wenn es auch für gemeines Wollhaar nicht mehr hinreichenden Boden darbieten würde. Für den Fabrikanten bedingt weniger die Feinheit der Wolle als ihr Charakter den Werth; bei ausgesprochenem Charakter entscheidet dann der Waschverlust. Das Mikroskop bietet außerdem ein untrügliches Mittel, um aus der Stärke der einzelnen Wollhaare, wie aus ihrem Charakter die Art der Züchtung zu bestimmen. Bei Kreuzungen mit gemeinen Schafen und Merinos kann man noch durch viele Generationen den Einfluß der einen oder der anderen Race verfolgen, sowie bei Kreuzungen der Merinos unter sich den Einfluß der Eltern, da in der Feinheit der Wolle das Kreuzungsproduct immer das arithmetische Mittel zwischen Vater und Mutter hält. Nachstehendes wird als Beleg zu meiner Ansicht dienen. Die durchschnittliche Feinheit der in Nordamerika, Südamerika und Australien verwendeten Merinos ist in Tausendstel Linien 10,62, 10,77, 10,55, 10,56; also 10,62. Tertia Metis von Montevideo mißt 14,925, hinzu 10,62 addirt gibt 25,545, die Hälfte hiervon ist 12,772. Secunda Metis von Montevideo maß 12,79, was genau jenem Satze entspricht. Rambouillet von Ranzin maß 10,2; Negretti von Ranzin 9,0; Summa 19,2. Eine Kreuzung von Rambouillet und Negretti, die wir ebenfalls der Güte des Hrn. v. Homeier verdankten, 9,4. Das arithmetische Mittel wäre 9,6 gewesen, da aber die Eltern nicht gerade vorlagen, so entspricht das Resultat dem allgemeinen Satze genau genug. Secunda Metis von Montevideo maß 12,79, Merino 10,62, die Summe ist 23,41, die Hälfte hiervon 11,70. Prima Metis von Montevideo maß 11,83 effectiv, auch hier dasselbe Ergebniß. Je heterogener nun die Kreuzung ist, desto größer ist die Differenz der Feinheit der einzelnen Haarbündel, die zusammen einen Wollsträhn bilden, in der Wolle folgen nämlich immer gröbere und feinere Haarbündel aufeinander. Sehr homogen war z.B. eine Kreuzung zwischen Gevrolles und Negretti des Hrn. v. Homeier, in welcher die feinen Bündel 7 und 8, die groben 9 und 9,5 Tausendstel Linien zeigten, heterogen einer anderen Kreuzung desselben Herrn zwischen Rambouillet und Negretti, in welcher die feinen Bündel 8, 8,5 und 9, die groben 12, 14,5 und 15 ergaben. Bei der Negretti-Züchtung desselben Herrn zeigt eine Mutter in nachstehender Reihenfolge 10,25, 11,5, 13, 8, 6,5, 7,5; eine andere 9, 7, 10, 11, 11, 11, 9, 8, 9,5, 8,5. Letztere, obgleich durchschnittlich eine Kleinigkeit gröber, ist doch besser und homogener gezüchtet wie die erstere. Sehr schön gezüchtet erwies sich eine Wolle vom Cap der guten Hoffnung, welche durchschnittlich 8,22 Tausendstel Linien maß, und deren feine Bündel, 6, 7 1/2, 8, die groben 8 1/4, 8 1/2, 9 1/2, 10 zeigten; während Merino-Wollen aus Buenos-Ayres und Montevideo ihre Negretti-Abstammung sofort durch ihre größeren Differenzen im Haar darthaten, – große Differenzen im Haar sind nämlich ein Hauptunterscheidungsmerkmal zwischen Negretti- und Escurial- oder Electoral-Wollen, bei welchen letzteren dieselben stets kleiner sind; dieß zeigen recht deutlich russische Wollen, welche noch mit altem Heller'schen und Lichnowski'schen Blut gezüchtet sind; z.B. Odessa-Wolle mit 8, 7,75, 8, 7, 9, 9, 7,5, 7, 8,5, 8, 7,5 und andere, während bei sehr feinen schönen Negretti-Heerden Differenzen von 4 bis 8 Tausendstel Linien zwischen Wollhaaren desselben Strähns oft vorkommen und sogar zur Regel gehören. Die beigegebenen Holzschnitte zeigen in Fig. 1, 2 und 3 die Structur des gemeinen Wollhaars