Titel: Ueber die Abnutzung der Dampfkessel, einerseits durch die chemischen Wirkungen des glühenden Brennmaterials, andererseits durch die chemischen und physikalischen Wirkungen des Speisewassers; von Friedrich Arthur Paget, Civilingenieur in London.
Fundstelle: Band 179, Jahrgang 1866, Nr. XXIII., S. 89
Download: XML
XXIII. Ueber die Abnutzung der Dampfkessel, einerseits durch die chemischen Wirkungen des glühenden Brennmaterials, andererseits durch die chemischen und physikalischen Wirkungen des Speisewassers; von Friedrich Arthur Paget, Civilingenieur in London. Vortrag, gehalten in der Society of arts am 26. April 1865. – Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, Juli 1865, S. 197. Mit Abbildungen. Paget, über die Abnutzung der Dampfkessel. I. Chemische Wirkungen des glühenden Brennmaterials. Worin immer die physikalischen Veränderungen bestehen mögen, welche das Eisenblech erleidet, wenn es einer lang andauernden hohen Temperatur ausgesetzt wird, ohne daß man es hernach unter dem Hammer bearbeitet oder im Walzwerke streckt, soviel ist gewiß, daß lang anhaltende Rothgluth die Consistenz des Metalles vermindert, indem die Oberfläche auf größere oder geringere Tiefe in Glühspan verwandelt wird, welcher nach Berthier in einer krystallisirten Verbindung von Eisenoxydul und Eisenoxyd besteht. Die mechanische Einwirkung der Gase, und besonders diejenige des in der Flamme enthaltenen freien Sauerstoffes, muß, da die Gase in Folge des Zuges mit großer Geschwindigkeit an den mehr oder weniger erhitzten Blechen hinstreichen, die chemische Wirkung derselben erhöhen, ebenso wie Eisenfeilspäne, welche durch eine Gasflamme geworfen werden, in der Luft verbrennen. Diese Wirkungen würden selbst bei einem aus reinem Kohlenstoff bestehenden Brennmaterial stattfinden; wenn aber gewöhnliche, stets etwas Schwefelkies haltende Steinkohlen gebrannt werden, so ist für die Bleche, besonders für die über dem Roste befindlichen, die Gefahr des Rothglühendwerdens noch viel größer, da die Flamme dann schweflige Säure und oft auch verflüchtigten Schwefel enthält; man erinnere sich nur an die bekannte Thatsache, daß ein Stück glühendes Eisenblech mittelst einer Stange Schwefel durchgebohrt werden kann, indem sich Schwefeleisen bildet. Dr. Schafhäutl in München hat den Veränderungen, welche Bleche durch die Einwirkung des Feuers erfahren, viel Aufmerksamkeit gewidmet; schon vor 25 Jahren hielt er in der Institution of Civil Engineers darüber einen VortragPolytechn. Journal Bd. LXXI S. 351. und noch in der letzten Zeit hat er darüber eine Abhandlung veröffentlicht.Im bayerischen Kunst- und Gewerbeblatt, Juni 1863, S. 321; im Auszug im polytechn. Journal Bd. CLXXIV S. 21. Er führt eine Menge Beobachtungen an, welche sich auf die chemische Analyse der Bleche von explodirten Kesseln stützen und darthun, welchen Gefahren die Kesselbleche durch chemische Einwirkung ausgesetzt sind, wenn sie rothglühend werden. Er bemerkt, daß das Eisen auf der Innenseite der Bleche, wenn es rothglühend wird, das Wasser zersetzt und sich mit dem so freigewordenen Sauerstoff verbindet, hierbei auch einen Theil seines Kohlenstoffs verliert, während die Außenseite sich mit dem freien Sauerstoff und der in der Flamme enthaltenen schwefligen Säure verbindet. Er behauptet, daß Kohkseisen viel rascher angegriffen werde als Holzkohlenblech, indem es in den ursprünglichen Fugen abblättere, in welchen es im Packet gewalzt wird. Möglicherweise werden Oxydtheilchen in diese Fugen gerissen und überhaupt wird das Eisen am leichtesten an diesen Stellen verletzt, woraus man ersieht, von welchem großen