Titel: Verfahren zum Härten des Gypsgusses, von Herrn. Knaur und Prof. W. Knop zu Leipzig.
Fundstelle: Band 177, Jahrgang 1865, Nr. CXVIII., S. 486
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CXVIII. Verfahren zum Härten des Gypsgusses, von Herrn. Knaur und Prof. W. Knop zu Leipzig.Mitgetheilt aus der wissenschaftlichen Beilage der Leipziger Zeitung vom 27. August 1865. Knaur und Knop Verfahren zum Härten des Gypsgusses. Der Gypsguß ist das bewährteste Mittel, um die Kunstproducte der Bildhauerei zu vervielfältigen; er dient zum Modelliren der verschiedensten Gegenstände; Büsten und Figuren, die zum Zierath der Wohnungen dienen, werden mittelst Gypsguß hergestellt. Indessen leiden alle aus Gyps gebildeten Körper an dem großen Uebelstand, daß sie schwer rein zu erhalten sind. Das Material ist weich und porös und in Folge dessen geeignet, den Staub in sich aufzunehmen. Waschen kann man eine Gypsfigur nicht, weil sie das Wasser wie ein Schwamm aufsaugt und in Folge der Löslichkeit des Gypses in Wasser nach und nach leiden würde. Man hat deßhalb schon seit längerer Zeit darüber nachgedacht, ein zum Härten des Gypses geeignetes Verfahren ausfindig zu machen, und es sind in solcher Beziehung bereits mancherlei Vorschläge gemacht. So empfahlen 1846 Keating und 1856 Francis, auch 1859 noch Casentine, die Anwendung des Borax zum Gypshärten. Außerdem hat man, um Gypsgegenstände abwaschbar zu machen, Fette in Anwendung gebracht. Man tränkt die Oberfläche mit Stearinsäure; so nach Karmarsch und Heeren's technischem Wörterbuch (Bd. II S. 218). Angerstein schlug 1855 außer Stearinsäure das Paraffin vor. Noch länger bekannt ist zu gleichem Behuf wohl die Anwendung des Alauns und Leims. Keins dieser Mittel aber hat dem Zweck ganz entsprochen. Als endlich das Wasserglas von seinem Entdecker, dem verstorbenen Prof. v. Fuchs zu München, gemeinschaftlich mit Kaulbach zur Malerei angewandt und aus dieser Anwendung eine besondere Malerkunst, die sogenannte Stereochromie, hervorgegangen war, versuchte man auch mittelst Wasserglas den obgedachten Zweck bei Gypskörpern zu erreichen. Allein auch diese Versuche schlugen fehl; es zeigte sich, daß der wasserhaltige schwefelsaure Kalk, d. i. der Gyps, keineswegs sich ebenso zu den Bestandtheilen des Wasserglases oder löslichen kieselsauren Alkalis verhielt wie der Mörtelkalk. Solche Versuche hatten vor einer längeren Reihe von Jahren schon auch der Bildhauer Knaur und Professor Knop zu Leipzig unabhängig von einander mit gleichfalls negativen Resultaten zu Ende geführt; indessen hat dieser Umstand beide in neuester Zeit zu neuen gemeinschaftlichen Versuchen veranlaßt, deren Ergebnisse durchaus befriedigend ausgefallen sind. Dieselben veröffentlichen hiermit ein Verfahren zum Gypshärten, durch welches jedem fertigen Gypskörper eine ziemlich harte Oberfläche ertheilt, demselben die Porosität benommen werden kann, so daß ein auf die Oberfläche gebrachter Wassertropfen stehen bleibt und endlich der Gegenstand ohne Gefahr, angegriffen zu werden, durch Waschen mit einem mit Wasser getränkten Schwamm jeder Zeit von Staub und Schmutz gereinigt werden kann. Die Manipulationen, durch welche das Härten erreicht wird, sind einfach und geläufig, die erforderlichen Mittel leicht zu beschaffen und wohlfeil. Das Verfahren beruht auf der Anwendung eines Gemisches von Kaliwasserglas mit einer Eiweißsubstanz, welche letztere, wie bekannt ist, mit Kalk einen harten festen Kitt bildet, der durch das Hinzutreten der Bestandtheile des Wasserglases noch fester wird. Die erforderlichen Mittel bestehen in folgenden vier Flüssigkeiten: 1) einer syrupdicken Lösung von Kaliwasserglas, welche man fertig durch jede Droguenhandlung bezieht; 3) einer Lösung von 1 Gewichtstheil Aetzkali in 5 Gewichtstheilen Wasser, welche man in einem Glasgefäß aufbewahrt, das mittelst eines Stöpsels von Kautschuk oder Gutta-percha stets gut verschlossen aufbewahrt wird; 3) in einem Quantum geronnener Milch, erhalten, indem man einige Kannen unverfälschter Kuhmilch einige Tage an der Luft stehen läßt, bis der Rahm sich vollständig an der Oberfläche gesammelt hat; dieser Rahm, das Fett