bei den verschiedenen Wollsorten, in Fig. 4 Hasenflaum, in Fig. 5 ein Mestizhaar im Uebergangsstadium aus der ordinären Woll- zur Flaumbildung, in Fig. 6 Flaum von Donskoi-Wollen zu dem ordinären Haar Fig. 1 gehörig, in Fig. 7, 8, 9 und 10 edle Wollhaare verschiedener Typen mit der diesem Haar eigenthümlichen Flaumbildung; die Vergrößerung ist ungefähr 350fach, doch kein ganz genauer Maaßstab beim Zeichnen eingehalten.Fig. 1, Donskoi Oberhaar; Fig. 6, Donskoi Flaum; Fig. 2, Pommersches Landschaf; Fig. 3, Lincolnshire; Fig. 4, Hasenflaum, stark vergrößert; Fig. 5, Kreole, erste Kreuzung mit Merino; Fig. 7, Merino; Fig. 8, Escurial; Fig. 9, Gevrolles-Negretti; Fig. 10, Merino (Negretti)-Haar mit darin sitzendem Fettkörper Fig. 1., Bd. 176, S. 315 Fig. 6., Bd. 176, S. 315 Fig. 4., Bd. 176, S. 315 Fig. 2., Bd. 176, S. 315 Fig. 3., Bd. 176, S. 315 Fig. 7., Bd. 176, S. 315 Fig. 8., Bd. 176, S. 315 Fig. 10., Bd. 176, S. 316 Fig. 5., Bd. 176, S. 316 Fig. 9., Bd. 176, S. 316 II. Verlust der Wollen bei der Entfettung durch Schwefelkohlenstoff. Ebenso interessant wie die Beobachtung des Wollhaares durch das Mikroskop, eine Beobachtung, welche mehr für den Züchter als für den Fabrikanten Werth hat, ist die Entfettung der Wolle durch Schwefelkohlenstoff, welche für beide von der größten Wichtigkeit ist. Nachstehende Tabellen zeigen einige Entfettungsresultate und zwar Tabelle I von gewaschenen Merino-Wollen, Tabelle II von ungewaschenen Merino-Wollen, Tabelle III von gewaschenen Kammwollen. Tabelle I. Verlust inProc. Schurgewicht. Bleibt reineWolle in Proc. Bock 0/27 von 7/11 66,32 6 Pfd. 23      Lth. 33,68 „    0/38   „   7/11   64,228 6   „   6 1/2 „   35,772 „    7/11   „   9/34   69,936 5   „ 12       „   30,664 „    1/178   „   6/199   15,227 3   „ 28       „   84,773 „    1/179   „   5/199   56,596 4   „ 25 1/2 „   43,404 „    2/54   „   6/199   49,138 4   „   5       „   50,862 „    2/73   „   9/57   44,130 3   „ 22       „   55,870 „    2/18   „   6/17   29,150 4   „ 10       „   70,840 „    1/199   „   5/20   55,118 3   „ 26       „   44,882 „    1/137 v. Möglin   69,566 5   „   8       „   30,434 „    0/278 ebendas.   67,688 6   „   6 1/2 „   32,312 Lamm-Bock 3/45 von  0/8   26,891 3   „   3       „   73,109 Verlust in Proc. Bleibt reineWolle in Proc. Nordamerikanische Merino        38,9       61,1 Nordamerikanis. Gerberwolle (pulled extra) 42,099 57,901 „                      „ (pulled super) 22,753 77,247 Polnische Mittelwolle 23,600 76,400 Volhynische Einschur 41,601 58,399 Ungarische Zweischur 16,708 83,292 Dieselbe nicht ganz fehlerfrei 39,166 60,834 Dieselbe mit Sand und Kletten 50,998 49,002 Odessaer Kunstwäsche I. 18,010 81,990 Charkower        „ 8,791 91,209 Charkower Sterbling 16,100 83,900 Russische Peregon 49,244 50,756 Rambouillet-Negretti 61,489 38,511 Gevrolles-Negretti        52,17       47,83 Tabelle II ungewaschener Wollen (laine en suint). 1) Montevideo Merino 51,149 48,851 2)        „           I. Metis 49,37 50,63 3)        „          II.   „ 55,561 44,439 4)        „         III.   „ 34,156 65,844 5) Buenos-Ayres Merino 60,88 39,32 6)       „        „     I. Metis 61,68 38,22 7)       „        „    II.   „ 63,072 36,928 8)       „        „   III.   „ 55,019 44,921 9)       „        „   IV.   „ 61,025 38,965 10)       „        „   V.    „ 63,948 36,052 11) Capwolle Merino 60,854 39,146 12) Marokko, ordinär, 54,099 45,901 13) Californien Merino, 44,174 55,826 14) Schlesiche Negretti 85,04 14,96 15)        „         feinste Escurial 77,838 22,162 16) Ranziner Negretti 80,76 19,24 17)        „          „ 85,64 14,36 18)        „          „ 80,68 19,32 19)        „     Rambouillet 72,008 27,992 20)        „       „ 78,17 21,82 21)        „       „          Lamm 55,33 44,67 Tabelle III. Ungleich geringer sind die Verluste bei den langen Kammwollen, es zeigten Verlust inProc. also reine Wollmassein 100 Theilen: Gewaschene Leicester-Wollen aus Canada    18,53 81,47 Cordova-Wollen aus Südamerika    18,18 81,82 Ostindische Wollen aus Südamerika    12,8              89,2 Donskoi Winterwolle    17,62 82,38        „              „ 10,461   89,539        „     Sommerwolle 14,596   85,404 Krimmer        „   7,093   92,907 Chersoneser Hutwolle 32,925   67,075 Bessarabische schwarzgraueWinterzackel-Wolle   2,473   97,627 Lincolnshire    32,63 67,37 Für den Züchter, welcher Wolle, nicht Fett ziehen will, ist dieß von dem größten Interesse, denn solche Beobachtungen zeigen ihm, daß Bock 1/178 obgleich er nur 3 Pfd. 28 Lth. schor, mehr reine Wolle erzeugte, als Bock 0/278 welcher 6 Pfd. 6 1/2 Lth. gab, der eine 100 Lth. reine Wollmasse, der andere 60,26 Lth., der erstere also einen dichteren Stand der Wolle hat, wie der letztere. Er sieht, daß sich dieß mehr oder minder vererbt, da die drei Böcke von 6/199 Abstammung, zu denen wir noch 2/73 hinzufügen, da 9/57 ein Sohn des 6/199 war, 58,62 Proc. reine Wollmasse pro Vließ lieferten, während die drei Böcke von 9/34 Abstammung nur 33,37 Proc. reine Wollmasse pro Vließ ergaben. Er sieht ferner bei einer Ranziner Mutter, welche 21,83 Proc. reine Wollmasse ergab und ungewaschen 12 1/2 Pfd. schor, daß die Production an reiner Wollmasse beim Negretti nicht größer ist wie beim Escurial. Denn 81,86 Proc. von 12,5 Pfund geben 37,5 Loth reine Wolle für das Thier, während die Böcke 1/178, 2/1 und 2/18 von Escurialzucht bei verhältnißmäßig geringem Schurgewicht 100,03 Loth, 92,10 Lth. und 82,16 Lth. reine Wollmasse ergaben. Für den Fabrikanten ist aber der Waschverlust bei ungefähr gleicher Feinheit, Milde und Kraft der Merinowollen das Maaßgebende, da es ihm auf die reine Wollmasse ankommt; er regulirt darnach auch seine Preise, macht aber oft trübe Erfahrungen, da er bei staubigen, sandigen und klettenreichen Wollen den Verlust vielfach zu gering anschlägt, während er sich, auf seine langjährigen Erfahrungen gestützt, bei reinen Wollen wenig irrt. So galt volhynische Einfuhr von einer Feinheit von 10,05 Tausendstel Linien und einem Waschverlust von 41,6 Proc. in Breslau 62 Thlr. pro Centner, der Centner reiner Wollmasse also 106,11 Thlr., russische Peregon von 8,95 Grad Feinheit und 49,244 Proc. Waschverlust der Centner 54 Thlr. oder der Centner reine Wollmasse 106,3 Thlr., Odessaer Kunstwäsche von 8,4 Grad Feinheit und 18,01 Proc. Waschverlust der Centner 90 Thlr., also der Centner reine Wollmasse 109,77 Thlr., Charkower Kunstwäsche bei einer Feinheit von 8,1 Grad und 8,79 Proc. Waschverlust der Centner 100 Thlr., der Centner reine Wollmasse also 109,6 Thlr. Nordamerikanische Merinowolle von 10,62 Grad Feinheit und einem Wollpreise von 60,48 Thlr. in New-York, der Centner 99 Thlr., da der Waschverlust 38,9 Proc. betrug, sehr kräftige New-Yorker Gerberwolle von 9,59 Grad Feinheit und 42,1 Proc. Waschverlust, wovon der Centner in New-York 64 1/4 Thlr. galt, der Centner reine Wollmasse 110 Thlr. Billiger stellt sich der