Werthe wirklich homogene Bleche sind, wie die gußstählernen, bei denen die Homogenität auf dem einzig zuverlässigen Wege des Schmelzens erreicht wird. Die merkliche Verringerung der Elasticität und Zähigkeit, welche durch Berührung von glühendem Eisenblech mit Schwefel erzeugt wird, die Abwesenheit aller Elasticität und Zähigkeit in den Oxyden des Eisens zeigen, daß Feuerrohre und Kessel, wenn sie auch nicht sogleich zusammengedrückt werden und explodiren, doch jedesmal leiden, sobald sie zu stark erhitzt werden. Eine mangelhafte Circulation, durch welche eine so große Erhitzung entsteht, daß das Wasser vom Bleche entfernt wird, veranlaßt bald locale Beschädigungen. Wie Hr. Fletcher in Manchester beobachtet hat, sind gewisse Stellen der von außen geheizten Kessel solchen Beschädigungen in anscheinend unerklärlicher Weise ausgesetzt. Ein neuer Kessel, in welchem aus Versehen etliche Lumpen liegen geblieben waren, wurde an dieser Stelle in wenig Tagen durchgebranntPéclet, Traité de la chaleur, vol. II p. 73., ohne Zweifel in Folge der entstandenen mangelhaften Circulation. Im Allgemeinen lehrt die Erfahrung, daß die Bleche um so leichter glühend werden, je dicker sie sind, und auch die erwähnten chemischen Erscheinungen machen möglichst schwache Bleche wünschenswerth, denn die Abnutzung der Tafeln in Folge derselben hört oft bei einer gewissen Dicke auf. In Deutschland und Frankreich machen manche der besten Fabrikanten noch die dem Feuer ausgesetzten Bleche, z.B. die Feuerrohre, etwas stärker als den übrigen Kessel, aber die amerikanische Praxis, die Feuerbleche nur 5/16 oder 1/4 Zoll stark zu nehmen und mit Stehbolzen in 4 Zoll Abstand zu versehen, scheint aus obigen Gründen zweckmäßiger und bewährt sich auch, selbst bei 150 Pfd. Druck per Quadratzoll. II. Die chemischen und physikalisch-chemischen Wirkungen des Speisewassers. Die Abnutzung der Dampfkessel, welche in dem Angefressenseyn (der Corrosion) besteht, ist eine doppelte, nämlich erstens eine innere und zweitens eine äußere. Der Fortschritt beider muß nothwendig durch den Einfluß der Temperatur beschleunigt werden, jede hat aber ihren besonderen Charakter, welcher nicht nur von den Stellen herrührt, wo das Anfressen erfolgt, sondern auch von dem Ursprung und den Resultaten desselben. Ein Dampfkessel ist ein Gefäß, in welches unaufhörlich große Mengen Wasser gepumpt werden; nachdem durch die Einwirkung der Wärme alle zu verflüchtigenden Stoffe ausgetrieben worden sind, verbleibt in diesem Gefäß eine concentrirte Lösung, deren chemischer Charakter von allen nicht flüchtigen Substanzen abhängt, welche sich im Speisewasser befanden. Die specifische Schwere der im Wasser enthaltenen Substanzen bewirkt natürlich, daß sie zu Boden sinken, wo die Lösung in der Regel concentrirter ist, so sehr sie auch durch das Sieden aufgerührt werden mag. J. R. Napier hat neuerdings beobachtet, daß ein ungefähr 4 Fuß langer, 3 Zoll breiter, 3/16 Zoll dicker Zinkblechstreifen, welcher in einen Schiffskessel drei Wochen lang eingetaucht war, bei 18 Zoll Tiefe eine Anfressung zeigte, welche rasch nach oben abnahm; der obere, im Dampfe befindliche Theil war fast gar nicht angegriffen.Institution of Engineers in Scotland, Session 1864–5. Dieß erklärt den Umstand, daß alle Kessel, selbst die mit innerer Feuerung, wie die Locomotivkessel, in den Blechen nach dem Boden hin am meisten angegriffen werden, und daß sich die innere Abnutzung stärker unter der Wasserlinie zeigt. Die Sieder der französischen Siederohrkessel sind auch gewöhnlich stärker angegriffen als andere Kesseltheile. Um dieser langsamen Wirkung