Titel: | Ueber die Spiegel aus platinirtem Glase von Creswell und Tavernier in Paris; Bericht von Salvétat. |
Fundstelle: | Band 180, Jahrgang 1866, Nr. XIII., S. 39 |
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XIII.
Ueber die Spiegel aus platinirtem Glase von
Creswell und Tavernier in Paris; Bericht von
Salvétat.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, September 1865, S. 526.
Salvétat, über die Spiegel aus platinirtem Glase von
Creswell und Tavernier in Paris.
Die allgemein gebräuchlichen Spiegel verdanken bekanntlich ihren metallischen Reflex
und die Eigenschaft, die ihnen dargebotenen Gegenstände zu reflectiren, der dünnen
Schicht von Zinnamalgam womit eine ihrer Seiten überzogen wird. Das Anbringen dieser
Metallschicht auf der hinteren Seite des Spiegelglases bedingt für vorzügliche
Producte einen vollständigen Parallelismus der beiden Oberflächen und die beste
Glassorte in Bezug auf Farblosigkeit und Klarheit, daher ihre Fabrication durch die
Kosten für Handarbeit und ausgewählte Rohmaterialien sehr vertheuert wird. Dazu
kommt noch der Uebelstand, daß die Gesundheit der mit dem Belegen des Glases
beschäftigten Arbeiter durch das Quecksilber in hohem Grade leidet.
Die HHrn. Creswell und Tavernier in Paris (rue Malher No. 12) liefern
jetzt sehr vorzügliche, dabei haltbare und wohlfeile Spiegel, bei denen das
Quecksilberamalgam und das Silber, welche bisher allein angewandt wurden, in sehr
praktischer Weise durch das für die Gesundheit der Arbeiter ganz unschädliche Platin
ersetzt sind.
Das bloß auf einer seiner Seiten abgeschliffene und polirte Glas gibt scharfe und
genaue Bilder durch die unmittelbare Spiegelung des Metalles; es ist demnach
nutzlos, für die platinirten Spiegel ganz fehlerfreies Glas auszusuchen, wobei
bekanntlich der größere Theil des zum Belegen mit Stanniol oder zum Plattiren mit
Silber bestimmten Spiegelglases und einfachen oder doppelten Scheibenglases
ausgeschossen werden muß.
In Bezug auf die Haltbarkeit der Spiegel gebührt dem Platiniren der Vorzug. Das Zinnamalgam ist nicht
unveränderlich; es wird durch Feuchtigkeit wie durch Wärme mehr oder weniger leicht
angegriffen; nicht selten zeigt sich die spiegelnde Fläche sehr schöner, mit
Zinnamalgam belegter Spiegel körnig, gekräuselt, zerrissen oder wie mit Schimmel
überzogen. Das zu ihrem Schutze dienende Spiegelfeld oder Getäfel, durch welches sie
von den Wänden getrennt wird, ist häufig ungenügend um sie zu isoliren. Die
unmittelbar spiegelnde Versilberung verdirbt ebenfalls mit der Zeit, vergilbt oder
schwärzt sich; die auf der hinteren Glasfläche abgelagerte Silberschicht erfordert
einen besonderen Ueberzug, welcher nicht immer vollkommenen Schutz gegen ihr
Verderben gewährt. Das
Verplatiniren des Glases nach dem Verfahren von Dodé, dessen Patent jetzt im Besitze von Creswell und Tavernier ist, bietet dagegen eine
Haltbarkeit dar, welche sich durchaus nicht in Zweifel ziehen läßt; denn die durch
Feuer auf dem Glase befestigte Metallschicht widersteht den Einwirkungen der
Atmosphärilien in ähnlichem Grade wie das Platin selbst.
Zum Decoriren von Porzellan und Glas hat das Platin, theils als matter Metallstaub,
theils als Lüstre, bereits Anwendung gefunden; hier taucht aber zum erstenmal der
Gedanke auf, mit ihm ebene oder gekrümmte Flächen zur Anfertigung von Spiegeln mit
directer oder mittelbarer Spiegelung zu überziehen. Dieser Gedanke wird sich
sicherlich fruchtbringend erweisen. Die Anfertigung der neuen Platinspiegel kann
nicht nachtheilig auf die Gesundheit der mit ihr beschäftigten Arbeiter wirken; die
Producte selbst müssen haltbarer werden, da sie der Rothglühhitze ausgesetzt werden
und auch billiger, weil selbst das welligste und schlierigste Flaschenglas, wenn es
auf einer Seite geschliffen und polirt wird, ungeachtet seiner dunkeln und unreinen
Farbe einen tadellosen Spiegel zu geben vermag. Trotz ihrer etwas schwärzlichen
Färbung werden diese Producte den so billigen, ein vorhergehendes Schleifen nicht
erfordernden Nürnberger Spiegeln bald eine ernstliche Concurrenz machen. Solche
platinirte Gläser werden von nun an zu allen Artikeln der Spiegelfabrication, zu
Möbeln, mit Glas verzierten Näh- und Toilettekästchen und anderen derartigen
kleinen Artikeln verwendet werden. Es ist gewiß keine Uebertreibung des Verdienstes
dieses neuen Verfahrens, wenn wir ihm eine Anwendbarkeit zusprechen, welche in der
Decorirkunst eine Umwälzung hervorbringen wird, indem Spiegel mit directer
Spiegelung anstatt der bisher zur inneren Ornamentirung der Magazine, oder zur
äußeren Decorirung der Läden, bedeckten Passagen etc. gebräuchlichen Spiegel in
Anwendung kommen werden.
