Titel: | Universal-Kuppelung; von Otto Dingler, Marine-Ingenieur des österr. Lloyd. |
Autor: | Otto Dingler |
Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. LXII., S. 259 |
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LXII.
Universal-Kuppelung; von Otto Dingler, Marine-Ingenieur
des österr. Lloyd.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
O. Dingler's Universal-Kuppelung.
Eine Universal-Kuppelung zur Verbindung zweier Rotationsachsen muß die
Uebertragung der drehenden Bewegung in folgenden Fällen innerhalb gewisser
praktischer Grenzen zu vermitteln im Stande seyn:Der Hook'sche Schlüssel und verwandte Anordnungen
sind nur Gelenk-Kuppelungen mit dem
Durchschnittspunkte der beiden Achsenlinien als unveränderlichem
Mittelpunkte des Gelenkes.
1) die Achsen liegen nicht in gerader Linie, sondern bilden einen Winkel mit festem
Scheitelpunkte mit einander, dessen Größe während der Dauer der Bewegung frei sich
ändern kann;
2) die beiden Achsen liegen nicht in derselben Ebene, es schneiden sich also ihre
Mittellinien nicht mehr;
3) der etwaige Durchschnittspunkt der Mittellinien der Achsen ist kein constanter,
sondern variirt bei Veränderung der Neigung der Achsen;
4) es verschieben sich die Achsen parallel zu ihrer ursprünglichen Lage, so daß der
Durchschnittspunkt ihrer Mittellinien in unendliche Entfernung fällt;
5) in der Längenrichtung finden Verschiebungen der Achsen nach vorwärts und nach
rückwärts statt.
Diese Bedingungen, welche z.B. abwechselnd alle in der Achsenlinie eines in starker See arbeitenden
hölzernen Schraubendampfers vorkommen können, namentlich wenn dessen Körper keine
hinreichende Steifigkeit in seinen Verbindungen besitzt und an Kielgebrechlichkeit
leidet, dürfte die in den Figuren 13–16 skizzirte
Anordnung erfüllen.
Die beiden zu verbindenden Achsen A und A' (Fig. 13–15) tragen auf
ihren viereckigen Enden B und B' die beiden Kuppelungsscheiben C und C'; beide Achsen und Kuppelungsscheiben sind vollständig
identisch und bloß in Bezug auf ihre respectiven Elemente unter rechtem Winkel zu
einander gestellt. Zusammengehängt sind Achsen und Scheiben vermittelst der, jedoch
nicht zur Uebertragung von Kraft bestimmten Stifte D und
D', um welche als Drehungsachsen die Scheiben in den
Lagern E und E' so weit
hin- und herschwingen können, als die beiden divergirenden Flächen F, G und F', G' ihrer
inneren keilförmigen Aushöhlung, sowie die Seiten H und
H' der Achsenköpfe es gestatten. Die Uebertragung
von Kraft und Bewegung zwischen Achsen und Scheiben geschieht vermittelst der
Flächen J, J und J', J', und
der in die parallelen Seiten der Aushöhlungen eingelassenen Beilager K, K und K', K', welche
Flächen und Beilager genau zusammengepaßt seyn müssen und auf einander schleifen,
wenn die Scheiben um die Stifte D und D' schwingen.
Von einer Scheibe zur anderen wird die Bewegung übertragen durch die Zapfen L und L', deren je 2 auf
jeder Scheibe sich befinden, diametral einander gegenüber stehend in den durch die
Drehzapfen D und D' gehenden
Ebenen. Diese Zapfen sind an ihren freistehenden cylindrischen Theilen auf 2 Seiten
parallel abgeflacht und greifen in prismatisch ausgeschlitzte, außen cylindrisch
abgedrehte Büchsen M und M'
der gegenüberstehenden Scheiben ein. Da diese prismatischen Schlitzöffnungen länger
sind als der Durchmesser der Zapfen beträgt, so können letztere in der
Achsenrichtung der Büchsen auf- und abgleiten, während diese, wenn durch eine
Neigung der gegenüberstehenden Scheibe mit ihren eingreifenden Zapfen dazu
veranlaßt, um ihre eigenen Achsen sich drehen können.
Eine Verschiebung der Achsen in ihrer Längenrichtung erlaubt diese Anordnung, weil
die Zapfen L und L' in den
Büchsen M und M' frei
vor- und rückwärts gleiten können; eine Verschiebung in der durch Zapfen und
Drehstifte einer Scheibe gehenden Ebene x, y oder x', y' ist ermöglicht, weil die Schlitze der Büchsen ein
Auf- und Abgleiten der Zapfen gestatten, wie vorhin schon erwähnt; daß aber
auch eine freie Bewegung einer jeden Scheibe und Achse in der zum Drehstifte
senkrechten Mittelebene u, z und u', z' möglich ist, zeigt z.B. Fig. 16, in welcher Scheibe C' fest bleibend gedacht ist, während Achse A mit ihrer Scheibe C sich
parallel fortbewegt, so daß der Drehzapfen D in die Lage
d kommt; es gelangt alsdann C in eine zur Achse um den Winkel sDr
geneigte Stellung und die Zapfen kommen aus der Richtung Dt in jene dt,
während die Büchse M' sich um ihre Achsenlinie t entsprechend dreht.
Auf ähnliche Weise läßt sich die freie Beweglichkeit für jede beliebige andere
Achsenstellung geometrisch nachweisen.
Da alle diese als möglich erkannten Bewegungen auch gleichzeitig erfolgen können, so haben wir freie Bewegung dieser Achsen im
Raume, folglich Universal-Kuppelung.
Eigentlich könnte man mit einer um den Drehstift
beweglichen und einer auf der anderen Achse festen
Scheibe ausreichen, von denen die erste bloß 2 Zapfen und die andere die
entsprechenden 2 Büchsen zu führen nöthig hätte; erhöhte Beweglichkeit bei
hinreichender Solidität der Construction dürfte jedoch kaum etwas schaden, da das
hier entworfene System nothwendiger Weise auch den, bei allen nicht festen
Kuppelungen ganz unvermeidlichen Nachtheil des Schleifens der die Bewegung
übertragenden Flächen auf einander unter großem Drucke an sich hat. Am besten läßt
sich diesem Uebelstande begegnen durch Anfertigung aller Beilager und Hülsen aus
bestem lignum vitae.
Um diese Kuppelung auslösbar zu machen, ist es bloß nothwendig die Drehzapfen der
einen Scheibe statt auf der Achse auf einer in der Längenrichtung verschiebbaren
Hülse zu befestigen.