entgegenzuarbeiten, macht man bei den meisten Schiffskesseln die unteren Bleche dicker, während dieselben Bleche bei den Locomotivkesseln oft erneuert werden müssen. Da alle derartigen chemischen oder physikalisch-chemischen Wirkungen durch die Wärme gesteigert werden, so werden die Kessel mit äußerer Feuerung gewöhnlich zuerst über der Feuerung schlecht. Indessen werden auch die Bleche über dem Wasser mehr oder weniger angegriffen und nicht bloß in Form des Rostens, sondern auch durch das sogenannte Löchrigwerden (pitting), welches sich gewöhnlich stärker unter dem Wasserspiegel zeigt. Das Vorhandenseyn einer concentrirten saueren oder alkalischen Lösung, welche bei hoher Temperatur Jahre lang mit den Blechwänden in Berührung steht, würde an sich schon hinreichend seyn, um eine starke Corrosion zu erklären, aber die innere Corrosion der Dampfkessel zeigt so vielerlei unerklärliche Erscheinungen, daß bis jetzt noch keine vollkommen genügende Auslegung derselben gegeben worden ist. Erstens zeigen die angegriffenen Tafeln eine Menge unregelmäßiger Löcher, wie die Pockennarben im Gesicht, oder wie die kleinen Krater am Monde. (S. den Holzschnitt Fig. 1, welcher die Innenseite eines alten schmiedeeisernen Kessels im vierten Theile der natürlichen Größe darstellt.) Fig. 1., Bd. 179, S. 92 Der Verfasser hat bisweilen auch zwei oder drei kleine unregelmäßige Löcher dieser Art in einem sonst gefunden Bleche beobachtet. Bisweilen ist die Tafel rings um einen hervortretenden Bolzen am meisten tättowirt; in anderen Fällen ist ein Blech ganz gesund, während die daran genietete Tafel fast ganz angefressen ist, obschon beide gleich lange und natürlich unter scheinbar ganz gleichen Verhältnissen gebraucht worden sind. Es ist aber den Locomotivführern allgemein bekannt, daß Kessel mit eisernen Röhren oft schlimmer löchrig sind, als solche mit Messingröhren, und übrigens sind alle eisernen Kessel mit oder ohne Messingröhren, sowohl stationäre, als Locomotiv- oder Schiffskessel diesem Löchrigwerden ausgesetzt. Eine ziemlich alle Umstände berücksichtigende Erklärung ist die folgende: Hr. Mallet zeigte in einem der British Association vor einigen Jahren erstatteten Berichte, daß Schmiedeeisen und Stahl aus zwei oder mehr verschiedenen chemischen Verbindungen, welche fest zusammenhängen und untereinander gemengt sind, bestehen, von denen die eine zur anderen elektronegativ ist. Das aus verschiedenem Eisen zusammengeschweißte gewöhnliche Schmiedeeisen ist in der That kein elektrohomogener Körper. In einem Kessel ist das mit chemischen Verbindungen mehr oder weniger gesättigte heiße Wasser die erregende Flüssigkeit und die elektropositiven Theile der Bleche werden daher rasch bis zu einer gewissen Tiefe weggefressen. Diese Erklärung stimmt recht gut mit der Erscheinung des Löchrigwerdens, sie erläutert auch zum großen Theil die Erscheinung, daß Bleche über dem Wasserspiegel an manchen Stellen rasch angegriffen werden, während sie an anderen Stellen ganz unversehrt bleiben. – Das concentrirte Wasser der Schiffskessel ist bekanntlich in der Regel sauer. „Von allen Salzen im Seewasser“, sagt Faraday Fifth Report of the Committee of the House of Commons, concerning the Holyhead Roads, p. 194., „ist das Chlormagnesium dasjenige, welches die Bleche am stärksten angreift“. Er zeigt, daß ein Kubikfuß Seewasser 3,28 Unzen dieses Salzes enthält; zugleich weißt er auf die Gefahr einer Volta'schen Wirkung hin, welcher ein Kessel durch die Berührung von Kupfer und Eisen ausgesetzt ist. In geringerem Grade wird auch der Contact von Gußeisen mit Schmiedeeisen, oder von verschiedenen Sorten von