Betrachten wir das Verfahren zum Platiniren in Bezug auf Leichtigkeit der Ausführung,
so läßt sich unschwer nachweisen, daß das Platin zur Metallisirung von Glasflächen
aufs Trefflichste geeignet ist. Das dazu erforderliche Präparat ist leicht
darzustellen. Trocknes Chlorplatin bildet mit Lavendelöl eine gelöstes Platin
enthaltende Flüssigkeit, welche ganz dieselben Eigenschaften besitzt, wie die das
Glanzgold gebende, nach dem patentirten Verfahren der
Gebrüder Dutertre dargestellte Flüssigkeit zum
Vergolden des Porzellans.
Das mit Chlorplatin behandelte Lavendelöl hinterläßt beim Verdunsten eine gleichmäßig
dicke, von Blasen und ausgelaufenen Rändern freie, glänzende Schicht von
Metallstaub, welcher sogleich spiegelt und dem Glase fest anhaftet, wenn die Temperatur beim
Einbrennen hoch genug und ein passender Fluß angewendet worden war. Wenn nun das
Präparat von Feuchtigkeit, Staub und allen fremdartigen Körpern ganz frei ist, so
läßt sich die Schicht gleichmäßig auf dem Glase ausbreiten und hinterläßt dann nach
dem Einbrennen nur einen glänzenden Ueberzug von metallischem Platin.
Die Zersetzung des platinhaltigen Harzes und seine Verkohlung geht ohne Schmelzung,
ohne Kochen, ohne Blasenwerfen vor sich, und da das von der Asche gebildete
schwammige Skelett von der Glasfläche sich nicht loslöst, so befestigt es sich bei
der Temperatur des Einbrennens auf derselben und verwandelt sich in einen
vollkommenen spiegelnden Platinüberzug.
Eine eigenthümliche Eigenschaft der auf diese Weise metallisirten Spiegel wird gewiß
von den Erfindern ausgebeutet werden. Die platinirten Glasflächen bilden nämlich bei
auffallendem Lichte Spiegel und sind bei durchfallendem
Tageslichte transparent. Als Ornamente und Decorirungen
verwendet, setzen sie jede in einem dunkeln Hinterzimmer befindliche Person in den
Stand, Alles zu sehen, Alles zu beobachten, ohne selbst gesehen zu werden. Wir heben
diese Eigenschaft besonders hervor, da sie dem verplatinirten Glase den Charakter
einer höchst interessanten Neuigkeit gibt und den Absatz desselben vermehren
muß.
Der Berichterstatter besuchte die Hütte zu Vailly-sur-Aisne, wo die
Producte der HHrn. Creswell und Tavernier angefertigt werden. Die Fabrication umfaßt folgende besondere
Operationen: das Schleifen und Poliren des einfachen und Doppelglases auf nur einer
seiner Flächen; die Darstellung des Platinpräparates; das Auftragen des
platinhaltigen Harzes und zuletzt das Einbrennen der Platinirung. In Folge einer
vortrefflichen Einrichtung und einer guten Arbeitsvertheilung findet ein sehr
regelmäßiger, rascher und verhältnißmäßig wenig Kosten verursachender Betrieb statt.
Außer ihren gewöhnlichen Producten werden die Erfinder demnächst auch Muslinglas mit matten und glänzenden Zeichnungen, wie gemalte Spiegel mit eingebrannten Farben in den Handel
bringen; ein einziges Feuer genügt zum Einbrennen der Malerei und der Platinirung,
somit zur Umwandlung der Glasplatte in einen decorirten Spiegel.
Ich will nun in Kürze das beim Platiniren des Spiegelglases angewendete Verfahren
beschreiben.
