Titel: Ergebniß der neuerdings zu St. Petersburg angestellten Vergleichs-Schießversuche mit Hinterladungsgeschütz-Verschlüssen von Krupp, Kreiner und Broadwell.
Fundstelle: Band 177, Jahrgang 1865, Nr. LXXXI., S. 351
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LXXXI. Ergebniß der neuerdings zu St. Petersburg angestellten Vergleichs-Schießversuche mit Hinterladungsgeschütz-Verschlüssen von Krupp, Kreiner und Broadwell. Schießversuche mit Hinterladungsgeschütz-Verschlüssen. In Uebereinstimmung mit der von unserer Tagesliteratur bereits gebrachten Nachricht, daß man in Rußland beabsichtige, von dem französischen Vorderladungsgeschütz-Systeme Lahitte mit Warzengeschoß abzugehen und an dessen Stelle die Grundzüge des preußischen Hinterladungsgeschütz-Systemes mit Compressivgeschoß treten zu lassen, berichtet das Mechanics' Magazine vom 28. April 1865 über, kurz vor Ausgabe dieses Blattes zu St. Petersburg angestellte Schießversuche mit Hinterladungsgeschütz-Verschlüssen der Constructionen von namentlich Clay, Whitworth, Armstrong, Krupp, Kreiner und Broadwell, wobei nach diesem Berichte zunächst die drei ersteren Verschlüsse als minder gut von der endgültigen Versuchsreihe ausgeschlossen wurden und schließlich die Wahl auf den Verschluß des amerikanischen Ingenieurs Broadwell fiel, dessen Verschlußvorrichtung nach 180 Schüssen noch vollkommen unversehrt blieb, während Krupp's Verschluß nach 95 Schüssen ungangbar wurde und Kreiner's Verschlußmechanismus schon nach 47 Schüssen zu seiner Handhabung die Anwendung einer Handspeiche nothwendig machte. Der hierbei zum Versuche gekommene Krupp'sche Verschluß wird als derselbe bezeichnet, welcher schon im Jahre 1863 nach Woolwich gesendet worden sey, und seinem Grundzuge nach in einem, den beweglichen Stoßboden des Geschützes vervollständigenden, elastischen Ringe bestehe. Kreiner's zu diesem Versuche gestellter Verschluß soll ferner derselbe gewesen seyn, welcher in den bei Düppel verwendeten preußischen Geschützen zur Berühmtheit gelangt ist, also ein Doppelkeil-Verschluß mit in die Verschlußfläche desselben eingesetzter Stahlplatte, die wieder einen unterfeilten und elastischen Kupferring enthält. – Von dem in Rede stehenden Broadwell'schen Verschlusse endlich wird in genanntem Artikel angegeben, daß er seinem Wesen nach in einem fast mit dem hinteren Theile des Rohr-Ladungsraumes verbundenen elastischen und sich selbst adjustirenden Ringe bestehe, welcher, das ungehinderte Einführen von Geschoß und Ladung gestattend, in Verbindung mit einem Stahlkeile den gasdicht schließenden Rohr-Stoßboden bilde. Die letztere Notiz wird in einem weiteren Artikel des Mechanics' Magazine vom 9. Juni 1865 noch dahin berichtigt, daß die eigentliche Bretverschlußfläche des durch eine Schraube anzuziehenden Broadwell'schen Keiles auch noch eine Scheibe enthalte, welche, in eine entsprechende Vertiefung dieser Fläche eingesetzt, dort, zum gasdichten Anschlusse an den in's Rohr eingesetzten elastischen Ring, durch unterzulegende Papierringe bezüglich ihrer Lage regulirt werde. Schließlich möge hier noch erwähnt werden, daß ein bei diesem Schießen gemachter Versuch, den Bleimantel des Compressivgeschosses durch Schnurumwickelung des eisernen Geschoßkernes zu ersetzen, sehr unregelmäßige Geschoßbahnen erzeugte und also ungünstig ausfiel, während es sich gegen Verschleimung und Verbleiung des Rohres sehr wirksam erwies, die Zwischenräume der zum Eingreifen in die Rohrzüge bestimmten Wülste des preußischen Geschoßbleimantels durch eine solche Schnurumwickelung auszufüllen. Dy.,          Artillerie-Hauptmann.