Titel: Neues Verfahren beim Kupolofenbetriebe, von Gebrüder Woodward in Manchester.
Fundstelle: Band 177, Jahrgang 1865, Nr. XXXI., S. 149
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XXXI. Neues Verfahren beim Kupolofenbetriebe, von Gebrüder Woodward in Manchester. Aus dem Scientific American, Mai 1865, Nr. 21. Woodward's Verfahren zum Kupolofenbetrieb. Die Erfinder wenden beim Kupolofenbetriebe anstatt der bisherigen Ventilatoren oder anderer Gebläse, welche einen großen Aufwand an Triebkraft, Montirungs-, Transmissions-, Schmierkosten etc. verursachen, einfach einen Strom von Wasserdampf an, so daß diese Kosten sämmtlich wegfallen. Das neue Verfahren wurde am 27. April d. J. in der Woodward'schen Gießerei zu Manchester in Gegenwart mehrerer tüchtigen Eisenhüttenmänner probirt und soll sehr gute Resultate gegeben haben. Der benutzte Kupolofen hatte 28'' engl. Durchmesser bei der gewöhnlichen Höhe; den nöthigen Wind hatte er bisher durch einen Ventilator von vier Fuß Durchmesser erhalten, der eine Dampfmaschine von acht Pferdekräften erforderte. Am oberen Theile des Ofens, dicht unter der Gicht, mündet ein Dampfrohr von 1 1/4 Zoll engl. Durchmesser in eine schmiedeeiserne Esse, deren Länge etwa der Tiefe des Ofenschachtes gleich ist. Wird dann ein Dampfstrahl zugeführt, so entsteht ein theilweises Vacuum unter der Esse und dadurch wird ein kräftiger durch die Charge hindurch gehender Luftstrom erzeugt. Nachdem die Charge aufgegeben und der Ofen auf die gewöhnliche Weise in Brand gesetzt worden, wird die Gichtklappe geschlossen und der Dampf in die Esse zugelassen; der aufsteigende Dampfstrom reißt aus dem Ofenschachte Luft mit sich und erzeugt somit in demselben dicht über der Beschickung ein theilweises Vacuum. Da die Gicht vollständig geschlossen ist, so kann die Luft nur durch zehn, zu diesem Zwecke dicht über der Herdsohle angebrachte Oeffnungen zutreten, durch welche sie in einem constanten und ununterbrochenen Strome eindringt, auf alle Theile des Brennmaterials gleich stark einwirkt und in dieser Weise im ganzen Ofen eine gleichmäßige Hitze, folglich auch eine vollkommenere Verbrennung hervorbringt. Bei den abgeführten Versuchen ergab sich eine bedeutende Ersparniß, sowie der Vortheil, daß mit einem Roheisen von geringer Qualität bessere Güsse erzielt werden konnten, als bisher. Zum Schmelzen von 1 Tonne Eisen war wenig über 1 Centner Kohks erforderlich und das Einschmelzen der Charge beanspruchte weit weniger Zeit, als sonst. Ein weiterer Vorzug dieses Verfahrens liegt darin, daß die Umwohner der Gießerei nicht mehr durch die blendende Flamme und den Funkenregen der Oefen belästigt werden, da ein wenig aus der Esse oder aus der Ofengicht entweichender Dampf das einzige außen wahrnehmbare Anzeichen war, daß der Ofen in Betrieb stand. Bei der außerordentlichen Einfachheit dieser Erfindung müssen wir uns wundern, daß dieselbe nicht schon längst gemacht wurde, namentlich wenn wir in Betracht ziehen, daß schon seit langer Zeit bei den Locomotiven zur Beförderung der Verbrennung ein Dampfstrom in die Feuerbüchse geleitet und dadurch der Dampfdruck von 30 Pfd. binnen 20 Minuten auf 120 Pfd. gesteigert wird. Ein fernerer nicht zu unterschätzender Vortheil dieser Einrichtung ist der, daß nunmehr Kupolöfen auch unter solchen Verhältnissen angelegt werden können, wo sich Dampfmaschinen nicht aufstellen lassen, so auf Kriegsschiffen, Citadellen zum Munitionsguß etc., und unter mancherlei anderen Umständen für Gießereien auf größeren Werken, welche häufiger in die Lage kommen, in Folge von Brüchen plötzlich mitten in der Nacht arbeiten zu müssen, dürfte diese Erfindung insofern von großem Werthe seyn, als die Oefen sehr rasch ohne jede Maschinenkraft in Betrieb gesetzt werden können. Demnächst wird eine weitere Verbesserung dieser, im wahren Wortsinn mit Dampf betriebenen Oefen eingeführt werden. Ueber der Gicht wird nämlich ein Dampfkessel angebracht, welcher den Oefen den nöthigen Dampf zuführt, wodurch die ohnehin schon nicht bedeutenden Betriebskosten noch mehr reducirt werden würden. Bereits haben mehrere der größten Eisenwerke zu Manchester diese Erfindung an ihren bisherigen Kupolöfen angebracht. Ob nun aber, wie in unserer Quelle ausgesprochen, diese Schmelzmethode auch zur Darstellung von Roheisen aus den Erzen allgemein angewendet und der bisherige Hohofen- und Blauöfenbetrieb durch dieselbe binnen welligen Jahren ganz in den Hintergrund gedrängt seyn wird – das mag einstweilen dahin gestellt bleiben! H.