der Milch, wird sorgfältig entfernt; 4) einem beliebigen Vorrrath ganz klaren Kalkwassers. Die zum Härten des Gypses dienende Flüssigkeit wird darauf folgendermaßen gemischt. Man schüttelt die geronnene Milch einige Zeit für sich und gießt darauf ein beliebiges Quantum in ein Glas. Hierauf setzt man tropfenweise unter starkem Schütteln oder Mischen mit Hülfe eines Pinsels so viel von der Aetzkalilösung Nr. 2 dazu, bis aller Käsestoff wieder gelöst und die Mischung eine flockenlose trübe, aber ungefärbte Flüssigkeit bildet, und versetzt diese noch nach dem Augenmaaß mit ungefähr einem Viertel der Kaliwasserglaslösung Nr. 1. Nach dem Mischen ist die Lösung zum Gebrauch fertig. Zum Auftragen auf den Gypskörper dienen Pinsel von Schweinsborsten, die, bevor sie in die Lösung kommen, auf das Sorgfältigste durch Waschen mit Seifenwasser und reinem warmem Wasser gereinigt seyn müssen. Beim Auftragen dürfen die Pinsel nicht zu voll genommen werden. Bei einer Büste fängt man oben auf dem Kopf mit dem Auftragen der Härtemischung an und fährt damit rasch nach unten ringsum in der Weise fort, daß die Pinsel nicht träufeln. Bei sehr großen Gegenständen würden zwei oder drei Arbeiter zu gleicher Zeit dieses Geschäft besorgen müssen. Ist der Gegenstand völlig angelegt, so läßt man ihn einen oder mehrere Tage trocknen und wiederholt dieses Verfahren so oft, bis die Oberfläche die gewünschte Beschaffenheit hat. Unmittelbar nach dem Auftragen der Härtemischung beobachtet man häufig, daß die Figur schwarze Stellen bekommt. Sie entstehen durch Wechselwirkung des im Gyps enthaltenen Eisens und des Schwefelkaliums, das sich bei der Einwirkung des Alkalis auf den Käsestoff der Milch erzeugt. Solche schwarze Stellen, wenn sie nur diesen Ursprung haben und nicht von Schmutz, der im Pinsel vorhanden war, herrühren, verschwinden während des Trocknens von selbst. Die Härteflüssigkeit mischt man unmittelbar vor dem Gebrauch. Man bereitet nicht mehr davon, als ein Anstrich erfordert. Was hiernach übrig bleibt, muß man weggießen, weil sie nach wenigen Stunden gelblich, später braunroth und unbrauchbar wird. Es kann vorkommen, daß man einem Körper einen Anstrich mehr gegeben hat, als gut war. Die Folge davon ist, daß man nach dem Trocknen einen gewissen Glanz und in demselben die Pinselstriche erkennt. Auch kann die Figur nach dem Trocknen einen deutlich gelblichen Ton angenommen haben. Dieses geschieht, wenn man beim Auflösen des Käsestoffs im Aetzkali zu wenig Geduld hatte und dasselbe, statt durch anhaltendes Mischen, durch zu großen Zusatz von Aetzkali beschleunigte. Ist ein Fehler derart gemacht, so bedient man sich der vierten Flüssigkeit, des Kalkwassers. Man tränkt einen Schwamm damit und wäscht die Figur. Alles, was von der Härtemischung nicht tief in die Poren des Gypses eingedrungen ist, gerinnt mit dem Kalkwasser zu käseartigen Flocken, die sich leicht abwaschen lassen. Der Gypskörper wird wieder weiß und kann von neuem vorsichtiger gehärtet werden. Der Künstler lernt sehr bald die obige Vorschrift zu modificiren. Es wird je nach dem Gegenstand und je nach der Gypssorte gerathen seyn, bald etwas mehr, bald etwas weniger von der Wasserglaslösung mit der Käsestofflösung zu mischen als oben angegeben. In gewissen Fällen mag es zweckmäßiger seyn, die fertige Mischung noch mit der Hälfte Regenwasser zu verdünnen. Eine solche verdünnte Lösung dringt tiefer in die Poren des Gypskörpers ein, die Arbeit aber erfordert mehr Zeit, weil das Anstreichen mit einer verdünnten Lösung noch öfter als das mit der concentrirten wiederholt werden muß. Nach völligem Trocknen hat der gehärtete Gypsguß das kreidige Ansehen des Gypses verloren und einen leichten Ton bekommen. Versuche, den Gyps gleich in Masse zu Härten, indem man die beschriebene Flüssigkeit gleich beim Anrühren des Gypses dem hierzu erforderlichen Wasser beimischte, haben kein brauchbares Resultat gegeben. Es lohnt sich indessen vielleicht der Mühe, die zum Härten des Gypses vorgeschriebene Flüssigkeit bezüglich ihrer Anwendbarkeit in der Stereochromie zu prüfen, was wir aber Anderen, mit dieser Kunst genauer Vertrauten überlassen müssen.