Titel: Cementirung des Stabeisens durch Roheisen bei einer unter dem Schmelzpunkte des letzteren liegenden Temperatur; von L. Cailletet.
Fundstelle: Band 177, Jahrgang 1865, Nr. XVI., S. 56
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XVI. Cementirung des Stabeisens durch Roheisen bei einer unter dem Schmelzpunkte des letzteren liegenden Temperatur; von L. Cailletet. Aus den Comptes rendus, t. LX p. 564, März 1865. Cailletet, über Cementiren des Stabeisens durch Erhitzen mit festem Roheisen. Wird schwarzes und graues Roheisen lange Zeit einer höheren Temperatur ausgesetzt, welche indeß noch unter seinem Schmelzpunkte liegt, so wird es brüchig und erscheint auf dem Bruche schwarz und erdig, manchen Varietäten von Braunstein ähnlich. Sein specifisches Gewicht ist merklich vermindert; bei mehreren Proben, welche über achtzehn Monate lang der Dunkelröthglühhitze ausgesetzt blieben, betrug es nur 6,272. Die Analyse von solchem Eisen zeigt, daß durch die andauernde Einwirkung der Hitze der größte Theil seines Kohlenstoffgehaltes ausgeschieden worden ist; mehrere Proben enthielten nur noch 0,752 Proc. Kohlenstoff. Diese Kohlenstoffmenge entspricht nahezu dem Kohlenstoffgehalte des Stahls. Ich überzeugte mich indessen bald, daß das in solcher Weise veränderte Roheisen sich nur schwierig schmieden ließ und daß die erhaltenen Stäbe durch Ablöschen nicht gehärtet werden konnten.Während des Schmiedens bemerkte man eine deutliche Blasenbildung, wahrscheinlich in Folge der Einwirkung des Eisenoxydes auf das Silicium und den noch übrigen Kohlenstoff, welche mit dem Metall verbunden waren. Auch zeigt sich solches Roheisen strengflüssiger; in ein Bad von flüssigem schwarzem Roheisen gebracht, bleibt es fest. Von den Ursachen absehend, welche die Ausscheidung des Kohlenstoffs aus dem in festem Zustande befindlichen Roheisen bewirken, stellte ich mir die Frage, ob eine solche Wirkung auch in Gegenwart von metallischem Eisen stattfinden werde, und erhitzte daher Stabeisen in Berührung mit granulirtem grauem Roheisen. Der Versuch wurde in einem mit Schraubenstöpsel verschlossenen gußeisernen Gefäße angestellt; das zu demselben verwendete Roheisen war in Form grober, von aller anhängenden Fettigkeit und beigemengtem graphitischen Staube sorgfältig gereinigter Drehspäne. Der so beschickte Apparat wurde bei einer, unter dem Schmelzpunkte des Goldes liegenden Temperatur etwa zwanzig Stunden lang erhitzt. Nach Verlauf dieser Zeit waren die Stabeisenstäbe vollständig cementirt, und der so erhaltene Stahl zeigte nach dem Ausschmieden ein prächtiges Korn. Schmiedeeisenplatten, welche in demselben Apparate, aber außer Berührung mit dem Roheisen erhitzt wurden, waren nicht cementirt worden; demnach konnte die Stählung nicht etwa der Einwirkung der durch die Wandungen des Gefäßes in das letztere eingedrungenen Herdgase zugeschrieben werden. Dieser Versuch wurde vielmals wiederholt; die Gewichtszunahme des Schmiedeeisens betrug im Durchschnitt 0,480 Proc. Platten von weichem Stabeisen wurden polirt und gravirt, dann ward die eine Hälfte derselben in Roheisen verpackt und erhitzt, während die andere Hälfte zur Vergleichung frei blieb. Nach der Operation hatte das cementirte Eisen weder von seiner Form, noch von seinem Glanze etwas verloren und auf seiner Oberfläche zeigte sich nicht eine einzige Blase, was bei dem durch Kohle cementirten Eisen fast stets der Fall ist. Diese schätzbaren Vortheile, sowie der Umstand, daß zu dem Processe ein sehr billiges Material verwendet wird, welches nach der Operation an seinem Werthe nichts verloren hat, machen es wahrscheinlich, daß dieses so einfache Verfahren dereinst in der Technik eine vielseitige praktische Verwendung finden wird.