Centner reine Wollmasse noch bei den Merinowollen von Montevideo und Buenos-Ayres, die bei einer Feinheit von 16,62 Grad in New-York wie in Antwerpen auf 61–63 Thaler kommt, während die rohen Wollen im Schweiß sich auf circa 31 Thlr. stellen. Wie sehr sich aber der Fabrikant bei unreinen Wollen täuscht, zeigen nachfolgende Beispiele. Tadelfreie ungarische Zweischur mit nur 16,708 Proc. Waschverlust und von 10,95 Grad Feinheit kostete der Centner 58 Thlr., der Ctr. reine Wollmasse stellte sich mithin auf 69,63 Thlr. Ungarische Zweischur, fast fehlerfrei, von 13,47 Grad Feinheit, in der aber so viel ganz feiner Sand enthalten war, daß der Waschverlust 39,166 Proc. betrug, kostete zwar nur 48 Thlr., der Centner reiner Wollmasse stellte sich aber trotz des gröberen Haares auf 78,9 Thlr. Ungarische Zweischur mit Sand und Kletten von 11,1 Grad Feinheit und 50,998 Proc. Waschverlust kostete der Centner nur 44 bis 45 Thlr., hierbei calculirte sich jedoch der Centner reine Wollmasse auf 90,8 Thaler. Wir können uns dieß eben nur dadurch erklären, daß es dem Fabrikanten an Erfahrungssätzen nicht fehlt, den Verlust, welchen die Wolle an gewöhnlichem Schmutz und Fett bei der Fabrikwäsche erleidet, zu taxiren, daß sie ihm aber gebrechen, wenn er künstliche Beimengungen, wie Sand, Futter, Kletten etc., beurtheilen soll. Wir setzen die Versuche fort, welche z.B. auch das hübsche Resultat ergaben, daß die Montevideo-Wollen einen geringeren Verlust haben wie gleiche Wollen aus Buenos-Ayres, und hoffen, die Resultate später in einer umfangreicheren Arbeit dem Publicum vorführen zu können. III. Anwendung des polarisirten Lichtes bei Untersuchung des Wollhaares. Bei meinen Untersuchungen über das Wollhaar fand ich mich auch veranlaßt, dasselbe im polarisirten Lichte zu betrachten. Da dieß nun höchst interessante Resultate zu ergeben scheint, so erlaube ich mir hiermit auch die anderen Beobachter dieses organischen Gebildes darauf aufmerksam zu machen, wie mikroskopische Beobachtungen im polarisirten Licht neue Aufschlüsse ergeben dürften. Vorläufig mache ich darauf aufmerksam, daß das polarisirte Licht in den Oberhaaren der Zackelwollen die Marksubstanz genau erkennen läßt, daß es mir nicht gelungen ist, im Merinohaar und im Flaum Marksubstanz zu sehen, daß ferner durch die eintretenden Farbenbilder Qualität und Stärke der Haare genau angegeben wird. Feinste Merinohaare wie feinster Flaum zeigen im polarisirten Licht nur eine schwach bräunliche Färbung und sind oft gar nicht gefärbt; je gröber das Haar wird, desto stärker wird die Färbung, und zeigt sich dieß sehr schön bei Kreuzungen zwischen gröberen und feineren Thieren. Alpacca- und Mohairhaare zeigen sich im schönsten Blau, während die Oberhaare der Zackelschafe oft eine grüne Zellensubstanz nebst der tiefblauen Marksubstanz dem Auge vorführen. Bei anderen Thieren verhält es sich ähnlich wie bei Schafen; so zeigt das Bärenoberhaar ebenfalls Zellensubstanz und Marksubstanz deutlich in verschiedenen Färbungen, während der Flaum des Bären diese Farbenspiele so wie Marksubstanz nicht zeigt. Bei den Nagethieren scheint auch das Oberhaar keine Marksubstanz zu besitzen, sondern zeigt sich stets farblos, nur die Schuppen oder Zellen auf das schönste glänzend. Da ich wohl der Erste bin, der diese Wirkungen des polarisirten Lichtes auf Wollen beobachtet hat, wäre es mir interessant, von anderer, competenterer Seite mein Urtheil berichtigt oder bestätigt zu sehen.