Eisen in derselben Tafel oder bei sich berührenden Tafeln nachtheilig seyn. Auch ist es nicht unwahrscheinlich, daß etwas Chlorwasserstoffsäure im Dampfe der Schiffskessel enthalten ist; Hr. J. C. Forster Institution of Engineers in Scotland, 1864–5. Introductory address by Mr. J. R. Napier. hat eine Portion von dem condensirten Dampfe aus dem Sicherheitsventilgehäuse und aus dem Cylindermantel des „Lancefield“ untersucht, und beide entschieden sauer gefunden.Wenn eine Lösung von Chlormagnesium fast bis zur Trockne abgedampft wird, so zersetzen sich das Salz und das Wasser, und es bilden sich Magnesia und freie Chlorwasserstoffsäure; MgCl + HO = MgO + HCl. Mit einer erregenden Flüssigkeit in dem condensirten Dampfe ist es nun erklärlich, wie die Schiffskesselbleche oft in der wunderlichsten Weise angefressen seyn können; der Dampfstrom übt zugleich in gewissem Grade eine Reibung auf die gebildete Oxydhaut aus und löst sie ab, um auf eine frische Fläche zu wirken. Als Prüfstein für die Richtigkeit obiger Erklärung des Löchrigwerdens würde die Constatirung der Abwesenheit dieser Erscheinung bei Blechen von elektro-homogener Beschaffenheit anzusehen seyn. Diese Gleichförmigkeit ist nur bei gegossenen Metallen, z.B. Gußstahl, zu erwarten, und in der That erfuhr der Verfasser durch Hrn. Haswell, den Leiter der Locomotivbauanstalt der Staatsbahn in Wien, daß einige im Jahre 1859 in Betrieb genommene Locomotivkessel aus Gußstahlblech noch kein Zeichen des Löchrigwerdens erkennen ließen, obwohl Eisenbleche unter gleichen Umständen sehr darunter litten. Das Löchrigwerden ist folglich als eine durch Volta'sche Wirkung auf bestimmte Stellen beschränkte Corrosion zu betrachten; es dürfte übrigens durch die Bewegung des Bleches in Folge mechanischer Einwirkung und durch die Dehnungen und Zusammenziehungen bei den Veränderungen der Temperatur sehr unterstützt werden. Alle Kessel werden am ersten bei der Eintrittsstelle des Speisewassers angegriffen und bei den Kesseln der Locomotiven mit Innenseite-Cylindern ist in der Regel das Rauchbüchsenende stärker angegriffen, ohne Zweifel in Folge der stoßenden Bewegung. Die Corrosion an besonderen Stellen würde wahrscheinlich intensiver auftreten, wenn die Incrustation mechanisch abgeworfen würde; bei einer durch ungewöhnliche Intensität der erregenden Flüssigkeit gesteigerten Volta'schen Wirkung würden die Seiten der Vertiefungen in den Blechen schärfer und weniger abgerundet seyn, wie dieß bei dem mit den Grubenwässern einer Eisensteinzeche gespeisten Kessel der Fall war, der voriges Jahr zu Aberaman in South-Wales explodirte. (Siehe den Holzschnitt Fig. 2; die Zeichnung ist nach einer Photographie von einem Stück Kesselblech gemacht, welches dem einen der beiden am 17. Februar 1864 auf den Aberaman-Eisenwerken zu Aberdare explodirten Kessel entnommen war; die Corrosion fand innerlich statt und das Blech war stellenweise nur 1/8 Zoll dick.) Fig. 2., Bd. 179, S. 95 Daß das Löchrigwerden auch bei Schiffskesseln eintritt, welche mit destillirtem Wasser aus Oberflächencondensatoren gespeist werden, entkräftet obige Erklärung nicht. Das auf diese Weise destillirte Wasser soll nämlich nach wiederholtem Sieden am Salinometer noch stärker als Seewasser anzeigen (?), was beweist, daß es keineswegs rein ist.Institution of Mechanical Engineers, 1863. Discussion über James Jack's Abhandlung, die Wirkungen der Oberflächencondensatoren auf Dampfkessel betreffend (polytechn. Journal Bd. CLXXII S. 109). Ferner verlieren diese Kessel in Folge der Abwesenheit von Incrustationen einen Schutz gegen die chemische Wirkung des Wassers. In