Das Scheiben- oder Spiegelglas wird in der gewöhnlichen Weise vorbereitet: es
wird geschliffen, polirt und sorgfältig gereinigt. In der Fabrik befinden sich zu
diesem Zwecke zehn mechanische Schleif- und Polirbänke. Nach dem Reinigen
kommt das Glas in die Platinirwerkstatt. Das zur Metallisirung dienende Präparat
wird mit dem Pinsel aufgetragen. Die vertical gestellte Platte erhält nämlich mit
dem Pinsel eine dünne Schicht der Flüssigkeit, welche zuerst von unten nach oben,
dann von links nach rechts, hierauf wieder von unten nach oben und zuletzt von
rechts nach links vertrieben wird; auf diese Weise bekommt der ölige Ueberzug eine
gleichmäßige Stärke, und da derselbe eine bedeutende Menge ätherisches Lavendelöl
enthält, so breitet er sich auf der Platte von selbst aus und trocknet langsam ein,
ohne Ausläufer zu bilden.
Die größte Sorgfalt muß der Platinirer auf die möglichste Vermeidung von allem Staube
und jeder Spur von Feuchtigkeit verwenden. Die letztere würde Einlaufen, Runzeln und
Reißen des Platinüberzuges verursachen, der Staub aber die Regelmäßigkeit und
Gleichmäßigkeit desselben gefährden; denn bekanntlich zieht jedes Staubkörnchen die
Flüssigkeit concentrisch an sich, so daß die benachbarten Theile der Fläche
bloßgelegt werden.
Die Darstellung einer vorzüglichen Platinirungsflüssigkeit erfordert nur die größte
Sauberkeit. Man nimmt 100 Grm. ganz dünnes Platinblech, wischt es und wäscht es
sorgfältig ab, um das vom Auswalzen herrührende Fett zu entfernen; dann löst man es
in 1400 Grm. Königswasser (welches durch Vermischen von 1000 Grm. reiner Salzsäure
mit 400 Grm. Salpetersäure dargestellt worden) unter Erhitzen im Sandbade, und
dampft vorsichtig zur Trockne ein, wobei die Zersetzung des Chlorplatins sorgfältig
vermieden werden muß. Das trockene Platinsalz wird in einem Porzellan- oder
Glasmörser zerrieben und auf eine gläserne Reibeplatte gebracht, worauf man ihm
rectificirtes Lavendelöl allmählich und in kleinen Portionen zusetzt. Die Reaction
geht auf der Reibeplatte selbst vor sich; ein zu rasches Zugießen des Lavendelöls
muß vermieden werden, indem sich sonst das Gemisch zu sehr erhitzen und dadurch eine
Zersetzung erleiden würde. Hat man auf diese Weise ungefähr 1400 Grm. Lavendelöl
zugesetzt, so bringt man das Gemisch in eine Porzellanschale und läßt es in
derselben acht Tage ganz ruhig stehen. Nach Verlauf dieser Zeit decantirt man die
Flüssigkeit, filtrirt sie, läßt sie noch sechs Tage stehen und decantirt nochmals;
sie muß dann an der Baumé'schen Säurewaage
5° zeigen.
Zur Darstellung des Flusses für die oben angegebene Platinmenge nimmt man 25 Grm.
Bleiglätte und 25 Grm. borsaures Bleioxyd, und reibt diese Substanzen mit 8 bis 10
Grm. Lavendelöl zur äußersten Feinheit, worauf man diesen Fluß mit der
platinhaltigen Flüssigkeit auf's Innigste vermischt. Dann verwendet man letztere auf die angegebene Weise,
indem man Staub und Feuchtigkeit stets auf's Sorgfältigste vermeidet.
Ist das zu platinirende Glas mit der Platinirflüssigkeit überzogen und hinlänglich
getrocknet, so wird es in die Muffeln gebracht. Diese sind aus Gußeisenplatten mit
in einander greifenden Falzen hergestellt. Der Feuerraum ist im hinteren Theile des
Ofens, so daß die vorn befindliche Einsetzthür vollständig frei bleibt. In den
gußeisernen Muffeln werden bewegliche Rahmen angebracht, welche die zu brennenden
Glasplatten aufnehmen und in verticaler Stellung einander parallel erhalten.
Der Ofen stellt im verticalen Durchschnitt nach der Richtung seiner Breite ein
längliches Rechteck, nach der Richtung seiner Länge aber ein fast vollkommenes
Quadrat dar. Der Brand geht ganz regelmäßig von Statten; zum Reguliren des Feuers
sind an der vorderen und hinteren Seite des Ofens Register oder Thüren von
Eisenblech angebracht. Unter einem und demselben Rauchfange liegen mehrere Muffeln
neben einander.