dieser Weise bewirkt das mechanische Aufbauchen der Bleche, – welches direct und indirect die besprochenen Furchen veranlaßt – durch die fortwährende Abstoßung der Incrustationen und des Oxydes an gewissen Stellen, daß diese Stellen der Corrosion gerade so ausgesetzt sind wie Kessel, welche mit einem Wasser gespeist werden, das keinen Stein absetzt. Die Corrosion erfolgt auch rascher an einer Furche durch die bloße Vergrößerung der Fläche. Die speciell als Löchrigwerden bezeichnete Art von Corrosion ist nur durch eine sehr hohe elektro-homogene Beschaffenheit aller Kesseltheile zu bekämpfen. Während die Wirkung der inneren Corrosion, welche die Bleche oft auf größere Flächen hin angreift, jedenfalls nur selten der Festigkeit Eintrag thut, ist die äußere Corrosion, welche sich auf besondere Stellen bezieht, von einem viel gefährlicheren Charakter. Die eine wirkt allmählich und ist leicht wahrnehmbar, während die andere rasch wirkt und ihre Fortschritte versteckter sind. Abgesehen von Zufällen, welche das Mauerwerk eines stationären Kessels oder die Außenseite der Böden von Schiffskesseln betreffen, kann eine äußere Corrosion nur in Folge von Lecken vorkommen. Entsteht das Lecken durch einen in Folge mechanischer Wirkung gebildeten Riß oder durch ein vom Feuer gebranntes Loch, so sind seine Wirkungen nur secundärer Natur, da schon die primäre Ursache derselben das Anhalten des Dampfgenerators zur Folge haben kann. Es kann jedoch das Lecken einer Naht auch an sich die allmähliche Zerstörung eines Kessels herbeiführen und man hat hier einen anderen Beleg, wie die Eigenschaften eines Kessels nicht bloß in Bezug auf Festigkeit, sondern auch bezüglich der Abnutzung eng mit der Form der Nietnähte zusammenhängen. Es ist oft wahrzunehmen, daß sehr gute einfache Nietnähte, wenn sie mittelst hydraulischen Drucks nur bis 50 Proc. über die normale Dampfspannung probirt werden, mehr oder weniger schwitzen; das Bestreben, unter dem inneren Drucke eine vollkommene Kreisform anzunehmen, wirkt indirect auf diese Nähte und bewirkt, daß sie sich trotz des Verstemmens mehr oder weniger öffnen. Der Ingenieur Robert Galloway, welcher als langjähriger Inspector des Board of Trade wahrscheinlich über 3000 sorgfältige Untersuchungen von Schiffskesseln vorgenommen hat, erklärt, daß er an der Außenseite der Naht oft eine Furche oder Rinne wahrgenommen habe, welche auf eine gewisse Länge mit der äußeren Kante des übergreifenden Bleches parallel gelaufen und ohne Zweifel durch das Lecken entstanden sey. Längs dem Wasserspiegel wirkt condensirtes Wasser auf die Nähte ein, während unter demselben die concentrirte Flüssigkeit des Kessels ihre chemische Thätigkeit entwickelt. Ein Leck an einem Schiffskessel frißt oft in Jahresfrist eine Blechtafel weg. Bisweilen zeigt ein Strahl heißes Wasser aus einem Rißchen eine reibende Wirkung, ja es ist selbst an so unangreifbaren und harten Substanzen wie Glas, eine ähnliche Wirkung bemerkt worden, indem ein kleines Rißchen an einem Wasserstandsglase nach einigen Tagen eine merkliche Furche zu erzeugen vermag. Bei schwefelhaltigem Brennmaterial kommt noch eine kräftige chemische Wirkung auf die Bleche hinzu. Ein Raumtheil Wasser nimmt ungefähr 30 Raumtheile schwefligsaures Gas auf, und diese schwefligsauren Dämpfe des Brennmaterials werden, wenn sie mit dem Schwitzwasser aus einem Rißchen zusammenkommen, mehr oder weniger absorbirt; eine solche saure Lösung muß die Bleche rasch angreifen. Es ist Thatsache, daß das Schwitzen auf Kessel, welche mit schwefelhaltigen Kohlen geheizt werden, viel rascher einwirkt, als auf Kessel mit Holzfeuerung.